Protokoll der Sitzung vom 31.05.2022

Ich möchte deutlich machen, warum Wind und Sonne so entscheidend sind. Hier wurde von der Wasserkraft gesprochen – ich gehe nachher gerne noch kurz darauf ein, auch auf die Biomasse. Wir hatten vor über zwanzig Jahren die erste Regierungsbeteiligung der GRÜNEN. Wir haben mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz alle sauberen Energieträger auf die gleiche Startlinie gesetzt. Wir haben jenen die Vergütung gegeben, die sie gebraucht haben, um am Markt bestehen zu können. Jetzt, nach über zwanzig Jahren, müssen wir im Rückblick feststellen: Wir haben beim Wettrennen der sauberen Energien eigentlich nur zwei Gewinner, die wirklich unbegrenzt verfügbar sind, deren Kosten gewaltig nach unten gegangen sind: Das sind Wind und Sonne. Die Biomasse brauchen wir als flexiblen Energieträger, sie ist ein hochwertiger, sauberer Energieträger. Aber die Biomasse können wir nicht x-beliebig steigern, weil die Fläche im Land begrenzt ist.

(Zuruf von der AfD)

Das Gleiche gilt beim Thema Wasserkraft. Die Flüsse in Bayern sind begrenzt; über 95 % der Flüsse sind bereits der Wasserkraftnutzung untergeordnet. Das Potenzial ist sehr gering. Das heißt, Wind und Sonne werden den großen Brocken stemmen müssen; das ist unstrittig. Dafür müssen sie massiv ausgebaut werden, gerade im größten Flächenland. Das heißt für uns: Zwei Prozent der Landesfläche als Vorrangfläche für die Windkraft in Bayern auszuweisen und 10 H in diesem Bereich zu kassieren – so deutlich muss man das sagen –, um Klarheit und vor allem Rechtssicherheit zu schaffen. Ihr Vorschlag öffnet doch Tür und Tor für Klagen: Warum ist es dort erlaubt, warum ist es dort nicht erlaubt? Zwei Prozent der Landesfläche als Vorranggebiet für die Windkraft – das ist die Fläche, die wir benötigen. Damit wollen wir der Windkraft in Bayern endlich eine Heimat geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Aiwanger, Sie haben viel von der Sorge gesprochen, dass Strom knapp werden könnte. Sie haben die Bundesnetzagentur und weitere Bundesbehörden angesprochen. Man wollte die Stromnetze in Deutschland schon relativ lange ausbauen, um vorbereitet zu sein. Das war ein Ziel. Von Ihnen wurde gebremst; auch von der CSU wurde die ersten Jahre massiv gebremst. Dadurch haben wir viel wertvolle Zeit verloren, die wir jetzt dringend bräuchten.

Entscheidend ist doch: Wenn Wind und Sonne das Rückgrat der Versorgung bilden, dann brauchen wir auch ein gutes Stromnetz, ein gutes Verteilnetz, ein gutes Höchstspannungsnetz, um die Strommengen dorthin verteilen zu können, wo sie dringend benötigt werden und abgenommen werden können.

Ein weiterer Bereich: Sie haben angesprochen, die Kartellbehörden genauer anzuweisen. Auch das wird von der Bundesregierung gerade getan. Die Regierung ist an all diesen Punkten dran. Jahrelang wurde das im Bund verschlafen.

Ich habe jetzt viel vom Bund geredet, weil auch Sie nur vom Bund gesprochen haben. Mein Kollege Martin Stümpfig wird noch ausführlicher auf die bayerischen Aspekte eingehen, wie wir die Energiewende in Bayern zügig voranbringen.

Ich möchte zum Schluss noch deutlich machen, dass wir am Ziel einer Versorgung zu 100 % mit erneuerbaren Energien dringend festhalten müssen. Wir müssen die Entwicklung in diese Richtung dringend beschleunigen. In Berlin werden die Weichen richtig gestellt; das ist unstrittig. Wir stellen die Weichen hin zu einem grünen Energiewendeturbo, bei dem alle mitmachen können. Mehr Wertschöpfung im Land, mehr Klimaschutz, mehr Freiheit – jeder Einzelne gewinnt; es muss aber umgesetzt werden. Dafür müssen dringend auch Maßnahmen in Bayern vorangebracht werden.

