Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten wollen mehr Transparenz ins bayerische Parlament bringen. Wovor haben wir Angst? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben doch nichts zu verbergen. Konkret heißt das: Wir wollen, dass Petenten und Interessierte sich zu den Ausschüssen zuschalten können und dass die Ausschusssitzungen gestreamt und die Streams archiviert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, die Arbeit ihrer Abgeordneten zu verfolgen.
Das gilt umso mehr für die Ausschüsse. Ich habe es beim letzten Mal schon gesagt: Die Ausschüsse sind der Maschinenraum der Demokratie; dort werden die Themen besprochen; dort werden Argumente abgewogen; dort gilt es, das Für und Wider zu beleuchten. Nur wer das miterlebt, hat Verständnis für die Entscheidungen. Wir sind der festen Meinung: Mehr Transparenz schafft mehr Demokratie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Transparenz im Parlament ist daher das Gebot der Stunde. Wir haben während der COVID-Situation – das ist hier mehrmals betont worden – gelernt, wie gut digitale Zuschaltung und wie gut Streaming funktioniert. Wir alle haben uns mit der Technik vertraut gemacht. Ich frage mich wirklich: Warum wenden wir diese Technik jetzt nicht einfach weiter an?
Liebe Regierungsfraktionen, ich verstehe einfach nicht, warum Sie in Ihrem Antrag nicht grundsätzlich allen Petenten erlauben, sich zu den Ausschüssen zuzuschalten. Warum erlauben wir es nicht, die Ausschüsse grundsätzlich zu streamen?
Lieber Fabian Mehring, an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich klarstellen: Wir haben diesem Antrag so, wie er heute vorliegt, nie zugestimmt; denn er geht uns einfach nicht weit genug. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil ist der Fall: Wir haben für eure Lösung überhaupt kein Verständnis, insbesondere wenn es um die Petenten geht. Es ist doch anachronistisch, zu verlangen, dass Petenten jetzt wieder in den Landtag kommen sollen. Zum einen haben wir in den Räumen eine beengte Situation. COVID ist noch immer nicht verschwunden. Wir tragen zum Teil immer noch Masken.
Zum anderen kommt dazu, dass Bayern riesig ist. Die Petenten haben einfach lange Fahrtwege. Das Herkommen ist für sie teuer, und sie produzieren CO2. Ich verstehe einfach nicht, warum wir die Petenten sich nicht zuschalten lassen. Man könnte fast den Eindruck haben, den Regierungsfraktionen sind die Petenten im Ausschuss lästig.
Ich möchte Sie auch noch darauf hinweisen: Ihre Regelungen, so wie Sie sie jetzt getroffen haben, sind das Einfallstor für Willkür. Denn wer soll entscheiden, wann so ein Einzelfall vorliegt? Ich frage mich, wie das im Petitionsausschuss, wo sehr viele Petitionen behandelt werden – Petitionsausschuss! – überhaupt gehen soll. Soll dort für jede einzelne Petition entschieden werden, ob sich der Petent zuschalten kann oder nicht? – Das ist einfach nicht sachgerecht. Das wird der Sache nicht gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum Streaming. Auch das Streaming ist ganz wichtig, weil sich interessierte Menschen dadurch informieren können. Ich spreche jetzt für den Bildungsausschuss. Am Donnerstagvormittag, wenn wir tagen, sitzen Lehrerinnen und Lehrer in ihren Klassen. Die können sich nicht informieren, was bei uns im Bildungsausschuss los ist. Deswegen brauchen wir Streaming und Archivierung, damit die sich im Nachhinein informieren können. Das hat doch während der COVID-Zeit gut geklappt! Viele Lehrerinnen und Lehrer haben sich zugeschaltet.
Haben Sie Mut, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bessern Sie nach! Dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Warum hat der Landtag denn so entschieden? Wurde denn überhaupt das wichtige Argument berücksichtigt? Wessen Interessen vertreten unsere Abgeordneten da? – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind beispielhaft Fragen, wie sie unsere Bürgerinnen und Bürger umtreiben, wenn sie sich mit Beschlüssen des Bayerischen Landtags befassen wollen. Bei einem Großteil der Anträge und natürlich auch den Petitionen findet die Debatte nämlich nur in den Ausschüssen statt. Ein Protokoll darüber sucht man zumindest als Öffentlichkeit vergeblich. Im Plenum wird das Abstimmungsverhalten im Prinzip nur mit einer Liste dokumentiert. Ein direktes Verfolgen der Verhandlungen vor Ort ist für einen Normalbürger nicht einfach einrichtbar.
