Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Der weiß aber auch: Die Vielzahl der jüngst neu gestarteten Projekte braucht nicht nur die Absicherung des Starts, sondern braucht Verlässlichkeit für die weitere Entwicklung. Hierauf müssen wir in der nahen Zukunft einen zusätzlichen Schwerpunkt legen. Wir werden diesem zusätzlichen Schwerpunkt das nötige Gewicht geben, und zwar nicht erst am Ende der Legislaturperiode.

Ein zweiter Punkt: Bayern bekennt sich zum bipolaren Hochschulsystem, zu den Profilen von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Wir bekennen uns auch zur Dynamik dieses Systems. Diese Dynamik hat die HAWen noch weit mehr erfasst als die Universitäten. Das zeigen schon die absoluten und proportionalen Zuwachszahlen, bei den HAWen mit einer Übererfüllung bei den Studenten von im Durchschnitt 133 % im ersten Semester. Zum anderen müssen die HAWen den drastischen Entwicklungen in den Wertschöpfungsketten, gerade beim Mittelstand, in der Hochschulausbildung, in angewandter Forschung und Entwicklung sowie beim Technologietransfer besser entsprechen und noch stärker innovativer Partner sein. Das erfordert sowohl beim Personal als auch beim forschungsunterstützenden Personal und in der Hochschulverwaltung wie auch bei der apparativen und räumlichen Ausstattung spürbare Schwerpunktsetzungen. Diese Schwerpunktsetzung muss nach meiner Ansicht rasch erfolgen. Mit dem Ausbau von 90 Forschungsprofessuren an den HAWen in Bayern haben wir einen ersten wichtigen Schritt in dieser Richtung gesetzt; weitere werden folgen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Denn die Themen Künstliche Intelligenz, Robotik und Pflege – der Ministerpräsident hat dazu heute schon viel gesagt – werden wir nur gestalten können, wenn wir sie auch anpacken. Das wird auch das Thema für zukünftige Arbeitsplätze und Innovationskraft unseres Landes sein, die wir sichern müssen.

Ein weiterer Aspekt ist die staatliche Haushaltspolitik. Wenn sie sich recht versteht, ist sie nicht bloßer Geldverteiler und auch nicht Financier von Projekten, sondern hat sie politischen Gestaltungswillen. Der enorme finanzielle Mittelzuwachs im Hochschulbereich ist deshalb mit zwei klaren Botschaften verbunden:

Erstens. Die Hochschulen müssen das Thema Kooperation ernster nehmen. Ich sage: deutlich ernster nehmen! Das umfasst die Studiengangsentwicklung und die Studiengangsdurchführung nicht minder als die Zusammenarbeit bei Infrastruktur, in Verwaltungsfragen, bei der gemeinsamen Nutzung von Forschungseinrichtungen und Strukturen; nicht zuletzt umfasst das auch die Lehren aus der Exzellenzstrategie.

Zweitens. Die von der Staatsregierung, auch durch dieses Haus, seit den Siebzigerjahren durch das Ministerium mit Geschick und effizientem Mitteleinsatz vorangetriebene Regionalisierung unserer Hochschullandschaft liefert täglich den Beweis ihrer Richtigkeit. Nachahmermodelle in vielen Teilen Deutschlands sind dafür der nachdrücklichste Beleg. Gleichzeitig gilt aber auch: Wir sprechen von Regionalisierung. Damit meinen wir auch die Regionen und nicht die Hälfte einzelner Kommunen oder Landkreise. Anders ausgedrückt: Die Differenzierung unserer Regionalisierungsstrategie hat ihren Endpunkt erreicht. Wir werden das von der Staatsregierung Beschlossene umsetzen, aber dann ist auch das Ende der Fahnenstange erreicht.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Denn eines darf nicht passieren: Es darf nicht zu einer weiteren Zersplitterung der Hochschullandschaft kommen. Konzentration auf Bestehendes, qualitative Steigerung des Bestandes, wo es sein muss auch die kritische Überprüfung mancher Standortentscheidung – das muss der politische Gradmesser sein!

(Beifall des Abgeordneten Dr. Wolfgang Heubisch (FDP))

Lieber Kollege Heubisch, lieber Wolfgang, dann ein Punkt, der mich wundert: Ich frage mich, ob die FDP Zeitung liest. Am 3. Mai gab es einen zukunftsweisenden Beschluss in Berlin. Mit den beschlossenen Hochschulpakten – "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken", "Innovation in der Hochschullehre", "Pakt für Forschung und Innovation" – und der DFG-Programmpauschale werden in den nächsten fünf Jahren zusätzlich über 2 Milliarden Euro in die Wissenschaft nach Bayern fließen. – 2 Milliarden Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein Riesenerfolg für unsere Universitäten und unsere Hochschulen im Freistaat.

