Protokoll der Sitzung vom 26.04.2023

Also selbst das Verkehrsministerium räumt ein, dass in den nächsten Jahren teure substanzverbessernde Maßnahmen erforderlich sind, um den Zustand der Straßen nachhaltig zu verbessern. Wie viel Geld dafür genau notwendig sein wird, konnte man nicht sagen.

Wir haben aber eine Anfrage aus dem Jahr 2018 ausgegraben. Da hieß es: Bei einer ähnlichen Kilometerzahl ohne Brücken usw., bräuchte man in Bayern etwa 908 Millionen Euro allein für den Straßenbau. Inzwischen ist es aufgrund der gestiegenen Baupreise sicher mehr.

Bei der Schiene schaut es auch nicht besser aus. Die Experten nennen den Zustand des Schienennetzes in Bayern katastrophal. In den kommenden Jahren soll ja der Regionalverkehr gestärkt werden. Dazu braucht es dann noch mehr Geld.

Für das, was hier benötigt wird, sind wirklich astronomische Zahlen herausgekommen. Der Freistaat bräuchte in den kommenden acht Jahren von der Bundesregierung insgesamt 25 Milliarden Euro, also mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr.

(Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Themaverfehlung!)

Das ist auch deutlich mehr, als der Bund für uns bisher überhaupt vorgesehen hat.

(Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Themaverfehlung!)

Ich spreche es nur an. Wissen Sie, Herr Kollege, viele Menschen reisen mit dem Zug und erleben dort immer mehr Funklöcher. Man kann nicht störungsfrei telefonieren, geschweige denn irgendwelche Daten abrufen und arbeiten. Man muss eines ganz klar sagen: Eine bessere Netzabdeckung wird bei diesem ganzen Konzept in Bayern ein reiner Wunschtraum bleiben.

(Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Themaverfehlung!)

Wie soll denn bitte schön ein Hightechland funktionieren, wenn es am Fundamentalsten, an der Netzabdeckung fehlt und man oft auf ganzen Strecken überhaupt kein Internet hat? Wir können aber schon froh sein, wenn in Bayern überhaupt ein Zug fährt – und vielleicht sogar mal pünktlich.

(Beifall bei der AfD – Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Themaverfehlung!)

Das ist die unschöne Ausgangssituation, in der wir uns in Bayern tatsächlich befinden. Die im Verhältnis zu den vor uns liegenden Aufgaben tatsächlich recht bescheiden anmutenden Ideen unseres Ministers Blume werden daran nicht viel ändern.

Mein Kollege Ingo Hahn wird im Anschluss noch auf weitere Einzelpunkte eingehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Robert Brannekämper (CSU): Wir sind erschüttert! – Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Themaverfehlung!)

Das Wort hat nun Dr. Hubert Faltermeier von der Fraktion der FREIEN WÄHLER.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrter Herr Staatsminister Blume, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon beschämend, wie kleinkariert in den letzten Reden der Opposition bei diesen großen Themen nach Fehlern gesucht wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wenn von Straßenbau, von Infrastruktur die Rede ist – –

(Zurufe von den GRÜNEN: Oje!)

Ja, ich hätte Sie hören mögen, wenn 3,5 Milliarden in Straßen, in Schienenverkehr investiert worden wären, aber nichts in Forschung und Entwicklung und in Brainstorming. Das kann doch nicht sein!

Meine Damen und Herren, ich glaube, die Veränderungen, die uns bevorstehen, sind deshalb so essenzieller Art, weil sich die Welt heute schneller und nicht mehr so progressiv, sondern oft disruptiv entwickelt. Wir müssen uns deshalb fragen: Wie wollen und wie können wir auf diesen Wandel reagieren, wie können wir gestalten? – Das betrift auch Straßen, aber – bei Gott – nicht nur Straßen. Wenn wir

Veränderungen mutig als Chance verstehen, können wir gemeinsam für jeden von uns neue, bessere Möglichkeiten schaffen. Gerade der technische Fortschritt bietet doch Chancen für Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

Natürlich wünschen wir uns alle, die wir hier sind, dass Bayern ein Hightechland ist und bleibt und in der Weltspitze mitspielt – beispielsweise bei KI, Quantentechnologie, Supercomputing und auch bei Wasserstoff- und Klimatechnologie. Da geht es nicht allein um Wirtschaft und um Arbeitsplätze – so wichtig sie auch sind. Bei den Antworten geht es um gesamtgesellschaftliche Fragen, um Mobilität, um Energie und Klima, um Digitalisierung und um Sicherung der Versorgungsketten.

So ist es klar, dass eine kraftvolle Förderung der Forschung und Entwicklung von Schlüsseltechnologien zwingend notwendig ist, damit wir Bayern unsere Heimat heute und in Zukunft lebenswert und auch konkurrenzfähig halten.

