Protokoll der Sitzung vom 22.06.2022

Sie haben noch eine Gelegenheit. Jetzt gibt es eine Zwischenbemerkung der Kollegin Diana Stachowitz von der SPD.

Herr Enghuber, ich bin fast erschrocken. Sie zeichnen ein Bild der Eltern, wonach diese unfähig sind; denn dazu brauche es Experten. Wir sind der Meinung: Die Eltern sind Experten. Zum Glück gibt es die BayernAmpel, damit auch einmal über den Tellerrand hinaus gedacht wird, eine Zukunftsvision entwickelt und auch andere Perspektiven erkannt werden können.

Sie stellen die Elternbeiräte als Feinde der Kommunen dar, da sie Bürokratieaufwand produzierten und ein Kostenproblem seien. In Wahrheit geht es nicht um Bürokratieaufbau, sondern um ein geregeltes Verfahren, in dem alle Eltern gehört werden. Das ist ein Aufbau von unten bis ganz nach oben, in dem Eltern als Experten angesehen werden. Das ist auf Augenhöhe. Ich bin ganz entsetzt, welche Vorstellung Sie von der Rolle der Eltern im Freistaat Bayern haben. Ich kann dazu nur sagen: Dem stimme ich auf jeden Fall nicht zu.

Ihre Redezeit geht auch zu Ende.

Ich würde mich freuen, wenn Sie darüber noch ein wenig nachdenken würden.

Frau Kollegin Stachowitz, es macht nichts, wenn Sie mir nicht zustimmen. Unterschiedliche Meinungen sind in der Demokratie zulässig. Vielleicht haben Sie mich falsch verstanden oder meinen Ausführungen nicht ausreichend gelauscht. Ich habe nämlich keineswegs die Leistungen und die Expertise der Eltern in Frage gestellt. Als Vater von fünf Kindern wäre es doch irgendwie seltsam, wenn ich das tun würde.

(Zuruf der Abgeordneten Diana Stachowitz (SPD))

Meine Frau ist selber sogar in zwei Einrichtungen im Elternbeirat engagiert, zeitweilig auch als Vorsitzende. Vor Ort macht dies auch Sinn. Wenn es Sinn macht, das Ganze einrichtungsübergreifend oder vielleicht für eine ganze Kommune zu machen, dann bitte ja, gerne.

Sie wollen aber, dass sich die Landesgremien nur aus den fakultativ gebildeten Gesamtelternbeiräten rekrutieren. Das funktioniert nicht, da diese dann eben nicht ganz Bayern im Blick haben und mitkommen lassen.

(Diana Stachowitz (SPD): Das wissen Sie doch gar nicht!)

Bei einem solchen Quatsch machen wir nicht. Das tut mir leid. Wir können die falschen Behauptungen noch hundertmal wiederholen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Ulrich Singer von der AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es mit einem Gesetzentwurf von den GRÜNEN und der SPD zu tun, der jetzt auch von der FDP getragen wird, die immer mehr ihr sozialistisches Gesicht zeigt.

(Zuruf der Abgeordneten Julika Sandt (FDP))

Um was geht es? – Eine Landeselternvertretung, also ein Elternbeirat auf Landesebene soll geschaffen werden. Im BayKiBiG soll ein Gesamtelternbeirat auf kommunaler und interkommunaler Ebene verankert werden.

Geschätzte Kollegen, die Frage ist doch: Brauchen wir das wirklich? Macht das wirklich Sinn? Kollege Enghuber hat es schon ausgeführt: Im Ergebnis macht es keinen Sinn. Wir haben schon eine gute Elternbeteiligung. Die Elternbeteiligung ist auch sehr wichtig – das ist ganz klar. Darum enthält Artikel 14 des BayKiBiG eine sinnvolle Regelung, wonach zur Förderung der besseren Zusammenarbeit von Eltern, pädagogischem Personal und Träger in jeder Kindertageseinrichtung ein Elternbeirat einzurichten ist. – So unser aktuelles Gesetz. Diese Regelung ist hervorragend.

