Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Zum Thema wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft preisen Sie Ihre "grünen Zentren" an. Eines erscheint mir sicher: Die Reform der Verwaltungsreform, die Sie in den letzten beiden Jahren vollzogen haben, war nicht zielführend. Die Rückmeldungen aus den "grünen Zentren" zeigen eher das Bild von Mitarbeitern, die noch immer nicht verstehen, was dadurch eigentlich besser geworden sein soll.

Grundsätzlich glaube ich, dass ein Großteil der bayerischen Landwirte nicht auf einem Markt konkurrenzfähig ist, in dem es nur darum geht, mehr und das auch noch billiger zu erzeugen. Unsere Stärken liegen woanders. Klasse statt Masse, das müssen wir fördern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer mehr und billiger produzieren will, soll das machen. Aber das brauchen wir nicht noch zu unterstützen.

Zur Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Landwirtschaft noch einige aktuelle Zahlen: Seitdem es in der Bundesrepublik nur noch zwei Milchbörsen gibt - das ist seit 2008 der Fall -, sind 200 Millionen Kilogramm Milch von Bayern in andere Bundesländer geflossen. Sie sind abgewandert. 200 Millionen Kilogramm Milch entsprechen in etwa der Milcherzeugung des Landkreises Miesbach. Da kann man nicht von einem besonderen Beweis für Wettbewerbsfähigkeit sprechen. Wir sind das Bundesland, das am meisten Milch erzeugt, aber gleichzeitig das Bundesland, das mit Abstand den größten Abfluss von Milch hat.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Diskussion zum Antrag der CSU, die Milchbörse einzuführen. Ich habe dem zwar zugestimmt, aber ich habe nachgefragt, ob das dazu führen könnte, dass Milch aus Bayern abfließt. Einige sagten - es waren ja genügend "Milchgurus" da -, das könne überhaupt nicht passieren. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

Sie wollen bei der Bevölkerung um Verständnis für die Belange der Landwirtschaft werben. Gut so, sage ich da nur. Da müssen Sie die Schulkinder aber auch in sogenannte Zukunftsbetriebe einladen, das heißt, beispielsweise in einen Betrieb mit 40.000 Masthähnchen, wie sie derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen, oder auf einen Betrieb mit Tausenden von Mastschweinen. Sie dürfen ihnen nicht nur die heile Welt eines Betriebes mit 40 Milchkühen zeigen.

Wenn Sie, Herr Minister Brunner, zum Schluss ein Loblied auf den ländlichen Raum singen - im Grunde gibt es den so nicht; denn das Allgäu und Oberbayern gleichen nicht dem nördlichen Oberfranken -, so höre ich das zwar gerne, aber Sie müssen dann den Worten auch Taten folgen lassen, und davon ist bisher seitens der Staatsregierung leider wenig zu hören. Aber dann würde ich auch nicht davor zurückschrecken, Sie zu loben.

(Maria Noichl (SPD): Aber nicht zu sehr!)

Wenn Sie sagen, die Bauern und Bäuerinnen seien die Seele Bayerns, frage ich nur, wer ist dann Herz und Hirn. Bei "Hirn" reden Sie aber bitte nicht von der Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege Sprinkart. Für die FDP hat sich Herr Dechant zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was ist uns als FDP, als Koalitionspartner in Bayern wichtig?

(Maria Noichl (SPD): Das würde ich auch gerne wissen! - Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wofür stehen wir? Wo setzen wir Schwerpunkte in der zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik? Wir setzen uns mit allen Initiativen und Maßnahmen für eine starke, unternehmerische, innovative und nachhaltige Landwirtschaft in Bayern ein. Wir nehmen die Fragen der Ernährung und des Verbraucherschutzes ernst. Wir wollen einen dynamischen und lebendigen ländlichen Raum. Die Landwirtschaft in Bayern stellt mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen einen wichti

gen Wirtschaftsbereich dar. Unsere Landwirte spielen zudem eine entscheidende Rolle bei der Landschaftspflege und bei der Erhaltung der Kulturlandschaft. Dafür möchte ich im Namen der FDP-Fraktion allen bayerischen Bäuerinnen und Bauern unseren herzlichen Dank aussprechen.

(Beifall bei der FDP)

Damit bayerische Bäuerinnen und Bauern auch künftig ihren wichtigen Aufgaben gerecht werden können, muss die Wertschöpfung an vielen Stellen noch verbessert werden. Hierbei bieten wir unsere Unterstützung an.

Die Vorschläge von Agrarkommissar Ciolos zur gemeinsamen Agrarpolitik bewertet die FDP-Fraktion wie folgt: Die FDP tritt auch nach 2013 für einen in der Höhe unveränderten europäischen Agrarhaushalt ein. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Entschädigung der gesellschaftlichen Leistungen zu sehen.

