Protokoll der Sitzung vom 05.12.2019

(Florian von Brunn (SPD): Dann gute Nacht!)

Mehr ist dazu nicht zu sagen. Wir werden diesen unsinnigen Antrag natürlich ablehnen.

(Beifall bei der CSU, den GRÜNEN, den FREIEN WÄHLERN, der SPD und der FDP)

Der nächste Redner ist der Kollege Martin Stümpfig von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist wahrscheinlich einer der kürzesten Dringlichkeitsanträge, den wir hier im Hause beraten haben. Er ist – in wenigen Worten gesagt – einfach nur gesammelter Unsinn.

Gerade Sie von der AfD wollen demokratische Institutionen schützen. Fangen Sie doch einmal bei Ihrer Organisation an. Ich bringe nur ein paar Zitate aus AfD-Veröffentlichungen: "Wir leben in einem Unrechtsregime", "Doch heute sitzt der Feind nicht außerhalb; wir haben ihn gewählt", "Bundeskalifat NRW". – Die demokratisch gewählte Kanzlerin wird von Ihrer Partei genannt – ich zitiere –: "Extremismuskanzlerin", "Deutschenhasserin", "Kanzlerin der Schande".

Der erste Gesetzentwurf Ihrer Fraktion in diesem Haus, mit dem Sie sich für ein Verbot von Minaretten eingesetzt haben, war eine glatte Missachtung der Religionsfreiheit. Viele von Ihrer Fraktion stehen nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Es ist reiner Hohn, wenn Sie hier heute vom Schutz demokratischer Institutionen sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

"Klima-Alarmismus" ist anscheinend das neue Lieblingswort all derer, die den Klimawandel und die Erdüberhitzung leugnen. Sie von der AfD halten an umweltschädlichen Strukturen zum Schaden der nächsten Generationen fest, zum Schaden von ärmeren Ländern,

(Zuruf von der AfD)

die sich selbstständig nicht ausreichend vor den Folgen des Klimawandels schützen können, zum Schaden von Waldbesitzern und Bauern, die erhebliche Einkommens- und Vermögensverluste erleiden müssen, zum Schaden von noch viel mehr.

Dieser Tage konnten wir aber lesen, dass Deutschland im Jahr 2018 das Land mit den dritthöchsten Klimaschäden war. Immer wieder bezeichnend sind auch die Links, die Sie in Ihren Anträgen angeben, dieses Mal auf ein Interview mit einem Herrn Vahrenholt aus dem Jahr 2012. Sie bezeichnen ihn als Wissenschaftler. Tatsächlich war er hochdotierter Manager beim RWE-Konzern, dem Konzern, der in Deutschland für die höchsten CO2-Emissionen verantwortlich ist. In diesem Interview vertritt Herr Vahrenholt die Auffassung, dass der Klimawandel wesentlich langsamer erfolge und zum größten Teil durch eine erhöhte Sonnenaktivität verursacht werde.

Ihre Bundestagsfraktion hat dieses Jahr eine Anfrage eingereicht, ob denn der Klimawandel tatsächlich vom Menschen verursacht sei. Die Antwort der Bundesregierung war ganz klar. 54.000 wissenschaftliche Artikel wurden in einer Meta-Studie untersucht. Diese Studie ergab, dass 99,94 % der Veröffentlichungen den menschengemachten Klimawandel bejahen – 99,94 %! Ihre Argumentation hinkt vorne und hinten. Fakten interessieren Sie anscheinend nicht.

(Zuruf von der AfD)

Wer die reale Gefahr des Klimawandels und seine Ursachen immer noch leugnet, der schadet unserem Volk, schadet unseren Kindern und allen Menschen auf dieser Erde. – Vielen Dank.

Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Herr Prof. Dr. Hahn hat sich zu einer Intervention gemeldet.