Es stellt sich aber die Frage, ob wir darüber hinaus die von Ihnen geforderten Strukturen brauchen. Neben den Elternbeiräten, die im Gesetz geregelt sind, gibt es natürlich auch noch andere Möglichkeiten, einzuwirken. Zum Beispiel können die Eltern auf die lokalen Mandatsträger zugehen, auf den jeweiligen Stadt- oder Gemeinderat, auf den Bürgermeister, oder sie können Kontakt zu uns Abgeordneten im Hohen Haus aufnehmen. Wir sind auch ideale Ansprechpartner, um gewisse Dinge in unsere Ausschüsse zu tragen und etwas zu bewegen. So funktioniert Demokratie: dass wir nämlich den unmittelbaren Kontakt zu unseren Bürgern halten.

Die Schaffung von weiteren Beiräten verursacht ganz klar zusätzliche Kosten. Geschätzte Kollegen, auf jeden Fall würde dies auch weitere Bürokratie schaffen. Man muss sich überlegen, ob die zusätzliche Bürokratie, die zusätzlichen Kosten im Verhältnis zum geplanten und gewünschten Nutzen stehen. Die Frage lautet: Wird die demokratische Teilhabe der Eltern tatsächlich gestärkt? Wir haben daran Zweifel.

Vielmehr stellt sich die Frage, ob wir durch die von Ihnen geforderten zusätzlichen Beiräte auf Landesebene und kommunaler Ebene nicht langsam vor einer weiteren Sowjetisierung stehen. Zur Klarstellung: Die Frage der Sowjetisierung wurde im Zusammenhang mit der Schaffung zahlreicher Beiräte nicht von uns ins Spiel gebracht, sondern – meines Erachtens sehr zu Recht – vom ehemaligen Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes und Träger des Bundesverdienstkreuzes Josef Kraus.

Zu befürchten ist, dass durch diese Beiräte der unmittelbare Kontakt der Mandatsträger mit den Bürgern abgerissen wird, dass sich vielleicht auch die Mandatsträger dahinter verstecken könnten, dass diese Beiräte geschaffen wurden. Insbesondere stellt sich auch die Frage, ob durch die Beiräte unsere Elternstruktur auch hinreichend akkurat abgebildet wird. Wir haben es schon gehört: Wir haben eine hohe Fluktuation bei Eltern, die Kinder in der Kita haben, weil die Kinder naturgemäß nur wenige Jahre in der Kita sind. Herr Kollege Becher, Frau Kollegin Sandt, das ist schon ein stichhaltiges Argument.

Wir müssen auch sehen, dass Sie einen Landeselternbeirat schaffen wollen, der wiederum von den Gesamtelternbeiräten gewählt werden soll. Damit schaffen Sie ein Funktionärssystem. Auch das entfremdet den Beirat vom unmittelbaren Kontakt zu den Eltern. Ähnlich ist es auch beim Gesamtelternbeirat. Auch da schaffen Sie

letztlich ein Funktionärssystem und somit eine Entfernung zu unseren Wählern, zu unseren Eltern.

Viel wichtiger als das gesamte Vorhaben, das Sie vorgeschlagen haben, wäre es, die Gelder für den Aufwand und die zusätzlichen Kosten, die dabei entstehen würden, lieber direkt in unsere Familien zu investieren. Familien bestehen aus Vätern und Müttern und möglichst vielen Kindern. Sie sind die Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie sollen nicht weiter durch Ihre ideologische Politik verunsichert werden. Unsere demokratischen Strukturen funktionieren in Bayern ganz ausgezeichnet, geschätzte Kollegen.

Herr Singer, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Wir brauchen diese Beiräte in dieser Form nicht. – Vielen Dank, geschätzte Kollegen.

(Beifall bei der AfD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Susann Enders von der Fraktion der FREIEN WÄHLER.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der interfraktionelle Gesetzentwurf enthält in der Sache viele vernünftige Ansätze. Grundsätzlich steht für die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER auch unverrückbar fest, dass eine möglichst breite und unmittelbare Elternbeteiligung tatsächlich wichtig ist. Das steht hier außer Frage, auch um den Bedürfnissen von Eltern im Bereich der Kindertagesbetreuung umfassend Rechnung zu tragen; denn Bayern ist das Familienland.

