Worüber reden wir hier jetzt eigentlich, meine Damen und Herren? – Jawohl, es gibt in Bayern eine Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Diese Terminservicestelle vermittelt rund um die Uhr Arzt- und Psychotherapeutentermine, telefonisch und online. Das System funktioniert. Man kann an der einen oder anderen Schraube sicherlich noch drehen, aber die Aussage, wie sie daran drehen will, bleibt die AfD in diesem Antrag komplett schuldig. Das fehlt völlig in diesem Antrag. Was fehlt und was die AfD hier auch wieder einmal vollkommen ignoriert, ist eine echte Strukturreform im Gesundheitssystem. Wir brauchen eine stärkere Vernetzung und Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Wir brauchen Gesundheitszentren, wir brauchen mobile Arzt- und Ärztinnenteams, wir brauchen Community Health Nurses, die gerade in die strukturschwachen Regionen rausgehen und dort eine zentrale Rolle spielen können.
Nun zur Digitalisierung. Schauen wir auf die Digitalisierung: Während in anderen Ländern in ganz Europa längst moderne Telematik-Infrastrukturen existieren, die Patientendaten effizient verwalten und Behandlungsprozesse auch beschleunigen, weil die Wartezeit in Echtzeit angezeigt wird, arbeiten wir hier weiter mit Papierakten. Wo bleibt da die Forderung der AfD nach einer echten Digitalisierungsoffensive? – Nichts steht dazu in diesem Antrag. Was ist eigentlich mit der Zwei-KlassenMedizin, von der Sie gesprochen haben? – Die AfD redet in diesem Antrag von der gleichen Versorgung für alle, aber wagt es nicht, das eigentliche Problem bei der Wurzel anzupacken, dass Privatpatienten aufgrund finanzieller Anreize bevorzugt behandelt werden. Eine solidarische Bürgerversicherung würde genau dieses Problem lösen, aber auch genau das will die AfD hier wieder nicht ansprechen.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend gesagt, ist dieser Antrag nicht nur unzureichend. Er ist eine Bankrotterklärung einer modernen Gesundheitspolitik.
Abschließend vielleicht noch ganz kurz zu diesem Hochziehen von Anträgen, das die AfD hier immer wieder praktiziert. Kolleginnen und Kollegen von der AfD, wissen Sie, wenn Ihnen in einem Ausschuss vier andere Fraktionen einstimmig sagen, dass das, was Sie vorschlagen, ein Schmarrn ist, dann bleibt das ein Schmarrn, auch wenn Sie das ins Plenum hochziehen.
Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vor. Dazu erteile ich das Wort dem Kollegen Ralf Stadler von der AfDFraktion.
Sie hatten aber gedrückt. Dann meldet sich der Kollege Huber. Er hatte sich gemeldet und nur zurückgezogen, weil er geglaubt hat, dass Sie sich gemeldet haben. Bitte.
Also lieber Kollege, ich muss mich schon über das wundern, was Sie da von sich geben. Wer ist denn an der Regierung? – Sie gehen hier ans Mikrofon und sagen: Wir brauchen das, und wir brauchen das. Wir haben die Anregung, dass die Wartezeit zu lang ist. Und dann stellen Sie Forderungen auf. Ja, wer ist denn die letzten Jahre an der Regierung gewesen? Warum habt ihr nichts gemacht? Und jetzt gescheit daherreden! Also ich bin wirklich enttäuscht. Gehen Sie mal nach Berlin, geben Sie dort mal eine Anregung. Gehen Sie dort ans Mikrofon und sagen: Das müssen wir auch machen. – Da höre ich nichts von Ihnen. Das ist fadenscheinig, wirklich fadenscheinig.
Also ich weiß ja nicht wirklich, wo Sie gerade sind. Aber ich bin im Bayerischen Landtag, und im Bayerischen Landtag macht man Politik auf Landesebene. Das ist das Ziel, und genau dazu habe ich gesprochen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Susann Enders für die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Die Gründe für die Wartezeiten von Patientinnen und Patienten sind nun mal vielfältig und häufig auch ärgerlich, unnötig, frustrierend. Der Staat kann hier nur teilweise steuern. Das Thema Telemedizin spielt dabei eine Rolle, ebenso auch der Erhalt einer breiten medizinischen Versorgung auf dem Land. Wir FREIE WÄHLER haben bereits mit der Landarztquote oder mit dem Hebammen-Bonus Beiträge zum Erhalt der regionalen Strukturen geleistet. Wir haben uns gerade als FREIE WÄHLER sehr laut und sehr deutlich ganz massiv gegen die Abschaffung der Neupatientenregelung im Bund gewehrt. Das war ein Beitrag dazu, dass es auch weiterhin mit der Terminvergabe nicht besser werden wird. Das ist, wie gesagt, Bundespolitik.
Was wir nicht wollen – und damit komme ich jetzt zum vorliegenden Antrag –, ist eine weitere Bürokratisierung; denn die Vorschläge, die Sie in diesem Antrag gemacht haben, geben keinerlei Benefit für den Patienten.
Aus unserer Sicht ist der Antrag aber vor allen Dingen auch komplett falsch adressiert. Er übersieht auch vollkommen die bereits erfolgten Umsetzungsmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Ich nenne hier noch mal die Terminservicestelle Bayern.
Das absolute Grundproblem, neben vielen anderen Problemen in diesem Antrag, ist der Adressat; denn die Zuständigkeit liegt nun mal nicht beim Freistaat. Solange Sie das nicht begreifen und zielgerichtet danebensteuern, kann man diesem Antrag auch nicht zustimmen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Kollegin Doris Rauscher. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Kollegen der AfD! Ihre Forderungen tragen überhaupt nicht zum Erreichen des Ziels bei.