(Beifall bei der CSU)

Die Verhandlungen – wer das mitverfolgt hat, der weiß das – waren nicht einfach, und so danke ich herzlich unserem Staatsminister Bernd Sibler und seinem Amtschef im Wissenschaftsministerium, die mit großem Verhandlungsgeschick und Fingerspitzengefühl einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, dass der Durchbruch erzielt werden konnte und diese Verhandlungen mit großem Erfolg abgeschlossen werden konnten. Das ist für den Wissenschaftsstandort Bayern ein toller Tag gewesen. – Lieber Bernd, an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt im Schnelldurchgang noch einmal: Sie sagen, die Studentenwerke machen zu wenig. – Ja, sie haben eines zu wenig, Herr Kollege Flisek: Sie haben keine Grundstücke, die ihnen die Stadt zur Verfügung stellt; das bräuchten wir dringend. Ansonsten läuft aber eine ganze Menge; ich kann es Ihnen kurz herunterbeten: Olympisches Dorf – dieser Stufenbau – wird saniert bis 2022, Weihenstephan zweiter Bauabschnitt, Weihenstephan vierter Bauabschnitt, Studentenstadt Haus 6, Chiemgaustraße, Kaulbachstraße, Schwere-Reiter-Straße, Studentenstadt

Haus 11, Studentenstadt Haus 10, Studentenstadt Haus 5. Da ist eine Menge am Laufen, aber es fehlt an Grundstücken, und die müsste uns die liebe Landeshauptstadt zur Verfügung stellen.

Der nächste Punkt ist noch einmal das Thema Lehrbeauftragte. Liebe Leute, erst einmal muss man unterscheiden – das haben Sie gemacht –, wer an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und wer an den Musikhochschulen unterrichtet. Aber, lieber Herr Flisek, Sie können halt für die Bassposaune nicht eine eigene Professur einrichten. Das geht nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD) und Thomas Gehring (GRÜNE))

Er hat gesagt, man muss Stellen schaffen. Das geht aber gerade an den Musikhochschulen nicht.

(Zuruf)

Lass‘ mich kurz fertigreden, lieber Kollege! – Man wird nicht für jedes Instrument eine Stelle schaffen können. Das ist der Punkt.

Jetzt kommt der zweite Punkt: Selbst wenn man Stellen schafft, muss man die Bestenauswahl treffen. Ich sage Ihnen heute schon voraus, dass es am Schluss des Tages das große Erwachen geben wird, wenn viele der jetzigen Lehrbeauftragten am Schluss keine Stellen bekommen. Dann haben sie nämlich gar nichts mehr. Eigentlich soll das ein Nebenjob sein, eine Nebentätigkeit und keine hauptberufliche Tätigkeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts des gigantischen Haushalts, den wir heute beschließen, muss man sagen, dass am Schluss eigentlich jubelnder Posaunenklang notwendig ist und kein gedämpfter Trommelwirbel, wie ihn die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition darbieten. Ich bedanke mich noch einmal herzlich bei Herrn Staatsminister Sibler und allen Mitarbeitern im Ministerium, den Kollegen von den FREIEN WÄHLERN und der CSU-Landtagsfraktion, in erster Linie auch bei dem Berichterstatter Johannes Hintersberger im Haushaltsausschuss, und bitte um Zustimmung zum Einzelplan 15.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Kollege Brannekämper. – Ich darf als nächste Rednerin Frau Kollegin Anne Franke von der Fraktion der GRÜNEN aufrufen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im letzten Herbst hat das Kabinett 700 Millionen Euro für das Raumfahrtprogramm "Bavaria One" beschlossen. Kürzlich verkündeten Sie, Herr Minister Sibler, Bayern solle sich zu einer Vorreiterregion für Luft- und Raumfahrt entwickeln. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Glück wurden die Raumfahrtpläne zumindest in diesem vorliegenden Doppelhaushalt massiv auf vorerst 30 Millionen Euro eingedampft. Bei aller Begeisterung für Hochtechnologien sollten wir doch lieber auf dem Boden der Tatsachen bleiben und uns um unseren Planeten kümmern, anstatt abzuheben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNE fordern, die Zuschüsse zur Förderung von Luft- und Raumfahrttechnologien weiter massiv zu kürzen. Das Geld ist besser dort aufgehoben, wo Forscher an Hochschulen und außerhalb der Universitäten an zukunftsweisenden nachhaltigen Lösungen für Umweltschutz, Artenschutz und Klimaschutz arbeiten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt ist: Klimawandel und Artensterben sind Vorboten dafür, dass unser Planet massive Probleme bekommt, die – und ich betone hier in Haushaltsberatungen einmal nur die finanzielle Seite – auch für unseren bayerischen Haushalt unendlich teuer werden, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern.