In Ihrem Entwurf sprechen Sie diesen Titel an. Wenn Sie schon unseren Freistaat mit anderen Bundesländern vergleichen, werden Sie feststellen, dass Bayern um ein Vielfaches besser dasteht als andere Bundesländer. Ich erinnere an Krippenzuschuss, Kindergartenbeitrag, Leitungsfreistellungsbonus und viele andere Dinge mehr. In dem vorliegenden interfraktionellen Gesetzentwurf werden nachvollziehbar und verständlich Bedürfnisse von Familien mit Kindern im Kita- und Hortalter benannt. Dennoch hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie diesen Gesetzentwurf bereits abgelehnt. Wir können dem Gesetzentwurf auch wegen zahlreicher Unklarheiten nicht zustimmen. So will der Gesetzentwurf eine Beteiligung nur bestimmter Eltern; denn erreicht werden nur Eltern, deren Kinder in nach dem BayKiBiG staatlich geförderten Einrichtungen betreut werden. Die Eltern von Kindern in nicht geförderten Einrichtungen, zum Beispiel in betrieblichen Einrichtungen oder heilpädagogischen Einrichtungen, werden in den Gesetzentwurf überhaupt nicht einbezogen.

Die Einrichtung von Elternbeiräten in der Kindertagespflege oder von Gesamtelternbeiräten ist nicht verpflichtend. Ob daher flächendeckend Gesamtelternbeiräte eingerichtet werden, ist fraglich. Für uns wiegt hier die Gefahr mehr, dass die bereits bestehenden wenigen Elternbeiräte ihre engagierte Stellung ausbauen und dass es dadurch nicht zu einer flächendeckenden Beteiligung der gesamten Elternschaft kommt, sondern nur zu einer verstärkten Beteiligung derer, die sich sowieso bereits beteiligen. Uns lässt der Gesetzentwurf auch deshalb rätseln, weil die durch die Gesetzesinitiative erwünschte Heterogenität des Landeselternbeirates durch den Gesetzentwurf eben nicht sichergestellt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich brauche gar nicht lange rumzureden. Ich mache kein Hehl daraus, dass auch wir FREIE WÄHLER eine ganz klare Vorstellung haben von der Notwendigkeit und den Rahmenbedingungen eines Lan

deselternbeirates, also einer breiten, flächendeckenden Kita-Elternbeteiligung. Aber diese Vorstellung, die wir FREIE WÄHLER haben, deckt sich absolut nicht mit Ihrem Entwurf und auch nicht mit den Vorstellungen der CSU.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Halt, Moment, wir haben eine Zwischenbemerkung. Frau Kollegin, kommen Sie bitte noch mal ans Pult. Zu einer Zwischenbemerkung hat sich der Kollege Johannes Becher von den GRÜNEN gemeldet. Herr Becher.

Frau Kollegin Enders, ich bin zunächst einmal froh, dass Sie vonseiten der FREIEN WÄHLER das ein bisschen differenzierter sehen als der Kollege von der CSU. Sie haben ausgeführt, Sie hätten sehr klare Vorstellungen, wie Sie sich als FREIE WÄHLER so einen Landeselternbeirat vorstellen könnten. Können Sie dazu vielleicht noch ein bisschen was sagen, wie das bei Ihnen aussehen würde? Wie müsste der Gesetzentwurf aussehen, damit er zustimmungsfähig wäre, insbesondere mit dem Aufbau von unten nach oben? Denn irgendwie müssen wir den Landeselternbeirat wählen. Das ist der Sinn der Gesamtelternbeiräte. Wie würden Sie das machen? Ich würde mich freuen, wenn wir in einen Dialog kommen und versuchen, gemeinschaftlich eine Lösung zu finden. Das war immer mein Ansatz. Vielleicht gelingt es ja irgendwann, wenn nicht in dieser Legislaturperiode, dann vielleicht in der nächsten.

