Protokoll der Sitzung vom 04.02.2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 41. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.

Wir haben wieder zwei Glückwünsche auszusprechen: Am 1. Februar konnte der Kollege Florian Siekmann einen runden Geburtstag feiern. Am 3. Februar durfte der Kollege Martin Huber einen halbrunden Geburtstag begehen. Im Namen des Hohen Hauses wünsche ich den Geburtstagskindern alles Gute zum Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER "Autoland Bayern erhalten - Zukunft sichern"

Sie kennen das Prozedere mit fünf Minuten respektive zehn Minuten Redezeit. Mit zehn Minuten beginnt der Kollege Markus Saller für die Fraktion der FREIEN WÄHLER.

(Zurufe)

Bin ich zu leise? – Dann werde ich jetzt das Mikrofon beim Redner ein bisschen hochdrehen. Der Kollege Saller hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Bayern ist und bleibt das Herz der deutschen Automobilindustrie. Deswegen war es uns als FREIE-WÄHLER-Fraktion wichtig, dieses Thema ins Zentrum einer Aktuellen Stunde zu rücken.

Unsere Automobilbranche ist nicht nur Garant für Wohlstand und Beschäftigung, sondern auch Aushängeschild für technologische Spitzenleistungen. Doch wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Ich habe das Gefühl, die Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite haben den Warnschuss noch immer nicht gehört.

Der weltweite Wandel hin zu klimaverträglichen Antrieben, die Digitalisierung der Fahrzeuge, steigende Umweltauflagen, ein immer härter werdender globaler Wettbewerb insbesondere durch chinesische Hersteller, die mit Dumpingpreisen den Markt erobern, und eine EU-Regulierung, die einfach zu heftig auf den Markt durchschlägt, haben die Automobilindustrie vor gewaltige Herausforderungen gestellt.

Trotz dieser Herausforderungen sollten wir eins nicht vergessen: Die Automobilindustrie ist das wirtschaftliche Rückgrat unseres Freistaats. Fast 450.000 Beschäftigte in Bayern arbeiten in der Fahrzeug- und Zulieferindustrie bzw. im Fahrzeuggewerbe. Fast ein Drittel der industriellen Umsätze Bayerns wird hier erwirtschaftet; das ist auch für unseren Haushalt wichtig.

Doch 10 % der Unternehmen in der Branche sind mittlerweile durch die Transformation bedroht. Vor allem geht es hier um mittlere und größere Unternehmen mit über 250 Beschäftigten. Natürlich entstehen gleichzeitig auch neue Chancenfelder, in denen rund 44 % der Beschäftigten tätig sind.

Aufgabe der Politik ist es, den Wandel aktiv zu gestalten und gezielt zu unterstützen. Wie machen wir das? – Durch Investitionen in Forschung, Entwicklung und neue Technologien.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ein zentraler Baustein der bayerischen Strategie ist der neue Transformationsfonds der Bayerischen Staatsregierung. Dieser Fonds enthält fast 350 Millionen Euro; mindestens 100 Millionen Euro sollen allein der Automobilindustrie zugutekommen. Wir fördern damit Investitionen in Forschung, innovative Produktionsverfahren und neue Geschäftsfelder. Bayern setzt auf eine enge Verzahnung der Automobilwirtschaft mit der Forschungslandschaft, insbesondere durch die Technologietransferzentren in Bad Neustadt an der Saale, Kempten, Plattling und Landsberg am Lech.

Meine Damen und Herren, wir fordern aber auch die künftige Bundesregierung auf – ich glaube, die jetzige braucht man nicht mehr zu viel aufzufordern –, ebenfalls ein Investitionsprogramm mit klarem Fokus auf die Zulieferindustrie aufzulegen; denn viele Unternehmen werden diesen Wandel ohne eine umfassende Unterstützung nicht überstehen.

Was haben wir noch auf dem Schirm? – Wir wollen Technologieoffenheit statt ideologischer Verbote. Meine Damen und Herren, die FREIE-WÄHLER-Fraktion setzt sich konsequent für eine Mobilitätswende mit Augenmaß ein. Wir lehnen das EUweite Verbrennerverbot ab 2035 entschieden ab. Unsere Automobilindustrie braucht zwar Planungssicherheit, aber keine unrealistischen CO2-Flottenziele, die zu Milliardenstrafen für heimische Hersteller führen.

Wir setzen dagegen auf Technologieoffenheit. Neben batterieelektrischen Antrieben müssen auch Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe eine Zukunft haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Die Bayerische Staatsregierung macht sich auf EU-Ebene mit Nachdruck dafür stark, dass die CO2-Flottengrenzwerte ausreichend flexibel ausgestaltet werden. Wir setzen uns zum Beispiel dafür ein, eine mehrjährige Betrachtung durchzuführen, sodass es für Hersteller möglich ist, auch entsprechend anzusparen, wenn sie ihre Ziele übererfüllen. Zudem unterstützt Bayern den Vorstoß für eine gezielte Änderung der EU-Vorschriften, damit letztendlich auch synthetische Kraftstoffe anerkannt werden.

Was brauchen wir noch? – Ein leistungsfähiges Lade- und Tankstellennetz ist der Schlüssel zur Mobilitätswende. Wenn es um den Ausbau der Ladeinfrastruktur geht, ist Bayern deutschlandweit führend. Wir zeigen mit über 30.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten, dass Fortschritt möglich ist. Unser Ziel ist es, bis 2030 100.000 Ladepunkte entstehen zu lassen.

