Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Gemäß § 82 unserer Geschäftsordnung ist der Vollversammlung über die Behandlung der Petitionen jeweils für die Hälfte der Wahldauer des Landtags mündlich zu berichten. Die Berichterstattung obliegt

federführend dem Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden. Im Ältestenrat ging man davon aus, dass der Bericht des Vorsitzenden circa 30 Minuten dauern wird. Für die Aussprache zum Bericht wurde eine Gesamtredezeit der Fraktionen von 36 Minuten vereinbart; diese verteilt sich auf die CSU mit 12 Minuten, auf die SPD mit 9 Minuten, auf die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils mit siebeneinhalb Minuten, die Staatsregierung hat 12 Minuten. Die fraktionslosen Abgeordneten Claudia Stamm, Günther Felbinger und Alexander Muthmann können jeweils bis zu zweieinhalb Minuten sprechen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile hierzu dem Vorsitzenden Herrn Kollegen Dr. Schwartz das Wort. Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine Freude und Ehre, Ihnen heute den Bericht des Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden gemäß § 82 unserer Geschäftsordnung geben zu dürfen. In diesem Jubiläumsjahr, in dem wir 200 Jahre Verfassungsstaat und 100 Jahre Freistaat Bayern feiern, ist es mir eine besondere Ehre, feiern wir doch damit auch 200 Jahre verbrieftes Petitionsrecht. Bereits die Verfassung aus dem Jahr 1818 sieht nämlich vor, dass es jedem einzelnen Staatsbürger gewährleistet sei, sich mit Beschwerden über die Verletzung der konstitutionellen Rechte an die seinerzeit eingerichtete Ständeversammlung zu wenden. Die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz erweitern dieses Petitionsrecht, das ursprünglich nur Staatsbürgern vorbehalten war, auf jedermann.

Das Petitionswesen ist eine Notrufsäule für die Bürgerinnen und Bürger und zugleich Seismograf, der die Stimmungen in der Bevölkerung aufnimmt und uns zeigt, wo die Nöte der Menschen liegen. Das Recht, über Petitionen zu entscheiden, ist neben der Gesetzgebungskompetenz und der Haushaltsautonomie eine der zentralen Kompetenzen dieses Hohen Hauses und bestimmt sein Wesen als Volksvertretung.

Zu den statistischen Zahlen sollten Sie auf Ihren Plätzen eine Anlage zum mündlichen Bericht vorgefunden haben.

(Siehe Anlage 5 – Beifall bei Abgeordneten der CSU – Ingrid Heckner (CSU): Haben wir bekommen, danke!)

Das Folgende darf man möglicherweise auch als Erfolgsstatistik bezeichnen: Von 7.807 in dieser Wahlperiode erledigten Petitionen sind immerhin 1.105 in irgendeiner Weise positiv erledigt. Das entspricht einem Anteil von 14,7 %. Hinzu kommen Eingaben,

die oftmals wegen positiver Erledigung während des Petitionsverfahrens von den Petenten zurückgenommen wurden.

Erwähnenswert ist auch, dass immer mehr Menschen hinter den Petitionen stehen. Dies drückt sich in einer deutlichen Zunahme der Sammel- und Massenpetitionen aus. In der 17. Wahlperiode haben rund 950.000 Menschen, also fast eine Million, entweder eine Petition eingereicht oder eine solche unterstützt. Im Vergleich dazu waren es in der 16. Wahlperiode circa 600.000 Personen.

Dabei geht die Anzahl der Petitionen insgesamt zurück. Auch wenn das Petitionswesen immer mehr Menschen erreicht, haben wir in der 16. Wahlperiode noch circa 11.800 Eingaben gezählt, im aktuellen Berichtszeitraum waren es rund 9.100. Bis zum Ende der Wahlperiode werden wohl rund 10.000 Petitionen an den Landtag gerichtet worden sein. Der Rückgang ist zum Beispiel darauf zurückzuführen, dass deutlich weniger Eingaben zum öffentlichen Dienstrecht eingereicht wurden. Die Wogen, die das neue Dienstrecht im Vorlauf zu seiner Einführung geschlagen hatte, sind offenbar weitestgehend abgeebbt.

