Damit Integration gelingt, brauchen wir eine Begrenzung der Zugangszahlen. Wir müssen zwischen jenen Menschen, die mit einem Asylgrund zu uns kommen, und solchen, die keinen Asylgrund oder keine anderweitige Aufenthaltsberechtigung haben, differenzieren. An diese Differenzierung knüpfen wir mit dem Integrationsgesetz an.
Zweitens. Wir fördern Integration nicht nur, sondern fordern sie auch ein. Im Gegensatz zu den Gesetzentwürfen der Opposition wollen wir kein einseitiges Fördergesetz schaffen. Wir haben das Gesetz bewusst nicht als reines Fördergesetz formuliert. Wir wollen kein reines Fördergesetz. Für uns steht das Einfordern des Integrationswillens an besonderer Stelle und ist ein wichtiger Aspekt der Ausgewogenheit. Wir wollen, dass die Menschen nicht nebeneinander oder gar gegeneinander, sondern miteinander leben. Es ist wichtig, dass sich Migrantinnen und Migranten mit unserer Rechts- und Werteordnung vertraut machen, dass sie diese respektieren, sich integrieren wollen und Integrationsangebote annehmen.
Das Integrationsgesetz mit Fördern und Fordern gilt für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und für anerkannte Asylbewerber. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf machen wir aber auch klar: Wo keine Integrationsbereitschaft besteht, müssen Sanktionen greifen. Das hat nichts mit Assimilierung zu tun. Unsere Rechtsordnung und unsere Leitkultur bieten große Freiräume, die Migrantinnen und Migranten zur Entfaltung ihrer Vorstellungen und Potenziale nutzen können und sollen. Diese Freiräume und diese Offenheit sind Teil unserer Leitkultur. Es ist heute schon mehrfach angesprochen worden: Bayern ist weltoffen und tolerant.
Die Migrantinnen und Migranten haben sich in der Vergangenheit mit ihren Begabungen und ihrer Leistungsbereitschaft in die Gemeinschaft und die Gesellschaft erfolgreich eingebracht. Das gelang, weil sie erfolgreich integriert wurden. Das muss auch künftig gelingen.
Integration ist für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und den Erhalt des sozialen Friedens in unserer freiheitlichen Gesellschaft eine unserer Schlüsselaufgaben.
Unser Gesetzentwurf stellt dafür die richtigen Weichen. Wir haben einen guten Entwurf vorgelegt, der eine klare Richtung und klare Ziele vorgibt. Im Rahmen der Anhörung der Verbände haben wir genau hingehört und weitere wesentliche Aspekte aufgenommen.
Mit den Änderungsanträgen der CSU haben wichtige Aspekte der öffentlichen Anhörung Einzug in den Gesetzentwurf gefunden. Daher bitte ich Sie im Interesse
Danke schön, Frau Staatsministerin. Bleiben Sie bitte noch. Die Kollegin Zacharias hat sich noch zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.
Frau Kollegin Müller, ich habe Ihnen jetzt aufmerksam zugehört. Sie haben anfangs dargelegt, warum es jetzt ein Bayerisches Integrationsgesetz braucht. Sie haben gesagt, wir müssten einiges regeln, es seien neue Bedingungen entstanden, und es gebe Dinge, die es zu klären gelte.
Frau Müller, deswegen hat die SPD-Landtagsfraktion 2011 prophetisch ein Gesetz mit genau der Idee eingebracht, dass wir einiges lösen und klären müssen, etwa die Partizipation, das Mitmachen von Menschen, die zu uns wandern, und Fördermaßnahmen. Alle diese Gesichtspunkte haben wir geradezu prophetisch eingebracht. Sie wurden aber damals abgelehnt. Ihr Hauptargument war damals: Alles ist gut. Das zweite Argument war: Alles ist gut, wir brauchen nichts zu organisieren. Das dritte Argument war: Alles klappt und funktioniert gut. – Sagen Sie mir bitte, was sich von 2011 bis heute so maßgeblich verändert hat.
Diesen hatten wir auch in den Neunzigerjahren. Aber auch damals gab es von Ihrer Seite keine Intention, ein bayerisches Integrationsgesetz auf den Weg zu bringen.
Wir hatten im letzten Jahr einen gewaltigen Zugang an Asylbewerbern, wovon sehr viele bei uns bleiben werden. Jetzt ist die Situation mit Migranten völlig an
ders als jemals zuvor. Diese kann man mit der Lage in den Neunzigerjahren nicht vergleichen; denn es kamen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, aus unterschiedlichen Herkunftsländern, mit unterschiedlichen Religionen und Sprachen hierher. Deshalb dürfen wir nichts dem Zufall und dem guten Willen überlassen. Deswegen brauchen wir dieses Integrationsgesetz.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Wir haben noch zwei weitere Zwischenbemerkungen vorliegen. Die nächste Zwischenbemerkung kommt von der Kollegin Kamm.
Frau Staatsministerin, zwei Fragen. Zunächst die erste Frage: Ich hatte im letzten Sommer einige Berufsschulabgänger eingeladen. Darunter war auch ein junger somalischer unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, der seinen Hauptschulabschluss geschafft und damit gezeigt hat, dass er sehr willens ist, sich zu integrieren. Er hat sich in der Schule sehr bemüht. Ich traf ihn dann wieder im September und habe ihn gefragt, was er jetzt macht. Darauf hat er gesagt, er weiß es nicht, er darf keine Ausbildungsstelle antreten, weil sein Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, weil er seinen Anhörungstermin noch nicht hatte. Darauf habe ich ihn gefragt: Darfst du wenigstens ein Praktikum machen? Nein, sagte er. Dann fragte ich ihn: Was machst du jetzt den ganzen Tag? Ich warte, war seine Antwort.
