Der Gesetzentwurf zur Änderung des Mediengesetzes steht in seinen wesentlichen Teilen im Widerspruch zu diesem Ziel und schwächt die Medienaufsicht.
In der Ersten Lesung haben Sie, Herr Blume, das Wort Deregulierung oft – ich weiß nicht, wie oft – in den Mund genommen. Es kommt mir so vor, als hinge dieses Mantra über dem gesamten Gesetzentwurf und stünde zwischen allen Zeilen. Deregulierung heißt jetzt die große Richtung der bayerischen Politik. Ich hatte gedacht, dass diese Zeiten vorbei sind. Wir hatten das schon einmal vor ein paar Jahren, und ich dachte eigentlich, wir hätten alle daraus gelernt, dass es noch nie wirklich zu etwas Gutem geführt hat, wenn man um der Deregulierung willen dereguliert. Unser Problem in der Medienaufsicht bestand doch nicht in einer Überregulierung. Das war doch überhaupt nicht unser Problem. Ganz im Gegenteil: Wir haben doch gesehen, dass wir auch unter den alten Verhältnissen schon auf einen Vielfaltsabbau zugesteuert haben, dass es in weiten Teilen Monopolbildungen gibt und ein schleichender Prozess zu immer weniger Vielfalt führt. Dem setzen Sie nichts entgegen; nein, Sie beschleunigen das noch mit Ihrem Gesetz.
Die Begründung, man müsse den großen internationalen Playern etwas entgegensetzen, halte ich für vorgeschoben. Sie greift auch nicht; denn Sie laufen ihnen ja nur hinterher. Sie werden durch diese Deregulierung das Ziel, das Sie vorgeben, überhaupt nicht erreichen. Sie verstärken nur noch einen falschen Trend. Das wirkt auf mich, ehrlich gesagt, etwas hilflos, und es sichert eben nicht die Meinungsvielfalt.
Entlarvend ist, wie es dazu kam – das ist schon angeklungen –, Stichwort: "Runder Tisch Medienpolitik". Nun setzen Sie die Forderungen dieses angeblich Runden Tisches eins zu eins um. Sie verraten damit aber die Interessen der kleinen und unabhängigen Anbieter zugunsten der großen. Zugespitzt gesagt: Was hier mit dem Gesetz beschlossen wird, haben die Großen Ihnen diktiert; aber ausbaden müssen es
Die Streichung der Genehmigungspflicht für die Zusammenarbeit von Anbietern an Mehrfrequenzstandorten wird die Monopolisierung vorantreiben und die Vielfalt reduzieren. Bisher konnte die BLM vielfaltssichernde Maßnahmen vor der Zusammenarbeit einfordern; wenigstens das konnte sie. Jetzt ist die Prüfung der Zusammenarbeit nur noch im Nachhinein möglich. Das ist mit einem Aufwand verbunden. Vor allen Dingen – das wissen wir doch alle – ist die Hemmschwelle, nachträglich noch Verbote auszusprechen, sehr hoch. Damit ist die Gefahr verbunden, dass die Vielfaltssicherung durch privatrechtliche Vereinbarungen unterlaufen wird. So werden die kleinen Anbieter benachteiligt, die keine Chance mehr auf eine Marktteilnahme haben, wenn zunehmend Große sich zu Anbietergesellschaften oder -gemeinschaften zusammenschließen. Eine Aufsicht im Vorhinein, wie wir sie durch die BLM bisher hatten, die nicht vorrangig die wirtschaftlichen Gesichtspunkte, sondern vor allem den Schutz der Meinungs- und Medienvielfalt in Bayern maßgeblich berücksichtigt, ist unerlässlich. Darin liegt der Unterschied zu dem, was Sie sich vorstellen. Genau diese Aufsicht schaffen Sie jetzt ab. Darin besteht der eigentliche Kern Ihres heute vorliegenden Gesetzentwurfes.
Wir haben die Warnungen der Experten und Expertinnen in der Anhörung gehört. Sie haben selber gesagt, das war eine interessante Anhörung. Die haben doch gerade diesen Punkt massiv kritisiert. Ich frage mich: Warum haben Sie diese massive Kritik anscheinend überhört oder schreiben sie einfach in den Wind?