Gleichzeitig gibt es eine gewisse Verwirrung durch private Plattformen – ein Phänomen, das mit dem Internet zu tun hat. Es betrifft die privaten und zum Teil kommerziellen Plattformen im Internet wie "openPetition.de" oder "Change.org", um einige Beispiele zu nennen. Immer wieder, so erst in der letzten Woche, richten sich Bürgerinnen und Bürger an das Landtagsamt, um sich nach dem Stand einer Petition zu erkundigen. Bei näherer Betrachtung stellt sich dann heraus, dass diese Eingaben zwar in privaten Internetplattformen aufgelistet sind, nicht aber als Eingaben beim Bayerischen Landtag eingereicht wurden. Die unterschiedslose Verwendung des Begriffs Petition durch diese Plattformen ist schlichtweg verwirrend. Bayerische Verfassung und Grundgesetz legen klar fest, was eine Petition ist und welche Rechte sich für die Petenten daraus ergeben. Alles Weitere mögen Partizipationsformen sein; Petitionen sind es nicht. Ich darf an Sie, werte Kolleginnen und Kollegen appellieren, bei Bürgerinnen und Bürgern darum zu werben, sich im Fall der Fälle direkt an die Volksvertretung und nicht an irgendwelche Plattformen zu wenden.

Dabei ist insgesamt der Rückgang der Zahl der Petitionen nicht zwingend negativ. Petitionen werden von Menschen eingereicht, die ein Anliegen haben oder sich gegen Verfügungen von hoher Hand wenden wollen. Geht die Anzahl von Petitionen zurück, ist dies nicht zwingend ein schlechtes Signal, was die Zufrie

denheit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern betrifft, eher im Gegenteil.

Das bayerische Petitionsrecht dient durchaus in der Bundesrepublik als Vorbild. Die öffentliche Behandlung und die Möglichkeit für Petenten, im Ausschuss auch angehört zu werden, sind Besonderheiten des bayerischen Petitionsrechts. In anderen Bundesländern blickt man daher nach Bayern, wenn es darum geht, das eigene Petitionswesen fortzuentwickeln. So hatten wir auf Einladung der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag beispielsweise unseren Ausschussdienst entsandt, um dort über die öffentliche Beratung von Eingaben in Bayern zu referieren, was nach Darstellung der dortigen Zeitung "Meininger Tageblatt" vom 30. November 2016 zu wahrer Begeisterung führte.

Wir hatten zudem Besuch von Delegationen in unserem Ausschuss. Eine Delegation des Landtags von Sachsen-Anhalt war bei uns, zuletzt die Rechtspflegekommission des Schweizer Kantons St. Gallen, die auch unserer Sitzung beigewohnt hat. Und bereits in der nächsten Sitzungswoche werden Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses von Baden-Württemberg an einer Sitzung unseres Ausschusses und weiteren Gesprächen teilnehmen.

Dabei ist zu unterscheiden. Die öffentliche Beratung ist zu unterscheiden von sogenannten öffentlichen Petitionen. Letztere finden beispielsweise im Deutschen Bundestag statt. Bei sogenannten öffentlichen Petitionen können Bürgerinnen und Bürger ein konkretes Anliegen mittels einer durch das Parlament betriebenen Internetplattform einem großen Publikum bekannt machen. Dies soll dazu dienen, weitere Unterstützer, sprich Mitunterzeichner, zu gewinnen. Ein solches Instrument erachte ich im Hinblick auf das bayerische Petitionswesen nicht nur als überflüssig, sondern sogar als problematisch. Die Funktionslogik derartiger Plattformen folgt dem Prinzip des größten Glücks, der größten Zahl, also dem Wunsch, Aufmerksamkeit durch eine möglichst große Zahl von Unterstützerstimmen zu gewinnen. Das mag auf Bundesebene zielführend sein. Im Landesrecht, wo es primär um den Gesetzesvollzug geht, steht hingegen der Einzelfall im Vordergrund. Dort auf die Anzahl von Unterstützerstimmen abzustellen birgt die Gefahr, die Eingabe des Einzelnen zu entwerten. Menschen, die schlichtweg keinen Zugang zum Internet haben – ich denke da insbesondere an Insassen von Justizvollzugsanstalten oder an Menschen, die nicht im Umgang mit dem Internet verständig sind –, wären systematisch benachteiligt. Vergessen wir nicht: Es ist gerade das Wesensmerkmal der Petition, dass deren Einreichung an keine besonderen Formerfordernisse geknüpft ist.

