Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Ich sage es noch mal: Das sind 1.500 Millionen Euro, keinerlei Details; in dieser Form jetzt einfach eineinhalb Milliarden Euro in den Plan reingeschrieben. Darauf hätten wir nicht drei Monate warten müssen, mehrmals. Drei Monate haben wir darauf gewartet,

(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: Unfug!)

und Sie haben immer gesagt, Sie feilen noch an den Details, und Sie müssen schauen. Wir haben mehrmals einen Nachtragshaushalt vorgeschlagen. Das Geld stünde längst bereit und wäre einsatzbereit.

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Auch gestern in der Pressekonferenz dazu: nur heiße Luft, wie es mit dem Fonds weitergehen soll. Nach der schlechten Presse gestern, dass der Ministerpräsident und Minister Aiwanger wieder nichts dazu sagen konnten, kommt jetzt der Hammer in Form eines Dringlichkeitsantrags morgen zum "Notbewilligungsrecht". Also das muss man sich schon mal geben. Drei Monate haben Sie nichts getan,

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

haben alle Anträge auf Nachtragshaushalt, auf Sonderfonds abgelehnt – alle Anträge; das ist alles nachzulesen. Alles abgelehnt, nichts vorbereitet und jetzt Notbewilligung, nur damit Sie ganz allein bestimmen können, wer dieses Geld wo und in welchem Stimmkreis im Wahljahr bekommt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tobias Reiß (CSU): So ein Quatsch, die Rede!)

Ich sage Ihnen was: Der Etat des Freistaates Bayern ist kein Selbstbedienungsladen. Sie missbrauchen unsere Verfassungsorgane. Sie umgehen das Parlament.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So gibt es bisher immer noch nur Entlastung aus dem Bund. Die Gasspeicher waren zum Winteranfang gefüllt. Die Gas- und Strompreisbremse von Minister Habeck ist da. Das ist für weite Teile der Bevölkerung eine große Erleichterung, auch wenn Sie in derselben Zeit gerne über große Erbschaften reden. Wir müssen also gut schauen,

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Reiß (CSU))

wo es Nachsteuerung braucht und wo es notwendig ist. Mit dem Bayerischen Härtefallfonds müssen wir nach unserer Vorstellung Familien unterstützen, kleine Betriebe, soziale Institutionen. Die warten alle dringend darauf. Bei den sozialen Institutionen, bei den Pflegeeinrichtungen gibt es die ersten Schließungen. Ich darf Ihnen gleich noch etwas mit auf den Weg geben: Ein etwas professionelleres Antragsverfahren als das PDF auf der Homepage zum Selberausdrucken wie beim letzten Mal wäre diesmal schon schön.

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Nach langem Würgen haben Sie endlich bei der Berufseinstiegsbegleitung auf uns gehört und die Fortführung in den Haushalt geschrieben. Das Loch heuer allerdings bleibt. Die Jugendlichen könnten um diese

Zeit bis Weihnachten schon drei Praktika hinter sich haben. All das Gewürge wegen 5 Millionen Euro! Diese Jugendlichen sind die Fachkräfte von morgen. Vergessen Sie das nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Keine guten Nachrichten gibt es dagegen beim Gehörlosengeld. Es bleibt bei der Einmalzahlung von 2022, und die noch nicht mal für alle schwer Hörgeschädigten.

Als ob es nicht schon peinlich genug wäre, wenn der Ministerpräsident an einer Tafel Suppe ausschenkt an Menschen, die wegen seiner Politik um Gratisessen anstehen,

(Tobias Reiß (CSU): Das ist peinlich! Peinlich! – Staatsminister Dr. Florian Herrmann: Das ist eine Unverschämtheit!)