Die heute vorgelegte Regelung ist offensichtlich das maximal Mögliche, das CSU und FREIE WÄHLER noch gemeinsam vereinbaren konnten. Doch aus Sicht der Bevölkerung bleibt sie maximal unverständlich.
Wenn denn schon durchgehend dieser ganze Aufwand, diese Kosten für die Zuschaltung von Regierungsbeamten und von Mitarbeitern der Fraktionen und auch des Landtagsamts usw. anfallen: Warum wird der einzige niedrigschwellige Zugang für interessierte Gruppen, für die breite Öffentlichkeit künstlich abgedreht?
"Der Landtag verhandelt öffentlich." – So beginnt Artikel 22 unserer Bayerischen Verfassung. Das sollten wir als Informationsauftrag verstehen, nicht als Informationsbehinderungsauftrag, wie das in dieser Regelung hier vorgesehen ist. Das sehen wir als FDP-Fraktion kritisch. Dem werden wir so sicher nicht zustimmen.
Ja, es ist zu begrüßen, dass sich endlich überhaupt etwas tut. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen, die sich in den Regierungsfraktionen für Livestreams eingesetzt haben, namentlich dem Kollegen Mehring und auch dem Kollegen Reiß, dafür dankbar. Dennoch bleibt leider ein fader Beigeschmack. Was wollen eigentlich die Livestream-Kritiker in der CSU hier bzw. vor der breiten Öffentlichkeit verheimlichen? – Das fragt man sich als Bürger zu Recht, wenn man sich dieses Rosinenpicken mit diesem Änderungsantrag heute anschaut. Unverfängliche Fachgespräche: ja, Anhörungen: natürlich, ein Schaulaufen der Ministerinnen und Minister: bitte, sehr gerne, das ist gewünscht, gerne auch für die Weltöffentlichkeit – aber Debatten über kritische Oppositionsanträge sind unerwünscht. Die werden lieber im Hinterzimmer des Bayerischen Landtags belassen.
Was für eine vergebene Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das aktive Erhöhen von Transparenz schafft Vertrauen. Das künstliche Erhalten von Intransparenz schafft hingegen Misstrauen. Dass Sie sich für Letzteres entschieden haben, spricht Bände.
Es wurde ein paar Mal angesprochen: Der Ausschuss-Livestream sollte eigentlich ein selbstverständliches Nebenthema sein. Die Erfahrungen aus der Pandemiezeit waren eindeutig positiv. Eine Fortführung nicht nur für Regierungsbeamte wäre daher naheliegend. Doch wie Sie damit umgehen, wird zur Haltungsfrage. Das Kalkül hinter Ihrem – in Anführungszeichen – "Kompromiss" ist klar erkennbar: irgendwie Druck aus dieser Debatte rausnehmen.
Gerade für die FREIEN WÄHLER ist dies vor Ort schwer erklärbar. In jedem Kommunalwahlprogramm, das die FREIEN WÄHLER veröffentlichen, und in jedem Flyer ist diese Forderung elementarer Bestandteil. Sie stehen vor Ort eigentlich für transparente Politik. Im Landtag verschaffen Sie allerdings der Intransparenz in dieser Koalition eine Mehrheit. Sie geben sich mit einem Feigenblatt zufrieden. Wie enttäuschend! Reden und Handeln klaffen hier deutlich auseinander. Damit sollten Sie sich gerade nicht zufriedengeben. Das sind zum Ende harte Worte; aber für mich ist auch klar: Die letzten Worte sind mit dieser Übergangsregelung definitiv nicht gesprochen.
Herr Fischbach, die letzten Worte sind in der Tat noch nicht gesprochen. Wir haben zwei Zwischenbemerkungen, zunächst eine vom Abgeordneten Ralf Stadler von der AfD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Fischbach, die Problematik gibt es besonders im Landwirtschaftsausschuss. Dort gibt es fast jedes Mal zwischen 10 und 14 Petitionen von Landwirten zum Thema Nitrat und Düngemittelverordnung. Da wäre es besonders gut, wenn eine Zuschaltung möglich wäre, weil die Landwirte aufs Feld gehören, nicht in den Landtag. Das wäre toll, wenn sie das abends anschauen könnten. – Da hätte ich eine Frage: Wie lange würden Sie diese Videos archivieren?