Die Stärke des bayerischen Petitionswesens ergibt sich aber vor allem aus Ihrem großen Engagement, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Hierfür spricht die Rekordanzahl von Ortsterminen in der 17. Wahlperiode. So haben wir in der 17. Wahlperiode 178 Ortstermine durchgeführt; in der 16. Wahlperiode waren es 101. Es sind die Berichterstatter selbst, die sich eingehend mit den teilweise sehr komplexen Eingaben befassen. Im Petitionswesen wird besonders deutlich: In Bayern ist jeder Abgeordnete ein Stück weit auch Bürgerbeauftragter, Bürgerbeauftragter in dem Sinn, vom Bürger direkt mittels Mandats beauftragt worden zu sein, ohne der Tätigkeit des lieben Kollegen Klaus Holetschek hier irgendwie Abbruch tun zu wollen.

Bezüglich der Verteilung der Petitionen lohnt sich ein Blick in die Statistik. Die Verteilung der Eingaben unter den Ausschüssen ist sehr unterschiedlich. Der zahlenmäßig größte Teil der Eingaben, und das mit wachsender Tendenz, wird weiterhin im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden behandelt. Der Anteil der Petitionen, die dort behandelt wurden, stieg von circa 25 % in der 16. Wahlperiode auf zwischenzeitlich 30 % in der 17. Wahlperiode – 30 % bezogen auf alle Petitionen –, die unser Haus betreffen.

Dem Ausschuss für Eingaben und Beschwerden kommt eine besonders wichtige Funktion zu; denn weil wir praktisch ausschließlich mit Petitionen befasst sind, können wir dem einzelnen Anliegen vielleicht noch etwas mehr Aufmerksamkeit widmen, als das in anderen Fachausschüssen aufgrund deren anderen Aufgabenspektrums möglich ist. Insbesondere die Themen Ausländerrecht, Bausachen, Strafvollzug, Gnadenwesen und Kostenfreiheit des Schulwegs fallen hier ins Gewicht.

Es waren vor allem Bausachen, die in der aktuellen Periode den Ausschuss in zeitlicher Hinsicht sehr in Anspruch genommen haben. Im Berichtszeitraum haben die Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses knapp 100 der rund 180 Ortstermine durchgeführt. Sie haben als Mediatoren vor Ort zum Teil beachtliche Erfolge erzielen können. Ich darf Ihnen hierzu ein, zwei Beispiele nennen. So hatte der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden sich zum Beispiel mit mehreren Beschwerden über eine Bäckerei zu beschäftigen, deren Betrieb von den Nachbarn als störend empfunden wurde. Dem lag zugrunde, dass die ursprüngliche Dorfbäckerei verkauft wurde und der neue Eigentümer den Betrieb stetig ausbaute. Mit der erheblichen Erweiterung hatte der Betrieb im Laufe der Zeit eine Größe angenommen, die bauplanungsrechtlich nicht mehr mit dem Ortscharakter zu vereinbaren war. Eine sofortige Betriebsuntersagung hätte allerdings den wirtschaftlichen Ruin des Unter

nehmers und den Verlust von vielen Arbeitsplätzen zur Folge gehabt. So lag die Herausforderung im Spannungsfeld zwischen dem Vollzug geltenden Baurechts einerseits und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen andererseits. Dabei einen angemessenen Kompromiss zu finden, der auch die schutzwürdigen Interessen der Nachbarn angemessen berücksichtigt, war die Aufgabe. Nach immerhin zwei Ortsterminen konnte hier eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, die es der Bäckerei gestattet, zeitlich begrenzt den Betrieb fortzuführen, und dabei die wirtschaftliche Grundlage zur Verlagerung in ein Gewerbegebiet geschaffen hat, womit dann eben auch den nachbarlichen Interessen entsprochen wurde.

