Protokoll der Sitzung vom 24.01.2024

Das wollen wir nicht, und wir werden alles dafür tun, damit dies auch nicht so kommt!

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. – Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vor. Dafür erteile ich Herrn Abgeordneten Martin Böhm von der AfD-Fraktion das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege Holetschek, die Rede hat klar erkennen lassen: Solche Reden sind nicht die Lösung, sondern das Problem in unserer Gesellschaft. Sie verschwenden hier jetzt gerade die Zeit der Bürger. Die Zeit hat Ihnen der Bürger verliehen. Sie verschwenden sie mit sinnlosen Anträgen aus dem kruden Weltbild einer gerade in sich zerfallenden Union,

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): Ach!)

und Sie tun das gemeinsam mit einer Scheinopposition hier im Bayerischen Landtag. Sie verschließen die Augen vor den Sorgen der Menschen da draußen – die haben genug Sorgen –,

(Johannes Becher (GRÜNE): Die größte Sorge ist die AfD!)

und Sie machen das gemeinsam mit linksgrünen Parteien, mit denen gemeinsam Sie sich dann wahrscheinlich wohlig zurücklehnen können, um sich zu bestätigen: Wow, ich bin die Mitte der Gesellschaft.

(Zurufe: Die Entschuldigung haben Sie noch vergessen! Es fehlt noch die Ent- schuldigung!)

Auch wenn Sie gerade politisch verzwergen,

(Zuruf des Abgeordneten Toni Schuberl (GRÜNE))

aufgespalten in Werteunion und den Rest, der draußen noch irgendwo herumschwirrt,

(Michael Hofmann (CSU): Unglaublich, wirklich!)

entbindet Sie das alles nicht von der Pflicht, dem Volk zu dienen

(Florian von Brunn (SPD): Hören Sie doch mit der Heuchelei auf! Das ist doch reine Heuchelei!)

und Ihren eigenen Egoismus in solchen Fällen und bei solchen Reden einzubremsen und zu zügeln.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den GRÜNEN: Nur Müll!)

Sie haben eine Minute für Ihre Zwischenbemerkung. – Bitte, Herr Kollege Holetschek.

Ich hatte die vage Hoffnung – aber ich habe sie sofort wieder verworfen –, dass Sie einen Funken Anstand haben und diese Wortmeldung nutzen, um sich bei der Landtagspräsidentin zu entschuldigen. Sie haben diesen Mut nicht gehabt. Sie haben diese Initiative nicht ergriffen. Schade!

(Florian von Brunn (SPD): Den Anstand hat er nicht!)

Das zeigt noch mal, wofür Sie stehen und wie Sie denken. Ich kann dazu nicht mehr sagen.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Kollege Johannes Becher. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tag im Parlament in diesem Saal begann heute Vormittag mit der Gedenkstunde für die Opfer des Regimes des Nationalsozialismus. "Nie wieder" ist immer. Es war ergreifend, berührend für mich, für viele.

Abgeordnete der AfD waren bei dieser Gedenkveranstaltung anwesend. Herr Halemba, wie geht es Ihnen denn, wenn Sie die Rede eines Zeitzeugen, eines Über

lebenden des Holocaust mit anhören, wenn Sie daran denken, dass der Schlachtruf "Sieg Heil!" gebrüllt wurde, bevor die Gaskammern aktiviert wurden, in welchen seine Mutter und sein Bruder 1944 ermordet wurden? Wie geht es Ihnen, wenn Sie an Heinrich Himmler denken und daran, welche unvorstellbaren Gräueltaten er zu verantworten hat? Berührt Sie das? Ist da ein Funken Mitmenschlichkeit bei Ihnen? Wahrscheinlich ist es vergebliche Liebesmüh, aber ich möchte nicht aufgeben. Ist Ihre Ideologie ein stummer Schrei nach Liebe, oder sind Sie wirklich so kalt,

(Lachen bei der AfD)

wie ich es niemandem wünschen möchte? Es ist nie zu spät, zurück auf den Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu kommen. Denken Sie nach und kehren Sie um!

(Beifall bei den GRÜNEN, der CSU, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Nun zu Herrn Böhm, der sich nicht nur nicht entschuldigt, das Parlament mit seiner Präsidentin delegitimieren will, sondern der auch "den Karnickeln in den Parlamenten" einen "Nackenschlag versetzen" möchte – "den Karnickeln in den Parlamenten". Sie wissen alle, wer da gemeint ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wir alle!)

Wer das Parlament verachtet, der sollte nicht in einem Parlament sitzen. Wer gegen die Verfassung agitiert, sollte die wehrhafte Demokratie zu spüren bekommen. Wer die Demokratie attackiert, der greift uns alle an, nicht nur die demokratischen Parteien, sondern die gesamte freiheitliche Gesellschaft, Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, denen die Grundrechte, die Freiheitsrechte, die Würde des Menschen, die Demokratie etwas bedeuten.

