Zum Auskunftsrecht: Es wird wohl kaum einen Bürgermeister geben, der auf berechtigte Fragen keine Auskunft gibt. Aber viele, die genauso wie ich in der Kommunalpolitik tätig sind oder waren, werden wissen, dass es halt Leute gibt, die immer wieder das Gleiche und den gleichen Mist fragen. Irgendwann mal ist es gut. Das sage ich auch klipp und klar. Und sie gehen manchmal auch falsch damit um.
Im Übrigen gibt es ein Organ, das ein uneingeschränktes Einsichtsrecht hat. Das sind die Rechnungsprüfer. Rechnungsprüfer dürfen in alles Einsicht nehmen. Aber sie sind von den Räten, von den Stadt-, Landkreis- und Bezirksräten, extra gewählt. Meistens sind das auch integre Personen, die mit den Daten umgehen können.
Es besteht natürlich auch die Gefahr, dass Daten missbräuchlich verwendet werden. Wenn ich mir Oberfranken ansehe, stelle ich fest: Gerade die Partei, die hier rechts sitzt, ist häufig dabei, diese missbräuchlich zu verwenden. Ich betone deshalb – vor dem Verweis in den Ausschuss –, dass für uns von der SPD eines gilt: Der Schutz der Daten von Bürgerinnen und Bürgern und der Daten von Unternehmen hat allerhöchste Priorität. Da gibt es nichts anderes.
Ich kann abschließen mit den kurzen Worten: Keine Namen, keine Zahlen, keine Daten in falsche Hände, und schon gar nicht in die der AfD.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Alexander Muthmann, FDP-Fraktion. Bitte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Becher, für die anstehenden Pfingstfeiertage empfehle ich, sich ein bisschen mit dem Dalai Lama zu befassen. Man kann sich über so vieles aufregen,
auch über diesen Gesetzentwurf. Das wäre möglich, und du hast das auch gemacht. Ich habe es vermieden. Er ist es nicht wert, es lohnt sich nicht.
Wir – alle meine Vorredner – haben ja darauf hingewiesen, dass wir uns erst im Innenausschuss mit dieser Frage befasst und auch festgestellt haben, dass wir schon in Richtung individuelles Auskunftsrecht nicht nur auf Kreisebene, sondern auch auf den beiden anderen kommunalen Ebenen wollen. Insofern hat mich die Bemerkung vom Kollegen Gibis überrascht, der jetzt doch eine Vorbewertung abgegeben und gesagt hat: Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir keine Änderungen für veranlasst. – Das würde ich für meine Fraktion jetzt nicht sagen wollen. Auch andere Vorredner haben das, glaube ich, anders intoniert.
Wir glauben schon, dass es an der Zeit ist, auch auf der Gemeindeebene und der Bezirksebene über individuelle Informationsrechte nicht nur nachzudenken, sondern sie demnächst auch zu implementieren. Aber wie wir einstimmig alle zusammen auf den Antrag der GRÜNEN hin gesagt haben, machen wir das in dem ohnehin anstehenden Evaluationsverfahren zu den Kommunalwahlen. Dass da die Zielsetzung und auch unsere Überzeugung ist, auch individuelle Rechte zu implementieren, darf ich an dieser Stelle schon sagen. Es wird nicht ganz einfach sein, das dann auch in einem vernünftigen Maße zu begrenzen.
Deswegen sollten wir das demnächst zum Anlass nehmen, in weitere Beratungen einzutreten. Vielleicht können wir da in etwas beruhigterem Rahmen, in etwas ruhigerem Fahrwasser und konzertiert auch eigene Vorschläge vorlegen. Denn die Vorschläge allein dem Innenministerium zu überlassen, ist sicherlich hilfreich und auch konstruktiv – das erwarten wir –, aber, sehr geehrter Herr Staatssekretär, bitte nehmen Sie auch mit, dass die Tendenz – wenn ich das richtig deute – schon war, solche individuellen Rechte auch über die Landkreisebene hinaus zusätzlich zu implementieren, und dass das im Ausschuss durchaus auf Sympathie stößt. Aber ich glaube, das ist dann auch das richtige Verfahren.
