Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Bayern-Ampel, zu dem ich hier sprechen darf, fordert die Bildung einer Landeselternvertretung und von Gesamtelternbeiräten auf kommunaler und interkommunaler Ebene. Der zu schaffenden Landeselternvertretung soll ein Anhörungsrecht gegenüber der Staatsregierung und dem Parlament eingeräumt werden. Des Weiteren soll den kommunalen Gesamtelternbeiräten ein Sitz in den Jugendhilfeausschüssen der Landkreise und kreisfreien Städte zugesprochen werden. Der Landeselternvertretung soll folgerichtig ein Sitz im Landesjugendhilfeausschuss zugesprochen werden. Außerdem soll im Staatsministerium für Arbeit und Soziales eine Servicestelle zur Unterstützung und Beratung der Landeselternvertretung und der Gesamtelternbeiräte geschaffen werden.
Schauen wir uns die Punkte noch einmal Schritt für Schritt an. Zunächst darf ich festhalten, dass es für die Gründung von Gesamtelternbeiräten in den Kommunen keine gesetzliche Regelung braucht. In einigen Kommunen gibt es doch, wie Sie selber ausgeführt haben, jetzt schon Gesamtelternbeiräte. Gleiches gilt für mögliche Elternbeiräte in der Kindertagespflege. Da gibt es durch Ihren Gesetzentwurf keinen Mehrwert. Warum wollen Sie diesen Passus überhaupt in einem möglichen Gesetz enthalten haben? – Was dahintersteckt, ist klar: eine Salamitaktik. Am Ende wollen Sie die Kommunen dazu verdonnern, Gesamtelternbeiräte verpflichtend einzuführen.
Zuerst soll die freiwillige Möglichkeit der Gründung von Elternbeiräten in Gesetzesform gegossen werden. Nach zwei oder drei Jahren könnte dann Bilanz gezogen werden, wie es Kollege Becher heute und auch schon im Ausschuss vorgeschlagen hat. Natürlich würde diese Bilanz dann für die Einführung von Gesamtelternbeiräten sprechen. Denn nur dort, wo sie Sinn machen und einen Mehrwert schaffen, werden sie heute schon freiwillig gegründet. Die Bilanz kann also dann am Ende, nach diesen zwei, drei Jahren, nur positiv sein. Diese würde anschließend missbraucht werden, um auch dort Gesamtelternbeiräte zu schaffen, wo sie weder Sinn machen, noch von den Eltern gewünscht sind. Hier zeigen sich – –
Herr Kollege Becher, machen Sie eine Zwischenbemerkung oder was auch immer, aber quatschen Sie nicht dauernd rein. Vielen Dank!
Hier zeigen sich die Antragsteller mal wieder als Gegner unserer bayerischen Kommunen und ihrer Hoheitsrechte.
Kollege Becher, ich würde Sie ja auffordern, mal mit Ihren grünen Bürgermeistern zu sprechen, was die von Gesamtelternbeiräten in den Kommunen halten.
Aber das ist wahrscheinlich zwecklos, denn schließlich haben die GRÜNEN weniger Bürgermeister in Bayern als ich CSU-Bürgermeister in meinem Stimmkreis.
Wobei, eigentlich würde das ganz gut passen, denn auf gerechte Vertretung legen die Antragsteller ganz offensichtlich keinen großen Wert. Schließlich soll sich der Landeselternbeirat nur aus Mitgliedern der Gesamtelternbeiräte rekrutieren. Die Mitglieder der normalen Elternbeiräte könnten also gar nicht in den Landeselternbeirat gewählt werden. Dass es viel weniger Gesamtelternbeiräte als normale Elternbeiräte gibt – was soll’s!
Das ist dann wirklich so, wie wenn man eine Handvoll grüne Bürgermeister fragt, was das Beste für unsere 2.056 bayerischen Kommunen ist. Wenn die Antragsteller jetzt entgegenhalten wollen, dass wir dann halt mehr Gesamtelternbeiräte gründen müssen, ist das eben nur das, was ich eben schon gesagt habe: Sie wollen unseren Kommunen vorschreiben, was diese zu tun haben.
Der Gesetzentwurf verkennt zudem, dass die Bedarfe und Sichtweisen der Eltern, der Träger und der Kommunen doch schon jetzt erfasst und gegeneinander abgewogen werden. Die Bedürfnisse der Eltern und vor allem der Kinder stehen doch heute schon im Mittelpunkt allen staatlichen Handelns im Bereich der Kinderbetreuung. Kollege Vogel hat das vorher auch angesprochen. Für unsere Kommunen gilt das doch ganz besonders.