Herr Stümpfig, ist es nicht so, dass Sie Ihren KlimaAlarmismus gegen den Umwelt- und Naturschutz ausspielen? – Ich höre ständig "CO2" und andere Dinge. In Wirklichkeit wird für Ihre Klimapolitik doch die Natur geopfert. Jedes Jahr sind über 200.000 Fledermäuse und Vögel durch Windkrafträder vernichtet worden. Ihre Photovoltaikanlagen bedeuten Flächenfraß und versiegelte Flächen. In Bayern wird Wald für solche Anlagen abgeholzt. Warum bewerten Sie denn Ihren abstrakten Klimaschutz viel höher? Ist dies nicht nur ein Mittel, um die Leute weiter abzukassieren, wie man jetzt bei der CO2-Besteuerung sieht?

(Beifall bei der AfD)

Herr Prof. Hahn, Sie sagen "Ihr abstrakter Klimaschutz". Dazu möchte ich schon sagen: Wir stecken mittendrin. Haben Sie das immer noch nicht erkannt? Wir hatten dieses Jahr an 25 Messstationen in Deutschland Temperaturen von 40 Grad.

(Zuruf von der AfD)

Wir hatten während des gesamten Zeitraums von 1880 bis 2015 diese Marke nur an zehn Stationen jemals überschritten. Wir haben jetzt Temperaturen, die Deutschland nie gekannt hat. Wir müssen darauf reagieren.

Ihre Zahlen, die Sie immer wiederholen, sind nicht fundiert. Das ist alles Fake; das sind keine Fakten.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD)

Danke schön. – Nächster Redner ist Kollege Tobias Gotthardt von den FREIEN WÄHLERN.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollegen von der AfD, eines vorweg: Wer den Klimawandel leugnet, wer Schülerinnen und Schüler diskreditiert und wer Europa infrage stellt, der schützt alles, aber nicht die Demokratie.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Ansonsten möchte ich nur eines sagen und etwas Sachlichkeit in die Debatte bringen: Hitzige Debatten sind für das Klima schädlich, genauso das Hochkochen irgendwelcher Begriffe. Bei einem so wichtigen Thema wie dem Klimaschutz raten wir zu kühlen Köpfen und zu Sachlichkeit und zu ganz konkretem Handeln. Als Bayernkoalition ist es unser Ziel, ganz konkret zu handeln und einen ganz konkreten Fortschritt im gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Wir wollen nicht spalten, wir wollen gemeinsam vorankommen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ganz kurz zu Ihrem Antrag. Sie beziehen sich auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Klima- und Umweltnotstand 2019/2930. Dazu ganz kurz: Es ist wirklich so: Eine Entschließung des Europäischen Parlaments ist weder rechtlich verbindlich noch hat sie irgendwelche Folgen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn wir anfangen würden, wegen jedem Dringlichkeitsantrag der AfD oder jedem hochgezogenen Antrag der AfD den Freistaat Bayern infrage zu stellen, kämen wir nicht weit. Ihre Reaktion auf diese Entschließung ist völlig falsch. Das ist eine Entschließung des Europäischen Parlaments, die aber keine Folgen hat.

Genauso ist es mit dem Begriff des Klimanotstandes – das muss ich einmal in diese Richtung sagen. Wir müssen schon beachten, was Tatsache ist. Der Begriff des Klimanotstandes entstand 2009 bei Demonstrationen in Manchester. Er hat nichts mit dem Notstandsbegriff zu tun, den wir in Deutschland kennen, den unser Grundgesetz kennt und den auch die Bayerische Verfassung in Artikel 48 kennt.

(Florian von Brunn (SPD): Gehen Sie denen nicht auf den Leim!)

Nein. Wir müssen schon ganz ehrlich und ruhig miteinander reden. Ich habe davon gesprochen, dass wir einen gesellschaftlichen Konsens brauchen. Mit Eskalation auf beiden Seiten schaffen wir das nicht. Wir müssen ganz konkret vorangehen. Dazu stehen wir als Bayernkoalition.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich darf Ihnen ganz kurz sagen, was das Dictionary zum Begriff "Klimanotstand" sagt. Es sagt, dass das eine Situation ist, in der dringend gehandelt werden muss, um den Klimawandel abzuschwächen und daraus entstehende Umweltschäden zu verhindern. – Ja; so what? Das tun wir. Das tun wir hier in Bayern, das tut auch die Europäische Union. – Ihre Aufregung ist fehl am Platz. Das Prägen irgendwelcher aufgeregter Begriffe ist auch fehl am Platz. Wir müssen gemeinsam vorangehen, und zwar ganz konkret, sonst geht nichts, sonst schützt keiner das Klima. Wir brauchen konkrete Maßnahmen. Wir machen das. Wir haben ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Wir wollten den Klimaschutz in die Bayerische Verfassung aufnehmen. Da haben Sie nicht mitgemacht. Wir stehen für ganz konkreten Klimaschutz.