Auch von mir ein Wort zur Must-Carry-Regelung: Das konkrete Abschaltdatum halten wir für richtig und gut. Aber wir brauchen auch Regelungen zur Sicherung der Anbietervielfalt für die digitalen HD-Kabelanlagen. Bereits heute werden die Spartensender gegenüber den vier großen Mediengruppen in Bezug auf Zugang und wirtschaftliche Konditionen ungleich behandelt. Auch hier springt Ihr Gesetzentwurf zu kurz.
Zum Antrag der FREIEN WÄHLER: Er geht in die richtige Richtung und stellt die richtigen Fragen. Er greift natürlich ein ganz anderes Thema auf als der Gesetzentwurf; aber er greift ein hochaktuelles Thema auf. Viele von Ihnen waren gestern und vorgestern bei den Lokalrundfunktagen dabei. Dort haben wir doch gemerkt, wie dieses Thema alle umtreibt und dass bisher niemand eine wirklich zufriedenstellende Antwort auf die Frage hat, wie die Um
stellung auf DAB+ vonstattengehen soll: Wie soll das technisch, organisatorisch und vor allen Dingen finanziell gehen? Da wagt sich bisher wirklich keiner aus der Deckung.
Die FREIEN WÄHLER stellen also die richtigen Fragen. Herr Blume, wir ziehen daraus einen anderen Schluss als Sie. Wir werden nämlich diesem Antrag zustimmen und ihn nicht ablehnen. Da sind wir uns ja eigentlich alle einig. – Ich denke, durch meine Kritik ist schon deutlich geworden, dass wir den Gesetzentwurf ablehnen. Und ich sagen Ihnen eines: Die Verantwortung dafür, dass die Medienvielfalt in Bayern weiter abnehmen wird, müssen Sie alleine tragen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Gote. – Für die Staatsregierung hat jetzt Frau Staatsministerin Aigner das Wort. Bitte sehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Medienstandort Bayern ist ein ausgezeichneter Standort, und das soll er auch in der Zukunft sein. Deshalb ist es uns wichtig, die Spitzenposition unter den neuen Rahmenbedingungen zu halten. Diese haben sich in der Tat sehr verändert. Der Kollege Markus Blume hat sehr gut geschildert, welche Änderungen es beim Mediennutzungsverhalten der Menschen, aber auch in der Medienlandschaft gibt. Daher ist es notwendig, das Bayerische Mediengesetz anzupassen. Das haben wir getan. Wie mehrfach angesprochen, haben wir dazu im Vorfeld einen Runden Tisch eingerichtet. Es ist ein übliches Verfahren, dass die Staatsregierung vor der Einbringung eines Gesetzentwurfs mit den Experten aus den Fachgremien etwas erarbeitet, dies dem Parlament übergibt und das Parlament selbstverständlich dazu auch Anhörungen durchführen kann, sodass das Parlament beteiligt wird. An dem Runden Tisch waren die Kleinen über die Verbände natürlich auch beteiligt, und sie konnten sich einbringen. Deshalb war das aus meiner Sicht ein ganz ordentlicher, normaler Vorgang, und es wurde ein gutes Gesetz vorgelegt. Es ist so gut, dass es in den Kernpunkten nach wie vor gültig bleibt.
Für uns sind immer noch die drei folgenden Schwerpunkte wichtig: Erstens. In einem offenen Markt geht es um eine Liberalisierung, letztendlich um Flexibilität, um eine Modernisierung des bestehenden Rechtes, die wichtig ist, und darin geht es auch um die Abschaffung von Regelungen, die in der heutigen Zeit nicht mehr notwendig sind. Diese drei Punkte sind hier noch einmal aufzuführen.
Es geht wirklich darum, die Vorschriften und die Bestimmungen zur Organisation der Rundfunkangebote auf das Wichtige zu reduzieren und klarzustellen. Es geht darum, dass überhaupt die Kreativität und die Innovation befördert werden können. Das hat sich eben verändert. Im digitalen Zeitalter stehen zahlreiche Verbreitungsmöglichen zur Verfügung. Daher werden vor allem beim Radio verschiedene Anbieter mit verschiedenen Programmen auf einer Sendefrequenz nicht mehr die Regel sein, sondern die Ausnahme. Da hat sich etwas verändert. Zum Vorteil der Hörer können Programme künftig aus einem Guss gemacht werden, und ständige Programmwechsel auf einer Frequenz wird es nicht mehr geben.
