Protokoll der Sitzung vom 10.12.2024

(Johannes Becher (GRÜNE): Simpel zu formulieren, ist Ihr Grundmotto!)

Den Bürokratieabbau sehen wir hier eher nicht. Das ist wohl eher eine weitere Hommage an den eventuellen künftigen Koalitionspartner in Berlin, die GRÜNEN.

Viertens. Künftig kann die Staatsregierung neue Statistiken anlegen, ohne dafür eine Rechtsverordnung zu benötigen. Wer bisher schon von Statistiken und Listen erschlagen wird, dem sei gesagt: Hier erhält die Staatsregierung faktisch einen Freifahrtschein.

Wie sagt man neudeutsch? – Last, but not least. Frei übersetzt: Das Letzte will man eigentlich gar nicht mehr lesen. Der Bußgeldrahmen im Fischereigesetz wird von 5.000 Euro um 50 % auf 7.500 Euro angehoben. Was dabei modernisiert oder abgeschafft wird, ist mir nicht klar, aber egal. Dazu fällt mir eigentlich nur ein Zitat ein, das dem ehemaligen tschechischen Präsidenten Zeman zugeschrieben wird – es ist wohl nicht von ihm, aber seine Pressestelle sagt, sie findet es ziemlich cool –:

"Wenn Sie in einem Land leben, in dem Sie für das Angeln ohne Angelschein bestraft werden, jedoch nicht für illegalen Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass, dann haben Sie das volle Recht zu sagen, dass dieses Land von Idioten regiert wird."

Vielen Dank!

(Beifall bei der AfD)

Ich weiß nicht, Herr Kollege Striedl, ob das wirklich dem Niveau dieses Hauses guttut, wenn Sie sich hier so äußern.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der AfD: Er hat zitiert!)

Ich rufe den Kollegen Markus Saller auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Herr Striedl, dass Sie sich so gut mit faulen Eiern auskennen, das wundert mich an der Stelle nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Meine Damen und Herren, das Zweite Modernisierungsgesetz setzt wie schon das Erste Deregulierung und Entbürokratisierung im Landesrecht konsequent fort. Die Staatsregierung hat die Zeichen der Zeit erkannt, und es werden auch mit dem zweiten Gesetz eine Vielzahl von bürokratischen Hürden im Landesrecht abgebaut: im Vergaberecht, im Bau- und Statistikrecht, im öffentlichen Dienstrecht, im Immissionsschutzrecht sowie in der Regulatorik der Landwirtschaft, der Waldwirtschaft und der Fischereiwirtschaft.

Der Bayerische Landtag hat die Betroffenen dabei mitgenommen – das möchte ich ausdrücklich betonen –; denn die Anhörung der Verbände hat ein insgesamt sehr positives Echo ergeben, was die geplanten Änderungen angeht.

Dass sich die Staatsregierung der Deregulierung und der Entbürokratisierung umfassend und breit stellt, findet großen Anklang, vor allem bei den Wirtschaftsverbänden. Wir haben jüngst immer wieder bei verschiedenen Anhörungen gehört, dass auch die Einsetzung der Enquete-Kommission zur Entbürokratisierung großen Anklang findet, insbesondere, wie gesagt, bei Verbandsvertretern aus der Wirtschaft. Gespannt wartet man auf Ergebnisse; wir alle wissen, wir müssen demnächst liefern.

Die Neuregelungen im Vergaberecht werden in verbindliche und vollziehbare Gesetzesform gegossen. Für den Staat, für die Kommunen und für die landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden deutlich erhöhte vergaberechtliche Wertgrenzen festgeschrieben, unterhalb derer die Auftragsvergabe jeweils erheblich liberalisiert wird: bei Direktaufträgen für Bauleistungen bis 250.000 Euro und für sonstige Leistungen bis 100.000 Euro und eine erleichterte Vergabe bis 1 Million Euro für Bauleistungen bzw. bis zum jeweiligen EU-Schwellenwert, also meist die 221.000 Euro. Diese Erleichterungen im Vergaberecht sind wirklich ein großer Wurf, meine Damen und Herren, und es ist nicht nur ein kleiner Schritt. Sie werden durchgängig als massive Erleichterung empfunden und als positiver Schritt gewürdigt. Aufträge können im Übrigen nach wie vor auch von den Kommunen über die Bayerische Vergabeplattform BayVeBe veröffentlicht werden, sodass die Kommunen eben auch – obwohl man am Anfang Bedenken hatte – ex ante entsprechende Aufträge ausschreiben können, sich interessierte Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer mit der notwendigen Transparenz bewerben können. Es ist also nicht so, dass nur am Ende, also ex post, mitgeteilt wird, wer den Auftrag erhalten hat.

