Protokoll der Sitzung vom 07.05.2015

Voraussetzung für längere Arbeitszeiten bis zwölf Stunden ist, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind. Dafür steht die Gefährdungsbeurteilung. Sie ist Grundlage für die Genehmigung durch das Gewerbeaufsichtsamt. Dies fehlt im Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER komplett. Deshalb können wir diesem Dringlichkeitsantrag nicht zustimmen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das hätte uns auch gewundert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit haben wir zwei praxisnahe und unbürokratische Möglichkeiten für längere Arbeitszeiten. Bis zu zehn Stunden täglich sind für Volksfestwirte und für Schausteller ohne Antrag und Genehmigung möglich. Bis zu zwölf Stunden täglich genehmigt das Gewerbeaufsichtsamt bei entsprechender Gefährdungsbeurteilung. Damit können Wirte, Beschäftigte und Volksfestbesucher sehr gut leben, und wir auch. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/6436 – das ist der Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CSU, SPD und FREIE WÄHLER. Gegenstimmen, bitte! – Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Stimmenthaltungen? – Sieben Enthaltungen bei der SPD. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/6454 – das ist der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER –, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen, bitte! – CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Diesmal keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/6437 bis 17/6442 sowie 17/6455 bis 17/6457 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Ich gebe jetzt drei Ergebnisse von namentlichen Abstimmungen bekannt.

Ich komme zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martina Fehlner, Dr. Christoph Rabenstein und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Für Medienvielfalt in Bayern. Regionale Werbemärkte müssen für nationale TV-Konzerne tabu bleiben" auf Drucksache 17/6433. Mit Ja haben 61 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 85 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich komme zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Erwin Huber und anderer und Fraktion (CSU) betreffend "Regionale Werbemärkte: Medienvielfalt erhalten, neue Chancen nutzen - für eine Lösung im Konsens" auf Drucksache 17/6451. Mit Ja haben 85 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 60 Abgeordnete gestimmt. Es gab keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich komme nun zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Annette Karl, Natascha Kohnen und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Landesentwicklung und Landesentwicklungsprogramm zukunftsfähig gestalten im Dialog mit Bürgern und Verbänden" auf Drucksache 17/6453. Mit Ja haben 60 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 80 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Dann stelle ich noch förmlich fest, dass die Fraktionen einvernehmlich darauf verzichten, heute die Zweite Lesung über die Gesetzentwürfe zum BayEUG durchzuführen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 und 10 gemeinsam auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Länderfinanzausgleich reformieren - Belastung Bayerns senken - Klage zurückziehen (Drs. 17/5386)

und

Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Schwartz, Karl Freller, Peter Winter u. a. (CSU) Neuregelung des Länderfinanzausgleichs (Drs. 17/5342)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion.

Erste Rednerin ist Frau Kollegin Claudia Stamm. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition! Ist es Ihnen auch schon einmal so gegangen? Sie waren irgendwo zu irgendeinem Thema in einer Diskussion, und dann kam das Argument von der CSU-Seite – ein völlig anderes Thema –: Wenn wir nicht so viel in den Länderfinanzausgleich zahlen müssten, dann könnten wir uns auch endlich mehr Lehrerinnen und Lehrer leisten. - Damit wird immer versucht, jede inhaltliche Diskussion abzuwürgen. Das ist aber reine Stimmungsmache, weil – und das wissen hoffentlich die Kolleginnen und Kollegen der CSU auch – es beim Länderfinanzausgleich nicht um die Ausgaben, sondern um die Einnahmen

geht. Es geht darum, die Einnahmen innerhalb der Bundesrepublik einigermaßen zu nivellieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Stimmungsmache ist kein bisschen lösungsorientiert. Das gilt auch für Ihr Verhalten in allen Verhandlungen, bei denen es um den Länderfinanzausgleich geht. Auch der CSU-Antrag ist kein bisschen lösungsorientiert. Ich glaube, inhaltsfreier war kaum je ein Antrag in diesem Landtag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In diesem Antrag steht nichts anderes, als dass der Länderfinanzausgleich zu reformieren sei und die Leistungen, die Bayern zahlt, nach unten geschraubt werden müssten. Das wollen wir auch. Wir alle in diesem Landtag wollen, dass Bayern weniger zahlt.