Ich mag mich wegen dieses Gesetzentwurfs jedenfalls nicht aufregen. Wir werden ihn ganz ruhig ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Muthmann. Weitere Redner gibt es nicht. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das sehe ich nicht. Dann verfahren wir so.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Horst Arnold, Doris Rauscher, Diana Stachowitz u. a. und Fraktion (SPD) für ein Bayerisches Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und gesellschaftspolitischen Weiterbildung (Bayerisches Bildungsfreistellungsgesetz - BayBiFG) (Drs. 18/15710) - Erste Lesung
Begründung und Aussprache werden nicht miteinander verbunden. Zur Begründung erteile ich Frau Doris Rauscher, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte. – Ich kann noch bekannt geben, dass die Gesamtredezeit der Fraktionen nach der Geschäftsordnung 32 Minuten beträgt. Frau Rauscher, ja, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist für uns, die SPD, von zentraler Bedeutung. Lernen endet nicht an der Schultür, sondern es begleitet uns im Idealfall ein Leben lang. Das ist wichtig für unsere ganze Gesellschaft. Wie zentral Weiterbildung und Weiterqualifizierungen für die Beschäftigten von heute sind, hat gerade auch die Corona-Pandemie leider nochmals ganz verschärft und eindrucksvoll bewiesen. Oder besser gesagt: Die Defizite wurden auch in Bayern schamlos offengelegt.
Gerade zum Beispiel bei der Digitalkompetenz ist der Bedarf nach Weiterbildung enorm. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der KfW. Die Tarifpartner tragen Verantwortung. Ja, aber auch die Regierung trägt Verantwortung, Chancen zu schaffen, die Beschäftigten fit zu machen für die vielen Eventualitäten und Umbrüche in der Arbeitswelt.
Schon 2017 haben wir als SPD einen Entwurf für ein Bildungsfreistellungsgesetz vorgelegt und auf die große Bedeutung von Weiterbildungen für die Beschäftigten hingewiesen. Die Transformation der Arbeitswelt hat längst begonnen, auch schon vor Corona. Bayern hat vom Spielfeldrand aus vor allem zugesehen. Und das, obwohl bereits heute der Bedarf nach hochqualifizierten Fachkräften enorm groß ist. Ein Bildungsfreistellungsgesetz ist hierfür ein Baustein. Jeder von uns muss immer wieder neu lernen, um den Anschluss nicht zu verlieren und neuen Herausforderungen gewachsen zu sein.
Kolleginnen und Kollegen, nur in Bayern und Sachsen gibt es darauf keinen gesetzlich geregelten Anspruch – immer noch nicht. Deshalb wird es Zeit. Auch in Bayern brauchen wir ein Gesetz zur Bildungsfreistellung.
Unser Vorschlag regelt, dass und wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Menschenrecht auf Bildung umsetzen können. Unser Gesetz gilt für Veranstaltungen der beruflichen oder der gesellschaftspolitischen Weiterbildung; nicht für Veranstaltungen der Erholung, der Unterhaltung oder der allgemeinen Freizeitgestaltung. Der Anspruch auf Bildungsfreistellung beträgt in unserem Gesetz zehn Tage in einem Zeitraum von zwei Kalenderjahren. Die einzelnen Tage können flexibel eingesetzt werden.
Zur Sicherstellung der Qualität kommen nur Veranstaltungen und Fortbildungen infrage, die von einem zertifizierten Träger ausgerichtet werden.
Das Gesetz richtet sich an alle Beschäftigten, auch an Auszubildende, Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte des Staates. Wer länger als sechs Monate beschäftigt ist, kann einen Antrag stellen. Ausnahmen oder Absagen gibt es nur in begründeten Fällen und unter Einbindung des Betriebsrats. Kleine und mittelständische Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten können beim Freistaat einen Zuschuss zum Lohn beantragen, der während der Freistellung für die Weiterbildung bezahlt wird.