Wir brauchen dringend vernünftige Handlungskonzepte, die nicht auf Träumen, sondern auf gesichertem Wissen basieren. Wir brauchen Forschungsinvestitionen, die dem Ziel dienen, die fortschreitende Klimaerhitzung zu stoppen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen beispielsweise dringend die Entwicklung klimaneutraler Antriebstechnologien und klimaneutraler Mobilitätssysteme fördern.

Mit unseren Haushaltsanträgen hatten wir – lassen Sie mich das als forschungspolitische Sprecherin sagen – auch die außeruniversitäre Forschung im Blick, wie das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung – ZAE – um im Bereich Energiespeicherung und Effizienz schneller zu wichtigen Innovationen zu kommen. Gerade an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und angewandter Industrieforschung ist Unterstützung sehr wichtig. Wichtig ist uns auch: Forschungszentren in abgelegenen Landesteilen, zum Beispiel in Selb, müssen gefördert werden.

Ein weiteres drängendes Thema ist der Plastikmüll. Es fehlt immer noch an effizienten Recyclingtechnologien für Kunststoffe aller Art. Hier brauchen wir dringend mehr Forschung; denn Plastik und Mikroplastik wirken sich schon heute negativ auf unsere Umwelt, auf die Artenvielfalt und auf unsere Gesundheit aus. Wir brauchen Forschung auch, um gezielt Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Genau dies haben wir in unseren Haushaltsanträgen leider vergeblich gefordert.

Ein letzter Punkt: Wer sich die aktuellen Zahlen anschaut, der sieht, dass sich die Militärausgaben weltweit und auch in Deutschland immer höher aufschaukeln. Die meisten deutschen Rüstungsunternehmen befinden sich in Bayern. 40 % der deutschen Rüstungsexporte kommen aus Bayern. Wer sich aber anschauen will, welche Bemühungen Bayern unternimmt, um so wichtige Dinge wie Friedensforschung, Friedensförderung und Konfliktprävention zu unterstützen, der sieht, dass hier in Bayern gar nichts passiert, weil die Bayerische Staatsregierung in diesem wichtigen Bereich keinen einzigen Cent investiert.

(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Das stimmt ja nicht!)

Nein, Augsburg wurde das aberkannt. Der Name Friedensforschung darf in Augsburg leider nicht mehr verwendet werden. Deshalb meinen wir: Bayern ist hier im Vergleich zu anderen Bundesländern ganz weit hinten. Sie kennen die anderen – –

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER))

Ja, aber das ist jetzt eine ganz kleine Geschichte. – Wir wollen in Zukunft ändern, dass Bayern da wirklich so weit hinten liegt, und wir wollen uns in dieser Legislaturperiode nachdrücklich dafür einsetzen, dass Bayern auch im Bereich Friedensforschung und Friedensförderung nach vorne kommt und vielleicht spitze wird, wie Sie es offensichtlich auch wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bedanke mich. Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Frau Kollegin. Der Abgeordnete Sandro Kirchner hat sich noch zu einer Intervention gemeldet. – Herr Abgeordneter Kirchner, bitte.

Sehr geehrte Frau Franke, es ist spät am Abend; keine Angst, ich will den Frieden nicht stören,

(Volkmar Halbleib (SPD): Was?)

aber ich würde das schon noch gerne in der Intervention darstellen: Könnte es sein, dass bei Ihnen "Bavaria One" ein bisschen mit "Star Trek", "Krieg der Sterne" oder keine Ahnung was verbunden wird und Sie bei der Luft- und Raumfahrt die Dinge eigentlich gar nicht so richtig einordnen können?

(Beifall bei der CSU)

Sie haben den Klimaschutz angesprochen. Könnte es sein, dass viele Daten, die momentan für die Forschung zur Erreichung der Klimaziele, die definiert werden, und auch für die weitere Perspektive genau deswegen zur Verfügung stehen, weil Luft- und Raumfahrt, zu der auch Satelliten und alles Mögliche gehören, dazu beigetragen haben, dass uns solche sensiblen Messsysteme genau solche Daten liefern können? Ich würde Ihnen schon mit auf den Weg geben, dass Sie nicht in den "Krieg der Sterne" abschweifen, sondern den Technologiefortschritt und die Forschung und Entwicklung, die damit verbunden sind, in den Vordergrund stellen, die gut für Bayern und die gut für unsere Wissenschaft sind.

Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben: Sie tun gerade so, als würde Bayern im Bereich Speichertechnologie gar nichts tun.

Bitte beachten Sie die Redezeit!

Ich empfehle Ihnen, einmal an die FAU nach Erlangen zu gehen. Dort wird sehr viel getan. Es gibt zum Beispiel ein Projekt LOHC, ein Speichermedium. Informieren Sie sich einfach, bevor Sie solche Dinge hier im Plenum behaupten.

(Beifall bei der CSU)