(Thomas Kreuzer (CSU): Seit wann denn?)

Dafür brauchen wir jedoch erst einmal ein Konzept. Dabei müssen wir immer auf Augenhöhe mit den anderen Ländern bleiben und sollten nicht von oben herab Forderungen erheben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CSU ist also nicht lösungsorientiert. Dass die Staatsregierung nicht lösungsorientiert ist, hat ihr letztens die Zeitung "Handelsblatt" attestiert. Lieber Kollege Hünnerkopf, diese Zeitung ist nicht gerade linksorientiert oder GRÜNEN-affin. In dieser Zeitung stand der Artikel mit der Überschrift "Immer wieder Seehofer". In diesem Artikel geht es darum, dass jeder Vorschlag, von welcher Seite auch immer, ob nun vom Bundesfinanzminister oder von der Großen Koalition, von Bayern abgelehnt wird. Das ist nicht lösungsorientiert und kann auch nicht im Sinne von uns hier im Bayerischen Landtag sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir alle wollen weniger einzahlen. Das geht jedoch nicht, wenn es kein Konzept gibt. Zuerst haben wir von Finanzminister Söder gehört: Bayern wird nur noch eine Milliarde Euro zahlen. Da stand kein Konzept dahinter. Die Aussage lautete nur: Bayern wird nur noch eine Milliarde Euro zahlen. Kurz darauf sagte der Finanzminister: Wir wollen eine Milliarde Euro weniger zahlen. Das ist ein Schwenk; denn wenn Bayern nur noch eine Milliarde Euro zahlen würde, wäre das eine Senkung des Beitrags um vier Milliarden Euro. Das ist ein riesiger Unterschied zu der Aussage, dass Bayern nur eine Milliarde Euro weniger zahlen werde. Das zeigt, wie konzeptionslos Sie sind. Für eine Regierungspartei ist es peinlich, dass bis heute bei den Verhandlungen kein Konzept auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Außerdem stehen Ihre Forderungen kein bisschen auf dem Boden des Grundgesetzes. Im Grundgesetz steht, dass wir innerhalb Deutschlands gleichwertige Lebensverhältnisse haben müssen. Sogar in der Klage, die Sie in Karlsruhe eingereicht haben, steht, dass wir gleichwertige Lebensverhältnisse innerhalb Deutschlands erreichen müssten. Das funktioniert nicht mit Aussagen wie "Ich zahle nur noch eine Milliarde Euro" oder "Ich zahle eine Milliarde Euro weniger". Wir brauchen ganz einfach ein Konzept.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie erreichen des Weiteren mit Ihrer Klage null Komma null. Selbst wenn in Karlsruhe irgendwann über diese Klage verhandelt wird, wird Karlsruhe kein Konzept vorlegen, sondern Kriterien benennen, anhand derer ein Konzept erarbeitet werden muss. Deshalb unsere klare Forderung: Ziehen Sie endlich Ihre Klage zurück, und machen Sie damit den Weg für Verhandlungen frei. Vor allem: Legen Sie ein Konzept für Verhandlungen vor; denn ohne Konzept kann es keinen neuen Länderfinanzausgleich geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt auch die Meinung, dass die Beiträge nur reduziert werden könnten, wenn die Steuereinnahmen pro Einwohner verteilt würden. Das war eine Idee von Franz Josef Strauß vor 40 Jahren. Damals war Bayern allerdings noch Nehmerland und nicht Geberland. Jetzt ist Bayern Hauptprofiteur der Steuereinnahmen und will von dieser Idee nichts mehr wissen. Diese Idee lag auf dem Tisch, wurde jedoch abgebügelt. Bayern will einfach nur weniger zahlen.

Unsere und vor allem Ihre Aufgabe wäre es, endlich an den Verhandlungstisch zu gehen und ein Konzept zu erarbeiten; denn wir alle wollen, dass Bayern weniger zahlt. Das wäre im Sinne Bayerns, nicht jedoch die Verweigerungshaltung Ihrer Staatsregierung. Sie haben mit diesem nichtigen Antrag bewiesen, dass Sie kein Konzept haben. Legen Sie ein Konzept vor, und sagen Sie nicht immer nur Nein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Stamm. – Für die CSU-Fraktion hat sich Herr Kollege Bachhuber gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der Beratung der Anträge der GRÜNEN und der CSU zum Länderfinanzausgleich im Haushaltsausschuss haben wir festgestellt, dass in diesem Hause große

Übereinstimmung in einer zentralen Frage besteht: Der Länderfinanzausgleich muss neu geregelt werden, und zwar so, dass Bayern künftig nicht mehr fast der alleinige Zahlmeister der Republik ist.

