Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich ganz herzlich – ich hoffe, dass sie schon anwesend sind – zwei Klassen des Schulzentrums an der Grenzstraße, auszubildende Bankangestellte und Versicherungsfachangestellte und Studenten der Hochschule Bremen.
(Drucksache 15/857) 1. Lesung 2. Lesung D a z u Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 23. Oktober 2001 (Drucksache 15/863)
Gemäß Paragraph 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt, ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU und den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit in die allgemeine Aussprache einbeziehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute liegen uns zwei Änderungsanträge zum Polizeigesetz vor, die erkennbar überhaupt nichts miteinander zu tun haben, die Einführung der sogenannten Rasterfahndung und das Wegweisungsrecht bei häuslicher Gewalt. Der einzige Berührungspunkt der beiden Regelungen ist die Zeit. In einem Fall können, in dem anderen Fall wollen wir nicht länger warten.
Meine Damen und Herren, nach den schrecklichen Ereignissen vom 11. September 2001 in New York und Washington sind viele Fragen an die Leistungsfähigkeit der materiellen und rechtlichen Instrumente zur Gewährleistung der inneren Sicherheit aufgeworfen worden. Im September hat die Bürgerschaft deshalb als eine erste Reaktion den Bereichen Inneres und Justiz notwendige Beschaffungen ermöglicht, um dem internationalen Terrorismus wirksamer begegnen zu können.
Im gesamten Bundesgebiet hat als eine erste polizeiliche Maßnahme zur Enttarnung von Mitgliedern terroristischer Organisationen eine vom Bundesminister des Innern und den Landesministern und -senatoren verabredete Rasterfahndung begonnen. Ob sie erfolgreich sein wird, können wir naturgemäß jetzt überhaupt noch nicht sagen.
In Bremen mussten wir feststellen, dass wir mit unserer im September in Kraft getretenen Novellierung des Polizeigesetzes die rechtliche Grundlage der Rasterfahndung aus überaus vernünftigen Gründen so weit eingeschränkt haben, dass Bremen sich ohne die heutige Gesetzesänderung nicht an der bundesweiten Maßnahme beteiligen könnte. Diese Auswirkung wollen wir vermeiden, deshalb heute die nach meiner Auffassung sehr behutsame Änderung des gerade in Kraft getretenen Polizeigesetzes.
Meine Damen und Herren, wir müssen alle diejenigen sehr ernst nehmen, die vom Hörensagen oder aus eigener Erfahrung die Erinnerung an das schlimme gesellschaftspolitische Klima in den siebziger Jahren mit der Bekämpfung des RAF-Terrorismus plagt. Viele von ihnen tun sich mit der Rasterfahndung sehr schwer, das ist zu respektieren. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass wir die Rasterfahndung 18 Jahre lang im Bremischen Polizeigesetz hatten, ohne dass es zu Missbrauchsfällen oder zu falschen Anwendungen gekommen ist.
Außerdem sind die rechtsstaatlichen Sicherungen im neuen Gesetz ungleich besser als im bisherigen. Die Rasterfahndung darf mit hohen materiellen An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
forderungen von der Polizei nur angeordnet werden, wenn der Senator für Inneres zustimmt. Damit wird besonders deutlich, dass der Senator die volle politische Verantwortung übernimmt. Mit der Zustimmung durch den Senator wird unverzüglich der Landesbeauftragte für den Datenschutz eingeschaltet. Polizei und Senator haben sich ebenfalls der Kontrolle durch den parlamentarischen Polizeiausschuss nach Paragraph 36 des Polizeigesetzes zu stellen. Dadurch ist auch nach meiner Auffassung eine präventive Wirkung zu erwarten. Wer schon bei Anordnung dieser Maßnahme weiß, dass er alles vor einem Parlamentsausschuss zu verantworten hat, wird sich noch einmal sehr gewissenhaft prüfen.
Nun wird unter anderem von Datenschützern aus unserem Parlamentsausschuss und vom Landesbeauftragten gefordert, mit dem Richtervorbehalt einen weiteren Schutz schon zu Beginn der Maßnahme in das Gesetz aufzunehmen. Dagegen sind gewichtige Einwände erhoben worden, ich will den aus meiner Sicht durchgreifenden beschreiben. Die größte Sorge, die sich mit der Rasterfahndung verbindet, ist nicht die unsachgemäße Durchführung durch die Polizei. Sorgen machen sich sehr viele, dass das gewählte Netz zu großmaschig sein könnte, dass der Filter, durch den alle Daten gehen, zu große Poren hat, dass also die Kriterien des Rasters die falschen sein könnten und zu viele Unbeteiligte ausgeworfen werden, die Betroffene weiterer polizeilicher Maßnahmen werden könnten.
