Protokoll der Sitzung vom 31.05.2022

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir bemühen uns auf jeden Fall.

Noch kurz zur Wasserkraft. Wir haben tatsächlich 4.000 Wasserkraftanlagen in Bayern. Die allermeisten davon haben Altgenehmigungen. Über die Hälfte dieser kleinen Kraftwerke hat Altgenehmigungen, und das heißt, eine unbefristete Dauer. Sie können so lange Strom produzieren, wie sie wollen. Dann haben wir viele, die 2004 hineingerutscht sind. Die haben eine dreißigjährige Genehmigung. Die fallen am 01.01.2035 heraus, wenn überhaupt. Dann haben wir noch eine kleine Restmenge, die sind erst 2009 ins EEG gekommen, die fallen nach zwanzig Jahren heraus, das wäre dann 2030. Was glauben Sie denn, wie im Jahr 2030 der Strompreis ist? Die verdienen schon momentan sehr, sehr gut. Sehr viele werden freiwillig raus aus dem EEG wollen, weil sie bei Direktvermarktung mehr verdienen.

Redezeit!

Was werden wir also erst 2030 für einen Strompreis haben? Diese Mär, dass da irgendwelche Kraftwerke abschalten, das ist doch einfach Blödsinn.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank. Das wäre es, Herr Kollege Stümpfig. – Ich darf den nächsten Redner aufrufen. Er kommt von der Fraktion der FREIEN WÄHLER, Herr Kollege Rainer Ludwig. Bitte schön, Herr Abgeordneter Ludwig, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Stümpfig, eigentlich wollte ich jetzt gerne an Ihre Inhalte anknüpfen, ich muss Ihnen aber gestehen, ich habe keine Inhalte gefunden.

(Beifall und Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)

Es gibt keine. Wie immer haben Sie nur großspurige Kraftsprüche auf Lager, kabarettistische Ansätze, leere Worte. Sie ignorieren die Leistungen und die Stärken unseres Wirtschaftsministers. Sie selbst haben aber keine Antworten.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Sie haben nur ideologische Scheinlösungen parat. Das ist Ihre Politik. Glückwunsch!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, in den letzten zweidreiviertel Stunden haben wir viel zum Thema gehört. Es besteht Übereinstimmung darin, dass sich die Rahmenbedingungen der bayerischen Energiepolitik durch die Herausforderungen des Klimawandels und durch den Krieg gegen die Ukraine und dessen Folgen nochmals dramatisch verändert haben. Neben der Preisspirale für großvolumige

Primärenergieträger hat sich aber auch herauskristallisiert, dass die grundlegende Frage nach der zuverlässigen Verfügbarkeit von herausragender Bedeutung ist. Die Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit, die nachhaltige Produktion von Energien – das ist das Gebot der Stunde. Das ist ein Schlüssel- und Schicksalsthema für uns alle. Das ist die Basis aller energiepolitischen Überlegungen, und die sind in Krisenzeiten wichtiger als jede ideologisch verblendete Debatte an dieser Stelle, meine Damen und Herren.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Und wie ideologisch seid ihr denn!)