Für uns ist klar: Unser bestehendes Energiesystem ist zu abhängig, zu unsicher, und es gefährdet unser Klima. Jeder einzelne Grund ist Grund genug, die Energiewende voranzutreiben.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sicher, unabhängig, klimaneutral – so muss unsere Energieversorgung sein, besser früh als spät, auch um endlich das werden zu können, was wir sein wollen: ein Land, das Freiheit, Demokratie und Menschenrechte lebt und verteidigt, ein Land, das seinen Wohlstand auf sauberen Energien gründet, ein Land, das wirklich souverän handeln kann. Das gelingt uns nur, wenn wir uns endlich aus dieser Abhängigkeit befreien. Ein so starkes Land wie Bayern muss dazu einen großen Beitrag leisten. Ich bin davon überzeugt: Bayern könnte das leisten, wenn die Regierung endlich unterstützt. Die Menschen in Bayern haben das lange genug bewiesen. Energiegenossenschaften, Landwirte und Stadtwerke im ganzen Land, von Coburg bis Lindau, haben investiert. Wir haben gute Voraussetzungen, das zu schaffen. Packen wir es endlich an! Das ist auch Ihre Aufgabe.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Hartmann, es gibt eine Zwischenbemerkung. – Dazu erteile ich dem Kollegen Franz Bergmüller das Wort.

Sehr geehrter Herr Hartmann, am 30.03.2022 kam in "Plusminus" um 21:54 Uhr eine

(Florian von Brunn (SPD): Wann genau?)

Bemerkung vom Präsidenten des Umweltbundesamtes, dass Holz nicht mehr verheizt werden sollte. Der Bezirkskaminkehrermeister bei uns vor Ort hat mich kürz

lich darauf aufmerksam gemacht, dass die Holzöfen, die vielerorts in Baumärkten angepriesen und stark nachgefragt werden, streng überprüft werden sollen. Sind Sie für oder gegen Holz?

Im Wirtschaftsausschuss sprach Kollege Duin kürzlich davon, dass mit dem vorhandenen Material für die Rotorblätter nur 35 Windräder im Jahr gebaut werden könnten. Die Genehmigung für das Windrad in Bruck hat fünf Jahre benötigt, obwohl die Bürger voll dahinterstanden. Wie viele Windräder pro Jahr halten Sie für realistisch, die gebaut werden könnten?

Herr Kollege, bitte schön.

Ich fange mit dem zweiten Punkt an. Ich habe es vorhin angesprochen: Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien vom jetzigen Stand auf 80 % erhöhen, und zwar bei steigendem Strombedarf. Wir haben in Deutschland aktuell ungefähr einen Anteil von 45 %, in Bayern von etwas über 50 %. Das heißt, wir wollen das, was in den letzten 25 Jahren zugebaut worden ist, in acht Jahren schaffen. Das ist eine gewaltige Kraftanstrengung. Das kann das Land nur mit unseren Unternehmen, mit Stadtwerken, mit vielen Bürgern, die anpacken und mitmachen, schaffen. Und natürlich ist die Voraussetzung dafür, dass die Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Wir haben es doch gerade vom Minister gehört: Wenn bereits dieses Jahr ein Flüssiggasterminal ans Netz geht, ist das rekordverdächtig.

Wir werden in den Vorranggebieten für die Windkraft beim Artenschutz abstufen müssen, damit der Ausbau zügiger erfolgen kann. Wir werden abwägen müssen. Wir sind hier ehrlich und gehen das Thema richtig an, um das zu schaffen. Ich bin davon überzeugt: Wenn man es richtig macht, nicht immer die Probleme sucht, kann Bayern zum Land der Energiegewinner werden. Das sind wir unseren Unternehmen und den Menschen hier schuldig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich noch eine kleine Gratulation aussprechen. Wir haben heute einen Deutschen Meister unter uns. – Nun ist es spannend, welcher Deutsche Meister es sein könnte: Herr Prof. Schubert, der dort vorne rechts sitzt, ist Deutscher Meister in Kurzschrift.

(Allgemeiner Beifall)

Man muss noch dazu sagen: Wer Steno gelernt hat, weiß, was 475 Silben pro Minute heißen. Damit kann all das, was wir sagen, im Protokoll festgehalten werden. Herzliche Gratulation, schön, dass Sie für uns protokollieren! Das freut mich.