Die Wartezeiten sind nur ein Symptom unter vielen Problemen. Das erlebt jeder von uns, der sich bei einem Praxisbesuch einmal die Zeit nimmt und die Mühe macht, mit dem Personal in einer Praxis zu sprechen. Die überlastete Praxis gehört nämlich zu einem Mangel an Ärztinnen, Ärzten und anderem medizinischen Personal und sicherlich auch zu einem zu schleppenden Vorangehen bei der Digitalisierung.
Über eine Wiedereinführung der Neupatientenregelung könnte man eventuell noch diskutieren, aber nur auf Basis einer sachlichen Analyse der Daten und sicherlich nicht, wie die Kollegin schon erwähnt hat, hier im Bayerischen Landtag. Diesen Antrag kann man einfach nur ablehnen; ansonsten wurde schon vieles gesagt. Ich spare jetzt einfach Redezeit ein und plädiere auf Ablehnung.
Danke schön, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist hiermit geschlossen und wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Prävention empfiehlt die Ablehnung des Antrags.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag von Abgeordneten der AfD-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist dieser Antrag hiermit abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Johannes Becher, Christian Zwanziger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schaustellerinnen und Schausteller entlasten - zusätzliche Schankerlaubnispflicht abschaffen (Drs. 19/3661)
Ich erinnere daran, dass zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 29 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erster Redner ist Herr Johannes Becher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Unser Ziel ist, Schaustellerinnen und Schausteller und Festwirte von Bürokratie zu entlasten und die Arbeitsbelastung der Kommunalverwaltung zu reduzieren, und zwar ganz konkret am Beispiel der Schankerlaubnis.
Was haben wir vor? – Wir wollen das erreichen, was in Nordrhein-Westfalen schon längst Realität ist. Statt dass Schausteller und Festwirte in jedem Ort immer wieder neu eine Schankerlaubnis beantragen müssen, sagen wir: Wer eine Reisegewerbekarte hat, wer sich an Recht und Gesetz hält, der braucht keinen Antrag zu stellen, der braucht keine Erlaubnis abzuwarten, sondern der soll das tun, was er am besten kann. Schenkt aus, kümmert euch um eure Leute. Meine Damen und Herren, diese Schankerlaubnis braucht es nicht.
Dass das geht, zeigt uns ausgerechnet Nordrhein-Westfalen. Im April 2024 hat man diese Regelung dort eingeführt: Wer eine Reisegewerbekarte hat, der braucht keine Schankerlaubnis. So einfach geht das in NRW. Und wenn es in NordrheinWestfalen geht, muss es auch in Bayern gehen, meine Damen und Herren.
Dieser sehr einfache und praxisnahe Antrag ist von CSU und FREIEN WÄHLERN abgelehnt worden. Ich habe das Protokoll gelesen und war einigermaßen erstaunt, was man alles für Bedenken haben kann. Gerade bei der CSU gibt es wahnsinnig viele Bedenken:
Bedenken Nummer eins. Weil in Bayern noch das bundesdeutsche Gaststättengesetz gilt, sei zu vermuten, dass andere Bundesländer nicht rechtssicher handeln, heißt es laut Protokoll aufseiten der CSU. Also was stimmt? – Bayern hat kein eigenes Gaststättengesetz. Stimmt. Hat denn NRW ein eigenes Gaststättengesetz? – Nein, auch nicht. Wir haben genau dieselbe Ausgangsbasis. NRW hat sich gekümmert, NRW hat ein Rechtsgutachten, NRW sagt: Diese Doppelbelastung, Gewerbeordnung, Gaststättenrecht braucht es nicht. Wir legen das Gesetz so aus, dass es geht. Rechtlich geht es. – Und was in NRW rechtlich geht, muss auch in Bayern möglich sein, meine Damen und Herren.
Nummer zwei der Bedenken bei der CSU: Die DEHOGA will es nicht, sagt die CSU. Ich war beim Neujahrsempfang der DEHOGA und habe gefragt. Das stimmt einfach nicht. Die DEHOGA hat gar nichts dagegen, wenn Leute von Bürokratie entlastet werden. Die DEHOGA will nur kein eigenes bayerisches Gaststättengesetz, und das brauchen wir in diesem Fall gar nicht, weil NRW auch kein eigenes Gaststättengesetz hat. Wenn das in NRW ohne eigenes Landesgaststättengesetz geht, muss es auch in Bayern ohne eigenes Gaststättengesetz gehen, meine Damen und Herren.
Drittes Bedenken vonseiten der CSU: Die Kommunen würden weniger Verwaltungsgebühren einnehmen. Oh ja, das stimmt. Die Kommunen nehmen weniger Gebühren ein. Sie haben aber auch keinen Aufwand mehr, weil sie den Antrag gar nicht bearbeiten müssen. Die Kommunen wollen in der Regel etwas ermöglichen: Sie wollen, dass gefeiert wird, sie wollen, dass etwas geht. Mit Verwaltungsgebühren sanieren wir den Verwaltungshaushalt nicht. Daher sage ich ihnen: Wenn Sie den Kommunen etwas Gutes tun wollen, wenn Sie die finanziellen Spielräume erhöhen wollen, dann tun Sie das; aber nicht bei den Gebühren und am Beispiel der Schankerlaubnis, sondern an ganz anderen Stellschrauben, meine Damen und Herren.