Kurz gesagt: Mit einem Recht auf Weiterbildung können wir als Gesellschaft nur insgesamt gewinnen. Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion schafft dafür verlässliche Rahmenbedingungen. Für uns ist klar: Um Arbeitsplätze in Bayern zu sichern und weiterzuentwickeln, braucht es starke und gut ausgebildete Beschäftigte. Wei
terbildung fördert gesellschaftliche Innovationen, unterstützt den wirtschaftlichen und technischen Strukturwandel nachhaltig und stärkt die Demokratie.
Im Interesse der Beschäftigten in Bayern ist ein Bildungsfreistellungsgesetz aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion unausweichlich und wirklich längst überfällig. Lassen Sie uns nicht noch länger Zeit vertrödeln, sondern packen wir es an! Stimmen Sie unserem Entwurf für ein Bildungsfreistellungsgesetz zu!
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Arbeitswelt befindet sich in einem Transformationsprozess. Die Digitalisierung, die demografische Entwicklung und die zunehmende Globalisierung verändern den Arbeitsmarkt in rasanten und großen Schritten. Arbeitsprozesse werden neu gestaltet.
Nicht zuletzt aufgrund der Digitalisierung werden sich die fachlichen Anforderungen ändern. Mit den fachlichen Anforderungen steigt auch der Qualifizierungsbedarf bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch bei den Unternehmen. Dieser Bedarf kann nur mit beruflicher Weiterbildung gedeckt werden. Ich glaube, wir alle sind uns darüber einig, dass Qualifizierung für jede Einzelne und jeden Einzelnen der Schlüssel zum Erfolg ist.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir sind da schon ein Stück weiter als die SPD-Fraktion. Bereits im Juni 2018 hat die Bayerische Staatsregierung mit dem Bayerischen Handwerkstag, dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bayern und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit den Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0 geschlossen. Das war ein enorm wichtiger und richtiger Schritt, auch um die Qualifizierung in Bayern mit einem Maßnahmenbündel zur Beratung, zur Aktivierung und zur Unterstützung der Weiterbildungsinteressierten voranzubringen.
Der siebenseitige Pakt wurde vor drei Jahren unterschrieben und ist jetzt kurz vor dem Auslaufen. Darin enthalten sind beispielsweise sogenannte Weiterbildungsinitiatorinnen und -initiatoren in allen bayerischen Regierungsbezirken, die Beschäftigte und Unternehmen zu Weiterbildungsfragen – auch digital – beraten, Qualifizierungswege aufzeigen und bei der Auswahl und Aufnahme bis hin zur Umsetzung der Weiterbildungsmaßnahmen unterstützen. Dabei hilft auch die Themenplattform Arbeitswelt 4.0 als digitale Vernetzung und zum Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung.
Wir werden in Kürze im zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales auch auf Antrag der CSU-Fraktion, dem dankenswerterweise alle Fraktionen zugestimmt haben, eine erste Bilanz zu diesem Pakt vorgestellt bekommen, bei dem wir die berufliche Weiterbildung in all ihren Facetten beleuchten werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Thema Qualifizierung erfährt auch und gerade in der Corona-Pandemie von allen Arbeitsmarktakteuren eine neue Aufmerksamkeit. Wichtig ist uns dabei, dass wir alle mitnehmen – die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber –, dass wir niemanden abhängen und dass die soziale Sicherheit nicht verloren geht.
Es ist an der Zeit, das Bewusstsein für die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung weiter zu schärfen. Deshalb sind wir der Staatsregierung sehr dankbar, dass
sie zudem die Informationskampagne "Komm weiter in B@yern" gestartet hat und dass sie außerdem die Verlängerung des bereits vorgestellten Paktes für berufliche Weiterbildung 4.0 plant. Auch dadurch wird die Aufmerksamkeit nochmals gestärkt.
Die SPD-Fraktion hat nun den Entwurf für ein Bayerisches Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und gesellschaftspolitischen Weiterbildung – kurz: Bayerisches Bildungsfreistellungsgesetz – eingebracht. Alternativ kann man auch sagen: Bildungsurlaub oder Bildungszeit. So wird dies in anderen Ländern betitelt, die bereits genannt worden sind.