(Beifall bei der CSU)

Darüber, wie wir dieses Ziel erreichen können, gehen die Meinungen natürlich auseinander. Die Kollegen der GRÜNEN sind der Ansicht, nur durch Verhandlungen könnte man das allein seligmachende Ziel erreichen. Wir sollten aber einen Blick auf die Fakten werfen: Den Länderfinanzausgleich gibt es seit 1950. Von 1950 bis 1987 war Bayern ein Nehmerland. Bayern hat in diesen 37 Jahren 3,7 Milliarden Euro bekommen. Seit 1988, einschließlich der Zahlungen im Jahre 2015, wird Bayern über 50 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich eingezahlt haben. Im Jahr 2005 gab es noch fünf Zahlerländer mit 50 Millionen Einwohnern, die den Ausgleich für die restlichen 30 Millionen Einwohner schulterten. Heute sind es nur noch drei Zahlerländer mit 30 Millionen Einwohnern, die den Ausgleich für 50 Millionen Einwohner schultern, wobei Bayern einen Anteil von fast 60 % allein schultern muss.

Bayern hat es somit als einziges Bundesland geschafft, von einem Nehmerland zu einem Geberland zu werden. Wir haben die Mittel, die wir über den Länderfinanzausgleich bekommen haben, nicht für Wohltaten verwendet, sondern für eine zielgerichtete Zukunftspolitik, um aus der Nehmer-Mentalität zu kommen und auf eigenen Beinen zu stehen. Daraus hat sich jetzt eine sehr belastete Geber-Situation entwickelt.

Herr Kollege Bachhuber, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Warten Sie bitte, bis ich fertig bin. – Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Verhandlungen über die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für die Zeit ab 2020 dauern noch an. Derzeit laufen diverse Gespräche auf Koalitions- und Ministerpräsidentenebene. Dabei geht es um ein breites Themenfeld, das von Überlegungen zur Überwachung der Schuldenbremse über die Aufgabenverteilung von Bund und Ländern bis hin zum Solidarpakt und zum Länderfinanzausgleich reicht. Über alle Themen wird dabei im Paket entschieden. Sollte es bis zum Jahr 2015 noch kein Ergebnis geben, wäre das kein größeres Problem; denn Länderfinanzausgleich und Soli laufen erst im Jahr 2019 aus.

Im Koalitionsvertrag wurde das Ziel ausgegeben, bis zur Mitte der Legislaturperiode zu Ergebnissen zu kommen. Die Verhandlungen über dieses Paket sind

schwierig und komplex und benötigen ihre Zeit. Der Länderfinanzausgleich ist für Bayern ein zentrales Thema der Verhandlungen. Wir haben in der Vergangenheit die Erfahrung machen müssen: Gutes Zureden und Verhandeln allein reichen nicht aus, wenn fast die ganze Republik am Euter der bayerischen Melkkuh hängt. Genau aus diesem Grunde hat sich die Bayerische Staatsregierung für eine Zwei-SäulenStrategie entschieden, die neben den Verhandlungen auch die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorsieht. Uns wäre es natürlich am liebsten, wenn die Verhandlungen Lösungen aufzeigen würden, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Bayerns berücksichtigen. Anzeichen dafür sind nicht zu erkennen. Die Nehmerländer halten am Status quo fest; aus deren Sicht ist das verständlich. Deswegen brauchen wir zur Not die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts.

Die Klage zum jetzigen Zeitpunkt zurückzuziehen, wäre ein völlig falsches Signal. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Rücknahme der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, wie es die GRÜNEN beantragen, würde die Verhandlungen zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen unseres Erachtens nicht erleichtern, sondern erschweren. Eine Klagerücknahme würde zulasten der Verhandlungsposition des Freistaats Bayern gehen und daher den Interessen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger nicht gerecht werden.