Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Der sechste Punkt: Wir müssen Genossenschaften als eigene Säule in das Wohnraumförderungsprogramm aufnehmen. Das ist überfällig.

(Beifall bei der SPD)

Der siebte Punkt: Sie wollen mehr Beamte im Bereich Bauen. Das ist gut. Wissen Sie aber, was wir noch brauchen? Wir müssen die Bayerische Bauordnung und deren Ausführungsbestimmungen vereinfachen, damit mehr Beamte auch schneller arbeiten können. Diesen Punkt müssen Sie noch dazu ordnen.

(Beifall bei der SPD)

Noch ein achter Punkt: Wir brauchen ein bayerisches Sonderprogramm "Aufzug statt Auszug" für die Älteren in unserer Gesellschaft und damit genau für diejenigen, die unter Beeinträchtigungen leiden oder auf die Barrierefreiheit angewiesen sind. Wir müssen dieses Programm beschließen, um den barrierefreien Umbau von Wohnungen zu fördern, damit Menschen in ihrem Heim, in ihrer Heimat bleiben können. Das ist notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Punkt neun, Herr Söder. – Da muss er auch nicht zuhören; so viel zum Respekt im Parlament.

(Inge Aures (SPD): Die CSU ist eh nicht da! – Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Man kann auch zuhören, wenn man nicht hinschaut!)

Wenn man redet? – Da bin ich mir nicht sicher. Multitaskingfähig sind Sie noch nicht.

Also, neuntens. Wir müssen als Bayern die Mietpreisbremse endlich scharf stellen. Man braucht sich nicht über andere Länder oder über andere Kompetenzen im Bund lustig zu machen; denn die Verordnung in Bayern, die von Ihnen geschrieben wurde, ist – entschuldigen Sie den Ausdruck – stümperhaft, sodass die Mietpreisbremse nicht funktioniert.

(Beifall bei der SPD)

Bayern hat als Bundesland die Möglichkeit, die Mietpreisbremse richtig scharf zu stellen, sodass sie funktioniert, anstatt sich darüber zu stellen und zu behaupten, man könne in Bayern eine eigene aufbauen. – Nein, manches Mal ist es gut, mit anderen zusammenzuarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Nun kommen wir zum zehnten Punkt, den wir als Land eigentlich schon lange in Angriff nehmen müssten. Wir, die SPD, haben ihn schon oft angesprochen: Wir müssen in Bayern die Sozialbindung von Sozialwohnungen verlängern. Das ist überfällig. Jedes Jahr fallen Hunderte von Wohnungen aus der Sozialbindung. Wir hätten die Möglichkeit, die Frist zu verlängern. Wir hätten auch die Möglichkeit, neue Belegungsrechte hinzuzukaufen. Man muss es nur wollen!

(Beifall bei der SPD)

Man darf nicht immer nur von Eigentum sprechen; denn es gibt Millionen Menschen in unserem Land, die zur Eigentumsbildung nicht in der Lage sind. Diese Menschen bezahlen aber die Wohnungen, die sie gemietet haben, und sie wollen diese Wohnungen auch bezahlen können. Das müssen wir möglich machen. Sie können doch nicht einfach immer an den Mieterinnen und Mietern vorbeigehen. Das funktioniert nicht.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese zehn Punkte unserer "Wohnraumoffensive Bayern" brauchen wir dringend. Ein starker Staat muss die Wohnungskrise bewältigen; denn nur so kann er den Menschen wieder Sicherheit und Vertrauen auch in die politische Handlungsfähigkeit geben. Eine echte Wohnraumoffensive macht Bayern stärker. Dazu fehlt Ihnen aber offensichtlich die Kraft. Ich vermute, dazu fehlt Ihnen auch der Wille. – Eine Wohnraumoffensive gibt es nur mit der SPD.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Wohnung gibt uns Sicherheit, genauso wie ein guter Job. Wohnen und Arbeiten sind die Bereiche, in denen wir als Erwachsene die meiste Zeit verbringen. Arbeit ist sinnstiftend und von zentraler Bedeutung für das Selbstwertgefühl und für die Stellung des Einzelnen in unserer Gesellschaft. Ein fester, ein anständig bezahlter Arbeitsplatz gibt dir Sicherheit, und die brauchst du für dein Leben, um in eine Zukunft zu gehen und diese zu gestalten.

