Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

giert werden, nicht akzeptieren und das kann auch nicht unkommentiert bleiben.

Freilich haben wir nicht die Probleme Griechenlands, das über lange Jahre über seine Verhältnisse gelebt hat. Man muss aber schon sehen, dass andere Staaten, die heute auch große Schwierigkeiten haben, eben nicht in erster Linie aufgrund selbstverantworteter Wirtschaftspolitik, sondern sehr viel mehr über die Risiken des Finanzmarktes und der Bankengeschäfte in die Krisen, in die Schieflage geraten sind. Ich meine, dass dies auch für einen bayerischen Wirtschaftsminister ein Thema ist, dem er sich stellen und wozu er auch im Rahmen einer Regierungserklärung eine Haltung einnehmen muss.

Dass wir insgesamt von systemrelevanten Banken reden und damit einhergehend gedanklich auch über die Konsequenz, dass damit ein faktisches Staatshaftungssystem verbunden ist, dass wir also einräumen, dass einzelne dieser systemrelevanten Banken nicht scheitern dürfen, ist in einem marktwirtschaftlichen System ein untragbarer Zustand, den man auch nicht unkommentiert lassen kann. Da ist Ordnungspolitik gefragt; da ist auch eine Positionierung in der Wirtschaftspolitik gefragt. Unser gesamtes marktwirtschaftliches System beruht auch auf der Grundüberzeugung, dass Unternehmen sehr erfolgreich auf dem Markt arbeiten und sich entwickeln können, dass im Einzelfall aber auch einmal ein Unternehmen, auch wenn das noch so hart ist, scheitert. Das ist hart für die Menschen, die sich in dem Unternehmen befinden; das ist hart für die Betriebe selbst; das ist auch hart für die Regionen, in denen diese Unternehmen besonders für die wirtschaftliche Prosperität gesorgt haben. In unserem System muss ein solches Scheitern aber denkbar und möglich sein, ohne dass gleichzeitig das gesamte wirtschaftliche System gefährdet ist.

Solange wir das Scheitern einzelner Unternehmen in unserer Marktwirtschaft verhindern müssen - das scheint bei den systemrelevanten Banken ja nach wie vor der Fall zu sein -, solange besteht eine gesamtwirtschaftliche Gefährdung. Das ist auch eine Gefährdung der Volkswirtschaft der Bundesrepublik; das ist aber auch eine Gefährdung der Volkswirtschaft in Bayern. Das kann auch in diesem Kontext und Zusammenhang nicht verschwiegen werden. Sie sprechen davon, dass nur in anderen Staaten solche grundlegenden existenziellen Probleme und Gefährdungen bestehen. Das ist ein Punkt, zu dem ich sagen muss: Da fehlt der Überblick; da fehlt an dieser Stelle auch die Verantwortung. Die FDP ist dann durchaus zu definieren als: FDP - Fern der Praxis.

(Beifall des Abgeordneten Professor (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER))

Sie steuern nicht. Somit bin ich an dem Punkt angelangt, wo man ganz schnell zur bayerisch verantworteten Wirtschaftspolitik übergehen kann. Es geht um die Personalpolitik im Kabinett; es geht um die ständig neuen Strategien und Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik. Ich zähle auf: Staatssekretärsausschuss, der nach heutiger Bewertung völlig unsinnig gewesen sein dürfte, Aufbruch Bayern, Zukunftsrat I, Kabinettsausschuss Demografie, drohender zweiter Auftritt des Zukunftsrates. Herr Ministerpräsident, wir warten darauf. In Niederbayern ist das Thema Donausbau über den Zukunftsrat II schon kommentiert und diskutiert worden. Leider kennen wir weitere Veröffentlichungen und Verlautbarungen in diesem Zusammenhang nicht. Dazwischen gibt es immer wieder hübsche Maßnahmen; zuletzt den Zukunfts-Coach als eine weitere Maßnahme, die aus einem anderen Ministerium kommt. Auch dazu will ich nachher noch ein paar Sätze sagen. Auch Beispielregionen sind installiert worden. Sehr geehrter Zeil, wer lenkt und koordiniert das denn eigentlich alles? Wo ist hierbei auch Ihr Profil zur Entwicklung Bayerns? Das sind die Fragen, die wir uns in diesem Zusammenhang stellen müssen.