Deshalb gilt es, alle Kräfte zu bündeln, den Wirtschaftsstandort Bayern vor schwerwiegenden Folgen zu bewahren und eine sichere, eine verlässliche, eine ökonomisch wie auch ökologisch vertretbare Energieversorgung zu gewährleisten; denn sie ist auch Dreh- und Angelpunkt unserer weiteren Entwicklung und unseres Wohlstandes.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend eine Energiepreisbremse, das heißt, weitreichende Entlastungen für die privaten Verbraucher und ebenso für unsere Wirtschaft, um die existenzielle Gefährdung und eine strukturelle Überforderung insbesondere der energieintensiven Unternehmen zu vermeiden und deren Wettbewerbsfähigkeit weiter zu gewährleisten. Bloße Sparappelle sind dafür kein belastbares Konzept. Auch die bisherigen Entlastungsmaßnahmen seitens der Bundesregierung gehen nicht weit genug. Sie können nur ein erster Schritt sein. Wir FREIEN WÄHLER haben deshalb eine eigene Resolution verabschiedet, damit Wirtschaft und Menschen nicht ins finanzielle Abseits laufen. Unsere inhaltlichen Forderungen dazu hat unser Fraktionschef Florian Streibl ausführlich dargestellt. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nun, auf dem Weg zu einem klimaneutralen Freistaat ist es zum einen erforderlich, so viel regenerativen Strom wie nur möglich im eigenen Land zu erzeugen, Energie aus Bayern für Bayern. – Das ist unser Motto. Zum anderen wollen wir kurzfristig den Fokus darauf legen, ausländische Energiequellen zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und deren Importen insbesondere aus Russland eilig und konsequent zu reduzieren. Hierzu stellt sich die Frage nach einer übergangsweisen und befristeten Weiternutzung von noch betriebsfähigen Kraftwerksstandorten auch in Bayern. Meine Damen und Herren, Sie sind deshalb in Berlin gefordert, sich deutlich zu überlegen, ob weitere Stilllegungen von Kohlekraftwerken jetzt wirklich sinnvoll sind oder ob es denn nicht besser wäre, diese in Sicherheitsbereitschaft zu halten. Ich werde heute auch nicht müde, die befristete Laufzeitverlängerung betriebsfähiger Kernkraftwerke zu fordern. Es gilt, diese kritisch zu prüfen, meine Damen und Herren. Die Debatte über Kernenergie ist neu entbrannt. Das Thema gewinnt zusätzlich an Dynamik, da die Kernenergie nicht nur grundlastfähig, sondern auch CO2-frei ist.

(Zuruf des Abgeordneten Toni Schuberl (GRÜNE))

Ich finde es, und hier wiederhole ich mich, kontraproduktiv und unverantwortlich, betriebsfähige Anlagen gerade jetzt stillzulegen, in einer Phase ungesicherter Stromversorgung. Es macht wenig Sinn, genau das jetzt abzuschalten, was noch läuft. Ja, es wäre geradezu fahrlässig, dieses Risiko einzugehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich halte die Kernenergie zumindest temporär – und temporär heißt befristet – für ein notwendiges Element im komplementären Energiemix. In der aktuellen Situation darf es keine Denkverbote geben. Auch Kernkraft sollte kein Tabu sein. Deshalb befürworten wir FREIEN WÄHLER, sich die Möglichkeit einer Laufzeitverlängerung noch betriebsfähiger Kernkraftwerke als Sicherheitsunterstützung

offenzuhalten und damit eventuelle Engpässe zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, ich verstehe nicht – das richte ich an die Bundesregierung ebenso wie an die Bundesnetzagentur –, dass Sie sich beharrlich weigern, die Option dieser Laufzeitverlängerung zumindest in Erwägung zu ziehen: Das ist enttäuschend.

(Toni Schuberl (GRÜNE): Das wurde ganz offen geprüft!)

Wir haben es auch geprüft und alles widerlegt.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auch ausdrücklich betonen, dass diese Maßnahmen der Laufzeitverlängerung rein präventiv sein müssen; sie stellen kein grundsätzliches Bekenntnis zur Kernkraft dar. Damit ich hier nicht falsch interpretiert werde: Wir wollen weder zurück zur Atomkraft noch befürworten wir einen Zubau neuer Kernkraftwerke. Ich sage aber unmissverständlich, dass der aufgezeigte Weg eine notwendige, rein temporäre Übergangs- und Brückenlösung ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, absolute Priorität hat für uns natürlich der beschleunigte und massive Ausbau erneuerbarer, klimaneutraler und nachhaltiger Energieerzeugungsformen; denn sie sind wahrlich der Schlüssel für Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Da gilt es jetzt, den Turbo zu zünden. Bayern ist zwar schon lange Vorreiter bei der Energiewende und liegt seit vielen Jahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien an der Spitze hier in Deutschland; das haben wir heute des Öfteren gehört. Wir haben die höchste installierte Leistung bei PV, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie. In Bayern stammen über 50 % der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Aber wir wollen noch viel mehr, meine Damen und Herren.

