Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

(Beifall bei der SPD)

Hier besteht eine Aufgabe für den Freistaat. Hier tun Sie nichts.

Zur Krankenhaus- und Pflegeinfrastruktur. Ein verkürztes Fazit: In Kapitel 14 03 gibt es zehn Millionen Euro weniger. Das betrifft die Gesundheitsversorgung. Im Bereich Pflege und Hospiz gibt es ganze neun Millionen Euro mehr. Insgesamt gibt es eine Million Euro weniger für die Bereiche, von denen Sie richtigerweise immer wieder sagen: Das sind die Bereiche, in denen wir im Freistaat investieren und für die wir auch konsumtive Mittel zur Verfügung stellen müssen. Taten im Haushalt? – Nichts, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich fasse zusammen: Sie sind von früh bis spät so beschäftigt, mit dem Finger auf die SPD-geführte Regierung in Berlin zu zeigen

(Zuruf von der CSU: Zu Recht!)

und in der Ihnen verbleibenden Zeit Empfänge der Staatsregierung für das geneigte Wahlvolk zu geben. Darüber haben Sie völlig vergessen, hier für die Menschen und die Wirtschaft in Bayern zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Hören Sie auf, immer nur auf die Ampel zu starren und dann den Besserwisser zu spielen. Hier in Bayern für die Menschen und unsere Wirtschaft zu arbeiten, hier einen zukunftsfähigen Haushalt vorzulegen, der auch den Herausforderungen aufgrund des Angriffskrieges Russlands und den Folgen der Pandemie gerecht wird – das wäre Ihr Job, Kolleginnen und Kollegen und Herr Staatsminister.

(Beifall bei der SPD)

Da gibt es dann aber leider nur große Leere. Wenn Sie zur Selbstkritik fähig wären und auf Ihre eigene Regierung blicken würden, müssten Sie sich für die Vorlage dieses Haushaltes schämen, nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Ohne weitreichende Änderungen, so wie sie die SPD vorschlägt, werden wir Ihre Vorlage ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vor. Dazu erteile ich dem Kollegen Josef Zellmeier, CSU-Fraktion, das Wort.

Lieber Kollege Güller, du weißt, ich schätze dich sehr. Natürlich musst du versuchen, ein paar Schwachpunkte zu finden. Das war aber relativ erfolglos. Das ist aber deine Aufgabe. Eines stört mich aber schon sehr:

(Florian von Brunn (SPD): Selber hat er eine ganze Menge gefunden!)

Du sagst, wir seien eine Steueroase. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir sehr hohe Steuereinnahmen erwirtschaften, dass wir 60 % des Länderfinanzausgleichs finanzieren, und das bei einem Anteil an der Bevölkerung von 15 %. Dafür gibt es doch nur eine Erklärung: Entweder sind die anderen, vor allem die SPD-geführten Länder zu schwach, oder dort sind die Steueroasen,

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

weil sie die Steuern nicht vernünftig erheben.

Noch eine zweite Anmerkung, da ich noch kurz Zeit habe. Die Erhöhung der Regionalisierungsmittel hatte die Ampel ja schon vor dem 49-Euro- und vor dem 9Euro-Ticket in Aussicht gestellt. Jetzt bekommen wir es zwar – Danke! –, aber wir müssen die Hälfte dieses 49-Euro-Tickets bezahlen, sodass das Geld gleich wieder weg ist, das heißt: In der Summe ist das ein schlechtes Geschäft für uns.

(Florian von Brunn (SPD): Ein schlechtes Geschäft? Das kommt Bayern zugute!)

Wir bekommen das, was wir eh bekommen hätten, dafür zahlen wir für etwas anderes, das wir nicht hatten.

(Beifall bei der CSU)

Ich hoffe, ich habe dich falsch verstanden, dass du kritisierst, dass wir ein 49-Euro-Ticket einführen. Das ist dringend notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Eine faire Finanzierung – 50 % Bund, 50 % Länder – ist sogar mehr, als man normalerweise, wenn man zur Aufgabenverteilung in das Grundgesetz blickt, hätte erwarten können. Deswegen glaube ich, dass dies ein guter Kompromiss und eine gute gemeinsame Basis ist. An dieser sollten wir nicht mehr rütteln. Dies können wir auf jeden Fall feststellen. Ich danke auch, dass dies zugegeben wurde; denn vorher hat es geheißen, dass der Bund offensichtlich gar nichts richtig mache. Die Regionalisierungsmittel steigen um über 230 Millionen Euro.