Ich will ein paar Einzelpunkte ansprechen. Ich komme zu den Vorschlägen aus dem Aktionsplan Demografie, um die Herausforderungen der Demografie anzugehen und zu bewerten und erste strategische Vorschläge zu machen. Auch dazu hat es einen Kabinettsausschuss gebraucht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ziemlich viel Ausschuss in dieser Staatsregierung!)

Ich sage Ihnen: Hätten Sie die Menschen vor Ort gefragt, hätte das gereicht. So haben wir es im Übrigen im vergangenen Jahr gemacht. Wir sind hinausgegangen, haben mit den Menschen gesprochen, haben den Sachverstand, der dort vorhanden ist, gebündelt, wissenschaftlich aufbereiten lassen und das als Studie "Strategien zur Wirtschafts- und Kommunalentwicklung" im Juni 2011 vorgelegt. Herzlichen Glückwunsch, dass Ihr Aktionsplan nun auch unsere Politik bestätigt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Den kommunalen Finanzausgleich demografisch zu gestalten, ist eine Forderung von uns aus dem letzten Jahr. Die Schärfung der regionalen Wirtschaftsförderung haben wir, seitdem wir hier sind, von Anfang an immer wieder gefordert. Was war aus Ihrem Haus zu hören? - Dort hieß es immer: Auf hohem Niveau verstetigen, mehr geht nicht. Jetzt geht es aber auf einmal doch. Mehr Mittel sind angekündigt, auch bessere

Förderbedingungen, was die Mindestinvestitionssummen anbelangt, sind angekündigt, auch wenn Ihre Kollegen im Wirtschaftsausschuss hiervon noch letzte Woche entweder nichts gewusst haben oder nichts wissen wollten.

Das Problem des kundenorientierten Fördermanagements ist auch ein Stichwort geworden, das Sie aufnehmen. Das Problem des Förderdschungels mit ständig anderen zuständigen Ministerien haben wir Ihnen vielfach vorgeworfen. Das sind keine Förderstrategien. Was haben wir, und was erleben wir in der Staatsregierung? - Genau genommen einen Jahrmarkt der Eitelkeiten der Ministerien, auf dem jedes Ministerium großen Wert darauf legt, ein eigenes Förderkonzept in seinem Zuständigkeitsbereich zu haben, im eigenen Haus Mittel verteilen zu dürfen, Wohltaten zu verteilen. Von dem aber, was wir an dieser Stelle zusammen mit der SPD für richtig halten, nämlich Fördermöglichkeiten aus einem Guss für die Regionen gestalten und durchführen zu lassen, bewegt sich diese Staatsregierung immer weiter weg. Zuletzt wurde aus dem Sozialministerium noch ein weiteres Förderprogramm sektoral und fachspezifisch aufgelegt.

Kommen wir zum Thema Verkehr: Sehr geehrter Herr Minister, Sie sprechen von drei Startbahnen und zwei Stammstrecken. In anderen Regionen Bayerns wären wir schon um einen Bus froh.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben nichts zum ÖPNV und fast nichts zur Infrastruktur im ländlichen Raum gesagt. Sie haben aber angekündigt - das haben wir sehr wohl vernommen -, mehr als Ihre Pflicht zu tun, wenn es um die Infrastruktur in und um München herum geht. Wenn Sie hinsichtlich Infrastruktur und Investitionen mehr als Ihre Pflicht tun wollen, dann bitte für ganz Bayern und nicht nur konzentriert auf Ihre liebsten Projekte, die München betreffen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Da es um Wirtschaftspolitik und Infrastruktur geht, muss ich auch zum Staatsstraßenbau einige Aspekte ansprechen. Ihr Eigenlob, im Rahmen des Aktionsplans umfangreiche Mittel bereitzustellen, ist der Weihnachtszeit und dem vorweihnachtlichen Frieden geschuldet. Sie haben die Absicht, sich nur in gleißendem Licht darzustellen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Worte des Herrn Kollegen Rotter vor knapp einem Jahr, als er - wie wir finden, zu Recht die unzureichende Mittelausstattung im Staatsstraßenbau gegeißelt hat. Jetzt müssen Sie hier im Rah