Unsere Tätigkeit ist immer ganz praktisch. So hatten wir zum Beispiel zuletzt in München mit einer großen Wohnanlage zu tun. Dieses Beispiel zeigt auch, wie das Petitionsverfahren bzw. der beherzte Einsatz der Berichterstatter als Mediatoren vor Ort zu einer Kompromissfindung beitragen kann. Der Petition lag das Bauvorhaben einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft in München zugrunde. Gegenüber der ursprünglichen Planung sollte die Wohnanlage statt 122 nunmehr 166 Wohneinheiten umfassen. Anstelle von sechs Stockwerken sollten nunmehr acht Stockwerke errichtet werden. Auch in diesem Fall führte der Ortstermin zu einem Kompromiss. Am Ende verzichtete der Bauherr auf einige Wohneinheiten und verringerte die Planung von acht auf sieben Stockwerke – ein Kompromiss, mit dem man vor Ort offensichtlich leben konnte.

Insgesamt beobachten wir eine Verdoppelung der Fallzahlen im Aufenthaltsrecht. Gab es in der 16. Wahlperiode noch 325 Eingaben in diesem Bereich, so hat sich deren Zahl in der laufenden Periode auf 651 mehr als verdoppelt. Über die Hälfte der dem Ausschuss für Eingaben und Beschwerden zugewiesenen Sammelpetitionen mit mehr als 100 Unterschriften – eine Statistik finden Sie in dem Konglomerat, das Ihnen ausgeteilt wurde – steht im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht. Die Handlungsmöglichkeiten bayerischer Behörden und damit des Bayerischen Landtags sind im Asylrecht jedoch klar umrissen, und die Zuständigkeit liegt für einen Großteil der asylrechtlichen Verfahren gesetzgeberisch beim Bund. Dies betrifft insbesondere die Bewertung zielstaatsbezogener Aspekte, wie etwa die im Ausschuss immer wieder kontrovers diskutierte Sicherheitslage in anderen Ländern.

Dennoch beobachten wir die derzeitige Situation und damit alle an uns herangetragenen und menschlich zum Teil sehr bewegenden Schicksale im Ausschuss sehr genau. In Bezug auf den Westbalkan sind die

Mitglieder des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden eigens nach Mazedonien und in den Kosovo gereist, um sich vor Ort über die Migrationssituation sowie über die Perspektiven der in ihr Heimatland zurückgeführten Menschen zu informieren.

Bei besonderen Einzelschicksalen und in humanitären Ausnahmefällen kann der Ausschuss der beim Innenministerium eingerichteten Härtefallkommission Eingaben zuweisen. Dieses Gremium kann sich dann gegenüber dem Innenministerium dafür aussprechen, ausnahmsweise eine Aufenthaltsgenehmigung auszusprechen. In der 17. Wahlperiode hat der Petitionsausschuss insgesamt zwölf Eingaben an die Härtefallkommission überwiesen. Der Zwischenbericht zum Petitionswesen hatte das Thema bereits aufgegriffen. An dieser Stelle möchte ich den Mitgliedern der Härtefallkommission und deren Vorsitzenden, Herrn Wilfried Mück, für die konstruktive Zusammenarbeit herzlich danken.