Ein Weiteres. Ich empfehle, schlicht und einfach einmal einen kurzen Blick in die Prüfungszyklen bei kleinen, mittleren und insbesondere auch großen Unternehmen in Bayern zu werfen und einen Vergleich mit den anderen Bundesländern zu ziehen. Ihr werdet sehen: Bei den Prüfungszyklen ist der Freistaat Bayern auf Platz 14, 15 oder 16. Da kann mir keiner sagen, dass Steuergerechtigkeit in Bayern großgeschrieben wird.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist für die FDP-Fraktion der Kollege Dr. Helmut Kaltenhauser.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister Füracker, ich möchte als Erstes auf unser Rednerpult hinweisen. Da steht: Bayerischer Landtag. Sie haben über die Hälfte Ihrer Redezeit – ich habe mitgestoppt – für Berlin verwendet. Es mag ja durchaus ein Zusammenhang zwischen Bundes- und Länderfinanzen existieren, aber es scheint Sie doch immer noch sehr zu wurmen, dass Sie sich damals kategorisch verweigert haben, in der Regierung mitzuarbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt aber zum vorliegenden Haushaltsentwurf. Zunächst einmal stellen wir fest, dass wir in einigen Bundesländern oder im Bund schon in der finalen Phase der Haushaltsberatungen sind. Sie haben den Haushalt erst jetzt vorgelegt. Es ist schon mehrfach adressiert worden: Das ist ein klarer Verstoß gegen die Haushaltsordnung. In ihr steht, dass der Entwurf spätestens in der ersten Sitzungswoche des Landtages nach dem 30. September vorzulegen ist. In Bayern gehen offenbar die Uhren anders, vielleicht ist sogar der gesamte Kalender anders.

(Josef Zellmeier (CSU): Richtig!)

Immerhin ist der Haushalt ausgeglichen – das ist schön. Das scheint eine respektable Leistung zu sein. Wir wollen ja stabile öffentliche Finanzen, auch mit Blick auf die finanziellen Spielräume für die Zukunft. Wenn man allerdings sieht, dass auch die Steuereinnahmen vier Milliarden Euro höher sind, ist dies nicht mehr ganz so beeindruckend. Wir haben ja Rekordsteuereinnahmen in einer der größten Wirtschaftskrisen seit dem Zweiten Weltkrieg – das muss man konstatieren.

Auch der stärkere Griff in die Rücklagen und nicht so viel Schuldenaufnahme war etwas, was wir in den letzten Jahren mehrfach gefordert haben. Dass ausgerechnet in einem Wahljahr keine Schulden mehr aufgenommen werden und in die Rücklagen gegriffen wird, ist bestimmt reiner Zufall, wenn ich das einmal ironisch bemerken darf. Viel mehr Positives ist mir bei dieser Konstruktion nicht aufgefallen.

Ich möchte einzelne Punkte herausgreifen, wobei die Liste wahrscheinlich beliebig verlängerbar ist.

Punkt eins. Nach wie vor – das wurde von mir schon mehrfach vorgebracht – gibt es keinen Tilgungsplan für Schulden in Höhe von inzwischen 37 Milliarden Euro.

Im nächsten Jahr werden wir einen Schuldendienst in Höhe von 670 Millionen Euro im Jahr haben, 16 % mehr als noch in diesem Jahr. Es ist schon klar, dass man nicht jetzt mit dem Schuldenabbau beginnen kann, aber man muss einen Plan haben. Man könnte doch einen Tilgungsplan von 2024 bis 2040 aufstellen. Erzählen Sie mir nicht, das wäre unseriös. Wenn ich Geld aufnehme, muss ich wissen, wann ich es wieder zurückzahlen muss. Herr Füracker, da können Sie sich vielleicht sogar für zukünftige Legislaturperioden verewigen, auch wenn Sie vielleicht dann nicht mehr im Amt sind.

(Staatsminister Albert Füracker: Sie auch nicht! Sie sind nicht einmal im Amt! – Beifall bei der CSU)

Das kann schneller gehen, als man glaubt.

Zum zweiten Kritikpunkt. Das Budget des Digitalministeriums beträgt schlappe 113 Millionen Euro. Das entspricht 0,16 % des Gesamthaushaltes. Es ist immer wieder dasselbe: Entweder man wertet es auf, indem man dem Digitalministerium ein richtiges Budget gibt, oder man gibt ihm wenigstens Entscheidungsbefugnis. So macht es aber keinen Sinn. Ich glaube, dass immer wieder dasselbe wiederholt wird. Die eigentlichen Digitalfunktionen sind quer über alle Ministerien verteilt.