Auch im Baurecht, meine Damen und Herren, haben wir mit dem Zweiten Modernisierungsgesetz erhebliche Erleichterungen: Abstandsflächen werden für Antennen, für Windenergieanlagen, für ebenerdige Terrassen und Wärmepumpen nicht

mehr in der Form einzuhalten sein, wie es vorher war. Bauverfahren werden beschleunigt; das ist vorher schon gesagt worden. Innerhalb von drei Wochen muss ein Bauantrag geprüft und Fehlendes muss von der Baubehörde moniert werden. Liegt ein Bauantrag länger als drei Monate, tritt eine Genehmigungsfiktion ein.

Das alles sind also Dinge, die letztendlich wirklich einen Turbo im Verfahrensrecht zünden.

Auch das Bayerische Statistikgesetz wird modernisiert, indem ein zweijähriges Statistikmoratorium eingeführt wird. Wir haben schon das letzte Mal darüber gesprochen, Kollege Becher. Man kann den Becher halb voll oder halb leer sehen.

(Johannes Becher (GRÜNE): Da ist nur ein Tropfen im Becher!)

Es sind immerhin erste Statistiken, die jetzt abgebaut werden. Aber ich kann noch etwas dazu sagen, Herr Becher. Wir haben vor Kurzem zusammen mit den Landesinnungsverbänden von Metzgern, Müllern und Bäckern eine anonyme Statistikabfrage gemacht und dabei festgestellt, dass da immer die gleichen drankommen, wenn es um die Statistiken geht. Sie haben ganz ehrlich geantwortet, dass sie zum Teil völlig falsche Daten abgeben: veraltete Daten, Daten aus den Vorjahren usw. Da muss man sich fragen: Wenn schon die Datengrundlage für eine Statistik nicht stimmt, was hat dann die Statistik an sich für einen Sinn? Hier ging es natürlich in erster Linie um Bundesstatistiken und nicht um Landesstatistiken.

Meine Damen und Herren, auch im öffentlichen Dienstrecht gibt es Änderungen; das ist vorher schon ausgeführt worden. In der Landwirtschaft wird das Landpachtverkehrsgesetz komplett abgeschafft. Das ist wirklich Entbürokratisierung, dass man ganze Gesetze abschafft. Stattdessen gelten wieder privatrechtliche Regelungen aus dem BGB. Das reicht. Das ist doch wirklich ein Zeichen dafür, dass der Gesetzgeber erkannt hat, was überflüssig ist.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, handelt der Bayerische Landtag auch mit dem Zweiten Modernisierungsgesetz in Sachen Bürokratieabbau entschlossen. Ja, wir fangen erst damit an, und da kommt noch mehr; Sie brauchen also noch nicht die blaue Kettensäge herauszuholen.

Die Änderungsanträge der Opposition wurden in den Ausschüssen lang und breit diskutiert. Die Fraktion der FREIEN WÄHLER lehnt diese Änderungsanträge ab. Wir bitten um Zustimmung zum Zweiten Modernisierungsgesetz mit dem Änderungsantrag der Fraktionen von CSU und FREIEN WÄHLERN.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Kollege Johannes Becher.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde gebeten, einmal mit etwas Positivem anzufangen. Das möchte ich tun.

Viele der Änderungen in diesem Zweiten Modernisierungsgesetz sind sinnvoll – manche sind größere Schritte, andere sind kleinere Schritte –, daher wird meine Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Markus Saller (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Ein paar Dinge noch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CSU und der FREIEN WÄHLER)

Na ja, Sie können nicht erwarten, dass wir es ganz unbesprochen lassen; so viel Redezeit ist ja dann doch.

Ich möchte auf das eingehen, was auch schon der Kollege Schuberl mit dem Waldgesetz angesprochen hat. Ich glaube, der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte eigentlich eine weitergehende Änderung des Waldgesetzes vorgesehen. Mit dem Änderungsantrag, der da eingebracht wurde, gibt es jetzt fast keinen Unterschied mehr zum Bisherigen. Ich hätte kein Problem damit zu sagen, man lässt diesen Paragrafen zum Waldgesetz einfach komplett weg und lässt es so, wie es ist. Unser Abstimmungsverhalten würde sich dadurch nicht verändern. Ich glaube, im Moment ist die Änderung wahrscheinlich unschädlich, aber überflüssig. Mit diesen Worten würde ich das so sagen. Aber vielleicht gibt es noch eine Erläuterung dazu.