(Allgemeiner Beifall)

Der Petitionsausschuss ist mit einer Vielzahl von Eingaben abgelehnter Asylbewerber, vor allem aus den Herkunftsstaaten Ukraine und dem Westbalkan befasst, die einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zum Zweck der Beschäftigung begehren. In diesen Fällen ist die Gesetzeslage eindeutig, da der Bundesgesetzgeber einen Spurwechsel vom Asylverfahren zur Arbeitsmigration grundsätzlich ausschließt – ein Fall, der uns im Ausschuss sehr häufig beschäftigt und möglicherweise auch noch beschäftigen wird. Obgleich dem Ausschuss damit die Hände gebunden sind, kann das Petitionsverfahren den Betroffenen zumindest einen Weg aufzeigen, wie das angestrebte Ziel letzten Endes doch erreicht werden kann.

Der Strafvollzug ist ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit. Eingaben aus dem Bereich Strafvollzug erweisen sich erfahrungsgemäß nur selten als erfolgreich; sie haben die geringste Erfolgswahrscheinlichkeit. Es kann aber auch in diesem Bereich erfolgreiche Petitionen geben, die sogar über den Einzelfall hinaus wirken. Das mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Der Insasse einer Justizvollzugsanstalt brachte vor, dazu angehalten worden zu sein, Schleifarbeiten ohne Atemschutzmaske durchzuführen. Eine Überprüfung bestätigte diesen Vorwurf. Die JVA versicherte, künftig besser zu überwachen, ob Vorschriften zum Arbeitsschutz beachtet werden, und wir haben uns darüber berichten lassen.

Im Bereich des Sorge- und Melderechts haben wir zu Veränderungen beigetragen. Auf die Breite des Themenspektrums weist folgender Fall hin: Der Ausschuss hatte über die Eingabe eines Vaters zu ent

scheiden, der das Sorgerecht gemeinsam mit der geschiedenen Mutter ausübte. Nach der Darstellung des Petenten habe das gemeinsame Kind zunächst am Hauptwohnsitz des Vaters gelebt, bis die Kindsmutter ohne Einwilligung des Vaters das Kind an ihrem Wohnsitz angemeldet habe. Als der Kindsvater daraufhin versucht hat, den Hauptwohnsitz des Kindes wieder bei seiner eigenen Wohnsitzgemeinde anzumelden, habe die Meldebehörde mangels schriftlicher Einwilligung der Kindsmutter die Anmeldung verweigert.

Der Petent forderte daher ein einheitliches Vorgehen der Meldebehörden in dem Sinne, dass Ummeldungen von Minderjährigen grundsätzlich nur durch beide Sorgeberechtigten vorgenommen werden dürfen. Der Ausschuss folgte der Auffassung des Petenten und überwies die Eingabe der Staatsregierung zur Berücksichtigung. Das Innenministerium hat daraufhin zwischenzeitlich den Meldebehörden des Freistaates Bayern Vorgaben für ein einheitliches Vorgehen bei An- und Abmeldevorgängen gemacht. In den Vollzugshinweisen wird klargestellt, in welchen Fällen von Ummeldungen nun das Einverständnis beider Elternteile vorliegen muss.

Blicken wir auch auf die Fachausschüsse. Im Bayerischen Landtag werden Petitionen nicht allein vom Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, sondern auch von den jeweiligen Fachausschüssen behandelt. Ich darf daher ebenso über die Themen berichten, die dort behandelt wurden.

Dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen wurden rund 980 Eingaben zugewiesen. Damit ist der Rechtsausschuss der Ausschuss, der nach dem Ausschuss für Eingaben und Beschwerden die meisten Petitionen zu behandeln hatte.

Bei den zugewiesenen Eingaben fällt eine Zunahme von Petenten aus der Szene der sogenannten "Reichsbürger", "Germaniten", "Selbstverwalter" und "Reichsdeutschen" – überwiegend selbstgewählte Bezeichnungen – auf. Deren Eingaben wenden sich regelmäßig gegen Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft sowie gegen gerichtliche Entscheidungen. Flankiert werden diese Beschwerden von einer Grundargumentation, wonach man die Bundesrepublik Deutschland nicht akzeptiere oder aus ihr ausgetreten sei. Gesetze und Bescheide des Bundes und der Länder erachtet dieser Personenkreis bereits von daher als ungültig. In Einzelfällen war zu beobachten, dass Petenten aus der Reichsbürgerszene an öffentlichen Ausschusssitzungen teilnahmen und dabei zum Teil aggressive Unmutsbekundungen über die Beschlussfassung des Ausschusses zum Ausdruck brachten.

