Es war übrigens auch noch niemand vom Flughafen dort. Das ist nicht meine Auffassung von moderner Politik. Auch wenn mir die Meinungen nicht passen – wir müssen im Moment auch in der Flüchtlingspolitik manche Dinge in Bayern vollziehen, und wir tun das sehr human, obwohl mir manche Grundentscheidung in Berlin nicht passt –, gehört dies zu einem Grundverständnis der Demokratie: Dann fahre ich hin. – Ich werde wieder hinfahren, wie auch immer die Entscheidung ausfällt, um der Bevölkerung die Entscheidung selbst zu erklären. Wenn auch die Bevölkerung mit einer Entscheidung nicht einverstanden sein sollte: Sie muss immer die Gewissheit haben, dass in diesem Lande die Argumente eines Bürgers ernst genommen und gewichtet werden. Das muss immer so sein.
Sie waren dabei. Man fährt da nicht hin und sagt das, was einem gerade einfällt, sondern man überlegt sich, was verantwortlich heute zu sagen ist. Ich glaube, das waren 2.000 Leute. Ich habe gesagt: Aus der Zahl der Flugbewegungen in der Gegenwart lässt sich eine Begründung für eine dritte Startbahn nicht ableiten.
Zweitens habe ich gesagt: Werden Sie jetzt nicht euphorisch; ich bin als Ministerpräsident auch verpflichtet, die Kehrseite der Medaille, nämlich Wachstum, Arbeitsplätze und diese Dinge zu werten.
(Heiterkeit bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN – Florian von Brunn (SPD): Das waren höchstens 66!)
Wenn wir das jetzt alles mixen, bekommen wir am Schluss wahrscheinlich einen einstimmigen Beschluss hin.
Meine Damen und Herren, ich war wahrscheinlich öfter vor Demonstranten und Gegnern gestanden als Sie alle, allein schon als Gesundheitsminister.
Seien Sie erst einmal sieben Jahre lang Bundesgesundheitsminister und reformieren zweimal das Gesundheitswesen, dann werden Sie wissen, was eine
feurige Demonstration ist: 30.000 Krankenschwestern, in der ersten Reihe Nonnen, die ganz gehörig gepfiffen haben. Ich sage das als Beispiel.
Herr Magerl, Aufmerksamkeit! – Drittens habe ich Folgendes gesagt – Herr Weidenbusch hat es gerade gesagt –: Ich weiß, was Sie jetzt gerne hören würden, nämlich, dass die dritte Startbahn nicht gebaut wird,
aber das kann ich Ihnen heute nicht verantwortlich sagen. – Die Bevölkerung hat übrigens sehr sachlich reagiert; da gab es keinen Pfiff, keinen Buhruf. Wir haben uns dann noch mit 17 Bürgern zurückgezogen, die in äußerster Sachlichkeit einfach ihre normalen Alltagssorgen dargelegt haben. – Wenn das nicht mehr möglich sein soll, dann wären wir ein armes Land. So war es, Herr Magerl. Wenn es anders gewesen sein sollte, dann stellen Sie das hier klar.
Es wird nämlich kolportiert: Der hat sich schon längst entschieden, das ist die Ablehnung, so ist der Seehofer, der will das alleine entscheiden, und er will niemanden fragen. – Das sind alles zweckorientierte Argumente, die eine bestimmte Sache zur Folge haben sollen. Es ist aber nicht so.
Ich habe zu diesem Verfahren lange geschwiegen; aber geschmerzt hat es mich. Jetzt habe ich das Schicksal, im siebten oder achten Jahr meiner Ministerpräsidententätigkeit ganz überwiegend mit Dingen konfrontiert zu sein, die ich lösen oder realisieren muss, die eine unheimlich lange Vorgeschichte vor meiner Amtszeit haben, im Schnitt von 10 Jahren, 15 Jahren, 20 Jahren, 25 Jahren. Ich kann nichts dafür. Ich werde immer verdächtigt, ich sei einer, der keine Großprojekte realisieren will.
Das Gegenteil ist der Fall. Ich kann nur sagen: Die Stammstrecke ist eines davon. Da sind wir klar in der Finanzierung und im Bau. Das ist nicht so einfach, wenn eine Bundesbehörde für die Genehmigung zuständig ist. Deshalb werde ich auch keiner Bundesbehörde mehr mit einer Zuständigkeit zustimmen, sonst dauert es extrem lang. Wir haben über 20 Jahre lang über den Donauausbau diskutiert; wir haben 15 Jahre über den Konzertsaal diskutiert; wir haben jahrelang über G 8 diskutiert und haben jetzt Ruhe in der Bildungslandschaft.