Herr Becher, das werde ich Ihnen garantiert nicht sagen. Ich werde es Ihnen erst mitteilen, wenn wir innerhalb dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der CSU einen Weg gefunden haben. Wenn das nicht passiert sein sollte: Vielleicht ist es ja der nächste Koalitionsvertrag, der diese Punkte ganz klar festlegt. Dann werden wir mal schauen, wer von uns da beteiligt ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Raimund Swoboda.

Hohes Haus, verehrte Bürger! Wer will denn eigentlich den Eltern in der Kita und im Kindergarten die notwendigen und angemessenen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte verweigern, wie es hier vom Herrn Becher in seiner Rede behauptet wurde? – Keiner. Schließlich sind es die Erziehungsberechtigten, die letztlich an vorderster Stelle für das Wohl und Wehe ihrer Sprösslinge verantwortlich sind. Diese Erziehungsaufgabe zu unterstützen, ist aller Ehren wert.

Aber die Frage ist: Wie? Was hier von den Ampel-Oppositionären vorgetragen wurde, wirkt auf mich so, als ob sie sich in Bayern einen Zugang schaffen wollen, eine zusätzliche Bürokratieebenenkultur, also Verbandsmeierei. Aber bedarf es dergleichen etwa als Landeselternvertretung, einer weiteren Instanz also, die einen gesetzlichen Anspruch hätte, vom Ministerium über alle grundsätzlichen Fragen zum Beispiel der Kindertagesbetreuung unterrichtet zu werden? – Nein, braucht es nicht. Braucht es weitere bürokratische, kostentreibende Gremienstrukturen wie Gesamtelternbeiräte auf kommunaler Ebene, die es Kita-Eltern ermöglichen sollen, Wünsche und Anregungen dem Ministerium als Forderung vorlegen zu können? – Wohl eben auch nicht.

Es scheint eher so, als wollten sich damit die GRÜNEN und die Roten hier im Haus nur weitere Einflussmöglichkeiten im Bereich der frühkindlichen Erziehung verschaffen, die man dann über großstädtisch dominierte Gesamtelternbeiräte und

den Landeselternbeirat als demokratisch legitimiert ausgeben kann, um diesen Einfluss dann auch in allen anderen Kitas in Bayern geltend machen zu können.

Nein, wir brauchen das alles nicht! Denn die Eltern und die Kita-Verantwortlichen vor Ort wissen um die speziellen Probleme und kennen ihre Ansprechpartner in den Kommunen, in der Politik und auch bei den Trägern. Diese Gesetzesinitiative ist meiner Meinung nach eine Luftnummer.

Herr Swoboda, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Lassen Sie sich etwas Besseres einfallen!

Das Wort hat nun die Staatsministerin Ulrike Scharf.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Adäquate Elternbeteiligung ist wichtig. Sie ist mir persönlich wichtig und ist unserem Haus sehr wichtig. Deshalb arbeiten wir aktuell an einem Konzept für eine ganz passgenaue Elternvertretung.

Der vorliegende Vorschlag wärmt lediglich altbekannte Forderungen auf. Ich darf Sie daran erinnern: Schon bei der Schaffung unseres BayKiBiG, des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, im Jahr 2005 gab es diese Forderung. Wer es vergessen haben sollte: Damals bereits haben sich die kommunalen Spitzenverbände klar gegen diese Forderungen ausgesprochen.

Eine Elternvertretung, wie sie der Gesetzentwurf fordert, lehne ich ab. Was SPD, FDP und GRÜNE hier vorschlagen, ist ein vermeintlich basisdemokratisch legitimierter Elternbeirat. Auf kommunaler und interkommunaler Ebene sollen dabei noch zusätzlich Gesamtelternbeiräte gegründet werden. Wir haben das in der Debatte jetzt schon mehrfach gehört. Das ist ein immenses Bürokratiemonster, das unglaublich viel Zeit und vor allen Dingen Ressourcen verschlingt.