Gleich in der Problembeschreibung zu Beginn des Gesetzentwurfs weisen die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion darauf hin, dass die Corona-Pandemie die Arbeitswelt tiefgreifend und voraussichtlich auch nachhaltig verändert und dass Transformations- und Digitalisierungsprozesse unseren Arbeitsalltag grundlegend prägen. Insoweit sind wir uns einig.
Aber liest man den Entwurf dann weiter, stellt man fest, dass diese ersten Zeilen das einzig Innovative an dem Entwurf sind, mit Ausnahme von wenigen redaktionellen Anpassungen. Wir haben nämlich schon einmal über diesen Entwurf diskutiert, nachdem er im Herbst 2017 eingebracht wurde. Bereits damals haben wir klargemacht, dass wir die Weiterbildungsaktivitäten von Beschäftigten und Unternehmen fördern und steigern wollen. Genau das machen wir, aber ohne gesetzliche Regelung. Das habe ich gerade ausgeführt.
Liebe SPD-Fraktion, ein Gesetzentwurf wird inhaltlich nicht besser, wenn man ihn jetzt im Vergleich zum ersten Anlauf von 2017 nur durchgendert. Wir hätten uns schon ein bisschen mehr Substanz erwartet. Dieselben alten Vorschläge immer wieder aus der Schublade zu ziehen, ist für mich eine Politik von gestern und keine, die nach vorne gerichtet und zukunftsgewandt ist und die vor allen Dingen aktuelle Entwicklungen berücksichtigt.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir halten eine gesetzliche Regelung zur Bildungsfreistellung in Bayern nach wie vor nicht für erforderlich. In vielen Wirtschaftszweigen wird schon heute in Tarifverträgen, zum Beispiel in der Metall- oder Elektroindustrie, in der Kunststoff verarbeitenden Industrie und sogar im Friseurhandwerk sowie in betrieblichen Vereinbarungen vieles ermöglicht. Das ist unseres Erachtens auch der richtige Ansatz. Betriebsnahe und den Interessen von Beschäftigten und Arbeitgebern gleichermaßen Rechnung tragende Lösungen, ohne Eingriff in die tarifliche Gestaltungsfreiheit, sind unser Ansatz. Dadurch können branchenspezifische und regionale oder auch betriebliche Gegebenheiten ausreichend berücksichtigt werden.
Seien wir einmal ehrlich: Weiterbildung liegt doch wesentlich im Verantwortungsbereich derjenigen, für die dies einen Nutzen bringt. Das sind in erster Linie die Arbeitnehmer und selbstverständlich auch die Arbeitgeber. Jeder hat etwas davon.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus eigener 34-jähriger beruflicher Erfahrung sowohl als Arbeitnehmer in der öffentlichen Verwaltung, in der Wirtschaft und in der Wohlfahrt als auch als Teil des Managements eines großen Unternehmens, in dem ich bis zu meiner Wahl in den Landtag für Personalentwicklung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung für 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig sein durfte, kann ich sagen: Mir wurde ein Wunsch nach Fortbildung nie abgelehnt, und ich bin auch immer dem Wunsch nachgekommen, wenn ich die Entscheidung zu treffen hatte und wenn es die betriebliche Situation erlaubt und ermöglicht hat.
Das Einbringen von zeitlichem und finanziellem Engagement steht in einem unmittelbaren Zusammenhang beider, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Deswegen halten wir auch mehr von betrieblichen Vereinbarungen als von gesetzlichen Vorgaben.
Auch die Statistik macht klar, dass eine gesetzliche Regelung nicht alles besser macht. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts haben im Jahr 2019 – das sind die letzten, also aktuellen Zahlen – mehr als 1,2 Millionen Menschen an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilgenommen. Das ist der höchste Wert seit 2013. Die Zahl nimmt also zu. Die Weiterbildungsquote ist mit 16,7 % in Bayern höher als beispielsweise in Niedersachsen oder in Nordrhein-Westfalen mit 16,4 % bzw. 15 %, obwohl diese beiden Länder eine entsprechende gesetzliche Grundlage haben. Bayern hat sie nicht.