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt erteile ich der Kollegin Kerstin Schreyer für die CSU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von 1950 bis 1987 war Bayern im Länderfinanzausgleich Nehmerland. 3,39 Milliarden Euro flossen nach Bayern. Seit 1989 ist Bayern durchgehend ein Geberland. Allein 2021 haben wir 9 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich eingezahlt.

Sie werden sich jetzt überlegen: Warum sage ich das? – Ich sage das deswegen, weil wir ein Hochindustrieland sind, weil wir uns vom reinen Agrarland weiterentwickelt haben. Genau deswegen ist es für den Bund und für uns wichtig, dass wir auch Fragen, die die Energie betreffen, gut aufsetzen; denn wir sind natürlich auch

sehr leistungsstark. 1950 war es noch undenkbar, dass wir zu einem solchen Industrieland werden und dass wir in der Industrie 1,3 Millionen Arbeitsplätze haben werden. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf lag im Jahr 2019 bei über 48.000 Euro und damit mehr als 6.000 Euro über dem Bundesdurchschnitt.

Wir sind also ein sehr leistungsfähiges Land. Dies bedeutet natürlich auch: Wir haben einen gewissen gesellschaftlichen Wohlstand erreicht. Von unserer Leistungsstärke profitiert das gesamte Land. Insofern ist es auch wichtig, dass wir in der Politik die Weichen richtig stellen, damit die bayerischen Unternehmerinnen und Unternehmer auch weiterhin so produktiv arbeiten können wie bisher. Dies heißt aber auch: Eine leistungsstarke Industrie hat einen entsprechenden Rohstoffbedarf. Zentraler Rohstoff ist die Energie. Der Energiebedarf muss zwingend gedeckt werden; denn hierbei geht es um eine Standortfrage. Es geht um die Standortsicherung. Davon hängt ab, inwieweit die Firmen bei uns bleiben oder sich außerhalb Bayerns, außerhalb Deutschlands oder außerhalb Europas niederlassen. Das heißt: Wir brauchen vernünftige Preise, eine stabile Energieversorgung, damit die Arbeitsplätze hierbleiben, aber auch entsprechend Steuereinnahmen generiert werden. Wir haben immer ganz viele Ideen, wofür wir Geld ausgeben wollen, aber wir müssen die Unternehmen auch unterstützen.

Wir als Fraktion haben uns vor Kurzem mit Vertretern der Chemieindustrie getroffen. Ich durfte auch bei einem Unternehmen im Chemiedreieck in Burghausen sein, das sehr energieintensiv ist. Wenn wir die Hürden hoch genug halten, werden diese Unternehmen weggehen. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel aufzeigen. Ein Unternehmer am Tisch hat berichtet, dass seine Firma ein Werk in Schweden und ein Werk bei uns in Bayern hat. Bei uns zahlt er 250 Euro für die Megawattstunde Strom, in Schweden 25 Euro. Die rhetorische Frage, wo das Unternehmen das Werk ausweiten wird, brauche ich, glaube ich, nicht zu stellen. Es dürfte klar sein, wo dies geschehen wird: nämlich nicht bei uns.

Das Thema Energie ist für die Unternehmen ganz, ganz entscheidend und ist aufgrund des Krieges, der in der Ukraine stattfindet, noch entscheidender geworden. Wir sind in hohem Maße von russischem Gas und russischem Öl abhängig und werden im Energiebereich langfristige und kurzfristige Lösungen brauchen, damit eine entsprechende Abfederung möglich ist. Wir hatten im letzten Plenum bereits besprochen, dass wir die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängern müssen; denn anders wird es gar nicht gehen. Insofern muss uns klar sein: Wir werden alle Lösungen angehen müssen. Deswegen bin ich dankbar, dass die Staatsregierung vorgestellt hat, welch vielfältige Möglichkeiten es gibt; denn wir werden es uns gar nicht leisten können, zwischen guter und schlechter Energie zu unterscheiden. Wir werden einfach alles brauchen, wenn wir den Wohlstand in Bayern erhalten wollen und wenn wir die Wirtschaft erhalten wollen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von den GRÜNEN: Und Klimaschutz?)