men des Nachtrags nachlegen. Das Ziel unterstützen wir; denn die Mittel werden ja gebraucht. Aber ich frage Sie: Verstehen Sie denn den Sinn der Konstanz von Mittelzuweisungen nicht? Die Behörden müssen planen können. Die Unternehmen müssen sich auf bestimmte Volumina einstellen können. Wenn wir schon einen Doppelhaushalt verabschieden, sollten wir die Mittel nicht nur für ein Jahr bereitstellen, sondern konsequenterweise für zwei Jahre. Dann könnten sich die Bauverwaltung und die Tiefbau-Unternehmen auf bestimmte Volumina einstellen. Sie müssten dann nicht immer bis kurz vor Saisonbeginn warten, um zu erfahren, in welcher Höhe Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, bei den Zahlen, die wir heute gehört haben, kann man weder von einem Aufbruch noch von einem Abbruch in Bayern reden. Diese Mittel ermöglichen eine Erhaltung der bayerischen Infrastruktur, mehr nicht. Und dies wird erst mit dem zweiten Zuschlag im Nachtragshaushalt für das Jahr 2012 möglich sein. Das ist zu spät für die Infrastruktur und zu spät, wenn man die Investitionen der öffentlichen Hand als Wirtschaftspolitik versteht. Ich erwarte mir, dass der bayerische Wirtschaftsminister auch an dieser Stelle für eine Verbesserung sorgt. Die Mittel sollten nicht erst mit dem letzten Zuschlag, sondern langfristiger ausgereicht werden. Das war eine wesentliche Forderung, die wir von Anfang an gestellt haben. Wir brauchen eine Verstetigung der Mittel, um seriöse Planungen für die Infrastruktur durchführen zu können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Inzwischen können wir konstatieren, dass die Konzepte, die wir im letzten Jahr vorgelegt haben, bei Ihnen angekommen sind. Ich weiß nicht, ob Sie diese Konzepte abgeschrieben haben. Wir freuen uns jedenfalls, dass Sie unsere Ziele für richtig halten. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie sollten Herrn Staatsminister Zeil und Frau Staatssekretärin Hessel immer wieder auffordern, sich die Vorschläge der FREIEN WÄHLER für die Wirtschaftspolitik anzusehen, zusammenzufassen und als Aktionsplan zu präsentieren. Damit würde die gesamtbayerische Entwicklung in die richtige Richtung gelenkt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich muss an dieser Stelle noch einmal die regionale Wirtschaftsförderung ansprechen. Wir wollen auch nach dem Jahr 2014 privilegierte Fördergebiete. Das ist klar. Es reicht aber nicht aus, jetzt sorgenvoll nach Brüssel zu blicken und Forderungen zu erheben. Auch der Hinweis auf das Fördergefälle in den Grenzregionen zum benachbarten Ausland reicht nicht aus.

Das derzeitige Fördergefälle müsste nicht so hoch sein, wenn wir in Bayern unsere Fördermöglichkeiten nützen würden. Sie sagen, dass darauf geachtet werden müsste, die Diskrepanz der Fördermöglichkeiten in Bayern im Vergleich zu Tschechien nicht zu hoch werden zu lassen. Nutzen Sie doch Ihre Möglichkeiten. Diese Diskrepanz müsste nicht höher als 20 % sein. Faktisch ist sie natürlich höher, weil die Ausstattung mit Fördermitteln eine bayerische Entscheidung ist und diese Fördermittel unzureichend sind.

Wir haben die Hochschulpolitik der vergangenen Jahre begrüßt, weil dadurch wirtschaftsschwache Räume gefördert worden sind. Die Gründung von "Filialen" der Fachhochschulen in wirtschaftsschwachen ländlichen Räumen tut diesen Räumen ausgesprochen gut. Hochschul-Campi wie beispielsweise in Teisnach sind ein Juwel der Region. Allerdings wird es nicht genügen, nur diese Standortentscheidungen zu preisen. Ich muss hier an der Landespolitik Kritik üben; denn die Gründung von "Töchtern" der Fachhochschulen in besonders wirtschaftsschwachen Räumen muss von den Kommunen bezahlt werden. Die Hardware ist von den Kommunen zu bezahlen.