Der Freistaat Bayern hat im Jahre 2019 mit dem Programm Hightech Agenda Vorbildliches geleistet. Der Weg kann sich sehen lassen, die Mittelausstattung auch. Die Hightech-Agenda-Offensive ragt national und international, glaube ich, weit heraus.

Schon im Dezember erfolgte dann – auch unter den unseligen Vorzeichen von Corona und weiteren Krisen – mit der Hightech Agenda Plus eine beschleunigte Umsetzung von Maßnahmen, die zunächst erst für spätere Jahre vorgesehen waren. Der Umfang wurde mehrfach genannt: 3,5 Milliarden Euro. Auch bei der Mittelverteilung hat man die richtigen Schwerpunkte gesetzt: 250 Millionen für die bayerische Wirtschaft, auch für Start-ups und Gründerzentren; 100 Millionen für Air Mobility und die Entwicklungen neuartiger Transportlösungen, Glasfaseranbindungen und den weiteren Ausbau von 5G. Natürlich sollten wir weiter sein, aber wir sind auf einem guten Weg. 50 Millionen gibt’s im Rahmen der HTA für die Stärkung und den Ausbau der Technologiekompetenzzentren und für Wasserstofftankstellen. Wichtig sind auch weitere Investitionen für das gesamte Wasserstoffbündnis.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, wenn hier von den GRÜNEN angeprangert wird, dass Bayern Wasserstoff propagiert – was tun Sie denn im Bund?

(Zuruf der Abgeordneten Verena Osgyan (GRÜNE))

Doch genau dasselbe! Beide sind da auf dem richtigen Weg. Sie sollten da nicht mit Fingern einseitig auf Bayern zeigen, sondern Beifall klatschen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Meine Damen und Herren, auch noch einige Worte zu den Hochschulen: Mit der HTA wurde kräftig in die Hochschulen investiert. Da wird kritisiert, dass der Ausbauzustand der Hochschulen in bautechnischer Hinsicht verbesserungsfähig ist – ja, das ist der Fall. Aber wichtiger ist, dass in Köpfe, in Stellen, in Professoren und Professorinnen und auch in den Mittelbau investiert worden ist. Und das ist geschehen, meine Damen und Herren:

In über tausend Stellen ist investiert worden, tausend Stellen für Professoren und Professorinnen mit richtiger Schwerpunktsetzung. Auch als hochschulpolitischem Sprecher unserer Fraktion ist mir ein Anliegen, dass Studienangebote, Lehrqualität und Forschungsexzellenz nachhaltig gestärkt wurden. Unsere Hochschulen sind Lieferanten der zukünftigen Arbeitnehmer, der Geisteskräfte von morgen. Da ist der Grundstein gelegt, nicht nur für die Hochschulen, gerade auch für unsere Bürgerinnen und Bürger.

Lieber Kollege Brannekämper, mit dem Hochschulinnovationsgesetz ist uns ein großer Wurf gelungen. Viele offene Fragen zur Stärkung der Hochschulen sind gelöst worden. Dabei begründet das HIG auf allen Ebenen den Anspruch, vielfältig in die Gesellschaft hineinzuwirken, aber auch im Rahmen der Lehre und Forschung sowie durch Wissenschafts- und Technologietransfer zu einer sozialen, ökologischen, ökonomischen, kreativen und technologischen Entwicklung beizutragen.

Uns FREIEN WÄHLERN ging es auch darum, dass nicht nur die technischen Fragen gelöst werden, sondern dass auch die Verwertung und Nutzbarmachung des Wissens für die Bevölkerung augenscheinlich wird. Unser Ziel ist es, den gesamtgesellschaftlichen Innovationsprozess durch eine gezielte Wissenschaftsförderung zu ermöglichen und unter diesem Vorzeichen eine nachhaltige, soziale und demokratische Gesellschaft auch innerhalb des Hochschullebens zu erwirken, sprich: eine Beteiligung aller Kräfte im Hochschulbereich. Mit dem HIG ist es uns gemeinschaftlich gelungen, die demokratische Struktur im Hochschulbereich zu stärken; denn Hightech hat immer eine gesellschaftliche und soziale Komponente.

Wir FREIE WÄHLER sind auch froh, dass Campusse für Forschung, Anwendung, Assistenzrobotik und KI im Bereich der Pflege – der Vorwurf der GRÜNEN geht da einfach fehl – nicht nur im MINT-, im Technikbereich, sondern gerade auch im gesellschaftlichen Bereich der Pflege und Gesundheit gewünscht wurden. Denn 5 Millionen und 14 Stellen sind vorgesehen, um im gesellschaftlichen Bereich bei der Bewältigung zentraler Herausforderungen zu wirken.