Herr Söder, der Freistaat ist Arbeitgeber. Er muss durch sein Handeln klarmachen, was gute Arbeitspolitik ist. Vorhin haben Sie die Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich gelobt und wertgeschätzt. Dass aber Lehrer in unserem Land jedes Jahr im Juli darauf hoffen müssen, im September wieder einen Jahresvertrag zu bekommen, kann sich ein starker Staat nicht erlauben.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den FREI- EN WÄHLERN – Unruhe bei der CSU)

Herr Ministerpräsident, diese jungen Menschen kommen tagtäglich zu mir ins Bürgerbüro. Sie sagen: Helfen Sie mir. – Wissen Sie, was mit diesen Lehrern passiert, wenn sie keine Stelle bekommen, wenn im September nichts passiert? – Die rutschen ab in die Grundsicherung. Dort gehören aber diese Menschen, die wir ausbilden, doch nicht hin. Sie brauchen Wertschätzung; denn sie sind unsere Zukunft. Sie machen einen Job, der unsere Kinder nach vorne bringt. Es ist Herzblut für dieses Land, diese Menschen wertzuschätzen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo, bravo! – Unruhe bei der CSU)

Respekt ist eine Frage des Umgangs miteinander im Parlament.

Ich sage Ihnen eines: Ein starker, handlungsfähiger Staat muss die sachgrundlos befristeten Jobs im öffentlichen Dienst endlich abschaffen. Ein starker Staat muss diesen Anspruch haben!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo, bravo!)

Ein starker Staat muss Vorbild sein. Machen Sie als Vertreter eines starken Staats mit uns das, nutzen Sie die Einflussmöglichkeiten, die wir als Staat haben. Von 16 Bundesländern verfügen 14 über ein sogenanntes Tariftreuegesetz. Unser Land, unser starkes Land gehört bisher nicht dazu.

Als einziges Bundesland in Deutschland hat Bayern noch kein Vergabegesetz. Was heißt das unterm Strich? – Wenn Sie als Staatsregierung Aufträge vergeben, dann kümmert es Sie nicht, zu welchen Bedingungen die Menschen bei demjenigen arbeiten, der den Auftrag bekommt. Das heißt, bei Projekten, die Bayerinnen und Bayern mit ihren Steuergeldern bezahlen, werden unter Umständen Tarife unterlaufen. Bei Projekten, die Bayerinnen und Bayern mit ihren Steuern bezahlen, müssen Menschen unter Umständen zu Bedingungen arbeiten, zu denen niemand von uns hier arbeiten würde oder will. Das ist inakzeptabel, das wollen wir nicht!

(Beifall bei der SPD)

Das wollen auch die Menschen nicht, die hier in Bayern diese Aufträge finanzieren. Das ist jeder Einwohner in Bayern, der Steuern zahlt. Das will niemand. Das darf sich ein starker Staat nicht erlauben. Ein Tariftreuegesetz macht Bayern stärker. Ehrlich gesagt, scheinen Ihnen dazu die Kraft und der Wille zu fehlen.

Ein Tariftreuegesetz, ein Vergabegesetz, beides wird es wohl nur mit der SPD geben.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns noch einen Schritt weiterdenken, und zwar an die Arbeitswelt von morgen, die sich grundlegend verändert. Wenn ich mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern spreche, wenn ich mit Beschäftigten in der Verwaltung spreche, mit Handwerkerinnen und Handwerkern, dann kommen immer wieder die gleichen grundlegenden Fragen: Gibt es meinen Job in fünf, in zehn, in fünfzehn Jahre eigentlich noch? Ersetzt mich eine Maschine oder ein Computer? Werde ich in der Arbeitswelt von morgen überhaupt noch gebraucht? – Solche existenziellen Ängste müssen wir sehr, sehr ernst nehmen. Da hilft der abstrakte Satz eben nicht: Wir müssen die Chancen der Digitalisierung nutzen. – Nein, wir müssen jedem Einzelnen, der diese Ängste hat, aufzeigen, wo sein Platz in dieser neuen Welt von morgen sein könnte. Wir als politisch Verantwortliche müssen mit demjenigen auch gemeinsam dorthin gehen.

