Protokoll der Sitzung vom 05.12.2019

Herr Präsident, Frau Staatsministerin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Einführung eines bayerischen Krippengeldes zum 1. Januar 2020 vervollständigt unsere bayerische Familienkoalition ihr durchgängiges Angebot einer sozial gerechten und bedarfsorientierten Betreuung sowie einer qualifizierten frühkindlichen Bildung. Wir bieten allen Kindern unabhängig vom Einkommen der Eltern eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und streben damit auch ein Höchstmaß, lieber Johannes, an Bildungsgerechtigkeit an.

Das bayerische Krippengeld als Ergänzung zum bayerischen Familiengeld ermöglicht im Grunde eine Wahlfreiheit zwischen häuslicher Betreuung und Krippenbetreuung. Es ermöglicht den Eltern auch einen früheren Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Wir haben hier bewusst eine Einkommensgrenze von 60.000 Euro eingezogen – das wurde vorher angesprochen –, die sich pro Kind um 5.000 Euro erhöht. Insofern sind es dann im Grunde 65.000 Euro. Das Durchschnittseinkommen eines Facharbeiters beträgt in Bayern rund 32.000 Euro. Die Einkommensgrenze entspricht also in etwa dem Durchschnittseinkommen von zwei Facharbeitern, sodass das tatsächlich eine gewisse Praxisrelevanz hat; denn dieses Krippengeld soll letztlich – das wurde von dir vorher auch gesagt – im Wesentlichen denjenigen zugutekommen, die aus finanziellen Gründen abwägen, ob sie ihr Kind in einer Krippe bzw. in einer Einrichtung der Kindertagespflege betreuen lassen.

Nach der Einführung des Krippengeldes zum 1. Januar 2020 sind eigentlich alle mindestens ein Jahr alten Kinder bzw. die Kinder, die ab dem 1. Januar 2017 geboren sind, anspruchsberechtigt, deren Eltern die Einkommensgrenze nicht überschreiten. Dieser Anspruch – es ist wichtig, darauf hinzuweisen – gilt auch für Pflegeeltern und Adoptiveltern; in anderen Bereichen haben wir darüber ernsthaft diskutiert.

Wichtig ist uns auch – und das zeigt wieder die Sozialkompetenz der Bayerischen Staatsregierung –: Die Anrechnungsfreiheit auf existenzsichernde Leistungen ist berücksichtigt. Das ist ein sehr wesentlicher Punkt, der mittels dieses Gesetzentwurfs gewährleistet ist.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Becher (GRÜNE))

Im Jahr 2020 stehen für diese Beitragsentlastung 105 Millionen Euro im Einzelplan 10 des Haushalts zur Verfügung. Wenn man die Beitragsentlastung für die Kinderbetreuung insgesamt sieht, addiert sich das auf 870 Millionen Euro. – Das Krippengeld wird dann auf Antrag vom Zentrum Bayern Familie und Soziales gewährt.

Heute habe ich das zwar noch nicht gehört, aber im Ausschuss und bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs wurde der Vorwurf erhoben, mit der stichprobenartigen Überprüfung sei eine Art Kriminalisierung von Beitragsempfängern mit der Maßgabe von horrenden Rückforderungen – es wurde eine Größenordnung von 5.000 Euro genannt – verbunden. Ich glaube, das lässt sich sehr leicht entkräften. Einkommensüberschreitungen können im Grunde durch eine nachträgliche Erklärung dargestellt werden; das ist dann kein Problem. Zum Zeitpunkt der Antragstellung muss auch gar kein Einkommensnachweis geführt werden, weil zum Teil noch nicht absehbar ist, was im Laufe des Jahres verdient wird. Es genügt eine förmliche Erklärung, die nicht überprüft wird, bzw. es werden nur Stichproben durchgeführt. Insofern gibt es hier also kein Problem.

Wir hatten, als wir in Bayreuth beim Zentrum Bayern Familie und Soziales waren, auch hinterfragt, wie in den anderen Fällen vorgegangen wird, und man hat uns gesagt: kein Problem. – Es gab hier auch keine Präzedenzfälle. Insofern glaube ich, dass dieses Thema vorbei ist.

Die GRÜNEN – wir haben es jetzt wieder gehört – versuchen stets, die Beitragsfreiheit bzw. die Beitragsentlastung einer ausbleibenden Qualitätsverbesserung gegenüberzustellen. Das ist falsch, und es ist auch unfair; denn das stimmt nicht.

(Zuruf)

Zum einen arbeiten wir konsequent an der Qualitätsverbesserung. Zum anderen stehen die zusätzlich benötigten Fachkräfte in diesem Umfang nicht zur Verfügung. Auch wenn wir 100 Millionen Euro mehr hätten: Geld allein kann Menschen nicht ersetzen. Jeder hier in diesem Hause sollte das kapieren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf der Abgeordneten Doris Rauscher (SPD))

Der Fachkräftemangel herrscht bei uns in Deutschland und insbesondere in Bayern nicht nur im Pflege- und Erziehungsbereich, sondern in der gesamten bayerischen Volkswirtschaft. Die Bayerische Staatsregierung hat ein Fünf-Punkte-Programm zur Fachkraftoffensive auf den Weg gebracht.