Ich bin natürlich auch stolz, dass der Medizincampus Niederbayern unter Federführung der Uni Regensburg auf den Weg gebracht worden ist und dass die regionalen Kliniken Passau, Deggendorf, Straubing und Landshut eingebunden sind, die Medizinfakultät in Augsburg ausgebaut wird und der Medizincampus in Oberfranken aufblühen wird.

Lassen Sie mich zuletzt noch ein paar Worte zu Kooperation und Wissenstransfer sagen. Die Offensive Hightech Transfer Bayern mit 15 Technologietransferzentren wirkt. Meine Damen und Herren, sie wirkt nicht nur in Großstädten, sondern gerade auch in den ländlichen Regionen. Darauf haben wir Wert gelegt. Deshalb können wir mit dieser Offensive froh, glücklich, dankbar und auch zuversichtlich in die Zukunft schauen. – Mein besonderer Dank gilt Ihnen, Herr Staatsminister Blume, und Ihrem Vorgänger, aber auch dem Wirtschaftsminister und seinem Staatssekretär, die sich pragmatisch für die Weiterentwicklung der Gesellschaft, der Forschung und der Wirtschaft eingesetzt haben. Bayern wird weiterhin blühen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Bitte bleiben Sie noch am Rednerpult, Herr Kollege. – Es gibt noch eine Meldung zur Zwischenbemerkung des Abgeordneten Singer von der AfD-Fraktion.

Geschätzter Herr Kollege Faltermeier, Sie haben in Ihrer Rede jetzt durchaus eingeräumt, dass die Bausubstanz an unseren Unis und Hochschulen zumindest in Teilen verbesserungsfähig ist; es gibt auch die entsprechenden Zahlen. Sie reden von 5 Milliarden Euro; eher wären 7 Milliarden erforderlich, um unsere Unis zu ertüchtigen. Sie haben jetzt aber argumentiert, es sei wichtiger, in die Köpfe zu investieren. Ich glaube, das haben Sie so gesagt: Es sei wirklich wichtiger oder besser, in die klugen Köpfe zu investieren. – Ich sehe das anders: Ich bin der Meinung, dass das schon ausgewogen sein muss.

Die klugen Köpfe brauchen auch eine gute Bausubstanz, also hervorragende Unis, die in einem guten Zustand sind, um dort arbeiten zu können. Sie brauchen auch einen Raum, in dem man sozusagen arbeiten kann, ohne – um es ganz klar zu

sagen – dass es reinregnet und ohne dass der Putz von den Wänden fällt. Ich bin der Meinung, hier gibt es viel zu tun. Die Bausubstanz ist auch energietechnisch in vielen Bereichen zu ertüchtigen. Da muss auch der Staat Vorreiter sein. Warum wollen Sie dort kein Gleichgewicht herstellen? Wieso wollen Sie allein auf die klugen Köpfe setzen?

Sie haben vom Straßenbau gesprochen; das war mein Ansatzpunkt. Ich gebe aber natürlich zu, dass auch in die Bausubstanz viel investiert werden muss. Es wird auch investiert, aber wenn Sie mich direkt fragen, wo ich den Schwerpunkt sehe, dann sage ich Ihnen: Ich sehe ihn bei Investitionen mehr in Menschen, in Verstand, in Geist und in die Dynamik als in die Sanierung der Bausubstanz. Das ist meine Meinung. Es gilt aber: Das eine tun und das andere nicht lassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Das Wort hat nun der Kollege Christian Flisek von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! "Hightechland Bayern – Unsere Mission: Zukunft dahoam!" lautet der Titel der Regierungserklärung. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Als ich letzte Woche die Ankündigung bekam, dass Sie, Herr Staatsminister Blume, unter dieser Überschrift heute hier eine Regierungserklärung im Parlament geben wollen, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Immerhin erklärt sich die Bayerische Staatsregierung jetzt schon das dritte Mal zum Thema Hightech Agenda; das ist erstaunlich; denn zieht man alle coronabedingten Regierungserklärungen ab, dann hat die Staatsregierung nahezu ein Viertel ihrer Regierungserklärungen der Hightech Agenda gewidmet.

Bis zu Ihrer Rede gerade eben war ich gespannt, ob uns heute etwas substanziell Neues präsentiert wird; denn nach meinem Verständnis dient eine Regierungserklärung dazu, das Handeln der Regierung entweder anlässlich grundsätzlich politischer Kurswechsel zu erklären oder neue Projekte anzukündigen.

(Hans Herold (CSU): Hat er doch gemacht!)

Heute konnten wir wieder einmal sehen, dass die Staatsregierung das Instrument der Regierungserklärung vor allem dazu nutzt, den sich abzeichnenden Landtagswahlkampf auch von der Regierungsbank aus ins Parlament zu tragen.

(Beifall bei der SPD)