Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

Herr Kollege Radlmeier, es ist kein Update, sondern ein kompletter Wechsel des Betriebssystems, was Sie hier vorschlagen. Der Denkmalschutz soll weichen, und stattdessen soll die Klimaideologie in den Vordergrund gestellt werden. Das ist eben kein Geburtstagsgeschenk für den Denkmalschutz, sondern für den Klimakult.

Denkmalgeschützte Gebäude sollen nun energetisch saniert werden dürfen. Für den Energieverbrauch Energie zu erzeugen, das hört sich gut an. Ich sage auch ganz klar: Im Einzelfall ist das auch sicherlich sinnvoll. Es gibt viele gute technische Methoden, die inzwischen auch im Bereich des Denkmalschutzes eingesetzt werden können, um die Gebäude, was den Wärmeschutz und die Wärmeisolierung angeht, voranzubringen. Oftmals ist es aber nicht möglich, hier tätig zu werden, oder es ist mit völlig unverhältnismäßigen Kosten verbunden.

Ich frage Sie ganz klar: Wie sollen solche Objekte, bei denen weiterhin eine energetische Sanierung nicht in Betracht kommt, in Zukunft in Bayern überhaupt noch sinnvoll genutzt werden? Wie sollen derartige Objekte, die unter Denkmalschutz stehen, auch in Zeiten einer staatlich herbeigeführten massiven Energieverteuerung weiterhin genutzt werden?

Sie geben ja in Ihrem Gesetzentwurf selbst zu, dass die denkmalgeschützten Gebäude nur ungefähr 1,5 % der Gebäude im Freistaat ausmachen. Geschätzte Kollegen, an dieser geringen Zahl wird Ihr Ziel, Energie einzusparen, wirklich nicht scheitern. Wir müssen sehen: In den Gebäuden ist bereits erhebliche graue Energie gespeichert. Sie soll weiterhin erhalten bleiben. Man muss nicht durch teure Maßnahmen die Klimaideologie in diese Objekte hineintragen.

Nein, Sie wollen durch Ihr Denkmalschutzgesetz beweisen, dass Sie auf Staatslinie sind. Es soll ja in Zukunft nur noch dann, wenn überwiegende Gründe des Denkmalschutzes gegen eine energetische Sanierung sprechen, eine entsprechende Maßnahme von der Denkmalschutzbehörde verhindert werden. Im Gegensatz dazu haben wir im Moment eine Situation, wo gewichtige Gründe des Denkmalschutzes ausreichen, um eine Veränderung auszuschließen. Diese Regelung halten wir für sinnvoll. Diese wollen wir erhalten. Die energetische Sanierung soll

jetzt gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes Vorrang bekommen. Damit schaffen Sie letztlich den Verfassungsrang des Denkmalschutzes ab – auch das lehnen wir ab.

Der Gesetzentwurf offenbart noch viele andere schlimme Punkte. Die Verschandelung der bayerischen Kulturlandschaft ist ja schon beschlossene Sache. Nur sehr wenige, besonders landschaftsprägende Baudenkmäler sollen künftig davor bewahrt werden, eines oder gleich eine Vielzahl von Windrädern vor die Nase gepflanzt zu bekommen. Bayern hat über 200 Jahre hinweg von einer langsamen und behutsamen Landesplanung profitiert. Das ist ein Vorteil für den Standort und besonders den Tourismus in Bayern. Das bedeutet Naherholung für die bayerische Bevölkerung.

Die CSU und die FREIEN WÄHLER wollen damit Schluss machen und unsere bayerische Heimat für eine pseudo-autarke Energieerzeugung opfern. Auch Ihre Lust an der Enteignung der Bürger kennt kaum eine Grenze. Das sieht man auch daran, dass bei den Bodenfunden künftig der Veranlasser der Grabungsarbeiten nicht nur für die Arbeiten, sondern auch bis hin zur Zumutbarkeitsgrenze für die wissenschaftliche Untersuchung sowie für die Bergung und die Dokumentation der Funde aufkommen soll. Herr Minister Blume, ich muss Ihnen sagen: Das ist eine ureigene staatliche Aufgabe, die Sie auf die Bürger übertragen wollen. Wissenschaft muss Wissenschaft bleiben und darf nicht auf die Bürger übertragen werden. Hören Sie also auf, staatliche Vorgaben zu machen! Ihr neues Verständnis von Denkmalschutz offenbart, wie wenig Verständnis Sie für das kulturelle Erbe unseres Landes haben.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächste spricht die Kollegin Kerstin Radler für die Fraktion der FREIEN WÄHLER.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! "Heimat bewahren" bedeutet nicht nur, Tradiertes zu sichern, sondern vielmehr mit der uns anvertrauten Lebenswelt so umzugehen, dass diese auch künftigen Generationen in möglichst gleicher Weise zur Verfügung steht. Deshalb verfolgt der Gesetzentwurf drei wesentliche Ziele, die ich kurz zusammenfasse: Erstens. Denkmalschutz und Klimaschutz zusammenführen – nicht voneinander spalten. Zweitens. Raubbau an Bodendenkmälern stoppen. Drittens. Rechtssicherheit gegenüber dem Bund schaffen.