Noch 15 Sekunden!

Das Bündnis für frühkindliche Bildung – – Wir werden im nächsten Plenum auch noch einmal die Vergütung und diese Themen ansprechen. All das ist auf den Weg gebracht. Insofern geht dieser Vorwurf an uns an der Wirklichkeit vorbei.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege!

Zum Änderungsantrag noch kurz: – –

Nein, die Redezeit ist zu Ende.

Okay.

Ich bedanke mich. Ich habe gesagt, dass ich heute streng bin, weil wir uns an die Zeitvorgaben halten wollen. Sie haben jetzt allerdings zwei Zwischenbemerkungen zu beantworten und dürfen von daher am Redepult stehen bleiben; vielleicht deckt sich das zufällig mit der Frage, die noch kommt. – Herr Swoboda macht die erste Zwischenbemerkung. Herr Abgeordneter Swoboda, bitte schön!

Sie sagten soeben zur sogenannten nachgelagerten Einkommensklärung – es ist tatsächlich so, wie Sie sagten: Die Höhe ist unklar zum Zeitpunkt des Antrags –, dass es einer Erklärung bedarf, die dann aber nicht überprüft wird. Habe ich Sie diesbezüglich richtig verstanden, und halten Sie das für sinnvoll?

Herr Swoboda, Sie haben das richtig verstanden, ich kann das aber noch differenzieren. Es ist tatsächlich so, dass eine Einkommenserklärung ausreicht, wobei es – das steht auch im Gesetz – einen Stichprobenschlüssel von circa 10 % gibt. Einerseits ist das eine Überprüfung, um zu gewährleisten, dass das nicht missbraucht wird. Andererseits kann aber jemand, der im Nachhinein feststellt, dass er über die Grenze gekommen und deshalb nicht bezugsberechtigt ist, das nachträglich erklären kann. Somit fallen keine Sanktionen oder Ähnliches an. Das ist das vereinfachte Verfahren, das in Bayreuth so gehandhabt wird.

Bitte bleiben Sie am Redepult. Sie sind ein gefragter Mann; es gibt eine weitere Zwischenbemerkung von Herrn Abgeordneten Becher. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Kollege, Sie haben das Thema der Anrechenbarkeit angesprochen. In der Begründung heißt es klar – ich zitiere –:

Anspruch auf den Zuschuss nach Art. 23a hat nur derjenige, der den von der jeweiligen Kindertagesbetreuung erhobenen Beitrag tatsächlich trägt. Das Krippengeld wird demnach nicht gewährt, wenn andere Behörden vergleichbare Leistungen für die Betreuung [...] tatsächlich gewähren.

Das bedeutet nichts anderes, als dass gerade die sehr einkommensschwachen Familien, bei denen der Beitrag sowieso von der wirtschaftlichen Jugendhilfe übernommen wird, von diesem bayerischen Krippengeld gar nichts haben. Sie hätten aber etwas davon, wenn die Rahmenbedingungen besser wären, wenn wir mehr Fachkräfte hätten. Davon hätten alle Kinder etwas.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke.

Darauf lässt sich relativ einfach antworten. Wenn das schon bezahlt wird, wenn das nichts kostet, braucht man keinen zusätzlichen Zuschuss zu gewähren. Das erklärt sich aus der Situation heraus.

Noch einmal: Immer Entlastung und Qualitätsverbesserung gegeneinander auszuspielen, ergibt keinen Sinn. Wir wollen die Fachkräfte. Wir müssen sie gewinnen.

Das ist alles richtig. Das geht aber nicht von heute auf morgen, weil die Leute nicht da sind.

Vielleicht eines noch: In den letzten zehn Jahren hat sich in Bayern die Zahl der Betreuenden, der Kindergärten usw. verdoppelt. Auch die Zahl der Ausbildungsplätze hat sich verdoppelt. Niemand kann sagen, dass nichts passiert ist. Wir müssen uns noch mehr anstrengen; darüber sind wir uns einig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich bedanke mich herzlich, Herr Abgeordneter Häusler. – Als nächsten Redner darf ich Herrn Abgeordneten Jan Schiffers von der AfD-Fraktion aufrufen. Herr Abgeordneter Schiffers, bitte schön.

(Beifall bei der AfD)

(Beitrag nicht autorisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Einführung eines bayerischen Krippengeldes hat zum Ziel, die beitragsbedingten Zugangshindernisse zu frühkindlicher Bildung und Erziehung abzubauen.

Zunächst einmal zum Aspekt der frühkindlichen Bildung: Frühkindliche Bildung ist eine wichtige Sache. Ich kann mich durchaus dem Dank der Kollegin Stierstorfer anschließen. Die Erzieherinnen und Erzieher in den bayerischen Kindertageseinrichtungen leisten eine gute Arbeit und haben Dank verdient. Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, dass aus meiner Sicht in sämtlichen familienpolitischen Debatten, insbesondere wenn der Begriff der frühkindlichen Bildung auftaucht, die Eltern immer wieder unter den Tisch fallen. Frühkindliche Bildung beginnt zu Hause, man kann sagen: am Tag der Geburt. Auch die Eltern leisten einen ganz wichtigen Beitrag zur frühkindlichen Bildung. Deshalb von mir ein Dank an die engagierten und fürsorglichen Eltern, die in Bayern ganz überwiegend eine tolle Arbeit für ihre Kinder leisten!

