Herr Kollege, ich denke, diese Frage wird in der Koalition in Berlin geklärt. Darüber werden wir in Bayern keine Entscheidung treffen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer viel Bahn fährt, der kennt das lustige Sprichwort: Die Bahn hat vier Hauptprobleme, und die heißen Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Bei diesen vier Hauptproblemen hat es für die Fahrgäste bislang wenigstens eine Entschädigung gegeben. Bei Verspätungen von über einer Stunde hat es eine Entschädigung von 25 % des Fahrpreises und bei einer Verspätung von zwei Stunden eine Entschädigung von 50 % des Fahrpreises gegeben. Das ist ohnehin ein schwacher Trost, wenn Termine nicht eingehalten oder Anschlusszüge nicht erreicht werden können.
Dieser schwache Trost soll den Fahrgästen in Fällen höherer Gewalt jetzt auch noch weggenommen werden. Was ist höhere Gewalt? – Momentan gibt es in der ganzen Region München ein Bahnchaos wegen eines ausgefallenen Stellwerks. Ist das auch höhere Gewalt? Fällt eine zugefrorene Weiche wegen Winterwetter auch unter höhere Gewalt? Am Ende hat womöglich noch der Fahrgast die Beweislast, wenn er eine Entschädigung haben möchte. Meine Damen und Herren, was für ein Unsinn, was für ein Rückschritt!
An diesem Beschluss der EU-Verkehrsminister ist besonders ärgerlich, dass der deutsche Verkehrsminister Scheuer dabei auch noch mitgestimmt hat. Er hat nicht etwa versehentlich mitgestimmt – das kann ja mal passieren –, sondern er hat absichtlich mitgestimmt und diesen Beschluss gegenüber der Presse als "Ausgleich zwischen den Interessen der Fahrgäste und der Eisenbahnunternehmen" verteidigt. Was für ein Schlag ins Gesicht der Fahrgäste! Was für eine Verhöhnung angesichts der verheerenden Pünktlichkeitswerte der Deutschen Bahn und der Bahnen in unserem Land! Meine Damen und Herren, wir GRÜNE wollen die Fahrgastrechte stärken und nicht schwächen.
Wenn bei Sturm Bäume aufs Gleis fallen, wenn Strecken wegen zu viel Schnee unpassierbar sind, dann ist dafür der Netzbetreiber zuständig. Das ist in Deutschland und in Bayern in den allermeisten Fällen die DB Netz. Die DB Netz ist dafür zuständig, die Strecken unter allen Umständen, auch bei schlechtem Wetter, befahrbar zu halten. Genau dieser DB Netz geben Sie und Ihr Verkehrsminister in Berlin einen Freibrief, die Pflege der Strecken weiter zu vernachlässigen. Bedeutet das, dass Winterdienst und Vegetationsrückschnitt nur noch dann möglich sind, wenn die DB Netz gerade Lust dazu hat? – Nein! Die Entschädigungen für Fahrgäste dürfen nicht weiter beschnitten werden. Das EU-Parlament hat recht; es fordert nämlich eine Verdoppelung der Entschädigungen von 25 auf 50 % bzw. bei zwei Stunden Verspätung von 50 auf 100 %. Das ist der richtige Weg, um Druck auf die Eisenbahninfrastrukturbetreiber auszuüben, dass sie die Strecken befahrbar halten.
Sie von der Regierung sagen, Bayern sei ein Bahnland. Sie lassen auf jeden Zug draufschreiben: "Bahnland Bayern". Ich finde, statt Fahrgästen Rechte wegzunehmen, sollten Sie die Infrastrukturbetreiber verpflichten, die Strecken anständig in Schuss zu halten. Sie sagen, dafür ist nicht Bayern, sondern der Bund zuständig. Ja, aber für den Nahverkehr könnten Sie eine vertragliche Beziehung zwischen der
Bayerischen Eisenbahngesellschaft und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen, zum Beispiel der DB Netz, herstellen und damit Druck ausüben, um eine ordentliche Vertragsdurchführung zu ermöglichen. Wir brauchen Verträge, die einen zuverlässigen Bahnverkehr erzwingen.
Hören Sie deshalb auf, uns Bahnfahrer mit dem Streichen von Entschädigungen zu quälen! Sorgen Sie für mehr Fahrgastrechte und für zuverlässigere und pünktlichere Züge!
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der SPD erinnert mich an einen Münzwurf. Jede Münze hat zwei Seiten, die SPD beleuchtet nur eine.
Kommen wir zu den Fakten: Die SPD fordert, der Landtag solle sich für eine Stärkung der Fahrgast- und Verbraucherrechte einsetzen. Da bin ich sofort dabei. Richtig, die Verkehrsminister der EU-Länder haben beschlossen, dass es für Bahnreisende künftig dann keine Entschädigung mehr gibt, wenn ein Zugausfall durch höhere Gewalt zustande kam.
Diese Schwächung basiert auf einem Vorschlag der EU-Kommission, eine Gleichbehandlung von Bahn und anderen Verkehrsunternehmen zu veranlassen; denn Flug- und Busunternehmen müssen keine Entschädigung zahlen, wenn sie die dafür verantwortlichen Umstände nicht vermeiden können.
Folglich hätten Sie mit dem Antrag – wenn Sie es mit der Stärkung der Verbraucherrechte ernst meinen – auch für den Fall Entschädigungen fordern müssen, dass auf Island mal wieder ein Vulkan ausbricht und den Flugverkehr lähmt.