Des Weiteren gibt es weitaus effektivere Möglichkeiten, die Meinungen der Eltern zu hören, als über Gesamtelternbeiräte und einen Landeselternbeirat. Das Ministerium konzipiert aktuell eine progressive App, die Sie dankenswerterweise erwähnt haben, die weitreichende Möglichkeiten einer echten und umfassenden Elternbeteiligung bieten kann. Mit dieser Methode können sich im Gegensatz zu Ihrem Vorschlag, liebe Bayern-Ampel, alle Eltern einbringen, nicht nur ein paar wenige, und sie können sich in Echtzeit einbringen. Außerdem wird so auch das Problem der hohen Fluktuation gelöst, das sich in Elternbeiräten und folglich auch im Landeselternbeirat unweigerlich ergibt. Schließlich sollen die Eltern nur dann in den Elternbeirat gewählt werden, wenn ihre Kinder die entsprechende Einrichtung besuchen oder zumindest noch vor Kurzem besucht haben. Dabei handelt es sich bekanntermaßen eben nur um wenige Jahre und nicht um in der Regel zehn oder mehr Jahre, wie es die Kollegin Sandt gesagt hat.
Ein weiterer, ganz entscheidender Aspekt ist, dass der Gesetzentwurf vieles im Unklaren lässt. Berechtigterweise kann gefragt werden:
Wie soll die Heterogenität der Einrichtungsformen und der Trägerschaften erfasst werden, und wie soll deren Abbildung gewährleistet werden?
Ebenfalls darf gefragt werden, ob die Bayern-Ampel mit dem Landeselternbeirat wirklich ein Beratungs- oder nicht viel eher ein Kontrollorgan schaffen will. Die Forderung, wonach das Ministerium den Landeselternbeirat über alle grundsätzlichen Fragen zu unterrichten hat und die notwendigen Auskünfte erteilen muss, darf als absolut überzogen angesehen werden.
Daran anschließend bleibt unklar, wie der Landeselternbeirat die nötige Expertise für alle wichtigen pädagogischen Fragen und solche der frühkindlichen Bildung im Besonderen aufbringen kann. Wenn fachliche Fragen beraten werden sollen, dann scheint ein Gremium aus Experten mit der entsprechenden Qualifikation doch sinnvoller als ein Landeselternbeirat.
Als letzten zentralen Punkt darf ich anfügen, dass eine Berechnung des Kostenaufwands für die Schaffung einer Geschäftsstelle, wie wir es gerade gehört haben, für die Einrichtung einer Servicestelle usw. im Gesetzentwurf gar nicht enthalten ist. Mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Personal lässt sich eine Servicestelle jedenfalls nicht betreiben. Es ist also mit hohen laufenden Personal- und Sachkosten zu rechnen. Aber das entspricht ganz dem Naturell der Antragsteller: Wenn es im Sozialbereich ein Problem gibt, schaffen wir erst mal ein paar neue Stellen, dann wird sich schon alles irgendwie zum Guten wenden. Und wer zahlt es am Ende? – Der Bürger, im wahrsten Sinne des Wortes.
Liebe Kollegen, insgesamt lässt sich festhalten, dass das Änderungsgesetz nicht zu einer stärkeren Partizipation der Eltern in der Breite beiträgt. Insbesondere ist nicht damit zu rechnen, dass von einem Landeselternbeirat Gesichtspunkte für die Entwicklung der Kinderbetreuung eingebracht werden –
Achtung, immer bis zum Ende zuhören, das ist besser –, die bisher keine Berücksichtigung gefunden hätten oder falsch gewichtet worden wären.
Also: Summa summarum bleibt kein anderes Urteil als in der Ersten Lesung und auch im Ausschuss: Der Gesetzentwurf ist abzulehnen.
Herr Enghuber, es gibt drei Zwischenbemerkungen. Die erste kommt vom Kollegen Johannes Becher von den GRÜNEN. Herr Becher, bitte.
Sehr geehrter Herr Enghuber, ich bin ja durchaus ein Freund von einer harten und offen geführten Debatte. Ich habe gar kein Problem damit. Womit ich allerdings ein Problem habe, ist, wenn mir Dinge unterstellt werden, die hinten und vorne nicht stimmen. Ich zitiere aus dem Gesetz, Artikel 14a Absatz 1:
Die gewählten Elternbeiräte der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflegestellen können sich auf kommunaler und interkommunaler Ebene zu einem Gesamtelternbeirat zusammenschließen […].
Es wurde in Erster Lesung erwähnt, im Ausschuss erwähnt und heute erwähnt, dass es keine Pflicht für die Kommunen gibt. Im Gegenteil: Im Ausschuss wurde mir entgegengehalten: Wenn man das gescheit machen wollte, müsste man es verpflichtend machen.