(Zurufe von der SPD)

Auch waren die Einkommen im Bereich der Landwirtschaft im Durchschnitt in der Vergangenheit geringer als im gewerblichen Bereich. Deshalb stehen wir zu der Förderung der Landwirtschaft mit den zwei Säulen. Natürlich müssen wir das Ziel, mehr Einkommen am Markt zu erwirtschaften, im Blick behalten. Zukünftig müssen wir überlegen, ob und wie wir die Vorschläge des wissenschaftlichen Beirates, die zukünftigen einkommenspolitisch motivierten Direktzahlungen EU-weit sukzessive zurückzufahren, aufgreifen. Aber hierzu sind nachhaltige Produktivitätssteigerungen erforderlich. Wir wollen sicherstellen, dass die Landwirtschaft Strukturen bekommt, die dazu beitragen, dass die in der Landwirtschaft Tätigen ihr Einkommen selbstständig erwirtschaften können. Der Strukturwandel wird sich natürlich weiterhin vollziehen. Ihn zu begleiten und sicherzustellen, dass er sich sozial verträglich vollzieht, ist unsere Aufgabe.

Ökologische Leistungen stärker an die Direktzahlungen zu binden, ist sicherlich grundsätzlich sachgerecht. Die derzeitigen Vorschläge im Bereich des Screenings mit pauschalen Auflagen - so die Herausnahme von 7 % der Flächen aus der Produktion - sind ökologisch nicht zielführend; wir lehnen sie daher entschieden ab. Agrarflächen aus der Produktion zu nehmen und gleichzeitig die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und die Bioenergie auszubauen, das steht im Widerspruch zueinander. Dies ist gerade auch im Hinblick auf den steigenden Bedarf von Nahrungsmitteln weltweit nicht zu verantworten. Ferner wollen wir nicht, dass das Screening die Wettbewerbsposition der Landwirtschaft im internationalen Vergleich weiter verschlechtert.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die Diskussion um die Kappungsgrenzen oder die Definition "aktiver Landwirt" lehnen wir ebenso ab. Die Abgrenzung des Begriffs "aktiver Landwirt" in der aktuellen Debatte scheint willkürlich zu sein.

Im Rahmen der zweiten Säule setzen wir uns dafür ein, dass wir Umweltmaßnahmen über das Screening hinaus anbieten. Dadurch müssen Spielräume gerade auch für die ländliche Entwicklung gewonnen werden.

Ferner setzen wir uns dafür ein, dass die benachteiligten Gebiete in der bestehenden Abgrenzung bestehen bleiben und die landwirtschaftliche Vergleichszahl, LVZ, weiter als Basis für die Ausgleichszulage herangezogen wird.

Insgesamt muss es bei der Ausgestaltung der neuen ELER-Förderung darum gehen, künftig eine stärkere Konzentration auf den ländlichen Raum insgesamt mit dem Ziel der Erhöhung der Beschäftigung und der Verbesserung der Wertschöpfung anzustreben, da in diesem Bereich der höchste Mehrwert insgesamt zu erzielen ist.

Bei der künftigen Ausgestaltung der ELER-Verordnung wird sich die FDP für eine stärkere Gewichtung von Maßnahmen zur Diversifizierung einsetzen. Auch treten wir für eine Neuorientierung der Zuständigkeiten in Gestaltung und Finanzierung der GAP im Sinne der Subsidiarität ein. Vor Ort kann am besten beurteilt werden, wie Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft in Bayern auszugestalten sind.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Hanisch (FREIE WÄHLER))

Bislang haben wir in dieser Regierungskoalition in Bayern gemeinsam für die Landwirtschaft viel erreicht. Sicher: An einzelnen Stellen hätten wir uns eine andere Gewichtung der Maßnahmen bzw. andere Wege der Zielerreichung vorgestellt. Als FDP-Fraktion haben wir viele Initiativen in Bayern gestartet, zum Beispiel die Agrarkonferenz in Karlstadt, bei der wir uns zusammen mit Abgeordneten aus ganz Deutschland, Wissenschaftlern sowie Land- und Forstwirtschaftlern die Frage gestellt haben, wie wir die Akzente in der Agrarpolitik so setzen können, dass eine höhere Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erreicht werden kann. Dafür sind wir in diese Regierung gewählt worden, und diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst.