Gerade dieses Raster aber liegt dem Richter beim so genannten Richtervorbehalt zur Genehmigung vor. Der dafür politisch verantwortliche Senator kann sich im Ausschuss immer auf das Urteil der unabhängigen dritten Gewalt berufen und sich so möglicherweise der Verantwortung entziehen. Deshalb plädiere ich dafür, auf den Richtervorbehalt zu verzichten, um die parlamentarische Kontrolle nicht zu verkürzen!
Eine weitere Anregung des Landesbeauftragten für den Datenschutz haben die Koalitionsfraktionen dagegen aufgegriffen. Auch bei der Rasterfahndung soll das Zweckbindungsgebot aus Paragraph 36 b Absatz 6 des Polizeigesetzes gelten.
Meine Damen und Herren, als zweite wesentliche Änderung des Polizeigesetzes schlagen Ihnen die Koalitionsfraktionen vor, das Wegweisungsrecht und Rückkehrverbot bei häuslicher Gewalt in das Polizeigesetz aufzunehmen. Wir haben darüber in den früheren Lesungen des Polizeigesetzes bereits intensiv und ausführlich gesprochen. Vor dem Hintergrund, dass nach einer UNO-Studie jede dritte Frau in Deutschland Gewalterfahrungen hat, ist eine gesetzgeberische Antwort auf gesellschaftliche Zustände, die für viele Frauen und auch für viele ihrer Kinder unerträglich ist, unerlässlich.
mit dem Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung. Dieses Gesetz hat am Donnerstag der vorigen Woche den Rechtsausschuss des Bundestages passiert. Die Annahme im Plenum in der ersten Novemberwoche ist nur noch ein formaler Akt. Deshalb können wir heute der Polizei das gefahrenabwehrende Instrumentarium an die Hand geben, um das neue Recht zugunsten und zum Schutz geschlagener Frauen und Kinder auch durchsetzen zu können.
Das neue Recht als Paragraph 14 a des Polizeigesetzes verwendet geschlechtsneutrale Formulierungen, auch wenn wir wissen, dass zum überaus überwiegenden Teil Frauen die Opfer und Männer die Täter sind. Absatz 1 ermöglicht der Polizei punktgenaue Regelungen, damit Täter aus ihren Rechten aus Artikel 14 oder Artikel 12 des Grundgesetzes keine Möglichkeit haben, Rechte gegen die Wegweisung herleiten zu können. Das Gesetz knüpft nicht an eheliche Bindungen an, geschützt werden können neben ehelichen oder nichtehelichen, gleichoder verschiedengeschlechtlich orientierten Lebenspartnerschaften auch Lebensgemeinschaften innerhalb familiärer Bindungen. Schutz gibt es auch für Mitglieder von Wohngemeinschaften, wie wir sie heute gerade auch bei älteren Menschen zur Sicherung der Versorgung des gemeinsamen Haushaltes vorfinden.
Mit den Absätzen 2 und 3 erwarten wir praktische Lösungen für viele Fälle, die Frauen immer noch ängstigen. Der Täter soll das Recht haben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen. Er soll eben nicht nach einigen Stunden vor der Tür stehen, um noch einige Sachen abzuholen, und das Drama fängt von vorn an.
Die Polizei soll sich unverzüglich eine Anschrift des Täters geben lassen, nicht nur, damit das Gericht weiß, wo es den Mann findet, sondern damit er eben nicht am nächsten Tag vor der Tür steht und nach seiner Post fragt. Die Polizei soll die Maßnahme zunächst für zehn Tage anordnen können, zehn weitere Tage sind möglich, wenn sich das Opfer an das Gericht wendet. Wir wollen auch, das beinhaltet der Antrag zu Paragraph 15 des Polizeigesetzes, dass die Wegweisung oder das Rückkehrverbot mit einer Gewahrsamnahme durchgesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren, mit der neuen Norm, die von Frauen, insbesondere auch den Frauen unserer Fraktion, schon sehr lange gefordert wurde, ändert sich die Welt für geschlagene Frauen vielleicht nur ein bisschen, vielleicht aber gerade das bisschen entscheidend. Das Wegweisungsrecht, darauf habe ich bereits einmal an dieser Stelle hingewiesen, ist nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zu