Zum dritten Kritikpunkt. Mittlerweile gönnt sich die Staatsregierung ziemlich viele Förderprogramme. Wie wir aufgrund einer sehr umfangreichen Anfrage erfahren haben, gibt es in vielen, ja in den allermeisten dieser Programme keine konkreten Ziele. Ich weiß nicht, wie man dann misst, ob ein Programm erfolgreich ist oder nicht. Wenn keine Ziele bestehen, kann man auch keine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. Was hat das mit verantwortungsvoller Ausgabenpolitik zu tun? Meine alte Forderung lautet immer wieder: zielorientierte Ausgabenpolitik mit Wirkung. Das heißt, bei jedem Programm muss festlegt werden, was man damit erreichen will und wie dies überprüft wird. Für die Überprüfung sind objektive quantitative Messgrößen erforderlich, um feststellen zu können, was tatsächlich passiert.

Was passiert denn in den Programmen? Da gibt es Programme, deren Mittel seit Jahren kaum abgerufen werden, die seit mehreren Jahren eine Abrufquote von unter 20 % haben. Dies sieht übrigens so aus, als ob man Geld ins Schaufenster stellen würde, um den Eindruck zu erwecken, dass man jedem etwas Gutes tun will. Meine Vermutung wird durch das Rekordergebnis bei nicht abgeflossenen Mitteln unterstützt. Im letzten Jahr hatten wir 9,3 Milliarden Euro Ausgabenreste. Als Mathematiker würde ich sagen: schwer verrechnet! Ich zitiere den Kommentar des ORH aus dem Jahresbericht 2021. Ich möchte ihn vorlesen, da ich das wirklich peinlich finde:

Die Ausgabenreste haben sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt […]. Nach Auffassung des ORH deutet diese Entwicklung darauf hin, dass dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung erneut nicht ausreichend Rechnung getragen wird.

Das muss man sich einmal überlegen. Da sagt jemand über den Staatshaushalt, dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung wird erneut nicht ausreichend Rechnung getragen. Mir als Finanzminister wäre das sehr peinlich.

Vierter Kritikpunkt: Pensionsfonds. Ja, vorhin wurde groß verkündet, dass diesem weitere 110 Millionen Euro zugeführt werden. Dazu ist zu sagen, dass dieser Betrag angesichts des Stellenaufwuchses nicht ausreichen wird. Zudem ist dieses Geld nur für die Deckung der durch die neuen Stellen hinzukommenden Verbindlichkeiten gedacht. Dabei reden wir noch lange nicht von den Altlasten, die wir haben. Je nachdem, wie man rechnet, sind es Pi mal Daumen 6 Milliarden Euro pro Jahr, die wir an impliziten Schulden aufbauen. Davon ist überhaupt nichts ab

gedeckt. Eine Riesenwelle kommt auf uns zu. Da hilft auch die ganze Schuldendiskussion nichts. Aus diesen Verpflichtungen erwachsen noch viel höhere Belastungen, die unsere nächste Generation abdecken muss.

Thema Regierungsbeauftragte: Ich kann mich erinnern, dass in den vergangenen Haushaltsberatungen immer gesagt wurde, der Betrag sei ja nicht allzu groß. Dann haben wir eine Anfrage gestellt und festgestellt, dass die Kosten dafür fünffach, teilweise sogar sechsfach höher sind als das, was im Haushalt ausgewiesen wird. Der Grund ist, dass diese Ausgaben irgendwo versteckt sind. Ich muss schon sagen, wenn man diese Ausgaben konkret ausweisen würde, dann verliefe die Diskussion hier anders. Nach wie vor halten wir die allermeisten dieser Beauftragten nicht für notwendig.

Die sächlichen Verwaltungsausgaben sind für 2023 mit 5,2 Milliarden Euro angesetzt. Das ist eine Milliarde mehr als 2019, vor Corona. Die Bürokratie, die da aufwächst, ist enorm. Wann fängt man denn an, effizienter zu werden? Wir fördern doch die Digitalisierung. Irgendwann muss sich das doch auszahlen. Es kann doch nicht sein, dass dadurch noch mehr Bürokratie entsteht.

Personalaufbau: Klar, auch ich bin dafür – und habe es mitgetragen –, dass in bestimmten Bereichen zusätzliche Stellen entstehen. Trotzdem bleibt es bei der Feststellung, dass die Personalausgaben von 2021 bis 2023 von 25,5 Milliarden Euro auf 28,2 Milliarden Euro, das heißt um 2,7 Milliarden Euro steigen. Die Personalausgabenquote wird im nächsten Jahr bei 39,7 % und laut Finanzplan im Jahr 2026 sogar bei 42,3 % liegen. So kann man doch nicht weitermachen. Man muss doch irgendwann etwas unternehmen und sich überlegen, wie man gegensteuern kann.