Wenn Sie die Armutsgefährdungsquote in Bayern erwähnen, bitte ich Sie auch zu berücksichtigen, dass wir uns in Bayern nicht auf einer Insel, abgetrennt von der Situation im restlichen Deutschland, befinden, sondern dass es immer Vergleiche gibt. Die Bertelsmann Stiftung hat eine Studie durchgeführt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Himmelsrichtung auf der Deutschlandkarte, in der wir wohnen, dafür entscheidend ist, wie hoch das Armutsrisiko ist. In dieser Studie ist nachgewiesen, dass innerhalb Deutschlands das Armutsrisiko in Bayern mit Abstand am geringsten ist. Deshalb habe ich vorher die Arbeitslosig
keit und die Wirtschaftskraft genannt. Eine gute Wirtschaft mit einer hohen Beschäftigungsquote sichert Einkommen für unsere Familien. In Bayern ist das Armutsrisiko für die Kinder am niedrigsten. Sie können die Statistik drehen und wenden, wie Sie wollen.
Ich wundere mich ohnehin immer über diese Statistik. Ich nenne Ihnen ein Beispiel dafür, dass die Statistik hinkt. Wenn wir jedem bayerischen Bürger von heute auf morgen das Doppelte an Geld geben würden, würde sich nach der Statistik die Armut verdoppeln. Das ist doch grotesk. Jeder Bürger hat subjektiv das Doppelte in der Tasche, aber nach Ihrer statistischen Auslegung vergrößert sich die Armut in Bayern. Ich bin darüber erschüttert.
Ich glaube, dass die Akzeptanz der SPD wie auch der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN bei der bayerischen Bevölkerung deshalb so niedrig ist, weil die Realität und deren Wahrnehmung durch die Bevölkerung ganz anders sind. Wenn uns die Menschen in Bayern heute zuhören – ich hoffe, das tun sehr viele –, dann fragen sie: Von welchem Land reden wir eigentlich? Frau Rauscher spricht davon, dass es traurig sei, wie es den Familien in unserem Land geht. Sie wirft uns Realitätsverlust vor. Aber nirgendwo in Deutschland geht es den Kindern und jungen Menschen in den Familien besser als bei uns. Das sieht man daran, dass die Familien mit dem Umzugswagen abstimmen. Wir haben in Ballungsgebieten vor allem deshalb Probleme mit der Kinderbetreuung, weil wir einen großen Zuzug junger Menschen verzeichnen, die in Bayern bessere Lebensperspektiven haben als im Rest Deutschlands. Deshalb sind Ihre Ausführungen falsch. Ich werfe Ihnen das nicht einmal vor, aber ich befürchte, Sie glauben sogar das, was Sie sagen.
Sie sagen, in den letzten drei Jahren sei in Bayern nichts passiert. Soweit ich weiß, lag der Basiswert bei Erlass des BayKiBiG bei 767 Euro. Mittlerweile liegt er bei circa 1.150 Euro. Mit Qualitätsbonus liegt er bei ungefähr 1.180 Euro. Das ist eine Steigerung um 55 %. So viel mehr Mittel als vor zehn Jahren werden für die Betreuung eines einzelnen Kindes eingesetzt. Allein im Jahr 2015 haben wir die Beitragsentlastung verändert und dieses Geld den Kindertagesstätten mit der Maßgabe "Qualität vor Kostenfreiheit" zur Verfügung gestellt. Sie behaupten – im Protokoll ist es jetzt nachlesbar –, in den letzten drei Jahren sei nichts passiert. Wir haben an unsere Kindertagesstätten eine Sonderzuweisung im Umfang von 126 Millionen Euro gegeben.
Nein, sie hat gesagt, es ist gar nichts passiert. – In den letzten drei Jahren sind die Qualitätsbegleiter geschaffen worden. Ich rede von den Ausführungen von Frau Rauscher. Wir haben 81 Qualitätsbegleiter in den bayerischen Landkreisen, die die Kindertagesstätten bei der Entwicklung ihrer Qualität begleiten. Sie behaupten aber, es sei nichts passiert.
Das ist Realitätsverlust. Schauen Sie sich die Zahlen an, schauen Sie sich Ihre Aussagen an, und dann wissen wir, wer unter Realitätsverlust leidet und wer nicht.
Sie haben Manuela Schwesig als Musterbeispiel für Familienpolitik in Deutschland genannt und ein ganz düsteres Bild von der Kinderbetreuung in Bayern gezeichnet. Wir haben in Bayern ein Betreuungsverhältnis von 1 : 9. Damit sind wir nicht optimal. Wir liegen auf Platz 5 oder 6 von 16 Bundesländern in Deutschland. Das Bundesland mit dem absolut schlechtesten Verhältnis, nämlich mit 1 : 14, ist Mecklenburg-Vorpommern.