Hubert Aiwanger hat das heute mit seinem Energieplan im Detail vorgestellt. Bis 2030 soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Freistaat verdoppelt werden. Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, hier heute an dieser Stelle auch einmal meinen aufrichtigen und herzlichen Dank an unseren Wirtschaftsminister zu richten. Er ist einer der politischen Pioniere der Energiewende in Bayern. Er ist der Mentor und der Motor, er ist Treiber und Macher.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Thomas Gehring (GRÜNE): Das stimmt doch gar nicht!)

Vieles von dem, was Bayern auf den Weg gebracht hat und was bislang vom Bund umgesetzt wurde, trägt seine Handschrift. Für dieses großartige Engagement hin zum Energieland Nummer eins in Deutschland, für diese Verdienste zolle ich meinen Respekt und meine hohe Anerkennung. – Vielen Dank, Hubert Aiwanger!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Lieber Herr von Brunn – leider ist er gerade nicht da –: Wenn der Fraktionsvorsitzende der SPD den Namen Hubert Aiwanger und seine Leistungen mit Filz in Verbindung bringt, dann ist das für mich unterirdisch, beleidigend und eines Fraktionsvorsitzenden nicht würdig. Das ist nur noch peinlich, Herr von Brunn!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Unser Wirtschaftsminister hat heute klar und deutlich seine Vorstellungen, seine Ideen, seine Ausbauziele und Forderungen dargelegt, nach Berlin adressiert und damit klare Akzente gesetzt. Ich hoffe und wünsche, dass der Bund diese Signale nun nicht ignoriert und mit pseudoideologischen Argumenten blockiert, sondern diese Impulse aufnimmt sowie zielführend und umgehend in die Umsetzung bringt, zum Beispiel bei der Stärkung von Photovoltaik, wo wir weiter in die Offensive gehen.

Unser Ziel ist hier, die Stromerzeugung bis 2030 auf 40 Terawattstunden zu verdreifachen. Da brauchen wir auch bundesweite Förderungen von PV-Konzepten und PV-Speicherkonzepten. Wir stehen bei der PV für die Errichtung von Anlagen auf allen geeigneten staatlichen Gebäuden. Wir stehen für PV auf Gewerbeflächen, auf Großüberdachungen von Parkplätzen, für PV an Autobahnen, und wir sehen insbesondere – das ist heute noch nicht genannt worden – enormes Potenzial beim Ausbau von Agri-PV.

Meine Damen und Herren, auch die Wasserkraft gehört traditionell fest zum bayerischen Energiemix. Rund die Hälfte der Anlagen steht hier in Bayern; auch die Wasserkraft muss im Bund eine faire Chance erhalten. Kollege Streibl hat auch das eindringlich dargestellt. Für mich ist auch nicht nachvollziehbar, dass im Entwurf des EEG zwar ein Vorrang der erneuerbaren Energien vorgesehen ist, dieser für die Wasserkraft aber ausdrücklich nicht gelten soll. Es ist schon wahrlich paradox, was man hier in Berlin, aber nicht nur in Berlin macht.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Herr Stümpfig, Kollege Mittag hat Sie schon zitiert. Ich werde mir die Antwort, die Sie mir damals im Ausschuss gegeben haben, einrahmen: Es sei ein Sturm im Wasserglas. – Das ist wirklich unter aller Würde. Der Wegfall der Förderung kleiner Wasserkraftanlagen gefährdet den Weiterbetrieb von rund 4.000 Anlagen in ganz Bayern. Ich sage Ihnen: Das lassen wir nicht zu. – Ich frage Herrn Hartmann – leider ist er auch nicht da –: Ist das der Tatendrang, von dem Sie gesprochen haben? – Nein, ich meine nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, Bayern nutzt bei seinen Heimatenergien umfassend seine Möglichkeiten als großes Flächenland. Deshalb werden wir den Ausbau der Windkraft auch noch deutlich forcieren. Die Staatsregierung strebt hier quantitativ mindestens 800 Anlagen mit entsprechender qualitativer Leistung an. Damit würden wir auch die Bundesvorgaben, ein Potenzial von 2 % der Landesfläche in Bayern zu stellen, erfüllen. Wir haben dazu eine klare Windstrategie vorgelegt; diese ist auch mit unserem Koalitionspartner abgestimmt. Wir werden grundsätzlich an der bestehenden 10-H-Regelung festhalten, da eine vollständige Abschaffung zu einem unkontrollierten Ausbau führen würde.