Wir haben Zusagen gemacht – nicht ich – zum Verkehrsausbau rund um den Flughafen. Ich habe die Bürgermeister aus dem Großraum München eingeladen. Zu meiner Überraschung kamen aus den fünf Landkreisen des Großraums München die Bürgermeister – weil es immer heißt: eine geringe Betroffenheit. Da hat jeder seine eigenen Vorstellungen. Aber eines war übereinstimmend, nämlich dass die Straßen- und Schienenbaumaßnahmen, die vor 10, 20 Jahren versprochen wurden, zu einem erheblichen Teil noch nicht realisiert sind. Dann habe ich in Anwesenheit von Joachim Herrmann die Frage gestellt: Joachim, schaffen wir das bis Ende dieses Jahrzehnts? – Und der Verkehrsminister hat geantwortet: Ja.
Das ist übrigens eine der großen Sorgen der Menschen und der Gemeinden um den Flughafen: Verdichtung. Die Arbeitsplätze, wenn sie denn kommen, bringen Pendler. Und deshalb müssen wir schauen, dass der Verkehr nicht erstickt. Ich habe mich über diese Aussage des Verkehrsministers gefreut. Es ist auch alles perfekt vorbereitet oder schon in Planung, in Durchführung mit Straßen, mit Schienen. Es gibt auch viele Gemeinden, die unter Ausweichverkehren der Pendler auf ganz normalen Dorfstraßen durch die Dörfer leiden.
Als Ministerpräsident und Verantwortlicher dieses Landes muss ich den Bürgermeistern darauf Antwort geben. Wir werden das in diesem Jahrzehnt machen. Ich weise nur darauf hin, dass das alles Dinge sind, die ich übernommen habe.
(Beifall des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD) – Florian von Brunn (SPD): Aber wer hat vorher regiert? – Beifall des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))
Wir haben keine Realisierung in den letzten 20 Jahren. Ganz abgesehen davon, war das Erste, was ich übernommen habe, die Landesbank.
(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Das war auch die CSU! – Florian von Brunn (SPD): Ist Herr Huber noch da?)
Ich will nur mal darauf hinweisen: Was ich gerade abarbeite, sind solche Maßnahmen. Dazu gehört auch die dritte Startbahn.
Wir haben jetzt einen sauberen Dialog gemacht, und wir werden mit allen drei Beteiligten – Bund, Land und mit meiner Fraktion und Freistaat Bayern und im Kabinett – darüber reden. Das wird im Februar, März der Fall sein; dann werden wir hier wieder debattieren und das begründen. Dann fahre ich hinaus nach Freising, dann fahre ich nach Attaching und werde das der Bevölkerung persönlich erläutern. Das ist mein Verständnis von Demokratie. Bis dahin, bis ich mit meiner Fraktion gesprochen habe, behalte ich meine Haltung in der Endphase und dazu, wie man das realisieren kann, für mich.
Ich hoffe, dass ich damit den Anspruch des Parlaments, über den Verfahrensstand informiert zu werden, erfüllt habe. – Ich danke.
Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Betreuungsgeldgesetz (Drs. 17/9114) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Dazu darf ich Frau Staatsministerin Müller das Wort erteilen. – Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bayerische Staatsregierung hält Wort. Mit dem Entwurf eines Bayerischen Betreuungsgeldgesetzes wollen wir diese wichtige familienpolitische Leistung konsequent – als Landesleistung – fortführen.
Die bayerischen Eltern geben uns recht. Drei von vier Eltern – es sind über 73 % –haben bisher das Betreuungsgeld in Anspruch genommen.
Mit dem Gesetz stärken wir weiterhin die Wahlfreiheit der Eltern; denn es ist allein deren Entscheidung, wie sie die Kinderbetreuung organisieren, das heißt, ob sie eine öffentlich geförderte Kita wählen oder die Betreuung privat organisieren. Aufgabe des Staates ist
es, die von den Eltern jeweils gewünschte Kinderbetreuung zu unterstützen. Das sagt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil. Daher werden wir die bayerischen Eltern weiterhin mit dem Betreuungsgeld stärken.
Natürlich bauen wir gleichzeitig die Kinderbetreuung aus – sowohl qualitativ als auch quantitativ. Es geht auch nicht um die Alternative "entweder Betreuungsgeld oder gute und ausreichende Kitas", sondern um das Sowohl-als-auch. Bayern macht beides.
Familienpolitik muss für Eltern verlässlich sein. Deshalb ist es mir besonders wichtig, dass das bayerische Betreuungsgeld nahtlos an das Bundesbetreuungsgeld anschließt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts – ohne Übergangsregelung – kam für viele Eltern überraschend. Eltern haben mit dem Betreuungsgeld gerechnet. In vielen Fällen wurden schon Anträge gestellt. Deshalb sieht unser Gesetz die Rückwirkung bis zum 1. Januar 2015 vor. Wer die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, soll die Leistungen auch rückwirkend ausbezahlt bekommen.
Allein bis Ende des Jahres 2015 werden hiervon rund 40.000 Eltern profitieren. Das bayerische Betreuungsgeld hat denselben Umfang wie das Bundesbetreuungsgeld. Die Höhe beträgt weiterhin 150 Euro monatlich; es wird maximal 22 Monate gewährt.