schwindelt er dann auch noch: Eine Million Euro gäbe es für die 170 Tafeln in Bayern. – Schaut man genau hin, ist das echt geflunkert. Es gibt 400.000 Euro nur für Energiekosten, und dann gibt es noch 500.000 Euro für die Landesgeschäftsstelle – das ist sogar weniger als letztes Jahr –, und zusammen ist es immer noch keine Million. Also armselig!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber auch der Rest des Sozialhaushalts bleibt gleich trotz aller Kostensteigerungen bei den Personal- und bei den Sachkosten, die ja zu erwarten sind. Geld für Kitas, meine Damen und Herren, darf in dieser Lage nicht gleich bleiben, wenn fast nirgends in Bayern die Kinderbetreuung mehr zuverlässig funktioniert. Es ist ein wirtschaftlicher Faktor, wenn sich junge Eltern nicht mehr drauf verlassen können, dass die Gruppe nicht abgesagt wird. Da muss man investieren!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Rechtsanspruch auf den Ganztag kommt. Das wollen Sie aber auch aussitzen. Wir brauchen jetzt mehr Geld für die Ausbildung von Erzieher*innen und bessere Arbeitsbedingungen. Geld für die Anlaufstelle Heimkinder – die haben Sie völlig herausgestrichen. Bei den Lehrkräften haben Sie A 13 versprochen; im Haushalt ist nichts zu finden. Und bitte, in welcher Parallelwelt soll es sein, in der Sie sagen können, wir haben nicht zu wenig Lehrkräfte? – Da brauchen Sie sich nur mal mit Eltern zu unterhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielleicht noch ein kleines Schmankerl. Es gibt doch jetzt das Programm "Bayern Direkt"; man könnte sagen: "Frag die Regierung!" Das finde ich eigentlich gar nicht schlecht: eine Servicestelle für mehr Information, in Zeiten des Angriffs auf die Demokratie nicht übel. Aber die Zahlen sagen dann, dass 70 % des Etats für die Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben werden und für den Service selber 30 %. Wieder nur Selbstdarstellung dieser Regierung! Bitte zahlen Sie die doch aus der Wahlkampfkasse!

Das Thema Inflation kommt in diesem Haushaltsplan eh nicht vor. Kein Haushaltsansatz wurde angepasst, nur Ihre Fraktionsreserve für Miniprojekte im eigenen Stimmkreis, um die Wähler zu erfreuen. Die haben Sie sich schon kräftig erhöht von 60 Millionen Euro auf 70 Millionen Euro. Dazu gibt es bestimmt bald wieder eine Pressekonferenz, wer wo die kleinen Geldgeschenke verteilt. Liebe Abgeordnete der CSU und der FREIEN WÄHLER, wenn ein Thema wichtig ist, wenn die Kultur Geld braucht, wenn ein Kindergarten Geld braucht, wenn eine Forschung

gefördert werden soll, ist das in ganz Bayern wichtig. Dann schreiben Sie es ordentlich in den Haushaltsplan, und spielen Sie vor Ort nicht den Weihnachtsmann!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht mal ein Promille des Haushalts, 70 Millionen Euro von 71 Milliarden Euro, mitbestimmen zu dürfen, das wird Ihrer Rolle als frei gewählte Abgeordnete in dieser Regierungskoalition für ganz Bayern nicht gerecht. Da machen Sie sich klein. Mit dem undemokratischen Verfahren des Notbewilligungsrechts, das Sie jetzt auch noch auf den Weg bringen wollen für die Verteilung von eineinhalb Milliarden Euro ohne weitere Beteiligung des Landtags, wollen Sie sich und gleich noch das Parlament entmachten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im neuen Jahr steigen wir in die Beratungen ein. Es ist schon viel zu viel wertvolle Zeit vergangen. Unsere Änderungsanträge werden konkrete Vorschläge für eine Energiewende aufzeigen, die den Namen verdient, für Klimaschutz, für Klimaanpassung, für ein Schließen der sozialen Schere, für mehr Gerechtigkeit in Bayern. Sie dagegen müssen endlich ins Handeln kommen. Schöne Überschriften und eine kleine Studie zum Thema reichen nicht mehr. Umsetzung ist gefragt. Sie sind noch in Verantwortung. Je länger Sie zaudern, umso teurer wird es für uns alle. Handeln Sie jetzt!

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner spricht für die CSU-Fraktion; es ist der Kollege Sepp Zellmeier.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede der Kollegin Köhler, mit der ich an sich im Haushaltsausschuss gut zusammenarbeite, kann ich nur sagen: Völlig daneben! Sie interpretieren den Haushalt wie immer aus ideologischen Gründen falsch. Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden die Probleme, die uns Berlin einbrockt, hier völlig verschwiegen und ins Gegenteil verdreht.

(Beifall bei der CSU)

Sie werden jetzt sagen: Na ja, der Zellmeier sagt auch jedes Jahr das Gleiche.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Florian von Brunn (SPD): Stimmt!)