Neben dem Pkw-Bereich legen wir besonderen Fokus auf den Straßengüterverkehr. Hierzu wurde das Programm "Nicht öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für den E-Straßengüterverkehr in Bayern" gestartet, um betriebliche Schnellladepunkte für E-Lkw zu schaffen.

Gleichzeitig fordern wir die künftige Bundesregierung auf, endlich ihrer Verantwortung nachzukommen. Die ambitionierten Ziele von 15 Millionen E-Autos und 1 Million Ladepunkten bis 2030 sind mit den aktuellen Maßnahmen nicht erreichbar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Bayern ist auch nicht in der Lage, diese Aufgabe allein zu bewältigen. Wir brauchen verlässliche Bundesprogramme, die langfristig angelegt sind und nicht wie

die Umweltprämie von heute auf morgen und über Nacht plötzlich abrupt beendet werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir müssen Bürokratie abbauen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und eine im internationalen Vergleich zu hohe Steuerbelastung setzen unsere Unternehmen unter Druck. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich auf Bundes- und EU-Ebene für strukturelle Verbesserungen ein.

Wir fordern Steuerentlastungen. Die Unternehmenssteuerlast muss von derzeit 30 % auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau deutlich darunter, mindestens auf 25 % gesenkt werden.

Wir fordern die Reduzierung der Stromkosten. Wir fordern die Wiedereinführung der Stromnetzentgeltzuschüsse und eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß.

Beim Bürokratieabbau fordern wir, die Regulierungsflut insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeitsberichterstattung, Lieferkettensorgfaltspflichten und EU-Taxonomie einzudämmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Der Wandel der Automobilindustrie betrifft nicht nur Unternehmen, sondern ganze Regionen. 11 der 40 am stärksten betroffenen Regionen in Deutschland liegen im Freistaat Bayern, darunter Schweinfurt, Bamberg und Ingolstadt. Die Bayerische Staatsregierung unterstützt diese Regionen mit gezielten Maßnahmen. So wurden für Schweinfurt zum Beispiel bereits 47 Millionen Euro an Unterstützung zugesagt.

Besonders wichtig für uns sind die regionalen Transformationsnetzwerke, die Unternehmen beraten und vernetzen. Der Bund fördert diese Programme bislang nur bis 2025. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Förderung nachhaltig fortgesetzt wird, und sind auch bereit, uns an einer entsprechenden Kofinanzierung zu beteiligen.

Meine Damen und Herren, unser klares Ziel ist eine starke Automobilwirtschaft in Bayern und ganz Deutschland.

Die Herausforderungen sind groß, aber unsere Entschlossenheit ist größer. Bayern setzt sich für eine zukunftsfähige Automobilindustrie ein, die sowohl den Klimaschutz als auch wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet. Wir stehen für eine Industriepolitik, die Innovationen fördert, Bürokratie abbaut und den Mittelstand stärkt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen! Bayern hat gezeigt, dass Bayern Vorreiter sein kann. Lassen Sie uns eine ideologiefreie Politik gestalten,

(Lachen bei der AfD)

eine Politik, die Arbeitsplätze sichert, Technologie fördert und den Wohlstand unserer Bürgerinnen und Bürger bewahrt.

(Anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Jetzt hat Kollege Oskar Lipp für die AfD-Fraktion das Wort. Zehn Minuten.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank für die Worterteilung. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Bayern steht vor einer wirtschaftlichen Zäsur. Unser Bundesland, unsere Heimat ist ein globales Zentrum der Automobilindustrie. Hunderttausende Arbeitsplätze – wir haben es schon gehört –, eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte und die Technologieführerschaft stehen auf dem Spiel.

Und wer ist schuld an dem drohenden Niedergang? – Ja, meine Damen und Herren, auch die Union, auch CSU und CDU. Sie waren und sind nach wie vor die treibende Kraft hinter dem ideologischen und wirtschaftsfeindlichen Verbrennerverbot.

(Beifall bei der AfD)

Es war nämlich Ursula von der Leyen – von der CDU –, die das Verbot der Verbrennungsmotoren auf der EU-Ebene durchgesetzt hat. Markus Söder, unser Ministerpräsident, der heute leider nicht da ist und sich sehr gern als Autofreund ausgibt, forderte bereits im Jahr 2007 ein Verbot von Benzin- und Dieselautos. Im Jahr 2020 hat er seine Zustimmung zum Verbot erneuert. Und heute gibt sich die Union als Retter der Automobilindustrie aus. Welch ein Hohn!

Sie sprechen heute von "technologieoffener" Innovation und setzen angeblich auf E-Fuels. Doch diese Ausnahme ist nur ein faules Versprechen. Die EU-Verordnung ist eindeutig. Eine echte Ausnahme für synthetische oder Biokraftstoffe gibt es nicht. Das Verbrennerverbot zerstört Bayerns Wirtschaft.

(Beifall bei der AfD)

Die Automobilindustrie ist die Lebensader Bayerns. Fast 180.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von ihr ab. Und was passiert? – Die Unternehmen schließen oder wandern ab. Wir haben es schon gehört: ZF in Schweinfurt – 3.000 Stellen weg. Bei Audi in meiner Heimatregion Ingolstadt werden voraussichtlich 9.000 Stellen gestrichen. Continental, Schaeffler, Webasto, Magna, Brose – überall Stellenabbau. Und das ist leider erst der Anfang.