Zur Bekämpfung der deutlich ansteigenden Schäden an Bodendenkmälern, vor allem aufgrund der in den letzten Jahren stark zunehmenden Zahl von Sondengängern – das haben wir heute schon öfter gehört –, soll ein sogenanntes Schatzregal eingeführt werden; denn im Gegensatz zu den anderen deutschen Ländern gibt es in Bayern bisher keine besondere Eigentumsregelung für archäologische Funde. Das Eigentum an Funden wurde bisher auf Grundlage des § 984 des Bürgerlichen Gesetzbuches zugesprochen, wonach der Entdecker und der Grundstückseigentümer jeweils hälftig das Eigentum erwerben sollen. Dadurch konnte auch der ungesetzlich Handelnde – der insbesondere gegen öffentliches Recht verstoßende Raubgräber – Miteigentum am Fund erwerben.

Auch wenn die neue gesetzliche Regelung nicht dazu führen kann, dass Raubgrabungen in Bayern gänzlich unterbunden werden, wird dieses neue rechtliche Instrumentarium zum Umgang mit Bodenfunden dazu beitragen, dass die Anreize für Raubgrabungen und Verschiebungen von Bodenfunden nach Bayern vermindert werden.

Zugleich soll mit dem Gesetzentwurf die Einführung einer ausdrücklichen Regelung zur Kostentragung der Ausgrabungen mehr Rechtssicherheit insbesondere gegenüber dem Bund bringen, und zwar auch unter Einbeziehung der Zumutbarkeitsgrenze.

Der aber aus meiner Sicht wesentliche Punkt des Gesetzes ist die wesentliche Verbesserung von Denkmalschutz einerseits und die Förderung von Klimaschutz und Energiewende andererseits. Sowohl die Energiewende als auch der Denkmalschutz verfolgen nämlich gleiche Zielsetzungen, wenn es um die Bewahrung der gemeinsamen Lebenswelt geht. In der Realität prallen dabei aber zum Teil divergierende Perspektiven und Ansprüche aufeinander. So kann es beispielsweise nicht sein, dass sich Maßgaben des Denkmalschutzes und eine weitgehende Förderung des Klimaschutzes in ihrer Umsetzung blockieren oder sich jedenfalls aufgrund bestehender gesetzlicher Regularien gegenseitig beschränken. Mit dem Gesetzentwurf sollen nun Klimaschutz und Denkmalschutz näher zusammengebracht werden. Das Ziel ist es, den Einklang von traditionellen Bauwerken als geschichtliche Zeugnisse unserer Kultur sowie Klima und Naturschönheit in Bayern zu bewahren. Auf diese Weise können wir unsere Denkmäler auch angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts schützen und gleichzeitig die nachhaltige und unabhängige Energieversorgung weiter vorantreiben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Nicht zuletzt hat jüngst die Energiekrise gezeigt, dass eine Weiterentwicklung der Denkmalpflege im Sinne eines Abbaus von Hemmnissen des Denkmalschutzes zugunsten des Potenzials und Einsatzes erneuerbarer Energien als dringend nötig erscheint. Allerdings steht – das ist mir als kulturpolitische Sprecherin besonders wichtig zu betonen – natürlich auch weiterhin fest, dass sich nicht jedes denkmalgeschützte Objekt dafür eignen wird. Ich bin schon gefragt worden – aus Regensburg stammend –, ob der Dom nun mit Solaranlagen bestückt werden soll. – Natürlich soll er das nicht.

Die Denkmalverträglichkeit muss auch künftig durch individuelle Anpassungen an das Erscheinungsbild des äußerst vielfältigen denkmalgeschützten Bestandes in Bayern gesichert sein. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds von Denkmälern durch die pauschale Verwendung von Standardlösungen – beispielsweise bei Solaranlagen, aber auch Geothermieanlagen – soll damit verhindert werden.