mehr Gerechtigkeit, gerade mit einem polizeilichen Instrument kann dieser Weg nicht abgeschlossen werden. Die Polizei kann helfen, den Frauen Luft zu verschaffen. Strukturen, in denen Männer sich als die unumschränkten Besitzer ihrer Frauen und Töchter fühlen dürfen, kann die Polizei allein nicht verändern. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aufgrund unserer Debatte über den Antrag „Internationalem Terrorismus konsequent und angemessen begegnen“ ist, glaube ich, deutlich geworden, dass in diesem Haus tiefe Betroffenheit über die Vorgänge vom 11. September 2001 herrscht. Genauso ist aber auch der Wille entstanden, gegen den Terror vorzugehen. Deshalb haben wir mit dem Antrag auch beschlossen, der Senat möge darstellen, welche zusätzlichen Mittel und Rechte den Sicherheitsbehörden eingeräumt werden müssen. Ein erstes Ergebnis dieses Auftrags liegt uns nun in Form des Änderungsantrags zum Bremischen Polizeigesetz, der Regelung zur so genannten Rasterfahndung, vor. Meine Damen und Herren, wie ernst die Situation ist, muss nicht weiter betont werden. Das uns umgebende Niedersachsen regelte ebenfalls die Rasterfahndung in seinem Gefahrenabwehrgesetz als Reaktion auf die Terroranschläge in den USA. Von daher, glaube ich, ist es auch kein Überreagieren, wenn der Senat uns die Einführung des Paragraphen 36 i, Datenabgleich mit anderen Dateien, sprich Rasterfahndung, vorschlägt. Es handelt sich hier um ein Fahndungsinstrument über Datenabgleich bei öffentlichen wie nichtöffentlichen Stellen. Analog der Strafverfolgungsregelung für die Rasterfahndung in der Strafprozessordnung ist dies eine präventivpolizeiliche Maßnahme, die im Polizeigesetz zu regeln ist. Von daher, denke ich, ist auch deutlich, dass die Bedenken, die hier und da aufgekommen sind, die Rasterfahndung könne in der Umsetzung zu weit gehen, zurückzustellen sind, denn die Strafprozessordnung hat erwiesen, dass mit der Rasterfahndung so umgegangen wird, wie es nach rechtsstaatlichen Prinzipien sein muss. Hamburg hat, darauf darf ich hinweisen, die Rasterfahndung am häufigsten praktiziert, und zwar mit Erfolg.
Dabei, und das wäre unter Umständen auch für Bremen überlegenswert, hat man eine Richtlinie von Po––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lizei und Justiz erarbeitet, die die Durchführung der Rasterfahndung regelt. Meine Damen und Herren, der vorgelegte Entwurf ist entscheidungsreif. Auch im Hinblick auf bundesweite gefahrenabwehrende Abgleiche muss das Bremische Polizeigesetz an dieser Stelle nachgebessert werden. Die Deputation für Inneres hat der beabsichtigten Änderung des Polizeigesetzes bereits zugestimmt. Auch in Anerkennung der datenschutzrechtlichen Hinweise hat sich die Deputation für den vorgelegten Entwurf entschieden. Deshalb bitte ich Sie, der Änderung des Polizeigesetzes, wie durch die Mitteilung des Senats vorgelegt, zuzustimmen. Der Bremer Entwurf orientiert sich im Übrigen an dem niedersächsischen Entwurf, der ausdrücklich auch keinen Richtervorbehalt vorsieht. Ich glaube auch, die eingebauten Kontrollen über Anordnungsbefugnis und parlamentarische Kontrollen stellen sicher, dass die Rahmen der Rasterfahndung streng eingehalten werden. Meine Damen und Herren, wir machen hiermit einen weiteren Schritt zur Optimierung der gezielten Gefahrenabwehr und Erleichterung der polizeilichen Fahndungsarbeit. An dieser Stelle gestatten Sie mir, wie auch in den bisherigen Polizeigesetzdebatten darauf hinzuweisen, dass wir gerade auch angesichts der terroristischen Gefahren noch eine Vakanz im Polizeigesetz aufweisen. Das ist die ereignis- und verdachtsunabhängige Kontrolle zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung wie zum Beispiel der organisierten Kriminalität oder mit internationalem Bezug. Diese so genannte Schleierfahndung, die sich bereits im Kampf gegen deutsche Terroristen wie Baader, Meinhof und Co. bewährt hat, wäre neben der BGS-Befugnis auf Bahnhöfen und auf Flughäfen, also in deren Zuständigkeitsbereich auch für die Bremer Polizei, besonders auch für die Wasserschutzpolizei im Hafenbereich Bremerhavens und so weiter, von Bedeutung.
Ich hoffe, dass wir im Laufe der Zeit auch hier erkennen, dass ein Nachregelungsbedarf besteht. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu dem zweiten Schwerpunkt unserer Änderung des Bremischen Polizeigesetzes kommen, Gefahrenabwehr bei häuslicher Gewalt, einem Thema, das uns auch schon geraume Zeit im Zusammenhang mit dem Polizeigesetz begleitet! Insbesondere die frauenpolitischen Vertreterinnen hier im Parlament haben ja sehr für diese Änderung gefochten, denn häusliche Gewalt ist ein Thema, das leider immer bedeutender wird, sie ist weiter verbreitet, als gemeinhin wahrgenommen wird. Die Dunkelziffer ist immens hoch. Die Koalition legt nun heute diesen Antrag vor, nachdem der Bund die Entscheidungsphase für bun