Protocol of the Session on September 18, 2002

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Meine Damen und Herren, wir setzen die Debatte um den Tagesordnungspunkt drei um 14.30 Uhr fort. Die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung 13.01 Uhr) * Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr. Vizepräsident Ravens: Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet. Auf dem Besucherrang begrüße ich recht herzlich eine Gruppe vom Gustav-Heinemann-Bürgerhaus aus Bremen-Nord. – Herzlich willkommen in unserem Haus! (Beifall)

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Wir setzen die Aussprache zu den miteinander verbundenen Tagesordnungspunkten und zur Förderung des Ehrenamtes im Sport fort.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute Vormittag haben wir viele lobende Worte über die Bedeutung des Sports, über die Bedeutung des Ehrenamts im Sport, gehört. Ich möchte darauf hinweisen, dass gerade der Sportbereich nach wie vor nicht gerade zu den üppig ausgestatteten Bereichen im Bundesland Bremen gehört. Ich möchte Ihnen das an einer kleinen Zahl vorweg deutlich machen: In Bremen wird nach wie vor viel Geld für viele Dinge ausgegeben. Der Containerterminal in Bremerhaven wird viel Geld verschlingen. Wenn die große Koalition sich darauf verständigen könnte, nur einen einzigen Meter dieses langen Containerterminals IV abzuzwacken und dem Sport das dafür zur Verfügung gestellte Geld zu geben, dann hätte der Sport 380 000 Euro mehr in der Tasche, und ich glaube, das wäre für den Sport gut angelegtes Geld, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Über die Bedeutung des Sports für unsere Gesellschaft sind wir uns im Grunde genommen fraktionsübergreifend einig. Sportvereine sind allem gesellschaftlichen Wandel zum Trotz ein unverzichtbarer Bestandteil einer funktionierenden und sozialen Gesellschaft, meine Damen und Herren.

Wir Grünen wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Wir wollen, dass möglichst viele junge, aber auch ältere Menschen in den Sportvereinen tätig sind. Wir wollen aber genauso, dass die vielen Ehrenamtlichen in Zukunft besser als bisher für ihr ehrenamtliches Engagement qualifiziert werden, und wir wollen auf jeden Fall, dass sie finanziell nicht noch daraufzahlen müssen, meine Damen und Herren. Da bin ich mir auch mit meinen beiden Kollegen Pohlmann und Gerling einig, dazu sind auch Schritte nötig hin zur Entbürokratisierung und zu Änderungen in Versicherungs- und Steuerfragen. Dies haben wir mit unserem gemeinsamen Antrag hoffentlich auf den Weg gebracht, Herr Senator.

Wir sind dafür, dass es eine Ehrenamtscard gibt, auch darauf hat mein Kollege schon hingewiesen. Wir sind sehr dafür, dass die Übungsleiterpauschale zukünftig auch auf lizenzierte Jugendleiter ausgeweitet wird, weil wir der Auffassung sind, wer im Sport Nachwuchs fördern will, der braucht gerade junge Übungsleiter, und junge Übungsleiter wiederum brauchen mehr als nur wärmende Worte, sie brau––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

chen auch finanzielle Unterstützung, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da wir bei der Übungsleiterpauschale sind, möchte ich doch auch noch einmal darauf hinweisen, dass sich die große Koalition in der Vergangenheit hier nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Alle Jahre das gleiche Spiel, die Übungsleiterpauschale wird im Haushalt gekürzt, gestrichen und so weiter, um dann hinterher mit großem Trara irgendwie dann doch wieder auf die Tagesordnung gehievt zu werden. Meine Damen und Herren, für die Übungsleiterinnen und Übungsleiter in Bremen ist dies ein unwürdiges Spiel, und damit muss unserer Meinung nach in Zukunft Schluss sein!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Sport unterliegt ebenso einem rasanten Wandel wie andere Bereiche unseres Gemeinwesens auch. Unsere Gesellschaft wird älter, sie wird zahlenmäßig nicht wachsen, der Anteil gerade junger Menschen, die sich an Vereine binden wollen, sinkt. Wertewandel, Individualisierungstendenzen gehen auch an den Vereinen nicht spurlos vorüber. Vor allem unter den Mannschaftssportarten gibt es rückläufige Zahlen bei den Jugendlichen. Wer Samstagabend in die Disco will, der mag womöglich Sonntagmorgen nicht zum Punktspiel antreten. Ich bin der Meinung, auf veränderte Lebensstile der Jugendlichen müssen auch Vereine zukünftig flexibler reagieren. Die Vereine brauchen zukünftig einen Schub an jungen Leuten, an jungen Mitgliedern, die nicht nur Sport treiben, sondern auch bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren. Dazu müssen sich meiner Meinung nach auch die Vereine ändern. Angebote zum Individualsport müssen erweitert werden, verkrustete Vereinsstrukturen müssen aufgebrochen werden, kleinere Vereine werden mittelfristig ihre Kräfte bündeln und miteinander kooperieren müssen. Die Sportvereine sind auf dem Weg, sich zu Dienstleistungsunternehmen zu verändern, und wir glauben, dass die Vereine in die Lage versetzt werden müssen, diese Aufgaben auch professionell zu erledigen. Dafür brauchen sie Qualifizierung, und dafür brauchen sie auch unsere politische Unterstützung, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Vor allem aber brauchen Vereine Planungssicherheit und angemessene Rahmenbedingungen für die Zukunft, und sie brauchen Verlässlichkeit der Politik. Dazu gehört für uns Grünen, dass das Sportförderungsgesetz nicht angetastet wird, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