Wir haben dazu einen Geschäftsordnungsantrag vorgelegt. Wir würden das auch archivieren wollen. Mich hat gewundert, dass die AfDFraktion gerade diesem Antrag nicht zugestimmt hat.
Danke. – Wir haben eine zweite Zwischenbemerkung: vom Kollegen Dr. Fabian Mehring von den FREIEN WÄHLERN.
Kollege Fischbach, nachdem Geschäftsordnungsdebatten nicht gerade zum Spannendsten gehören, mit dem sich ein Parlament beglücken kann, habe ich etwas abgewogen, ob ich mich nochmals zu Wort melde. Aber nachdem jetzt von Hinterzimmerpolitik die Rede war, meine ich, dass es im Dienst der Wahrheit und Klarheit wichtig ist, eines klarzustellen: Das Landtagsamt hat dankenswerterweise die Regelungen in allen anderen Landesparlamenten in Deutschland und diejenigen im Bundestag für uns zur Vorberatung im Ältestenrat aufbereitet.
Deshalb die Frage: Ich erkenne deine Bemühungen um mehr Transparenz und Modernität an. Kannst du mir zustimmen – ein Ja als Antwort genügt –, dass dasjenige Parlament, in dem FREIE WÄHLER und CSU regieren, mit dem, was wir heute auf den Weg bringen, unter allen Landesparlamenten das transparenteste und modernste in Deutschland ist? Denn genau das ist das Ergebnis dieser Erhebung.
Ich stimme zu mit Blick auf die Regelungen, die wir während der Pandemie hatten. Jetzt gehen wir einen Schritt zurück. Wir müssen beachten: In anderen Parlamenten werden Entscheidungen in der Regel noch mal im Plenum beraten. Bei uns muss man das Ganze hochziehen. Teilweise wartet man ein halbes Jahr, bis ein Hochzieher endlich mal im Plenum beraten wird. Da ist das Thema dann oft schon durch. Deswegen wäre es hier so entscheidend, dass der Bayerische Landtag, wenn er verhandelt, nämlich in den Ausschüssen, öffentlich verhandelt.
Herr Kollege Mehring, weil Sie mir gerade vorgeworfen haben, ich wäre eine Art PR-Junkie, der mit der Kamera von der Ostpforte her hier reinläuft – diesen Vorwurf darf mir jeder machen, aber wenn er von Ihnen kommt, hat das einen besonders interessanten Beigeschmack.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! "PR-Junkies" unter sich. – Da dürfen wir gerne zum Ernst und zum Kern der Debatte zurückkommen. Da, lieber Kollege Mistol, sind wir nicht detailverliebt. Kollege Fischbach, das ist auch keine Rosinenpickerei und kein Feigenblatt, sondern eine solide Meisterleistung, Herr Kollege Mistol,
was wir hier nach einem intensiven Abwägungsprozess vorlegen, um das, was wir in der digitalen Pilotphase der Pandemie gelernt und umgesetzt haben, jetzt in eine Regelung für die Zukunft zu gießen. Bei den Verhandlungen und bei den Sitzungen
in der Phase von Lockdown und von Zugangsbeschränkungen mussten wir Öffentlichkeit herstellen durch Livestreaming. Aber es ist doch bitte hoffentlich Konsens, dass Transparenz und Öffentlichkeit unmittelbares Erleben erfordern, nicht die Mattscheibe, sondern das Hiersein im Hohen Haus. Das Erleben des Dabeiseins von Pressevertretern, von Bürgerinnen und Bürgern und von Petentinnen und Petenten, das Mitdiskutieren, das Erleben der Demokratie – das muss doch unser Anspruch sein. Livestream, Zuschaltungen und alles andere können immer nur ein Kompromiss sein, der die Dinge, die wir hier vor Ort erleben, ergänzt. Wir sind ein Präsenzparlament. Wir brauchen ein modernes Digitalkonzept. Darin sind wir uns doch einig.