Protokoll der Sitzung vom 16.07.2014

(Abstimmung gemäß § 129 der Geschäftsord- nung)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, die Aufregung legt sich langsam wieder.

(Volkmar Halbleib (SPD): Herr Präsident, das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung!)

- Herr Kollege, das brauche ich jetzt nicht zu kommentieren. Haben Sie Verständnis dafür.

Ich gebe zunächst das Ergebnis des Hammelsprungs bekannt. Danach folgt die namentliche Abstimmung zum vorherigen Tagesordnungspunkt.

Ich gebe jetzt das Ergebnis zum Tagesordnungspunkt 10 und zur jetzt durchgeführten Abstimmung mittels Hammelsprung bekannt. Mit Ja haben 68, mit Nein haben 88 Abgeordnete gestimmt; es gab keine Enthaltung.

(Zurufe von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN: Oh!)

Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Jürgen W. Heike (CSU): Weiter geht es mit der namentlichen Abstimmung!)

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung.

(Zuruf der Abgeordneten Claudia Stamm (GRÜNE))

- Frau Kollegin Stamm, das ist jetzt unfair. Die Beisitzer sind bei der Zählung dabei, aber das macht immer noch die Verwaltung. Sie werden der Verwaltung nicht vorwerfen wollen, dass sie falsch zählt.

(Beifall bei der CSU)

Wenn das der übliche Sommerkrach ist, dann sagen Sie es bitte.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wenn, dann ist der eben produziert worden! Auf die Feststellung lege ich großen Wert!)

- Herr Kollege Halbleib, dagegen muss ich mich verwahren.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Dienstbefreiung bei Geburt eines eigenen Kindes auch für unverheiratete Beamte", Drucksache 17/1890. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Die Urnen stehen bereit. Zur Abstimmung stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 13.12 bis 13.17 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung.

Auf den Ehrenplätzen der Tribüne darf ich eine Delegation der Bergwacht aus Kroatien begrüßen.

(Lebhafter Beifall)

Wie allseits bekannt und schon gestern beim Sommerempfang gewürdigt, waren auch Sie an dieser großen – und großartigen – Rettungsaktion beteiligt. Herzlichen Dank für Ihren Einsatz! Fühlen Sie sich wohl bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Ich komme auf Tagesordnungspunkt 4 zurück. Offen sind noch die Listennummern 55 und 12 der nicht einzeln zu beratenden Anträge, zu denen Einzelberatung beantragt worden ist.

(Ministerpräsident Horst Seehofer befindet sich im Gespräch mit Kabinettsmitgliedern)

- Ich bitte, die Koalitionsverhandlungen zu unterbrechen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wir haben keine Koalition mehr!)

Es wird jetzt etwas kompliziert, Herr Ministerpräsident. Ich dachte immer, dienstags sei Kabinettssitzung.

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Da wären Sie gern dabei, oder?)

- Ja, einmal als Mäuschen. Warum nicht?

Zunächst rufe ich die Listennummer 55 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung endlich einführen und Bayerischen Gedenktag aktiv mitgestalten (Drs. 17/2450)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Fahn. Bitte sehr.

Herr Ministerpräsident, Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Wir wollen den Antrag in zwei Teile aufgliedern. Der

erste Teil, der Berichtsantrag, endet demnach mit dem Wort "soll." Den zweiten Teil wollen wir wie folgt ändern: "… und dafür Sorge zu tragen, dass alle Fraktionen des Bayerischen Landtags bei der Gestaltung des Bayerischen Gedenktags am 14. September 2014 eingebunden werden." Das sind zwei Teile des Antrags. Wir bitten um getrennte Abstimmung.

Meine Damen und Herren, 12 Millionen Deutsche wurden aus den deutschen Ostgebieten vertreiben, 2 Millionen kamen um. Um diese Opfer zu würdigen und als Zeichen der Anerkennung und der Solidarität haben die FREIEN WÄHLER im April 2013 zwei Anträge in den Bayerischen Landtag eingebracht; beide wurden angenommen. Wir fordern, dass endlich auch auf Bundesebene ein Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung eingeführt wird. Bereits im Februar 2011 hatte der Bundestag einen entsprechenden Prüfantrag an die Bundesregierung beschlossen; das Ergebnis war negativ. Noch auf dem Sudetendeutschen Tag im Juni 2013 – das ist noch nicht lange her – erklärte der damalige CSU-Bundesinnenminister Friedrich, es gebe derzeit keine politische Mehrheit für eine derartige Initiative. Das war vor der Wahl.

Dank der Unterstützung der SPD ist in den Koalitionsvertrag doch eine entsprechende Formulierung aufgenommen worden. Dort heißt es:

Wir halten die mahnende Erinnerung an Flucht und Vertreibung durch einen Gedenktag lebendig...