Wenn wir diese Quote in Bayern hätten, würden wir von Kindeswohlgefährdung sprechen. Das, was für die Kinder in MecklenburgVorpommern Alltag ist, ist in Bayern Kindeswohlgefährdung. Deshalb lassen wir uns von Ihnen Manuela Schwesig nicht als Musterbeispiel vorhalten. Bayern hat sich bei der Familienförderung überhaupt nichts vorzuwerfen. Wir investieren kraftvoll in die Familien.
Wir haben das Betreuungsgeld. Wir haben das Landeserziehungsgeld. Das hat kein anderes Bundesland. Das wissen vor allem die jungen Menschen.
Deshalb kommen sie mit dem Umzugswagen nach Bayern, weil die Perspektiven in Bayern besser sind als in anderen Bundesländern.
Ich bitte herzlich darum, auf die Hinweise zum Ende der Redezeit zu achten. Wenn man bei fünf Minuten eine Minute überzieht und dreimal ermahnt wird, ist das ziemlich viel. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Brendel-Fischer. Bitte schön, Frau Brendel-Fischer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der Opposition wurde heute immer wieder moniert, dass die Ganztagsbetreuung an unseren bayerischen Schulen mangelhaft sei. Die darüber veröffentlichten Daten auf Bundesebene spiegeln häufig ein Bild wider, das absolut nicht zutrifft. Wir haben unser eigenes Made-inBavaria-Modell geschaffen, das nicht aus einem rein verschulten Ganztagsbetrieb besteht, sondern ein flexibles Angebot darstellt, das insbesondere auch den Elternwünschen sehr entgegenkommt. Wir setzen auf ein flexibles und weniger auf ein verpflichtendes Ganztagsangebot. Damit fahren wir sehr gut. Liebe Frau Rauscher, wir haben dieses Modell nicht vor einer Wahl initiiert, sondern seit 2013 entwickelt und 2015 umgesetzt. Es ist sehr gut und wird in allen Kommunen sehr gelobt; denn wir haben diese Form der offenen Ganztagsbetreuung auf unsere Grundschulen ausgeweitet. Es wurde unter anderem ein Sondermodell geschaffen, das eine Kombilösung zwischen Schule und Jugendhilfe darstellt
Wir wollen vor allem nicht, dass unsere bewährte Hortstruktur durch unsere Ganztagsangebote baden geht, wenn Schulen mit den Ganztagsangeboten konkurrieren würden.
Mit dieser Idee wollen wir weitermachen. Wir haben sie in das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU eingespeist. Wie viele Bundesländer sich in diesem Sinne weiterentwickeln, wird man sehen.
Darüber hinaus werden wir erfreulicherweise im kommenden Schuljahr nicht nur den Ausbau dieses Angebots vorantreiben, sondern bei den Personalkosten entsprechend nachsteuern. Wir haben also das Budget um insgesamt 8,75 % erhöht, sodass wir im Jahr 20 Millionen Euro mehr für diese wichtige Infrastrukturmaßnahme einsetzen werden. Damit erreichen wir die im Bayernplan 2013 für das kommende Jahr an
gekündigte Garantie. Das wurde heute wieder infrage gestellt. Wir werden es aber schaffen, dass ab dem kommenden Schuljahr 2017/2018 alle Kinder bis 14 Jahre ein Betreuungsangebot wahrnehmen können, wenn sie es denn möchten.
Im Übrigen möchte ich, da dieses Thema heute auch in einigen Beiträgen angeklungen ist, darauf hinweisen, dass die Kinderbetreuung vornehmlich Aufgabe der Kommunen ist. Wir unterstützen die Kommunen energisch und so gut wir können. Aber die Initiativen müssen von den Kommunen kommen. Wir können nicht helfen, wenn, wie so oft, in Ballungsräumen manches frühzeitig versäumt wurde.
Was das Fragezeichen im Titel Ihrer Aktuellen Stunde "Familienland Bayern?" bedeuten soll, erschließt sich mir nicht. Ich würde für die CSU sagen: Wir sind – mit drei Ausrufezeichen – ein "Familienwohlfühlland!!!".