(Beifall bei der AfD)

Zum Aspekt der Erziehung, die jetzt auch gefördert werden soll: Auch hier sollen beitragsbedingte Zugangshürden abgebaut werden. Bereits im Rahmen der Ersten Lesung wurde darauf hingewiesen: Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes schreibt fest, dass die Erziehung der Kinder das Recht der Eltern und die den Eltern zuvörderst obliegende Pflicht ist. Die Erziehung jetzt – etwas überspitzt formuliert – auf Kindertagesstätten auszulagern, halten wir verfassungsrechtlich für kritisch und gesellschaftspolitisch für fragwürdig.

(Beifall bei der AfD)

Ein weiterer Aspekt, der von den Befürwortern des Krippengeldes immer wieder ins Feld geführt wird, ist die Wahlfreiheit, also die Freiheit der Eltern zu entscheiden: Schicke ich mein Kind in eine Kindertagesstätte, in eine Krippe, oder betreue ich das Kind in dessen ersten Lebensjahren zu Hause? – Wir haben die Situation, dass durch die Einführung des Krippengeldes eine weitere finanzielle Besserstellung derjenigen erfolgt, die sich für die Fremdbetreuung entscheiden. Sich dafür zu entscheiden, ist völlig legitim. Wie gesagt: Wahlfreiheit ist uns als AfD ein wichtiges Anliegen. Im Vergleich dazu bekommen aber Eltern, die sich für die Betreuung zu Hause entscheiden, unter dem Strich weniger. Es liegt also eine Ungleichbehandlung vor. Schon wegen dieses grundsätzlichen Punktes werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der AfD)

Es wird auch ins Feld geführt, durch die Einführung des Krippengeldes solle der Rechtsanspruch nach § 24 Absatz 2 SGB VIII mit Leben gefüllt werden. Hierzu sei der Hinweis gestattet, dass der Rechtsanspruch vorhanden ist und davon abhängt, dass ausreichend Einrichtungen vorhanden sind, dass ausreichend qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher vorhanden sind. Eine Subventionierung von Beiträgen ist aber nicht hilfreich und auch nicht nötig und aus unserer Sicht auch verfehlt.

Aus den genannten Gründen lehnen wir den Gesetzentwurf ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Abgeordneter Schiffers. – Als nächste Rednerin darf ich Frau Abgeordnete Doris Rauscher von der SPD-Fraktion aufrufen. Bitte schön, Frau Kollegin Rauscher.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon in der Ersten Lesung gesagt: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. CSU und FREIE WÄHLER wollten bei den Krippenbeiträgen eine finanzielle Entlastung für alle Eltern und deren Kinder. Der Gesetzentwurf hierzu bleibt leider weit hinter dieser Absicht zurück. Es wird keine Entlastung aller Eltern geben, denen Sie das versprochen haben. Etwa über 30.000 Eltern werden leer ausgehen; denn es gibt eine Einkommensgrenze, die offensichtlich willkürlich festgelegt ist und leider auch noch sozial ungerecht ist. Sie vergrößern für Familien den bürokratischen Dschungel mit verschiedenen Entlastungsverfahren, je nach Alter der Kinder, je nach Art der Einrichtung, einmal direkt bei den Eltern, einmal über die Träger. Auf jeden Fall ist das nicht wirklich transparent und keine stringente Vorgehensweise hinsichtlich des Zugangs zu beitragsfreien Bildungseinrichtungen.

So sehr ich familienpolitische Leistungen grundsätzlich begrüße, von einem großen Wurf für Familien kann hier nicht die Rede sein. In der Praxis ist Ihr Krippengeld leider unausgegoren, wie leider so viele vonseiten der Staatsregierung ergriffene Maßnahmen in der Sozialpolitik. Anstatt einmal einen wirklichen Masterplan für eine wirklich gut durchdachte Sozialpolitik aufzulegen, bleibt es am Ende immer bei einem Stückwerk. Das Krippengeld ist nur ein Beispiel davon. Viele Themen kommen zu kurz, werden nur halbherzig angepackt oder erfahren schlichtweg keine große Bedeutung.

Die Qualitätsentwicklung in unseren Kitas zum Beispiel hinkt nach wie vor den vollmundigen Ankündigungen hinterher. Statt eines schwungvollen Qualitätsaufschlags mit Rückenwind aus Berlin, der im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes gekommen ist, geht nur ein Bruchteil der Gelder in die Qualitätsverbesserung. Einrichtungsleitungen haben viel zu wenig Zeit für ihre Leitungsarbeit. Deshalb soll es jetzt einen Leitungsbonus geben. Aber auch dieser ist nur ein Stückwerk. Mit Glück reicht er gerade einmal für die Hälfte der Einrichtungen.