Die Regionen, die Landräte und die Bürgermeister haben von der Staatsregierung das Angebot erhalten, die Ausgründung einer Fachhochschule zu erhalten, wenn sie das Gebäude hierfür zur Verfügung stellen. Dieses Angebot können die Kommunen aus kommunalpolitischen Gründen nicht ablehnen. Das Geschenk ist aber keines, weil die Kommunen dafür Investitionen tätigen und Maßnahmen ergreifen müssen, die sie kaum finanzieren können. Man stelle sich einmal vor, in großen Städten - wie zuletzt in Straubing, Deggendorf und Passau - erhält der Oberbürgermeister ein solches Angebot mit der Einschränkung, dass die Stadt das Gebäude zahlen müsste. Wir wissen alle, was die dortigen Verantwortlichen für die Kommunalpolitik der Staatsregierung entgegnen würden: Das ist eure Aufgabe. Seids ihr narrisch, uns das finanzieren zu lassen? Das ist doch völlig inakzeptabel.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Mit den Schwächsten der Schwachen praktizieren Sie jedoch dieses Verfahren. Ich nenne aus meinem Bereich die Fachhochschul-Ausgründung in Spiegelau. Der Landkreis muss dort für die nächsten 20 Jahre etwa einen Kreisumlagepunkt einsetzen, um diese Fachhochschul-Ausgründung zu bekommen. Die Gemeinde Spiegelau wird in den nächsten 20 Jahren je 150.000 Euro aufwenden müssen. Sie muss sich verschulden und nimmt sich damit alle Spielräume, um eine Einrichtung zu bekommen, die eigentlich der

Freistaat Bayern finanzieren müsste. Hier müssen Sie nachlegen. Sehr geehrter Herr Zeil, ich bitte Sie unter Hinweis auf die gleichwertigen Lebensbedingungen in Bayern, dafür zu sorgen, dass der Freistaat diese wichtige Infrastruktur finanziert und sie sich nicht von den Kommunen finanzieren lässt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Behördenverlagerungen: Dieses Thema betrifft die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bayerns, nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung in den Zentren. Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie in den Regionen, wo durch Standortschließungen wirtschaftliche Lücken entstehen, für einen Ausgleich sorgen wollen. Kündigen Sie dies nicht nur an, sondern setzen Sie es um. Wir werden nachfragen. Das ist die Aufgabe der Opposition. Ich kann Ihnen dazu eine Geschichte erzählen: Anfang November hat der örtlich zuständige Kollege Brunner zusammen mit dem Finanzminister angekündigt, für den Standort Grafenau 40 neue Arbeitsplätze durch eine Um- und Ausgliederung von Finanzamtsaufgaben aus München zu schaffen. Darüber hat sich die Region gefreut. Ich habe im Rahmen einer Anfrage zum Plenum wissen wollen, wie viele Stellen und Arbeitsplätze es denn jetzt tatsächlich sind und wann sie kommen. Dann ist mir gesagt worden, es seien elf Stellen, aber man wisse noch nicht genau wann, weil die Unterbringungsmöglichkeit noch nicht geklärt sei. - So kann man Politik nicht machen, nicht im Großen und nicht im Kleinen. Ankündigungen sind zu wenig. Wir werden Ihnen allemal und immer wieder auf die Finger schauen und, wenn das, was Sie ankündigen, nicht umgesetzt wird, hierauf auch hinweisen. Das gilt bei den Behördenverlagerungen im Großen wie im Kleinen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der Bürokratieabbau ist ein anderes Thema, das Sie regelmäßig und in letzter Zeit bei allen Ihren Regierungserklärungen auslassen. Dies zum Thema Fähigkeit zur Kritik an der eigenen Arbeit und zur Bereitschaft, sich einmal kritisch mit dem auseinanderzusetzen, was Sie selbst tun. Daran fehlt es halt. Sie wären auch sehr viel glaubwürdiger, wenn Sie sagten: Da ist uns das, was wir uns vorgenommen haben, längst noch nicht gelungen. Gerade für den kleinen Mittelstand ist es besonders wichtig, dass er nicht mit der Beachtung vieler unnötiger Vorschriften, mit der Einhaltung irgendwelcher rechtlichen Vorgaben aufgehalten wird. Insoweit könnte man auch entschlacken und entfesseln. Das haben Sie angekündigt, haben aber noch nichts zustande gebracht. An dieser Stelle will ich nur ein paar kleine Beispiele in Erinnerung bringen.