Allein rund 20 % des im Jahre 2021 verbrauchten Gases wurden für die Stromerzeugung benötigt. Ich kann ehrlich gesagt noch keine Darstellung erkennen, wie Berlin diese Probleme lösen will; denn am Ende ist ja der Bund maßgeblich zuständig. Der Freistaat leistet seinen Beitrag. Ich habe vorhin mit Spannung gehört, wo wir nach Meinung von Herrn Hartmann noch Nachhilfe brauchen. Das brauchen wir nicht; denn wir sind bei vielen Dingen ganz, ganz vorn. Man kann sich zwar immer an der Windkraft verbeißen, aber die Windkraft allein wird das Problem nicht lösen. Insofern finde ich die Debattenlage schon spannend. Ich spreche die Atomkraft an. Wir werden feststellen, wem der Wirtschaftsstandort wie wichtig ist und wer auch bereit ist, vielleicht über seinen ideologischen Schatten zu springen

und zu sagen: Okay, für drei, vier, fünf Jahre werden wir eine Überbrückung brauchen; anders wird es nicht gehen.

(Ulrich Singer (AfD): Das sagen wir seit 2018, Frau Kollegin!)

Ich danke auch Hubert Aiwanger und der Staatsregierung für die heutige Vorstellung des Energieplans. Wir brauchen diesen Energieplan; wir brauchen ihn mit Dreiklang: Wir brauchen Versorgungssicherheit, wir brauchen Bezahlbarkeit, und wir brauchen die erneuerbaren Energien.

Bayern hat viel gemacht; man kann aber durchaus noch mehr machen. Deswegen war es wichtig, dies heute darzustellen. Dies unterscheidet uns im Übrigen auch von der Ampel. Wir machen wenigstens etwas. Wir sitzen das nicht aus, sondern wir machen etwas.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der SPD)

Ich zeige Ihnen das an einem Beispiel auf. Bei der Wasserkraft, der Photovoltaik und der Biomasse haben wir unter allen Ländern in Deutschland die höchste installierte Leistung, und auch bei der Geothermie sind wir mit Abstand führend. Das sind tolle Erfolge, aber man darf sich nicht auf ihnen ausruhen. Natürlich ist klar, dass wir entsprechend weiterkommen müssen. Ich kann aber nicht verstehen, warum uns die Ampel gerade bei der Wasserkraft und bei der Geothermie – vorsichtig ausgedrückt – nicht hilft.

(Zuruf von der SPD)

Ich möchte ein konkretes Beispiel zur Geothermie bringen. Ich selbst war von 1996 bis 2006 Gemeinderätin in Unterhaching. Im Jahr 2001 haben wir als eine der ersten Gemeinden als Vorreiter entschieden, uns im Bereich Geothermie zu engagieren.

(Florian von Brunn (SPD): Von welcher Partei war noch einmal der Bürgermeister?)

Wenn Sie mir zuhören, kann ich Ihnen das gerne sagen. Der Bürgermeister war von der SPD. Weil er ein kluger Kopf ist, hat er dafür gesorgt, dass wir gemeinsam, alle miteinander, diesen Weg gehen. Herr von Brunn, das wäre nicht Ihre Begabung an erster Stelle.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Florian von Brunn (SPD): Also das muss die CSU wirklich niemandem sagen!)

Der Vorteil dieses Bürgermeisters von der SPD ist, dass er jemand ist, der mit der Gemeinschaft arbeitet, der versucht, alle Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen. Deswegen konnten wir diesen Weg auch geschlossen gehen. Bis 2027 wird es einen Vollausbau geben. Das heißt, spätestens 2028 werden alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde die Möglichkeit haben, Fernwärme aus eigener Quelle zu nutzen. Im Klartext heißt das: Geothermie ist etwas, das wichtig ist und das ein Angebot von vielen sein kann.

(Florian von Brunn (SPD): Deswegen fördern Sie sie auch kaum!)

Leider ist es aber auch so, dass der Bund nicht weiterkommt; er fördert nicht, er organisiert nicht. Wir haben ganz, ganz viele Ressourcen. Zwischen 100 und 300 Terawattstunden pro Jahr wären möglich.

(Florian von Brunn (SPD): Es ist die schlichte Unwahrheit, was Sie gerade sagen!)

Wir müssen sehen, entsprechend weiterzukommen. Die Genehmigungsverfahren gehen nämlich nicht vorwärts. Dies ist eben eine Bundesaufgabe. Das ist keine Landesaufgabe, sondern eine Bundesaufgabe.