Ich will aber gar keine Pflicht für alle Kommunen, sondern den Kommunen die Freiheit lassen. Mir jetzt zu unterstellen, dass ich das heute sage und in drei Jahren dann irgendetwas anderes behaupten würde, ist eine These, die Sie nicht belegen können. Ich bitte einfach, solche Unterstellungen zu unterlassen. Das gehört sich nicht.
Im Übrigen hätte ich dann noch eine inhaltliche Nachfrage, und zwar: Wann geht denn die App, die vielgepriesene, in Betrieb? Wenn die so großartig ist, dann müsste ich die mir ja bald mal herunterladen können.
Zum ersten Punkt: Ich glaube, ich habe das ausreichend ausgeführt, sehr breit. Sie haben es selber in Ihrer Rede gesagt, Herr Kollege Becher: Es gibt jetzt schon diese übergreifenden Elternbeiratsgremien. Die gibt es schon. Das kann man heute schon auf freiwilliger Basis machen.
Jetzt frage ich noch mal: Wo ist dann der Mehrwert in Ihrem Gesetzentwurf? – Es gibt keinen. Richtig.
So. Und dass wahrscheinlich in zwei bis drei Jahren diese Einzelerfahrungen hergenommen werden würden, um Ihr Gesamtziel erreichen zu können, nun, diese Vermutung, die ich dazu in den Raum gestellt habe, die entspricht ganz einfach der politischen Logik und der Erfahrung mit Ihrer Arbeit auch hier im Haus.
Zweite Frage: Wann geht die App in Betrieb, und wann kann man die App herunterladen? – Wenn sie fertig ist. Wir werfen nämlich keine halbgaren Sachen auf den Markt, sondern gehen mit unserem Ministerium dann damit raus, wenn es so weit ist. Sozialministerin Scharf hat das Ganze fest im Blick, sodass es zügig geht. Ich bin sicher, dass es nicht mehr lange dauert, aber eben so lang, bis es fertig ist.
Jetzt kommt eine weitere Zwischenbemerkung, und zwar von der Kollegin Julika Sandt von der FDP-Fraktion.
Zum einen fand ich es interessant, dass Sie vor allen Dingen kritisieren, dass es die interkommunalen oder kommunalen Elternbeiräte oder Gesamtelternbeiräte geben soll. Würden Sie ein Gesetz unterstützen oder selber eines erarbeiten oder auch gerne mit uns erarbeiten, das vorsieht, dass die Elternbeiräte direkt wählen? Oder haben Sie, wie Sie auch gesagt haben, Angst vor dem Kontrollorgan? Kommt das vielleicht vom Ministerium? Obwohl doch die Vertreterin des Ministeriums in Schleswig-Holstein gesagt hat – in anderen Ländern wird das in den Ministerien auch so gesehen –, dass es ein Mehrwert für die Ministerien ist, wenn sie die Kompetenz der Eltern haben.
Wenn das nicht so ist, dann ist die Frage – Sie sagen ja, die Bedürfnisse der Kinder und der Familien stehen im Mittelpunkt –, warum Kita-Eltern dann nicht mal einen Sitz im Bündnis für frühkindliche Bildung haben. Welche Rolle spielen Eltern, spielen Familien wirklich bei der Gestaltung unserer frühkindlichen Bildung, die so wichtig ist für die Kinder in Bayern?
Frau Kollegin, wie Sie wissen, gibt es in allen Einrichtungen, in Kindergärten, Kinderkrippen, Kinderhorten, natürlich auch in den Schulen usw., überall Elternbeiräte, die hoch engagiert arbeiten und ihre Expertise für die Einrichtung vor Ort einbringen. Das ist wertvoll. Das gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Das wollen wir auch weiterhin so machen. Wenn es vor Ort notwendig und sinnvoll erscheint, so etwas einrichtungsübergreifend für die ganze Kommune zu machen, geht das schon heute.
Ich frage mich explizit bei der FDP, der Sie angehören, Frau Kollegin Sandt, woher diese Lust, diese neue Lust, kommt, immer neue Gesetze, immer neue Bürokratie zu schaffen. Sie verkomplizieren Dinge immer weiter, die wir in Bayern eigentlich schon ganz gut geregelt haben und die bisher keinem, außer Ihnen vielleicht in Ihrer Großstadtblase, als Problem aufgefallen sind und die für die meisten auch kein Problem darstellen. Wie gesagt: Leben und leben lassen in Bayern. Wer es für notwendig und sinnvoll erachtet, kann sich einbringen.
Sie haben noch eine Gelegenheit. Jetzt gibt es eine Zwischenbemerkung der Kollegin Diana Stachowitz von der SPD.