Kommen wir zum zweiten Punkt: Im Ausschuss gab es eine Anhörung zum Schneedesaster. Die Ausschussmitglieder der SPD haben im Sinne Ihres Antrags auch für einen weiteren Bericht zur konkreten Umsetzung der damals genannten Maßnahmen gestimmt. Dieser Bericht ist seit dem 27.11.2019 verfügbar; hier ist er.
Darin stehen elf Einzelmaßnahmen bezüglich der DB Netz AG: eine Großübung am 22.11.2019, die DB Station&Service AG, Umsetzung von sieben Einzelmaßnahmen bei der BOB, die Überarbeitung der Notfallpläne, der Einsatz externer Gutachter durch die BEG und die BOB, um Quantität und Qualität der Wartungsmaßnahmen beim rollenden Material zu überprüfen.
Konnte die SPD das etwa vor lauter Vorsitzendenwahl nicht mehr lesen? – Wahrscheinlich haben Sie dazu die Zeit nicht mehr gefunden. Wir FREIE WÄHLER lehnen den Antrag ab.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Volkmar Halbleib (SPD): Das ist aber eine dünne Behandlung! Eine inhaltliche Auseinandersetzung hätte anders ausgesehen! – Florian von Brunn (SPD): Sie haben völlig an der Sache vorbeigeredet!)
(Beitrag nicht autorisiert) Geschätzte Besucher des Bayerischen Landtags, sehr verehrte Damen und Herren! Wir behandeln den Antrag "Bahnverkehr und Wetter: In Zuverlässigkeit und Winterdienst investieren statt Fahrgastrechte abzuschaffen".
Das Ganze hört sich schon wieder wie ein schlechter Witz an. Noch im letzten Jahr hat das Europaparlament – übrigens völlig zu Recht – bei Verspätungen höhere Entschädigungen für Bahnreisende gefordert. Schließlich sind Bahnfahrten nicht eben billig. Die Bahnreisenden, die zu spät ankommen oder ihr Reiseziel überhaupt nicht erreichen können, sollten darum Geld zurückerhalten. Jetzt wollen die europäischen Verkehrsminister, unter anderem auch der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, ein wahrer Experte für die Verschwendung von Steuergeldern, das glatte Gegenteil.
Bei höherer Gewalt sollen die Reisenden künftig gegebenenfalls sogar leer ausgehen. Die Kritik der Verbraucherverbände, dass damit auch die Rechte der Fahrgäste beschnitten würden, perlt an den Verantwortlichen ab. Die durch diesen Beschluss entstehende Rechtsunsicherheit für die Verbraucher wird völlig ignoriert. Denn wann handelt es sich um höhere Gewalt, und wann herrscht einfach nur etwas schlechteres Wetter?
Das gibt der Bahn fast schon einen Freibrief an die Hand. Ein wenig Eis und Schnee wird dann schon als höhere Gewalt gewertet werden, und die Bahnreisenden haben das Nachsehen; sie müssten dann vor Gericht gehen und klären lassen, ob ihr Zug ausgefallen ist, weil höhere Gewalt vorlag, oder ob die Bahn einfach nicht in der Lage war, mit ein wenig Schnee fertig zu werden.
Zu Anfang dieses Jahres schien selbst die Staatsregierung mit dem Winterdienst der Bahn nicht sonderlich zufrieden gewesen zu sein. Damals wurde von unzureichenden Räumungen gesprochen, die zu den Problemen geführt hätten.
Wir halten es für noch gravierender, dass die Bahn teilweise nicht in der Lage war, all ihre Bahnhöfe vom Schnee zu befreien, sodass Reisende nicht zusteigen konnten. Privatleuten, die den Gehweg vor dem Haus nicht räumen, drohen Strafen. Der Bahn lässt man das quasi so durchgehen.
Wintereinbrüche kommen meist nicht überraschend. Bald steht übrigens wieder einer bevor – oder nicht? Ich bezweifle sehr, dass die Bahn diesmal besser vorbereitet ist. Wir werden das in wenigen Tagen oder Wochen sehen.
Anstatt der Bahn in die Hände zu spielen und sie durch das Scheinargument der höheren Gewalt aus der Verantwortung zu entlassen, sollte man den Winterdienst
optimieren. Nachbarländer zeigen, dass Winterdienst auch bei großen Schneemengen durchaus möglich ist, beispielsweise die vorbildliche Schweiz.
Die Bahn muss zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung ein pünktliches und zuverlässiges Reisemittel bleiben, auf das sich unsere Bürgerinnen und Bürger verlassen können.
Die Ausrede der DB, Verspätungen bei Schneefall seien höhere Gewalt, gegen die man nichts machen könne, darf man absolut nicht gelten lassen. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag grundsätzlich; er geht in die richtige Richtung. – Ich danke Ihnen für die geschätzte Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mich hier im Raum umgucke, kann ich recht wenig Aufsichtsratsmitglieder der Deutschen Bahn erkennen. Ich habe auch den Bundesverkehrsminister noch nicht entdeckt. Manchmal muss man sich bei Anträgen schon fragen, ob diese überhaupt richtig platziert sind, ob wir für diese überhaupt zuständig sind.
(Beifall bei der FDP – Florian von Brunn (SPD): "Sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen"!)
Herr von Brunn, wenn Sie die Managergehälter bei der Bahn beeinflussen wollen, wenden Sie sich doch an Ihre Parteifreundin Kirsten Lühmann, die im Aufsichtsrat der Bahn sitzt. Sie würde Ihnen in der Sache weiterhelfen können.
(Beifall bei der FDP – Florian von Brunn (SPD): Reden Sie doch zur Sache! – Volkmar Halbleib (SPD): Sie wollen sich mit dem Thema nicht befassen!)