Die Zunahme dieser Petitionen ist mit Sorge zu sehen und wird künftig aufmerksam zu beobachten sein. Die Herausforderung wird darin bestehen, einerseits das Petitionsgrundrecht zu gewähren und andererseits Fragen der Sicherheit und des Hausrechts nicht außer Acht zu lassen.

Im Landwirtschaftsausschuss hatte man sich neben den sonst üblichen förderrechtlichen Angelegenheiten mit einer medienwirksamen Eingabe zur Vorlagepflicht von Jagdtrophäen zu befassen. Nach dem Bayerischen Jagdgesetz müssen jährlich öffentliche Hegeschauen stattfinden. Die Revierinhaber sind verpflichtet, den Kopfschmuck – das heißt, die Geweihe und Gehörne – des gesamten in ihren Jagdrevieren im letzten Jahr erlegten oder verendet aufgefundenen Schalenwilds bei einer öffentlichen Hegeschau vorzulegen. Die Petenten bzw. die 1.500 Unterstützer, darunter viele Jäger, zielten darauf ab, den Hege- und Jagdgemeinschaften künftig ein Wahlrecht einzuräumen, den Kopfschmuck auszustellen oder nicht. Obgleich die Eingabe nach kontroverser Diskussion keine Berücksichtigung im Ausschuss fand, nahm eine Landtagsfraktion dies zum Anlass, einen entsprechenden parlamentarischen Antrag zu stellen, der sodann dem Fachausschuss zugewiesen wurde. Das Beispiel zeigt: Petitionen wirken auch als Impulsgeber.

In den Anliegen von Petenten spiegeln sich ein Stück weit auch aktuelle politische und gesellschaftliche Debatten wider; das zeigen die dem Ausschuss für Gesundheit und Pflege zugewiesenen Eingaben. Es überrascht deshalb nicht, dass die Themen Pflege sowie Situation des Pflegepersonals einen breiten Raum eingenommen haben. Dem Ausschuss lag hierzu unter anderem eine Eingabe mit 5.800 Unterstützer-Unterschriften vor.

Der Gesundheitsausschuss beschäftigt sich vermehrt mit Petitionen zur Einstufung in Pflegegrade durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und zu Missständen in den Einrichtungen des betreuten Wohnens und in Pflegeheimen. Gerade aber auch die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen zwecks Erlangung einer Approbation, etwa für akademische Heilberufe, hat in der zweiten Hälfte der Wahlperiode deutlich zugenommen.

Beim Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport lag im Bereich des Kommunalwesens der Schwerpunkt erneut auf dem heute schon diskutierten Thema Straßenausbaubeiträge. Trotz eines zu Beginn neuen Modells wiederkehrender Beiträge wandten sich weiterhin viele betroffene Bürger mit Petitionen Hilfe suchend an den Ausschuss. Mit den zahlreichen Eingaben, die nunmehr gänzlich die

Abschaffung der Straßenausbaubeiträge forderten, hat man sich mittelbar auch heute befasst.

Das Petitionswesen hat die Funktion eines Seismografen, der die Probleme und Stimmungen der Bürger aufnimmt. Das zeigen die zahlreichen Eingaben auch hinsichtlich der Situation kommunaler Schwimmbäder. Die Petenten forderten in ihren Eingaben unter anderem, die Kommunen mittels staatlicher Zuschüsse in die Lage zu versetzen, ihre in die Jahre gekommenen Schwimmbäder einer Generalsanierung zu unterziehen. Nachdem sich der Innenausschuss mehrfach mit der Thematik auseinandergesetzt hat, erging zuletzt im März 2018 die Aufforderung an die Staatsregierung, über das Ergebnis einer Bestandsaufnahme und die Ergebnisse einer anlässlich der Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe zu berichten. Es bleibt abzuwarten, welche Fördermöglichkeiten die Arbeitsgruppe letztendlich vorschlagen wird. Ich persönlich mache keinen Hehl daraus, dass ich besonders auf eine gute Lösung hoffe.

