Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Johannes Becher, Laura Weber u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schulessen der Zukunft: Bio, regional und pädagogisch wertvoll (Drs. 19/3953)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 29 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Die erste Rednerin ist Kollegin Laura Weber für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bitte schön.
Von den Schultoiletten zum Schulessen – ich habe ChatGPT mal gefragt, ob er einen charmanten Übergang findet. Also: Wenn man gut und gesund isst, muss man weniger Zeit zum Beispiel auf einer maroden Schultoilette verbringen. – Das hat ChatGPT gesagt.
Zum Schulessen: Ab 2026 kommt der rechtliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Das heißt, dass nach und nach deutlich mehr Grundschulkinder in der Schule sind und auch zu Mittag essen.
Wir wissen alle, dass die Gesundheitsdaten gerade bei Kindern und Jugendlichen immer dramatischer werden. Die Zahlen von Adipositas oder Diabetes steigen. Das sind, in Euro ausgedrückt, jedes Jahr 71 Millionen Euro Gesundheitskosten. Das liegt auch daran, dass die Qualität des Essens in den Ganztagseinrichtungen immer noch zu fett, zu salzig und zu ungesund ist. Das sagen Studien. Deswegen müssen wir hier dringend etwas tun. Wir können etwas tun. Gerade die verpflichtende Ganztagsbetreuung können wir als Chance nutzen und Standards und Rahmenbedingungen festlegen.
Bei uns in Bayern gibt es viele gute Ansätze und engagierte Menschen, die hart dafür kämpfen, dass Kinder in Kitas und Schulen ein gutes Essen bekommen. Gerade auch bei mir in der nördlichen Oberpfalz gibt es wahnsinnig engagierte Leute, die sich dafür einsetzen, die sich um Maßgaben und Standards kümmern und diese selbst definieren müssen. Ich glaube, sie können Unterstützung gebrauchen, sodass es ihnen erleichtert wird.
Damit komme ich zu dem Antrag. Es braucht pädagogische Konzepte, vertiefte Qualifizierungsangebote und einheitliche Standards, die der Staat definiert. Es gibt auch schon eine gute Vorlage. Die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen enthalten alle Grundsätze für ein gesundheitsförderndes Verpflegungsangebot in der Schule. Zusammen mit den Kriterien für nachhaltige Ernährung bringen diese Standards auch regionale und biologische Verarbeitungs-, Vermarktungs- und Belieferungsstrukturen voran. Das wäre auch ein enormer Gewinn für die bayerischen landwirtschaftlichen Betriebe.
Die Bayerische Ernährungsstudie wurde im November vorgestellt. Frau Kaniber, unsere Staatsministerin, ist anwesend. In der Studie wird genau das, was die DGE beschreibt, festgestellt, nämlich dass es verbindliche Qualitätsstandards braucht und dass unsere Kinder weniger Zucker, weniger Fett und weniger Salz im Essen haben müssen.
Es wird auch viel darüber geredet; es passiert aus meiner Sicht allerdings viel zu wenig. Frau Staatsministerin Kaniber, vielleicht können Sie dazu auch noch etwas sagen: Bei den Schulen kommt weniger gesundes Essen an. Das EU-Schulprogramm, nach dem Kinder wöchentlich frisches Obst, Gemüse oder frische Milchprodukte bekommen sollen, ist gekürzt worden. Ich habe von verschiedenen Schulen gehört, dass Sie weniger Lebensmittel bekommen, um sie an die Kinder zu verteilen.
Wenn schon gespart werden muss, dann bitte unter keinen Umständen bei unseren Kindern; denn unsere Kinder haben kaum eine Lobby. Dazu kommt, dass das Essen nicht unbedingt teurer sein muss. Besonders die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind entsprechend der KuPS-Studie – Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung – ausgestaltet. Das ist eine Studie, die zweifelsfrei zeigt: Wenn diese Qualitätsstandards eingehalten werden, wird das Essen nur wenige Cent teurer. Das heißt, man kann durch Regionalität und eine intelligente Speiseplangestaltung sehr viel machen. Natürlich kann man auch durch weniger Fleisch sehr viel machen, was alle Studien besagen, dass es gut für unsere Kinder wäre. – Lassen Sie uns deshalb die Chance ergreifen und das Essen als wichtigen Bildungsauftrag begreifen und vorangehen.
Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung des Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn von der AfD-Fraktion vor.
Geschätzte Frau Weber von den GRÜNEN, Sie fordern hier Schulessen für Schüler, was nach Ihrer Ansicht bio und pädagogisch wertvoll sein soll. Ich bin ein bisschen überrascht; denn für mich muss ein Essen in erster Linie gesund sein. Es muss frisch sein. Es muss reichhaltig sein. Es müssen also die Inhaltsstoffe wertvoll sein. – Es ist völlig egal, ob das Essen bio oder konventionell erzeugt worden ist. Im Gegenteil, wenn das Essen aus konventioneller und vielleicht auch aus regionaler Landwirtschaft stammt, dann ist es doch meistens auch günstiger. Das Geld ist bei den Eltern aufgrund Ihrer Ampel-Politik nicht mehr so locker. Wegen der Ampel im Bund haben wir alle weniger Geld in der Tasche.
Mich ruft hier auf den Plan, dass Sie Biofleisch in den Schulkantinen anbieten möchten. Fleisch ist besonders für unsere Kinder wichtig, weil es wegen seiner Inhaltsstoffe das Wachstum unterstützt. Biofleisch ist aber sehr teuer. Viele können sich Biofleisch gar nicht leisten. Deshalb meine Frage: Wollen Sie hiermit eigentlich durch die Hintertür verhindern, dass in Schulkantinen Fleisch gegessen wird?
Können Sie Studien lesen? – Angesichts Ihrer Titel als Doktor und Professor gehe ich davon aus. Deshalb fordere ich Sie auf: Lesen Sie die Studien! Sie sind eindeutig.
Niemand hier auf der linken Seite würde an den Studien zweifeln – auch nicht Staatsministerin Kaniber, die ihre Ernährungsstudie wahrscheinlich in- und auswendig kennt.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Antrag zeigt sich wieder einmal das wahre Gesicht der GRÜNEN: Sie wollen Planwirtschaft. Sie wollen Umerziehung. Sie wollen unseren Kindern vorschreiben, was sie essen sollen und wie wir leben sollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der AfD – Zuruf der Abgeordneten Laura Weber (GRÜNE))
Sie schreiben in Ihrem Antrag tatsächlich das Ziel vor: "100 Prozent Bio- und Regional-Anteil". Ich kann es wirklich nicht fassen. Ganz ehrlich, die Menschen da draußen haben es wirklich satt, dass ihnen Politiker vorschreiben, was sie zu essen haben und was sie zu tun und zu lassen haben.
Wir in Bayern leben das Gegenmodell. Wir sagen: Leben und leben lassen. Wir wollen, dass vor Ort entschieden wird, wie es gemacht wird, wie es organisiert wird, und wir wollen natürlich, dass unsere Kinder gesund ernährt werden. Ich füge aus ganzem Herzen hinzu: Ich möchte, dass sie Spaß am Kochen haben und dass sie wirklich einen Bezug zu unserer Heimat und zu unseren heimischen Lebensmitteln haben.
Gehen Sie doch mal in die Schulen und kochen Sie mit den Schülern, statt solche Anträge zu stellen. Ich habe das gemacht und mit den Schülern gekocht. Frau Weber, vielleicht wissen Sie es ja: Ich habe mit den Kindern Wildburger mit Wildfleisch aus heimischer Wirtschaft zubereitet. Wir haben sie mit Gemüse von unserem Bauernmarkt serviert. Das war mit den Kindern richtig schön, die Sachen aufzuschneiden und zu kochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit solchen Aktionen leisten Sie viel mehr als mit solchen Anträgen.