Sie arbeiten jetzt am einheitlichen Ansprechpartner auch für Inländer. Da erlauben Sie uns schon ein Schmunzeln. Wir haben das schon vor zwei Jahren für richtig gehalten. Das haben wir Ihnen schon vor zwei Jahren ans Herz gelegt. Damals ist es abgelehnt worden. Mittlerweile halten auch Sie das für richtig. Herzlichen Dank dafür.

Das Thema der einfachen Vergabeverfahren liegt uns auch sehr am Herzen. Vereinfachte Vergabeverfahren sind in den Jahren 2008 und 2009 entstanden, als es um eine Konjunkturbelebung gegangen ist. Damals haben Sie in und bei den Kommunen dazu beigetragen, dass Vergabeentscheidungen schneller und einfacher getroffen werden konnten. Diese Regeln waren befristet, und sie laufen in zwei Wochen, zum Ende des Jahres, aus. Wir haben uns frühzeitig auch im Wirtschaftsausschuss damit befasst und wollten eine Entfristung erreichen. Wir haben uns auch ein Stück weit darauf geeinigt, wie das gehen soll, und eine Botschaft an die Staatsregierung gesandt, diese Entfristung doch durchzuführen, aber zuvor dem Plenum noch einmal über die Erfahrungen mit diesem vereinfachten Vergabeverfahren zu berichten. Was ist passiert? Das wissen wir nicht. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen. Ich finde, es ist auch eine Missachtung dieses Hauses, wenn der Wirtschaftsausschuss vor Ende des Jahres um einen Bericht über die Erfahrungen mit dem Vergabeverfahren bittet, und er kommt einfach nicht. Lieber Kollege Huber, das sollten wir uns nicht bieten und nicht gefallen lassen. Ich will das an dieser Stelle einmal so deutlich sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sehr geehrter Herr Zeil, auch beim Thema Ladenschluss können Sie von uns lernen.

(Erwin Huber (CSU): Von wem lernen?)

- Von den FREIEN WÄHLERN natürlich. Ich will es Ihnen gerne sagen, Herr Huber. Herr Zeil verwechselt nämlich eine Entbürokratisierung, die wir vorgeschlagen haben, mit unsinniger Liberalisierung. Darin liegt der Unterschied.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir wollten mit unseren Gesetzentwurf aus diesem Jahr bestehende Regelungen inhaltlich beibehalten, aber Prozesse optimieren und vereinfachen. Das stellen wir uns unter Bürokratieabbau vor. Unseren Vorschlag haben Sie aber abgelehnt. Nun erfahren wir, dass die FDP das Shoppen bis 24 Uhr möglich machen will. Das hilft der Wirtschaft nicht, das hilft dem Mittelstand nicht, das hilft auch den Mitarbeitern nicht. Das hilft niemandem.

(Erwin Huber (CSU): Das kommt doch nicht!)

- Lassen Sie es mich halt sagen! - Mit solchen Debatten über die Einkaufszeiten verstricken Sie, sehr geehrter Herr Zeil, Mittelständler in große Probleme und entfesseln allenfalls große Einkaufszentren und Discounter. Wir haben heute gehört, der Mittelstandspakt sei Symbol Ihrer Politik. Das ist aber noch nicht einmal ansatzweise damit in Einklang zu bringen, dass Sie immer nur große Unternehmen privilegieren, ihnen weitere Freiheiten einräumen und die kleinen Mittelständler und deren Interessenlagen in keiner Weise berücksichtigen. Aber, sehr geehrter Herr Huber, darin sind wir uns einig: Dieses Haus wird diese Vorschläge nicht unterstützen und das nicht zulassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das war viel Ankündigung, viel Show. Dazu zähle ich auch den Demografiebeauftragten. Die Ansicht, dass die Entwicklungen und Herausforderungen der Demografie höchst brisant sind und auch im Zentrum politischer Betrachtungen stehen müssen, teilen wir. Aber was soll ein hochrangiger Demografiebeauftragter bei den Regierungen eigentlich tun? Für eine höhere Geburtenrate sorgen? Oder den Staatssekretärsausschuss in Rente schicken?