Ich halte das Gesetz für wichtig, damit wir künftig die Potenziale erneuerbarer Energien noch stärker nutzen können. Das neue Denkmalschutzgesetz gibt uns deutlich mehr Handlungsspielraum. Denkmalschutz und Klimaschutz sollen damit Hand in Hand gehen. Wir FREIE WÄHLER sehen Denkmalpflege unter dem Vorzeichen einer klimagerechten Bauerhaltung und Umbaukultur sowie der Ressourcenschonung. Wir werden dieser Gesetzesänderung daher zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Frau Kollegin Radler, es gibt eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Singer.

Bitte.

Geschätzte Frau Kollegin Radler, es ist ja so, dass Sie sich für die Einführung eines Schatzregales auch in Bayern aussprechen. Gleichzeitig sprechen Sie sich dafür aus, dass das Sondengehen reduziert und verboten werden soll.

Für mich stellt sich jetzt die Frage: Die Hadrianische Teilung hat ja zumindest dazu geführt, dass man den Fund zumeist gemeldet und auch ein Miteigentum erworben hat. Wenn das abgeschafft wird: Glauben Sie nicht, dass das Sondengehen einfach ins Verborgene, in den Schatten, in die Dunkelheit verschwindet? Glauben Sie nicht, dass – Sie haben kritisiert, dass Funde nach Bayern gebracht werden, weil hier bisher diese Teilung galt – diese Funde jetzt stattdessen von Bayern weggebracht werden und für Bayern dann in Zukunft komplett verloren sind?

Das glaube ich nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächstem erteile ich für die SPD-Fraktion dem Kollegen Volkmar Halbleib das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister, es ist tatsächlich so, dass wir diesen Gesetzentwurf in einem Jahr beraten, in dem das Bayerische Denkmalschutzgesetz das Jubiläum seines 50-jährigen Bestehens feiern kann. Ich glaube, es ist deswegen berechtigt, diesen Gesetzentwurf auch zur Standortbestimmung in Sachen Denkmalschutz zu nutzen. Es ist nämlich nicht das beste Geburtstagsgeschenk, die Lage schönzureden und schöne Vokabeln zu benutzen, sondern man muss genau hinschauen, wo wir stehen. Wir haben kein Jubiläum zum Jubilieren, sondern ein Jubiläum zum kritischen Nachdenken. Wo stehen die Denkmalpflege, der Denkmalschutz und die Denkmalförderung in Bayern?

(Beifall bei der SPD)

Da gibt es schon viele Punkte, die da zusammenkommen und die die eigentliche Lage kennzeichnen. Die Abschaffung des Dissensverfahrens – um nur einen Punkt herauszugreifen, den wir auch jetzt wieder angehen wollen – im Jahr 1994 unter Edmund Stoiber hat den effektiven Gesetzesvollzug in Bayern deutlich geschwächt. Die Unteren Denkmalschutzbehörden werden mit dem Vollzug des Gesetzes und der politischen Situation und Einflussnahme vor Ort häufig alleingelassen. Die Höheren Denkmalschutzbehörden, die Regierungen, und die Oberste Denkmalschutzbehörde, Ihr Ministerium, beteiligen sich seitdem nicht mehr an der rechtzeitigen Konfliktlösung. Die behördliche Allianz beim Erhalt von Denkmälern funktioniert leider nur eingeschränkt. Wir merken das bei vielen, vielen Denkmalpetitionen, die uns im Landtag leider viel zu spät erreichen.

Der zweite Punkt. Die dramatischen Kürzungen der Denkmalförderung – auch unter der Ägide von Edmund Stoiber – sind bis heute nicht ausgeglichen. Im Ergebnis liegen bei Betrachtung der Geldwertsituation die Denkmalmittel in Bayern trotz des deutlich gestiegenen Bedarfs nur noch bei 50 % des Jahres 2004. Im Ergebnis – das kommt dazu, Herr Minister, Sie hätten das auch mal beschreiben müssen – müssen wir konstatieren, dass etwa 3.000 bis 3.500 Baudenkmäler in Bayern akut vom Verfall bedroht sind. Die vom Landtag auf den Weg gebrachte Taskforce ist letztlich ein Offenbarungseid im Hinblick auf die wahre Situation vieler Baudenkmäler in diesem Freistaat.