Aber die 10-H-Regelung wird mit einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen stark evaluiert. Es gibt einen Mindestabstand von 1.000 Metern beim Repowering, für Anlagen in Wald-, Vorrang- und vorbelasteten Gebieten und natürlich auch für Anlagen im Umkreis von Industrie und Gewerbe. Das ist besonders wichtig; das ist uns von der Glas- und Textilindustrie aus Oberfranken signalisiert worden. Es ist

der Wunsch der Unternehmen, dass wir hier diese Lösungen schaffen. Wir werden dabei auch die Regionalen Planungsverbände entsprechend in die Pflicht nehmen.

Meine Damen und Herren, beim Ausbau ist unsere Prämisse aber stets die Realisierung mit den Bürgerinnen und Bürgern und nicht gegen sie. Deren Akzeptanz hat für uns ebenso wie die Beteiligung der Kommunen und deren Wertschöpfung vor Ort absolute Priorität. Um das Potenzial der Windkraft in Bayern weiter zu heben, muss aber auch der Bund die noch grundsätzlichen Hemmnisse beseitigen. Exemplarisch nenne ich hier nur den Abbau bzw. den Ausgleich von gesetzlichen Konflikten und Hindernissen in Bezug auf Natur-, Arten- und Denkmalschutz. Bei diesem Thema sage ich gleich dazu, dass generell für alle erneuerbaren Energien eine massive Reduzierung der hinderlichen, bürokratischen und langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren durch den Bund dringend nötig ist.

Meine Damen und Herren, das aktuelle geopolitische Szenario zwingt uns auch, die Anstrengungen zum Aus- und Aufbau der Wasserstoffwirtschaft nochmals zu beschleunigen. Bayern ist bei diesem Thema Vorreiter, hat sich stark engagiert und platziert dafür Gesamtinvestitionen von rund 450 Millionen Euro. Wasserstoff ist für uns das Multitalent; wir haben das frühzeitig erkannt. Wasserstoff ist die Schlüsseltechnologie der Zukunft. Wir wollen neben der technologischen Entwicklung auch die eigene Produktion von grünem Wasserstoff massiv vorantreiben.

Meine Damen und Herren, von grundsätzlicher und überragender Bedeutung für die Energiewende sind auch entsprechende Investitionen in unsere Infrastruktur. Ich möchte nicht vergessen zu sagen, dass hierzu auch der beschleunigte Ausbau von gesicherten Stromnetzen gehört; das gilt für die großen Übertragungsleitungen auf Bundesebene ebenso wie für die regionalen und dezentralen Verteilnetze. Es geht akut um folgende Punkte: um die Energiepreis- und Netzstabilität sowie um die Versorgungssicherheit in Deutschland und Bayern. Technologieoffen, zuverlässig, bezahlbar und erneuerbar – das ist die Energiesouveränität Bayerns. Wir stehen für eine nachhaltige, klimaneutrale, sektorenübergreifende Energie-, Wärme- und Mobilitätswende. Sie reduziert internationale Abhängigkeiten und stärkt die Resilienz unserer Wirtschaft. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)