Dabei müssen wir uns gemeinsam noch einmal klarmachen, was unser Land im Laufe der Jahre und Jahrzehnte wirklich stark gemacht hat: Unser wichtigster Rohstoff ist hier oben, ist in unserem Kopf. Bildung ist unser Schlüssel für die Zukunft. Das war schon immer so, und das wird auch so bleiben. Wenn die Menschen aber Lust auf Bildung haben, wenn sie neugierig sind, was da auf sie zukommen mag, wenn sie wissen, dass sie darauf vorbereitet werden, und wissen, dass sie mit den Veränderungen in der Arbeitswelt nicht nur Schritt halten, sondern sie sogar mitgestalten können, wenn sie wissen, sie können der Maschine sagen, was diese zu tun hat und nicht umgekehrt, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Sicherheit, die Zuversicht und die Stärke bezogen auf die Arbeitswelt von morgen wieder da.

Weiterbildung und Bildungsfreistellung sind die zentralen Bausteine, die wir dafür in die Hand nehmen können. Als starker Staat brauchen wir endlich ein Weiterbildungsgesetz. Wir brauchen ein Gesetz, das Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, im Landtag aber schon mehrmals abgelehnt haben, zuletzt erst im Sozialausschuss mit dem Ausruf – ich zitiere die Kollegen der CSU –: "Dieses Land braucht keine bildungswütigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."

(Zurufe von der SPD: Hört, hört! – Zuruf von der SPD: Pfui!)

Unser Land braucht aber genau das. Unser Land braucht Menschen, die sich bilden wollen,

(Beifall bei der SPD)

die wissen wollen, die nach vorne gehen und stark sein wollen. Das brauchen wir. Ein Weiterbildungsgesetz macht unser Land stärker. Verweigern Sie diese Stärke doch den Menschen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Bei diesem Weiterbildungsgesetz fehlen Ihnen, Herr Ministerpräsident, anscheinend wieder Kraft und Wille, es einfach zu tun. Anscheinend gibt es ein Weiterbildungsgesetz aber nur mit der SPD.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns noch etwas bewusst machen, wenn wir von der Arbeitswelt von morgen sprechen. Es gibt etwas, das Maschinen nie können werden. Sie werden niemals die Menschen ersetzen können, die ihren Mitmenschen Zuneigung geben, die Horizonte eröffnen, die bei wichtigen Erfahrungen an deiner Seite stehen, vor allem, wenn du noch klein bist, Menschen, die unsere Jüngsten ganz groß machen und unsere Älteren begleiten. Das werden Maschinen nie können. Was bedeutet das für uns als Politikerinnen und Politiker? – Das bedeutet: Jetzt muss die Stunde der sozialen Berufe kommen. Im Moment haben wir in der bayerischen Industrie und im Handwerk einen Mangel an Fachkräften. Aber wenn langfristig Tätigkeiten wegfallen, die auch von Maschinen geleistet werden können, müssen wir das als Chance begreifen, mehr Arbeit am Menschen zu leisten.

(Beifall bei der SPD)

Damit müssen wir heute anfangen. Wir müssen die hochqualifizierte Arbeit am Menschen endlich wirklich wertschätzen; denn die Menschen, die in den sozialen Berufen arbeiten, tragen die größte Verantwortung. Sie leisten Unglaubliches für unser Land, und das heißt, wir müssen sie endlich entsprechend bezahlen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen – in diesem Punkt sind wir, Herr Ministerpräsident, gar nicht so weit auseinander, wie ich glaube, vielleicht sogar nahe beieinander; wer weiß? – die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einem Pakt für anständige Löhne bringen. Wir müssen sie zusammenbringen, an einen Tisch setzen, und dann muss dieser Pakt für alle sozialen Berufe gelten.

Jetzt kommt der Punkt, wo Sie ran müssen und wo wir alle ran müssen. Es muss ein starker Staat ran, der eine faire Arbeitspolitik macht. Ein starker Staat kann als Vorbild vorangehen. Er kann die Tarifpartner auffordern, ihm zu folgen. Man muss als starker Staat

Vorbild sein wollen und nicht nur da, wo man es sich aussucht, sondern für alle.

(Beifall bei der SPD)