Auch die Vorschriften für die Genehmigung von Rundfunk werden deshalb liberalisiert. Insbesondere wollen wir den Anbietern Zulassungen für Programme unbefristet erteilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bauen die Bürokratie ab und setzen zugleich Anreize für die Medienunternehmen zur Nutzung moderner digitaler Verbreitungswege, damit die Unternehmen überhaupt langfristig investieren können. Wir fördern damit den Mut zu Innovationen und schaffen gleichzeitig Planungssicherheit. Das sind sehr gute Rahmenbedingungen. Diese brauchen wir auch in Zukunft für den Medienstandort Bayern.
Zweiter Schwerpunkt: Auch die Regelungen zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht wollen wir an das moderne Medienumfeld anpassen. Die Dominanz der Tageszeitungen in Papierform auf dem lokalen und dem regionalen Medienmarkt gehört doch der Vergangenheit an.
Frau Staatsministerin, Entschuldigung, dass ich unterbreche. Ich möchte nur bekannt geben, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat.
Das ist überhaupt kein Problem. – Wir gestalten die moderne Medienwelt, in der die digitalen Fernsehund Radiosender, crossmediale Printangebote von Zeitungsverlagen, aber auch regionale und lokale Online-Angebote großen Erfolg bei den Mediennutzern haben. In dem immer schärfer werdenden Wettbewerb wollen wir gerade die bayerischen Anbieter stärken.
(Beifall des Abgeordneten Markus Blume (CSU) – Lachen bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN – Beifall bei der CSU)
Deshalb vereinfachen wir die Regeln für die Zusammenarbeit und für die Zusammenschlüsse von Rundfunkanbietern. Wir wissen nämlich, dass auch lokales und regionales Programm überhaupt nur von leistungsfähigen Anbietern gesendet werden kann. Diese Vielfalt brauchen wir vor Ort.
Wir sehen neben der wirtschaftlichen natürlich auch die kulturelle Bedeutung der Medien. Daher halten wir an der aktiven, effektiven, zukunftsgerichteten und gezielten Förderpolitik für das lokale und das regionale Fernsehen in Bayern fest, für Aus- und Fortbildungsinitiativen, die hier sehr wichtig sind, aber gerade eben auch für Start-up-Projekte wie zum Beispiel das WERK1 im Kunstpark oder das Media Lab der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Ich begrüße auch den Präsidenten der BLM ganz herzlich heute hier im Parlament.
Wir ergänzen im Mediengesetz darüber hinaus den Aufgabenkatalog für die Landeszentrale, um die Vernetzung von Unternehmen zur Sicherung und Weiterentwicklung auch der digitalen Medien in Bayern überhaupt zu gewährleisten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, neue wie auch etablierte Medienanbieter können sich auf unsere Unterstützung verlassen, auf die Unterstützung der Staatsregierung und des Bayerischen Landtags. Das ist für den Medienstandort Bayern auch in der Zukunft richtig und wichtig.
Der dritte Schwerpunkt: Mit dieser Gesetzesänderung leiten wir die Volldigitalisierung der Kabelverbreitung in Bayern ein. Die terrestrische Verbreitung von Satelliten, aber auch von Rundfunk ist bereits zu 100 % umgestellt; mit Breitbandkabel sind schon alle Programme digital empfangbar. Daher ist die Verpflichtung der Kabelnetzbetreiber überholt, bestimmte öffentlich-rechtliche und private Programme auch noch analog einzuspeisen. Diese Zwangsregulierung der Kabelnetze, die Must-Carry-Regelung, die heute schon mehrfach angesprochen wurde, wird meines Erachtens bei der EU mittelfristig keinen Bestand mehr haben. Wir wollen aber einen Übergangszeitraum bis 2018 gemeinsam mit den Anbietern gestalten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bei der Kabelverbreitung wollen wir – das war das Ergebnis der Beratungen; da sind wir einen Schritt weiter gegangen – vermeiden, dass sich nach Auslaufen der MustCarry-Regelung eine analoge Kabelbelegung zum Nachteil gerade der kleineren Sender ergibt. Deshalb wird im Gesetz dieser Stichtag zum 01.01.2019 festgesetzt, ab dem Rundfunkprogramme und Telemedien in Kabelanlagen ausschließlich in digitaler Technik zu verbreiten sind. Damit bekommen wir das modernste Kabelregime in ganz Deutschland, und das ist auch gut für den Medienstandort Bayern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bayern ist wirklich der Vorreiter bei der Digitalisierung. Um das