Es ist ja bedauerlich für Sie, dass jedes Jahr das Gleiche stimmt. Für uns ist es erfreulich, weil die Daten gut sind; ihr versteht das nicht. Ich sehe: Ihr fordert überall Mehrausgaben. Gleichzeitig sagt ihr nicht, wie es finanziert werden soll. Gleichzeitig beschließt die Ampel in Berlin ständig neue Ausgaben, die die Länder mitfinanzieren – ohne vorherige Rücksprache mit uns. Das sind doch die Tatsachen. Somit leiden wir unter Ihrer Politik in Berlin. Wir machen die richtige Politik, müssen aber auslöffeln, was ihr in Berlin verkehrt macht.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als wir den letzten Haushalt eingebracht haben, hat keiner damit gerechnet, dass wir nach der Corona-Krise gleich in die nächste Krise, in einen Krieg in Europa, schlittern. Jetzt haben wir mit den Folgekosten zu kämpfen: Energie, Inflation, wirtschaftliche Unsicherheit und Aufnahme von vielen Hunderttausend Flüchtlingen aus der Ukraine. Das alles hatte eine zusätzliche Flüchtlingsbewegung aus ärmeren Ländern und Bürgerkriegsländern zur Folge, sodass wir auch dadurch hohe Belastungen haben. Das wird bewusst immer wieder verschwiegen. Auch für diese Belastungen kommen wir auf und lösen diese Probleme.

Die Steuereinnahmen sind mit hohen Risiken verbunden. Frau Kollegin Köhler, deshalb ist es berechtigt, die Steuerschätzung abzuwarten und den Haushalt später einzubringen. Dabei bleiben wir in einem Zeitrahmen, der rechtlich möglich ist. Das ist natürlich eine Sondersituation, nicht die Regel. Wir hatten aber in den letzten Jahren nun einmal Sondersituationen und haben sie in diesem Jahr wieder.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Steuerschätzung eingearbeitet, und der Härtefallfonds wurde konzipiert. An dieser Stelle möchte ich eines sagen, weil es unglaublich ist: In Berlin, wo die Hauptzuständigkeit für den Bereich Energie liegt, genau dort, wo man handeln müsste, hat man über Monate hinweg nichts gemacht. Dort wurden sogar falsche Signale gesetzt wurde und so getan, als ob kaum etwas notwendig wäre. Bis heute wissen wir nicht genau, was der Bund mit den Mitteln machen wird. Wir sind nur subsidiär und ergänzend tätig. Wie sollen wir etwas ergänzen, wenn wir nicht wissen, was in Berlin genau gemacht wird? Dort wurde die Zeit vertan.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte eines sagen: Wir haben einen hervorragenden Finanzminister, der eine exzellente Arbeit leistet, wie übrigens das gesamte Haus exzellente Arbeit macht. Mein Kompliment dafür! Der bayerische Finanzminister Albert Füracker ist zu Recht mit dem Sparlöwen ausgezeichnet worden, weil er das Geld zusammenhält und trotzdem an der richtigen Stelle investiert. Lieber Albert, meinen ausdrücklichen Glückwunsch und meine Anerkennung!

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Ein weiteres Beispiel: Wir haben eine Kreditermächtigung in Höhe von insgesamt 20 Milliarden Euro für die Corona-Maßnahmen ausgegeben. Bis zum heutigen Tage wurden davon nur 10,1 Milliarden Euro, also etwa die Hälfte, in Anspruch genommen.

(Florian von Brunn (SPD): Weil der Bund alles bezahlt hat!)

Was haben denn der Bund und Herr Lindner gemacht? – Sie haben 60 Milliarden Euro für Corona-Maßnahmen in ein Sondervermögen verschoben und damit für die Zukunft gebunkert. Das Bundesverfassungsgericht prüft dieses Vorgehen, und es gibt Anzeichen dafür, dass es verfassungswidrig ist. Hier werden Sondermittel, die durch eine zu Recht in Anspruch genommene Ausnahme von der Schuldenbremse aufgenommen wurden, für die Zukunft gebunkert. Das machen wir in Bayern nicht!

(Beifall bei der CSU)

Ich muss jetzt in meinem Manuskript nach hinten springen, weil ich das erst später sagen wollte: Ich habe mir zusammengeschrieben, was die Ampel in Berlin so alles beschlossen hat. In Berlin darf man, anders als in den Ländern und in Bayern, 0,35 % des BIP Schulden machen und hält damit die Schuldenbremse ein. Das sind 12 Milliarden Euro. Was tut die Ampel in Berlin? – Sie nimmt 45,6 Milliarden Euro netto an neuen Schulden auf. Da wird eine Konjunkturkomponente eingeführt. Das ist weit überzogen.

(Zuruf)