Erste Frage: Glauben Sie, dass es wirklich am Integrationswillen der jungen Flüchtlinge liegt? Oder liegt es daran, dass es in unserem System viel zu viele Hemmnisse gibt, die Menschen an der Integration hindern?
Was tun Sie eigentlich gegen diese vielen Integrationshemmnisse und die Bürokratieschikanen, denen Flüchtlinge und Ehrenamtliche ausgesetzt sind?
Die zweite Frage: Sie haben vor ungefähr zwei Jahren im Sozialministerium, wohl in Vorbereitung eines Integrationsgesetzes, einen großen Workshop veranstaltet. Sehr viele Menschen, die mit Integration zu tun haben, haben daran teilgenommen und Vorschläge gemacht. Es gab darüber auch ein Protokoll. Was ist eigentlich daraus geworden?
Zur letzten Frage: Alles das, worüber wir in Workshops diskutiert haben, ist in dieses Gesetz eingeflossen. In dieses Gesetz ist der gesamte Sachverstand aller Ministerien eingeflossen. Das sieht man auch an den jeweiligen Artikeln.
Zu Ihrer ersten Frage: Frau Kamm, wenn ich nicht wüsste, dass Sie die derzeitige Gesetzeslage und die Grundlagen der derzeitigen Gesetzgebung gut kennen, müsste ich mich nicht wundern, dass Sie diese Frage stellen. Der Kollege Herrmann hat darauf gedrängt, dass auf der Bundesebene die 3-plus-2-Regelung gilt. Danach können Menschen, die keinen ablehnenden Bescheid haben, einen Ausbildungsplatz annehmen und drei plus zwei weitere Jahre hier bleiben. Das ist die derzeitige Situation, und nichts anderes. Wir sollten uns in der Debatte nicht gegenseitig anlügen, sondern mit Fakten arbeiten.
In der Diskussion, die wir jetzt seit zwei Stunden miteinander führen, fiel mir ganz besonders auf, dass wir es zumindest mit zwei von drei Oppositionsfraktionen zu tun haben, die nicht darüber reden wollen, was wir alles geschafft haben, sondern die lediglich beklagen, was sie nach ihrer eigenen Auffassung noch nicht verwirklicht sehen. Ich meine, es ist an der Zeit, Dank zu sagen für das, was die Beamten, die Ehrenamtlichen und alle anderen Mitarbeiter in unserem Land leisten. Auch das gehört zur heutigen Nachmittagsdiskussion.
Eine zweite Anmerkung: Wir haben insgesamt 13 Millionen Einwohner. Von diesen 13 Millionen sind 6,5 Millionen nicht in Bayern geboren. Ich halte es für notwendig, darauf aufmerksam zu machen, dass es kein Land in Deutschland gibt, das eine derartige Einbürgerungsleistung erbringt, erbracht hat. Wir haben zwei Millionen Norddeutsche – ich weiß das –, 1,5 Millionen Sudetendeutsche, dazu 1,5 Millionen Westblock und 1,5 Millionen Ostblock. Somit gibt es kein Land in Deutschland, das Integration so perfekt nachweisen kann wie wir. Trotz dieser riesigen Anstrengung sind wir wirtschaftlich vom vorletzten Platz 1949 auf den ersten Platz 2016 gekommen. Das verdanken wir allen den Bürgern, die hier sind, und einer Art und Weise von Politik, die völlig anders aussieht
Darf ich noch eine dritte Anmerkung machen? Das ist mir ganz wichtig, es ist eigentlich das Allerwichtigste. Wir leben in unserem Land in einer Situation, in der wir jemanden aufnehmen sollen, es zu tun, uns leisten können. Unsere politische Forderung heißt: Wie müssen wir uns ändern, damit andere sich wohlfühlen? Das ist ein kleiner Teil der Aufgabe. Der große Teil heißt: Wir müssen sicherstellen, dass die, die zu uns kommen, in unserem Land so vieles zusammen mit uns weiterentwickeln, dass am Ende eine gute Mischung herauskommt. Es darf aber nicht so weit kommen, dass wir darüber froh sind, dass wir inzwischen halb somalisch geworden sind.
Danke schön, Frau Staatsministerin. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist damit geschlossen. Wir beginnen nun mit den Einzelberatungen. Wie bereits erwähnt, hat die SPD-Fraktion gemäß § 52 Absatz 3 der Geschäftsordnung Einzelberatung und Einzelabstimmung zu den Artikeln des Gesetzentwurfs der Staatsregierung beantragt.
Bevor wir beginnen, möchte ich den weiteren Ablauf kurz erläutern: Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt zu jeder einzeln zu beratenden Bestimmung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung 24 Minuten und teilt sich, wie bekannt, in acht, sechs und je fünf Minuten auf die Fraktionen auf. Die Staatsregierung kann darüber hinaus ebenfalls jeweils acht Minuten lang reden. Nach der Aussprache erfolgt die Abstimmung über den aufgerufenen Artikel und die dazu vorliegenden Änderungsanträge. Bei voller Ausschöpfung der Redezeiten kann die Beratungsdauer demnach bis zu 16 Stunden betragen. Nach den Einzelberatungen erfolgt die Feststellung zum Beschluss in Zweiter Lesung.
Die SPD-Fraktion hat darüber hinaus bereits jetzt eine Dritte Lesung beantragt und zu den Artikeln, die in Zweiter Lesung geändert wurden, erneut eine Einzelberatung und Einzelabstimmung beantragt. Die Gesamtredezeit der Fraktionen für die allgemeine Aussprache zur Dritten Lesung beträgt 24 Minuten. Die