Ein weiteres wichtiges Thema ist für uns immer die Verbindung von Familien- und Frauenpolitik. Ich möchte nur auf die deutlichen Fortschritte hinweisen, die wir im öffentlichen Dienst in vorbildlicher Weise für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht haben. Diese wollen wir weiterentwickeln. Die Wirtschaft hat sich hier einiges abgeschaut. Ich muss aber auch einräumen: Der Fachkräftemangel spielt natürlich bezüglich der Wünsche nach mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle. Die Arbeitgeber sind heutzutage in der Regel viel eher bereit, auf individuelle Wünsche von Frauen und insbesondere von Eltern, einzugehen, als dies früher der Fall war. Das ist gut so.
Wir konnten in Bayern in den letzten zehn Jahren eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr schaffen. Auch das ist wichtig. Im diesem Jahr haben wir mit 5,4 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen einen Höchststand erreicht. Angesichts dieser Tatsache kann man nicht davon ausgehen, dass in Bayern sämtliche Menschen an der Armutsgrenze leben. Deshalb wollen wir nicht nach dem Gießkannenprinzip vorschnell staatliche Leistungen verteilen. Vielmehr sind wir der Meinung, dass die Menschen dann, wenn es ihnen gut geht, eigene Beiträge aufbringen können. Bei eigenen Beiträgen werden diese Angebote mehr wertgeschätzt, als wenn sie der Staat zum Nulltarif bereitstellt.
Auch das Rollenbewusstsein wurde in einigen Wortbeiträgen immer wieder angesprochen. Hier kann der Staat nicht eingreifen; denn der Rollenwandel, also die jeweilige Lösung der Fragen, wer Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, wie man sich die Arbeitszeit in einer Partnerschaft oder Familie gut aufteilt, damit es für
jeden eine gute Dauerlösung oder einen entsprechenden Mehrwert beim Rentenertrag usw. ergibt, ist eine private Entscheidung. In diese Entscheidung kann der Staat nicht hineinpfuschen; denn das ist Eigenverantwortung.
Frau Brendel-Fischer, kommen Sie bitte zum Schluss. Sie sind schon eine halbe Minute über der Redezeit.
– Ich bin schon gewarnt, genau, und möchte zum Schluss nochmals auf das Wahlprogramm für die Bundestagswahl zu sprechen kommen. Hier haben wir mit der Mütterrente einen weiteren Aufschlag vor uns. Mit unserem bayerischen Modell, also dem Baukindergeld, dem erhöhten Kindergeld und einer Betreuungsgarantie, werden wir in Zukunft gute Lösungen erreichen.
Danke schön, Frau Brendel-Fischer. – Für die Staatsregierung spricht jetzt Frau Staatsministerin Müller. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort auf Ihre Frage ist klar und unmissverständlich: Ja, Bayern ist das Familienland Nummer eins.
Bayern ist Familienland, weil hier Familien die besten Arbeits- und Lebensbedingungen haben – besser als in jedem anderen Land, nicht nur in Deutschland, sondern darüber hinaus in Gesamteuropa. Das ist unsere derzeitige Situation: Wir haben Vollbeschäftigung, eine Arbeitslosenquote von 3,0 %, und haben die Jugendarbeitslosigkeit besiegt. Bayern bietet damit die besten Beschäftigungsbedingungen aller Länder, gerade auch jungen Menschen.
Wir verzeichnen die höchsten verfügbaren Einkommen aller Flächenländer. Nirgendwo in Deutschland sind weniger Menschen auf staatliche Leistungen angewiesen als in Bayern.
Die wirtschaftliche und soziale Lage in Bayern ist so gut wie nie zuvor. Das sage ich immer wieder. Ich habe dies auch das letzte Mal in meiner Regierungserklärung genau definiert. Daran möchte ich Sie erin
nern. Ich hoffe, Sie haben es nicht vergessen. Von dieser hervorragenden Situation profitieren insbesondere unsere Familien.
Ich freue mich sehr, dass auch die Geburtenrate gestiegen ist und wir jetzt 1,5 Kinder pro Frau haben. Im Doppelhaushalt 2017/2018 gehen fast fünf Milliarden Euro in die Familienpolitik. Wir finanzieren damit Familienleistungen, die es anderswo in dieser Art und Weise nicht gibt. Wir bauen das Landeserziehungsgeld nicht ab, sondern aus und stärken gerade Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Wir stellen mit dem Bayerischen Betreuungsgeld Wahlfreiheit sicher; der Erfolg gibt uns recht. Das kann man schlechtreden, wie man will – die Eltern entscheiden. Wir haben seit dem 22. Juni 2016 rund 154.000 Anträge bewilligt und über 222 Millionen Euro an die Eltern ausbezahlt. In Bayern beantragen mehr als 76 % der Eltern mit ein- und zweijährigen Kindern das Betreuungsgeld. Ich finde, das ist eine Erfolgsgeschichte.