Auch erlebe ich bei meinen Besuchen bei Landwirten und Landfrauen immer wieder, dass diese nach innovativen politischen Konzepten suchen. Gefragt sind Maßnahmen, die zur Verbesserung der unternehmer

ischen Leistungsfähigkeit beitragen. Hier setzen wir an. So müssen wir beispielsweise weiter in Forschung investieren, um eine nachhaltige Produktivitätssteigerung zu erreichen. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass die Agrarforschung in Bayern verstärkt wird. Die FDP-Fraktion setzt sich mit Staatsminister Dr. Heubisch in Bayern für Innovationsforschung ein.

Wir müssen natürlich auch darauf hinwirken, dass die Forschungsergebnisse besser umgesetzt werden. Dabei gibt es nach wie vor Defizite, zum Beispiel im Bereich der Biomasseproduktion. Kurzumtriebsplantagen haben noch nicht den Stellenwert, den sie laut Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates haben sollten. Die gentechnische Züchtung hat in Deutschland nicht den Rückhalt, den sie braucht. Wir haben runde Tische zum Thema Gentechnik durchgeführt. Dabei ging es darum, alle Meinungen auszutauschen. Nur so sind zukunftsorientierte Lösungen erzielbar.

(Beifall bei der FDP)

Bei Eiweißpflanzen setzen wir auf eine angepasste Züchtung. Wir wollen eine Eiweißstrategie, damit Leguminosen eine Anbaualternative darstellen, und nicht, um zu verhindern, dass gentechnisch veränderte Soja nach Deutschland kommt.

(Maria Noichl (SPD): Das stimmt so nicht!)

Die Sortenforschung und -entwicklung bei den Eiweißpflanzen läuft in Deutschland enorm hinterher. Ein schneller Austausch von Futtersoja mit einheimischen pflanzlichen Eiweißen ist unrealistisch, deshalb ist Forschungsförderung in diesem Bereich zukunftsweisend.

Wir haben uns ebenso um Fragen des Tierschutzes gekümmert. Es ist die FDP, die dafür gesorgt hat, dass der Tierschutz im Grundgesetz seinen wohlverdienten Platz findet.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Themen wie Schwänzekupieren bei Ferkeln, Putenmast, Schnabelkupieren bei Küken und Qualzucht stehen auf unserer Agenda. Wir stellen uns den Fragen, die mit der Tierhaltung verbunden sind, aber wir lehnen es ab, intensive Nutztierhaltung per se als nicht tiergerecht einzustufen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Nutztiere in einer gesunden, angemessenen und tiergerechten Art und Weise gehalten werden.

Kürzlich war ich in Brüssel. Unter anderem habe ich mich dort der Kormoran-Frage gestellt. Da es bei der Kormoran-Problematik immer wieder nur heißt, sie

müsse EU-weit gelöst werden, da es sich um einen Zugvogel handle, habe ich Gespräche mit der Kommission geführt.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ich dachte, mit der Bahn!)

Gerade bei so wichtigen Fragen, die unsere Fischerei- und Teichwirte nachhaltig belasten, muss man die Sache in Brüssel eben selbst mit angehen.

(Zuruf von der SPD)

- Darüber können wir uns gern nach der Rede unterhalten. - Hier ist jetzt ein Expertenteam eingesetzt worden, welches die Zugbewegungen konkret evaluiert und Lösungssätze ausarbeitet. Ferner habe ich einen runden Tisch mit betroffenen Teichwirten und Verbänden zu dieser Thematik initiiert.

Der Wettbewerb um die landwirtschaftlichen Flächen hat sich in der Vergangenheit durch Straßenbau und bauliche Maßnahmen, Naturschutz sowie erneuerbare Energien massiv verschärft. Auch hier werden wir zukunftsnah marktorientierte Lösungsansätze vorschlagen und gemeinsam im Landtag erörtern.

Auch der Erhalt der Almen und Alpen ist mir wichtig. Die Flächen sind für die Biodiversität besonders wertvoll und wichtig für den Tourismus. Daher müssen wir die Leistungen der Almbauern auch als Leistungen für das Allgemeinwohl honorieren. Ich begrüße es, dass nun auch Österreich bereit ist, Almen bayerischer Almbauern in Österreich zu unterstützen.

Die Katastrophe in Japan hat zu einem Umdenken in der Energieerzeugung geführt - weg von den fossilen Energieträgern und von der Kernenergie hin zu erneuerbaren Energien. Unter Federführung von Wirtschaftsminister Martin Zeil hat die Bayerische Staatsregierung im letzten Jahr das Energiekonzept "Energie innovativ" entwickelt und beschlossen.

(Inge Aures (SPD): Aber nichts gemacht!)

Die Herausforderungen sind enorm, aber auch die Chancen. Bei den erneuerbaren Energien wollen wir schneller höhere Anteile erreichen. Konkret wollen wir den Anteil der Stromversorgung in den kommenden zehn Jahren auf rund 50 % verdoppeln.