Damit die Kinder das Kochen lernen, brauchen wir natürlich auch Schulküchen. Wir müssen überlegen, wie wir Standards abbauen; mit ihnen hat es die Politik in den letzten Jahren vielleicht übertrieben. So ehrlich müssen wir sein. Es schmerzt mich wirklich, wenn man Schulküchen schließt und selber nicht mehr kochen kann. Wir müssen Standards senken. Ich habe in meinem Stimmkreis selber eine solche Schule. Das war damals viel gesünder, als man selbst gekocht hat. Selber kochen ist besser, als sich Essen von irgendwoher, vielleicht noch über eine App liefern zu lassen – das wollen wir so nicht.
Zurück zum Thema: Ich finde es so wichtig, dass es vor Ort und nicht zentral organisiert wird. Wir haben bei uns auf dem Bildungscampus – der Kollege Saller aus
meiner Heimat kann Ihnen das bestätigen – für eine Million Euro eine Schulküche umgebaut und haben versucht, einen Caterer zu finden. Wir haben jedoch keinen Caterer gefunden. Auf drei Ausschreibungen hat sich niemand beworben. Warum? – Weil niemand die Anforderungen für Essen mit Bio etc. erfüllen konnte. Es hat sich kein Caterer gefunden.
Wir haben jetzt mit Hängen und Würgen ein Konstrukt geschaffen, mit dem es funktioniert, dass eine soziale Einrichtung mit dem Krankenhaus das zusammenbringt, damit wir das vor Ort machen können. Das wollen Sie jetzt wieder auflösen und zentral als Staat besser machen? Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit sind Sie auf einem Irrweg.
Der Freistaat Bayern macht sehr viel. Er leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Er bietet Coachings an. Deswegen herzlichen Dank auch an unsere Staatsministerin und an das Ministerium mit den Abteilungsleitern! Wir haben über 1.300 Kitas, Schulen, Behörden, Betriebe und Senioreneinrichtungen ein Coachingangebot gemacht, damit sie individuell vor Ort ihr Konzept finden. Das ist gut so.
Auch in den Schulen wird viel gemacht. Gesundheitsbildung ist nichts, was wir von den GRÜNEN lernen müssten. In Bayern ist sie ein fester Bestandteil durch vielerlei Programme. Ich nenne als Beispiel nur einige: die "Woche der Gesundheit und Nachhaltigkeit", "Alltagskompetenzen – Schule fürs Leben", das "Landesprogramm für die gute gesunde Schule", "Voll in Form I", "Voll in Form II", "Erlebnisbauernhof" usw.
Sie stören uns mit Ihrem Antrag letztlich nur für ein "Schönes auf d’Nacht". Kochen Sie weiter hier in München Ihre eigene Suppe. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Mir liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung von der Kollegin Laura Weber von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN vor. Bitte schön.
Verehrter Herr Schnürer, Sie scheinen ja von unserem Antrag richtig begeistert zu sein. Es freut mich, dass Sie sich so ins Zeug legen. Ich war im November 2024 auf dem Fachkongress "Über den Tellerrand: Ernährungssysteme mit Zukunft". Staatsministerin Kaniber hat sich per Videoschalte zugeschaltet. Dort ging es um die Bayerische Ernährungsstudie. Sie wurde sehr hoch aufgehängt, sie war sehr ausführlich. Seit 2019 wurden Daten erhoben. Zusätzlich gibt es die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, DGE. Jetzt meine Frage: Aus diesem Fachkongress heraus ist dieser Antrag entstanden, weil sich alle Beteiligten fragen: Jetzt haben wir so viel Arbeit reingesteckt, aber wie kommt es nun bei den Kindern an? Wie kommt das Wissen bei den Kindern an? Es kommt nicht an; denn die Schulen sagen klar, dass das Essen zu fett, zu salzig und zu süß gekocht wird. Hier geht es um die Gesundheit unserer Kinder. Ich frage Sie: Wie kommt diese wissenschaftliche Erkenntnis –