(Beifall bei der SPD)

Leider – das Wort stammt nicht von mir, und ich habe auch kein Copyright darauf – haben wir viel zu häufig ein Multiorganversagen im behördlichen Denkmalschutz des Freistaats, wie das ein nicht unmaßgeblicher Kollege der CSU kürzlich richtig beschrieben hat. Bei Bauten des 20. Jahrhunderts stellen wir häufig eine zu späte Einordnung als Denkmal, die die Grundlage der Rettung ist, fest. Der Substanzverlust der vergangenen Jahre – ich denke nur an das Verstärkeramt bzw. das Ferien

heim in Kochel – war mehr als schmerzhaft und hatte eine negative Signalwirkung. Herr Minister, Sie sind darüber hinweggegangen.

Hinzu kommt ein permanenter Substanzverlust bei den Bodendenkmälern. Man geht von jährlich rund einer Million archäologisch relevanten Objekten aus, die von geschätzt 16.000 Sondengängern in Bayern illegal aus dem Boden geborgen werden – pro Jahr!

Sie sagen: Ende gut, alles gut. Was hätte aber vermieden werden können, wenn Sie seitens der Staatsregierung oder der CSU rechtzeitig auf die SPD gehört hätten. Wir haben das Schatzregal seit 1996 gefordert und immer wieder darauf hingewiesen, dass wir so etwas brauchen. Wir hätten bei den Bodendenkmälern in Bayern viele Schäden vermeiden können.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend: Wir werden den Punkt "Schatzregal" und auch die Frage der regenerativen Energien, das Verhältnis von Klimaschutz und Denkmalschutz, zum Gegenstand intensiver Beratung machen. Wir sind dezidiert für die Wiedereinführung des Dissensverfahrens. Wir wollen im Denkmalschutzgesetz dieses Freistaats auch endlich festschreiben, dass wir eine viel bessere Finanzausstattung brauchen. Wir wollen, dass die Finanzausstattung auch im Denkmalschutzgesetz tatsächlich so formuliert wird: Die Erwartung und die klare Botschaft dieses neuen Denkmalschutzgesetzes soll sein, dass die Mittel ganz klar dazu ausreichen, dem Verfassungsauftrag, dem Bedarf, der Kostenentwicklung und auch dem volks- und finanzwirtschaftlichen Nutzen denkmalschützerischer Maßnahmen gerecht zu werden.

Herr Kollege!

Das ist im Augenblick nicht der Fall. Dafür werden wir in den Ausschussberatungen und –

Herr Kollege!

– auch in der von uns beantragten Anhörung kämpfen. – Danke schön, Frau Präsidentin, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, Entschuldigung: Sie kriegen auch eine Redezeitverlängerung. Das war bei mir nicht angezeigt. Vom Kollegen Radlmeier gibt es nämlich eine Zwischenbemerkung.

Herr Kollege Halbleib, wir diskutieren das Thema sowohl im Ausschuss als auch im Landesdenkmalrat schon länger. Sie haben in Ihren Ausführungen gerade angesprochen, dass die SPD da schon vor Jahren einen Gesetzentwurf eingebracht habe. Bloß hat dieser Gesetzentwurf einen Haken gehabt: Da ist es nur um eine Belohnung gegangen. Sie haben bei diesem Gesetzentwurf, den Sie, glaube ich, 2014 eingebracht haben, nicht an den Ausgleichsanspruch der Grundstückseigentümer gedacht. Das ist im neuen Gesetzentwurf jetzt eben mit drin. Darum konnten wir Ihrem Entwurf damals auch nicht zustimmen. Was sagen Sie dazu? – Ihr Gesetzentwurf damals war gut, aber nicht ganz durchdacht. Da hat eben was gefehlt.

Das war der Grund dafür, dass Sie beim Schatzregal zwanzig Jahre lang geschlafen haben, zwanzig Jahre lang nichts gemacht haben und zwanzig Jahre lang diesen Zustand, den der Minister heute beschrieben hat, hingenommen haben? – Ich beschreibe den Zustand noch einmal: Etwa eine Milli

on archäologische Objekte werden jährlich aus dem bayerischen Boden gegraben. Sie haben als Regierungsfraktion, aber auch als Staatsregierung zugeschaut. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Anstatt beckmesserisch an unseren Gesetzentwürfen und Anträgen rumzubasteln: Hätten Sie doch selbst mal etwas auf den Weg gebracht – und zwar zur rechten Zeit, vor Jahren schon! Das wäre notwendig gewesen. Es ist doch ein Offenbarungseid, dass es jetzt erst kommt, obwohl wir es seit langen Jahren gebraucht hätten. Danke schön, Herr Kollege Radlmeier, dass ich das noch einmal deutlich machen konnte.

(Beifall bei der SPD – Margit Wild (SPD): Sehr gut!)

Als Nächster spricht der Kollege Sebastian Körber für die FDP-Fraktion.