Wenn Sie glauben, dass wir unsere Werte Ihrer Ideologie opfern, dann irren Sie gewaltig. Die Demokratie ist stark. Die Demokratie ist lebendig, und sie wird ihre Feinde mit allen Mitteln bekämpfen, die der Rechtsstaat zu bieten hat. Das ist ein Versprechen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, der CSU, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Demokratie wurde schon immer von jenen Außenseitern der Gesellschaft infrage gestellt, die heimlich oder offen von der Diktatur geträumt haben. Jetzt machen das in aller Öffentlichkeit gewählte Parlamentarier, die, von Steuergeld bezahlt, hier im Hohen Haus sitzen und ihr Privileg nicht für das Gemeinwohl, nicht für die Menschen, nicht für Lösungen einsetzen, sondern die sich Gedanken machen, wie sie das Parlament als Institution und die Demokratie als Ganzes angreifen können.

Lasst uns das nicht hinnehmen, sondern spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, aufzustehen und die Stimme zu erheben. Der Freiburger Fußballtrainer Christian Streich hat stellvertretend für ganz viele gesagt: "Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden."

Der heutige Dringlichkeitsantrag von CSU, FREIEN WÄHLERN, GRÜNEN und SPD für die Demokratie, gegen rechte Umtriebe ist ein klares Zeichen des Schulterschlusses. So uneins, wie wir uns inhaltlich oft auch mal sind, so geeint sind wir in der Wertschätzung dafür, in einer Demokratie leben, arbeiten und debattieren zu können, in den Farben getrennt, in der Sache vereint. Werte demokratische Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank dafür! Es war höchste Zeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CSU, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wehret den Anfängen! – Sind wir noch am Anfang? Ich denke, nicht. Die Lage ist ernst, die AfD ist brandgefährlich. Deren ständiger Tabubruch und die immer weiteren Eskalationen sind längst Stilmittel geworden. Die Delegitimierung des Parlaments ist ja nur ein Baustein. Die unabhängige Presse wird als Lügenpresse diffamiert und über die sozialen Netzwerke durch agitierende Propaganda zu ersetzen versucht. Die Justiz wird als korrupt dargestellt, die Wissenschaft attackiert. Die demokratischen Parteien werden als Altparteien diffamiert. Alles, was den Menschen Vertrauen gibt, was im Staat Halt gibt, wird systematisch madiggemacht.

Genährt von der Unsicherheit, von der Angst und vom Schüren von Vorurteilen war diese Strategie in den letzten Jahren durchaus erfolgreich. Es ist ja auch viel einfacher; Buhrufe sind lauter als Applaus. Wehret den Anfängen! Wir sind nicht mehr am Anfang. Es ist fünf vor zwölf, und es ist daher notwendig, dass sich die Mitte der Gesellschaft in allen Lebensbereichen äußert; kein Schweigen mehr, kein Beschönigen als Protestpartei oder Ähnliches.

Diese Partei ist durchsetzt mit Rechtsradikalen in Führungspositionen, mit einem Faschisten wie Höcke. Da gibt es keine Relativierung. Da gibt es auch keine Entschuldigung. "Ausländer-raus"-Rufe, die Causa Halemba, Schwadronieren vom Ermächtigungsgesetz usw. In Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen ist die Partei bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft,

(Zuruf des Abgeordneten Martin Böhm (AfD))

und ich frage mich: Was muss eigentlich bei der bayerischen AfD noch passieren, um diese Einstufung auch bei uns vorzunehmen?

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Mehr Prozente!)

Für mein Empfinden sind die roten Linien weit überschritten. Ich sage auch jenen Menschen, die glauben, ihnen bleibe im Moment bei einer Wahl nur die AfD: Wissen Sie was? Jede der sogenannten Altparteien ist für unser Land besser als eine Nazi-Partei. – Das muss jeder wissen, wenn er in der Wahlkabine sein Kreuz macht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CSU, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

2024,

(Christoph Maier (AfD): Linksfaschisten!)

ein richtungsweisendes Jahr für unser Land: Am 9. Juni entscheiden wir in freien, geheimen und gleichen Wahlen über die Zukunft Europas. Im Herbst stehen Landtagswahlen an, unter anderem in unseren Nachbarbundesländern Thüringen und Sachsen. Die Umfragen bereiten Sorgen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf der Abgeordneten Katrin Ebner-Steiner (AfD))

Viele Menschen in Bayern haben einen direkten Bezug nach Thüringen und nach Sachsen, in diese wundervollen Bundesländer.