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich glaube nicht, dass wir mit einer Platzierung dort auch nur einen einzigen Schritt weiterkommen. Wir haben zuletzt Herrn Professor Hipp zu einer Veranstaltung eingeladen, der sich mit dem Thema der Demografie und den damit verbundenen Herausforderungen in unorthodoxer Weise befasst und dazu aufgefordert hat, aus bestehenden Denkmustern herauszukommen. Einer der Vorschläge, die er zur Diskussion gestellt hat, lautete, ältere Menschen ab dem Rentenalter ohne Sozialabgaben arbeiten zu lassen, um damit einen Beitrag zu dem sich abzeichnenden und schon bestehenden Fachkräftemangel zu leisten. Insoweit werden wir ohnehin noch innovativ werden müssen. Kollege Roos, den ich jetzt nicht sehe, hat einmal in einer Presseverlautbarung gesagt, einen Fachkräftemangel gäbe es gar nicht, wenn man die Fachkräfte nur richtig bezahlte. Das ist natürlich nicht die Lösung des Problems. Da sind wir mehr bei Ihnen, sehr geehrter Herr Zeil. Vielmehr geht es um die Mobilisierung der Potenziale im Bereich der Fortbildung, im Bereich der Familienpolitik, aber vor allem auch im Bereich der Willkommenskultur in Bayern. Dass unsere Sprache im internationalen Vergleich nicht sonderlich einladend ist, wissen wir. Deswegen müssen wir, um Menschen in der ganzen Welt auf die Chancen und Möglichkeiten in Bayern aufmerksam zu machen,

noch zu anderen und weitergehenden Initiativen greifen, um ihnen die Botschaft zu senden, dass sie hier nicht nur gebraucht werden, sondern auch willkommen sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zwei Punkte noch. Für Sie war auch wichtig, Bayern als Gesamtraum zu entwickeln. Schauen Sie sich bitte einmal die Zahlen von Invest in Bavaria an. Invest in Bavaria ist natürlich wichtig. Die Kollegin Ackermann hat dazu auch eine Anfrage gestellt und wollte wissen, wo in Bayern die Bemühungen von Invest in Bavaria letztlich ankommen, wo sich die Unternehmen, die sich für eine Investition in Bayern entscheiden, ansiedeln. Das, was der Zukunftsrat konzipiert hatte, ist insoweit reale Politik, jedenfalls was das Ergebnis dieser Bemühungen anbelangt. Über 80 % der internationalen Firmen, die sich nach den Bemühungen von Invest in Bavaria in Bayern angesiedelt haben, haben dies in München oder im Speckgürtel Münchens getan. Wir wissen auch, dass sich das nicht sozusagen arithmetisch auf ganz Bayern verteilen lässt; aber das muss doch Thema sein, wenn es um gleichwertige Lebensbedingungen in Bayern geht, und dann kann man nicht einfach die Zahlen verlautbaren und sie unkommentiert stehen lassen. Auch hierzu möchten wir gerne hören: Tun Sie etwas? Was tun Sie, um die Ergebnisse von Invest in Bavaria anders und besser werden zu lassen? Die Bedeutung gleichwertiger Lebensverhältnisse wird nach wie vor unterschätzt. Bisher hat es immer noch nicht geklappt, dem Gebot gleichwertiger Lebensverhältnisse Rechnung zu tragen. Obwohl wir immer wieder auf dieses Problem hingewiesen haben, ist bislang noch zu wenig geschehen. Deswegen haben wir jetzt den Versuch unternommen - das haben wir am Anfang dieser Woche schon angekündigt -, das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in die Bayerische Verfassung zu implementieren. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir stehen ganz an Ihrer Seite oder Sie an unserer Seite, wenn das in der Verfassung deutlich gemacht werden soll, was bisher ohnehin schon Rechtspflicht ist. Es wird Ihnen nichts bringen, wenn Sie das Gebot gleichwertiger Lebensverhältnisse nur als Ziel verstehen. Wir brauchen Taten statt Worte, wir brauchen mehr Engagement als das, was Sie bisher gezeigt haben. Gleichwertigkeit ist nicht nur ein hübsches Gebot, sie muss auch gelebt werden. Gleichwertigkeit ist essenziell für das Gemeinwohl. Sie sichert den Zusammenhang der Gesellschaft, und gerade deshalb gehört die Gleichwertigkeit in die Verfassung.