Im Herbst 2014, am 14. September, wird es in Bayern den ersten Gedenktag für die Heimatvertriebenen geben. Hessen und Sachsen haben inzwischen nachgezogen und begehen wie in Bayern einen solchen Gedenktag. Klar ist auch: Dies kann nur der erste Schritt auf dem Weg zu einem bundesdeutschen Gedenktag sein. Darauf warten viele Vertriebenenverbände nach wie vor. Was wollen wir mit unserem Antrag? Zum einen wollen wir wissen – Berichtsantrag, erster Teil –, an welchem Datum dieser Gedenktag stattfindet bzw. wie der allgemeine Sachstand bezüglich der Umsetzung des Koalitionsvertrags ist. Wir haben eigentlich auch das Recht zu erfahren, wie die Position der Bayerischen Staatsregierung hierzu lautet. Es gibt nämlich verschiedene Möglichkeiten für einen solchen Gedenktag. Man könnte den 5. August nehmen; am 05.08.1950 wurde die Charta der Vertriebenen verabschiedet. Denkbar wäre auch der 23. August, der Beginn des Zweiten Weltkriegs, oder der 28. Januar, Abschlusstag der Potsdamer Konferenz 1945. Dazu hat Professor Manfred Kittel am 26. Mai 2014 im Haus des Deutschen Ostens einen sehr guten Vortrag gehalten. Letztendlich wäre es

sogar hilfreich, wenn ein bayerischer Vorschlag unter Mitwirkung aller Fraktionen im Landtag zustande käme. Es gibt dazu verschiedene Positionen, zum Beispiel diejenigen, die diesen Gedenktag als Teil der Vertreibungsgeschichte im europäischen Kontext betrachten und sich nicht allein auf Deutschland beziehen wollen. Manche meinen, auch der 20. Juni sei zu diskutieren, der Weltflüchtlingstag. So weit zum ersten Teil unseres Berichtsantrags. Wir wollen, dass im Herbst, wenn die Bundesregierung konkrete Beschlüsse gefasst hat, auch hier im Bayerischen Landtag darüber berichtet wird.

Mit dem zweiten Teil des Antrags wollen wir erreichen, dass bei der Gestaltung des Gedenktags am 14. September alle Fraktionen im Bayerischen Landtag eingebunden werden; denn jede im Bayerischen Landtag vertretene Partei hat andere Sichtweisen und andere Ideen. Beispielsweise haben die FREIEN WÄHLER ein Extrablatt herausgegeben; die SPD hat einen Parlamentsbrief zum Sudetendeutschen Tag 2014 erstellt, der dort auch verteilt wurde.

Wir meinen: Einbindung heißt nicht Fertigstellung eines Programms durch die Staatsregierung; inzwischen wurde ich nämlich schon eingeladen, ich solle dort hinkommen. Einbindung heißt, dass die Fraktionen im Bayerischen Landtag auch schon zu Vorgesprächen zur Gestaltung dieses Gedenktags eingeladen werden und auch ihre Vorschläge und Sichtweisen einbringen können. Wir meinen, es soll ein Gedenktag für alle Fraktionen, für alle Bürger in Bayern werden. Deswegen wäre das gar nicht so schlecht.

Herr Ministerpräsident, ich habe im letzten Jahr auf dem Sudetendeutschen Tag mit Ihnen darüber gesprochen; da waren Sie dieser Idee gar nicht so abgeneigt. Es gibt davon zwar kein Protokoll, aber ich habe Sie eigentlich so verstanden, dass Sie mir darin zugestimmt haben, dass alle im Bayerischen Landtag vertretenen Fraktionen eingebunden werden sollen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Ja, ich bin auch nach wie vor der Meinung! – Gegenruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Sie sind nach wie vor dieser Meinung, danke schön.

Ich habe gestern ein Schreiben von Ministerin Müller erhalten, in dem zum Beispiel darauf hingewiesen wird, dass die Schulen kurz vor dem 14. September aufgefordert werden, sich dieses Themas besonders anzunehmen. Pech, dass das in die Ferienzeit fällt, meine Damen und Herren. Man könnte das Ganze also noch ein bisschen genauer machen und die Vorschläge aller Fraktionen im Bayerischen Landtag mit einbeziehen.

Deswegen haben wir neben dem Berichtsantrag dieses zweite Anliegen: Wir wollen, dass die Vergangenheit konstruktiv, im Dialog und in gemeinsamer Verantwortung aller Fraktionen im Bayerischen Landtag geschultert wird. Nur so kommen wir voran, meine Damen und Herren. Daher dieser zweite Teil des Antrags, über den wir getrennt abstimmen lassen möchten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fahn. – Für die CSU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Dr. Hopp. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Flucht und Vertreibung sind immer mit persönlichen Schicksalen verbunden; das sehen wir jeden Tag. Das gilt für die weltpolitischen Brennpunkte, zum Beispiel in Syrien, ganz genauso, wie es vor sechs Jahrzehnten für Millionen Deutsche galt, die nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer von Vertreibung wurden. Nur wenn wir die Geschichte und die Erinnerung lebendig halten, können wir daraus für die Zukunft lernen. Nur dann können wir daran arbeiten, dass in Europa Flucht und Vertreibung wirklich Geschichte werden.

Man kann sagen: Die CSU stand mit ihrer Landtagsfraktion, mit der Bayerischen Staatsregierung und auf allen weiteren politischen Ebenen in den vergangenen Jahrzehnten wie keine andere Gruppierung an der Seite der Vertriebenen. Wir nehmen die Schirmherrschaft Bayerns über die Sudetendeutsche Volksgruppe nach wie vor ernst. Deswegen war es die CSU – das kann man schon sagen –, die bereits seit 2003 auf Landes- und auch auf Bundesebene Initiativen für Gedenktage ergriffen hat, von denen für die Versöhnung, für den Austausch und auch für die Erinnerung positive Akzente ausgehen sollen. Deswegen haben wir die Unterstützung der Fraktion der FREIEN WÄHLER für unsere Anträge in den vergangenen Jahren stets begrüßt und unterstützt.