wahrzunehmen, muss man ab und zu außerhalb des Landes gehen. Konsequent ist es, dass Bayern mit dem neuen ZDF-Staatsvertrag nun die Möglichkeit hat, die Entsendung in die Gremien für den Bereich Digitales auch landesgesetzlich zu regeln. Mit der ebenfalls zur heutigen Entscheidung vorliegenden Änderung eines Ausführungsgesetzes soll BITKOM, der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., für uns diese Position im ZDFFernsehrat besetzen. Wir sind wirklich der festen Überzeugung: Da sitzt der Sachverstand, der im Sinne eines modernen, eines digitalen Fernsehprogramms Stimme sein wird. Mit einer weiteren Änderung des Ausführungsgesetzes wird der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien eine stärkere Rolle bei der Aufsicht über die Telemedien zukommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Änderungsanträge sind eingegangen. Aber ich stelle fest: Einige von ihnen sind eine Rolle rückwärts oder wollen weiter regulieren, ohne zu sehen, was sich in der Medienlandschaft mittlerweile verändert hat. Deshalb gibt es für mich nur eine Botschaft: Wer das Bewahrenswerte bewahren will, muss da erneuern, wo Veränderungsbedarf besteht. Und hier ist Veränderungsbedarf gegeben. Bayerische Medienunternehmen sollen sich nach den Vorstellungen von SPD und GRÜNEN weiter im Klein-Klein von Regularien verstricken, während international tätige Mediengiganten ungehindert in die lokalen Märkte eindringen können. Das BÜNDNIS 90 würde das Rad sogar noch zurückdrehen und erfolgreichen Zeitungsverlagen Rundfunkbeteiligungen am Schluss noch ganz verbieten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie sind im digitalen Zeitalter meines Erachtens immer noch nicht angekommen.
Ich kann Ihnen einfach nur empfehlen: Denken Sie daran, dass hieran auch Arbeitsplätze hängen, die gehalten bzw. neu geschaffen werden können, wenn sich die Unternehmen entfalten und durchsetzen können. Mein oberstes Ziel bleibt eine vielfältige bayerische Rundfunklandschaft mit hochwertigen Angeboten. Deshalb schaffen wir auch für die Zukunft klare Vorschriften im Mediengesetz und passen den Ordnungsrahmen an das neue digitale Zeitalter an. Dazu werden wir uns übrigens in diesem Jahr noch mit weiteren Gesetzesänderungen zu den Themen Förderung des Lokal-TV und Besetzung der Rundfunkgremien befassen. Wir werden nicht ruhen, bis die
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für die Beratungen, insbesondere für gute Vorschläge, die noch eingearbeitet werden konnten, und für die konstruktive Zusammenarbeit. Ich freue mich, dass wir heute das Mediengesetz verabschieden können. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Allerdings können wir jetzt nach der Geschäftsordnung noch nicht namentlich abstimmen; das machen wir später. Deswegen fahren wir jetzt in der Tagesordnung fort.
Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (Drs. 17/10014) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Florian Herrmann, Petra Guttenberger, Josef Zellmeier u. a. (CSU) (Drs. 17/11609)
Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) (Drs. 17/11610)
Änderungsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Eva Gottstein u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) (Drs. 17/11643)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 48 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Verteilung ist in diesem Fall also folgendermaßen: CSU 16 Minuten, SPD 12 Minuten, FREIE WÄHLER und GRÜNE jeweils 10 Minuten, Staatsregierung 16 Minuten. Erster Redner ist der Kollege Dr. Reichhart. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bayerische Verfassungsschutz ist die Speerspitze zur Verteidi
gung der Demokratie. Der bayerische Verfassungsschutz ist unsere erste Frontlinie im Kampf gegen den Terrorismus. Und der bayerische Verfassungsschutz ist der Garant für die Bewahrung unserer Freiheiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, diesen Dreiklang sollte sich jeder vor Augen führen, der Kritik an unserem Verfassungsschutz üben will. Lassen Sie mich hier in aller Deutlichkeit eines sagen: Im Gegensatz zu den GRÜNEN und – das muss man wohl leider auch sagen – zum inzwischen tonangebenden Teil der Bayern-SPD steht die CSU-Fraktion geschlossen hinter unserem bayerischen Verfassungsschutz.