Der größte Schritt – das möchte ich schon ansprechen – sind die Wertgrenzen bei der Vergabe, dass man diese nach oben setzt, auch deutlich nach oben setzt. Da ist eher die Frage an uns alle: Warum haben wir das nicht schon längst gemacht, wenn diese Spielräume vorhanden sind? Wir haben bei uns oft die Diskussion, dass wir kein Goldplating machen dürfen, also nichts draufsatteln, wenn von der EU etwas vorgegeben ist. Das adressieren wir oft an den Bund, ist auch nicht verkehrt. Aber an der Stelle hätten wir da schon Spielräume in der Vergangenheit gehabt, die wir nicht genutzt haben. Wir haben es auch nicht beantragt, das muss ich jetzt auch sagen; aber es ist gut, dass es jetzt genutzt wird.

Es ist sogar so, wir haben das neulich in der Enquete-Kommission gehört: Wir sind noch gar nicht am obersten Limit der Spielräume, die uns die EU einräumen würde. Trotzdem befinden wir uns bei den Vergaben natürlich in einem Spannungsfeld zwischen einerseits schneller, unbürokratischer Vergabe – so einfach wie es geht – und andererseits Wettbewerbsrecht und Transparenz.

Ich halte es für richtig, bei den Direktvergaben jetzt auch nicht ans Limit zu gehen, denn wir wollen ja Wettbewerb. Gleichzeitig sage ich auch: Europarechtliche Ausschreibungen müssen wir wirklich vermeiden, wo wir nur können. Es gibt Großbaustellen, bei denen ich sage: Okay, da gibt es vielleicht nur drei Firmen in Europa, die das können. Aber davon gibt es nicht viele. Wann immer es möglich ist: keine europarechtliche Ausschreibung! Das ist eine Erleichterung, insofern Lob für diesen Teil, dem stimmen wir sehr gerne zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann ging es noch um die Bäcker, die Metzger und die Statistik. Der Kollege Schwab hat gesagt: Bei den Statistiken wird entrümpelt. Ein Statistikmoratorium ist angekündigt. Als ich den Gesetzentwurf das erste Mal gesehen habe, habe ich ein bisschen geschaut, um welche Statistiken es geht. Dann stellt man fest: Es geht um acht. Das waren wenig. Dann schaue ich in die Regierungserklärung vom 13. Juni 2024:

"Außerdem wollen wir ein Statistik-Moratorium einführen, gerade in Bayern", schreibt der Ministerpräsident, oder sagt es uns vielmehr.

"Viele unserer Handwerker, auch Bäcker und Metzger, empfinden diese ganzen Statistikpflichten häufig als eine echte Belastung im Alltag."

Jetzt ist das Statistikmoratorium da, groß angekündigt. Es sind nicht mehr acht Statistiken, sondern elf. Hilft irgendeine dieser Entlastungen den Bäckern? – Nein. Hilft irgendeine dieser Entlastungen den Metzgern? – Auch nicht. Hilft irgendeine dieser Entlastungen den Handwerkern? – Auch nicht. Es geht um die Theaterstatistik, es geht um betreute Wohnformen, es geht um Meldungen an den Gutachterausschuss, es geht um die Statistik der internationalen und ausländischen Schulen

ich greife nur ein paar heraus –, es geht um das Landeserziehungsgeldgesetz, um die Erwachsenenbildung und um die Erhebung der Impfrate zu statistischen Zwecken sowie der Gesundheitsberichterstattung. Es ist unschädlich, dass man diese elf Statistiken jetzt erleichtert – das mag schon sein –, aber von dem, was vom Ministerpräsidenten angekündigt wurde – Erleichterung für die Wirtschaft, Statistikmoratorium, die Bäcker, die Metzger, die Handwerker – ist nichts umgesetzt. Jetzt sagt man: Wir sind nicht zuständig, das ist der Bund.

(Michael Hofmann (CSU): Das machen wir dann am 23. Februar!)

Entweder – das möchte ich einfach noch sagen – wusste der Ministerpräsident bei der Regierungserklärung, dass er das, was er da vorschlägt, gar nicht machen kann, weil Bayern gar nicht zuständig ist. Dann hat diese Regierungserklärung einen Mangel an Redlichkeit.

(Zurufe von der CSU: Ach, geh!)

Oder aber er wusste nicht, dass er mit dem Statistikmoratorium den Bäckern, den Metzgern, den Handwerkern überhaupt nicht hilft, dann hatte die Regierungserklärung einen Mangel an Qualität.

(Widerspruch bei der CSU)

Beides halte ich für schwach. Ich möchte, dass wir den Bäckern helfen, dass wir den Metzgern helfen, dass wir den Handwerkern helfen. Dafür brauchen wir Regierungserklärungen, die halten, was sie versprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe und Widerspruch bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Becher. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Sabine Gross für die SPD-Fraktion.