Die Petitionsbehandlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst stand auch in der zweiten Hälfte der Wahlperiode primär im Licht der Rundfunkfinanzierung. Bei einem Teil der Bevölkerung besteht nach wie vor ein generelles Ungerechtigkeitsgefühl hinsichtlich des Solidarmodells. In ausgewiesenen Härtefällen konnten im Wege des Petitionsverfahrens Lösungen für die Betroffenen gefunden werden. Mit Material-Beschlüssen zielte der Ausschuss darauf, das Beitragssystem fortzuentwickeln.

Auch und gerade die Programmgestaltung der Öffentlich-Rechtlichen war wiederholt Gegenstand von Petitionen. Eine Eingabe mit 23.603 Unterstützern setzte sich nachhaltig für die Beibehaltung der Volksmusiksendungen im Hörfunkprogramm "Bayern 1" ein.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger engagierten sich mittels Petitionen für die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. Die Durchführung eines Ortstermins war bei den widerstreitenden Interessen häufig das zielführende Instrument und hat oftmals für Kompromisse gesorgt.

Der Ausschuss für Bildung und Kultus hatte sich in der zweiten Hälfte der Wahlperiode mit den Eingaben engagierter Eltern zu befassen. Diese baten darum, neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Dyskalkulie, einer Beeinträchtigung des arithmetischen Denkens, zu berücksichtigen. Neben der individuellen Unterstützung betroffener Schülerinnen und Schüler wurden Forderungen nach einem Nachteilsausgleich und nach Notenschutz erhoben. Zur weiteren Sachaufklärung hat der Ausschuss die Möglichkeit in An

spruch genommen, Sachverständige anzuhören. Wenn auch nicht allen Forderungen abgeholfen wurde, werden sich die Abgeordneten des Ausschusses weiterhin mit dem Thema auseinandersetzen. In dieser Angelegenheit erging ein Material-Beschluss an die Staatsregierung. Dieser Beschluss fordert dazu auf, sich des Themas anzunehmen.

Darüber hinaus gab es in besagtem Ausschuss eine Vielzahl von Petitionen zur Ausgestaltung des neunjährigen Gymnasiums, in denen Interessenvertretungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler ihre Wünsche und Anregungen in das laufende Gesetzgebungsverfahren einbrachten und mit denen sich der Ausschuss intensiv auseinandersetzte.

Der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes war mit einer Eingabe des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes zur Situation der Verwaltungsangestellten an öffentlichen Schulen mit mehr als 16.500 Unterstützern befasst. Auch wenn den zahlreichen Forderungen nicht in vollem Umfang abgeholfen werden konnte, waren sich die Vertreter aller Fraktionen bei der Beratung einig, dass durch den Ausbau der Ganztagsangebote, durch die Zunahme zu beschulender Asylbewerber und aufgrund diverser Pilotprojekte nicht nur Schulleitung und Lehrkräfte gefordert seien, sondern auch die Verwaltungskräfte einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Wenn auch nicht alle Forderungen umgesetzt werden konnte, wurden in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2017/2018, angestoßen durch die Petition, dennoch Verbesserungen erzielt.

Daneben beschäftigte sich der Ausschuss auch in der zweiten Hälfte der Wahlperiode mit individuellen Belangen von Beschäftigten aus allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. In der Regel sind dies Besoldungs- und Versorgungsangelegenheiten, Einstellungs- und Versetzungsfragen, Beförderungsmöglichkeiten und Beihilfeleistungen im Krankheitsfall.