Als Letztes zitiere ich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der gesagt hat: Panik war noch nie ein guter Berater. – Vielen Dank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächster Redner ist Kollege Florian von Brunn von der SPD-Fraktion.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! An den Ausführungen von Herrn Hahn hat man gemerkt, dass der letzte Hitzesommer auch an der AfD-Fraktion nicht spurlos vorbeigegangen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich haben wir einen Notstand. Wir müssen uns doch nur die aktuellen Zahlen des Klima-Risiko-Index ansehen, auf die Kollege Martin Stümpfig schon angespielt hat. Diese Zahlen kommen vom weltweit größten Rückversicherer, von der Munich Re. Deutschland lag 2018 bezüglich der Klimaschäden auf Platz drei, und zwar aufgrund des brutalen Hitze- und Dürresommers 2018: 1.246 Todesopfer. Die Ernteverluste lagen laut Bauernverband zwischen 50 und 70 %, teilweise gab es Totalausfälle. Die öffentliche Hand hat mehrere Hundert Millionen Euro an Entschädigungen bereitstellen müssen. Es gab schwere Sturmschäden durch Orkane im Januar und Februar und volkswirtschaftliche Schäden in

Deutschland in Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden Euro allein im letzten Jahr. Wenn das kein Notstand ist!

Die Alarmzeichen mehren sich. Das Auftauen der Permafrostböden hat einen Zustand erreicht, den die Forscher erst für das Jahr 2090 erwartet haben.

(Prof. Dr. Ingo Hahn (AfD): Da haben sich Ihre Forscher vertan, Herr von Brunn!)

Das bedeutet, dass unglaublich viel mehr extrem klimawirksames Methan in die Atmosphäre gelangt. Das soll kein Notstand sein?

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn (AfD))

Die Fraktion der AfD kommt mir vor wie die bekannten Affen, aber nur zwei dieser Affen, nämlich jene, die sich Augen und Ohren zuhalten – leider nicht den Mund. Das wäre eine gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Wer redet hier von Notstand und Gefährdung der Demokratie? – Sehen Sie sich an, was der Flügelführer, der Westentaschenführer Höcke, von der AfD von sich gibt. Er redet davon, dass wir in Deutschland wieder eine Führerfigur brauchen, die intuitiv das Gemeinwohl kennt und der die Menschen instinktiv folgen. Wir wissen doch, was es geschlagen hat. Meine Damen und Herren von der AfD, niemand außer Ihnen kommt im Zusammenhang mit der Klimadebatte auf die Idee eines Umsturzes. Wer von Klimanotstand auf Umsturz und Aushebelung der Demokratie kommt, redet eigentlich über seine eigenen feuchten und üblen Träume. Man nennt das allgemein Projektion. Mit diesen Aussagen verraten Sie mehr über sich als über andere.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Herr von Brunn, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Für eine Zwischenbemerkung hat sich der Abgeordnete Prof. Dr. Hahn gemeldet. – Bitte schön, Herr Hahn.

Herr von Brunn, es ist zwar nicht schön, dass Sie persönlich werden, aber ich habe zumindest den Vizepräsidenten in meiner Rede begrüßt. Das mache ich so; das könnten Sie beim nächsten Mal vielleicht auch tun.

Sie haben die Definition für den Begriff "Klima" leider immer noch nicht gelernt, obwohl wir im Plenum bereits zweimal darüber gesprochen haben, sonst hätten Sie nicht wieder den letzten Sommer angesprochen.