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Für die Vereine ist von gravierender Bedeutung die Neuordnung des Liegenschaftswesens. Durch das von Ihnen, meine Damen und Herren von der großen Koalition, ins Leben gerufene Mieter-Vermieter-Modell, durch die Einsetzung der GBI als Vermieter aller öffentlichen Gebäude und Grundstücke entstehen für die Vereine zurzeit unlösbare Probleme, und diese gilt es zuallererst zu lösen, meine Damen und Herren. Da bin ich völlig einer Meinung mit meinem Kollegen Herrn Pohlmann.

Wer keine Turnhalle mehr für seine Sportlerinnen und Sportler hat, weil der Bildungssenator Sporthallen aufgeben will, wer nicht weiß, ob er zukünftig für die Nutzung von Sporthallen aus Mitgliedsbeiträgen Miete zahlen muss, der ist als Verein vor substanzielle Existenzprobleme gestellt, meine Damen und Herren, und dies finden wir Grünen unverantwortlich!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Probleme müssen Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition, lösen, wenn Sie Schaden von den Sportvereinen abwenden wollen. Dabei wollen wir Grünen Sie gern unterstützen.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wir kritisieren, dass zwecks Flächenoptimierung zum Beispiel ein integratives Konzept für das Schulgelände an der Lothringer Straße mit der benötigten Turnhalle zugunsten einer Verscherbelung des Grundstücks aufgegeben werden soll. Damit tun Sie meiner Meinung nach weder dem Stadtteil – in diesem Fall Schwachhausen – noch den Vereinen und den in ihnen tätigen Mitgliedern einen Gefallen.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Aber wir wollen das doch, das wissen Sie doch!)

Ja, dann tun Sie etwas dafür, Frau Hövelmann!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Da- ran arbeiten wir aber! Donnerstag im Bei- rat sprechen wir uns wieder!)

Das ist gut, da bin ich völlig Ihrer Meinung!

Meine Damen und Herren, was der Sport, was die Vereine und was die Ehrenamtlichen in den Vereinen mit Gewissheit nicht brauchen, ist eine Politik, die kurzerhand eine ganze Sportart, wie zum Beispiel die Leichtathletik, ihrer Basis beraubt, wie durch die überflüssige Tieferlegung des Weserstadions geschehen. Hier hat die große Koalition dem Sport großen Schaden zugefügt. Diese versenkten Millionen wären besser angelegt in die Sanierung von Turnhallen und Sportplätzen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sportlerinnen und Sportler brauchen gut ausgestattete Hallen und Plätze, um in Bremen und Bremerhaven breitensport- und spitzensportmäßig unterwegs zu sein. Wenn die Politik sie hierbei tatkräftig unterstützt auf dem Weg zu modernen und leistungsfähigen Vereinen, dann hat auch das Ehrenamt in der Zukunft eine Chance. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort Senator Dr. Böse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir dem Anliegen, das Ehrenamt zu fördern, besser dienen würden, wenn wir hier keine Wahlkampfreden halten würden, die im Übrigen auch Dinge enthalten, die so nicht stimmen, Frau Krusche.

(Beifall bei der CDU)

Wer sagt, dass der Leichtathletik in dieser Stadt die Basis entzogen wurde, der sagt ganz einfach nicht die Wahrheit, weil mit dem Platz elf, der neu ausgebaut wurde, und mit dem Burgwallstadion in Blumenthal ein Mehr da ist. Es geht um Veranstaltungen, die in dieser Stadt vielleicht alle sechs Jahre einmal stattfinden, und, Frau Krusche, Existenzprobleme müssen die Vereine nicht haben.

(Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist gut!)

Ich gebe gern zu, dass es hier im Bereich des Liegenschaftswesens unterschiedliche Aussagen gegeben hat. Wir haben Vertreter der GBI, des Finanzsenators und des Bildungssenators in der Sportdeputation vor Weihnachten gehabt, die gesagt haben, es bleibt alles beim Alten, es ändert sich nichts. Im Landesbeirat Sport haben wir dann gehört, dass es hier doch Unterschiede gibt.

Auch ich habe mich darüber geärgert, dass ein Gespräch nicht zustande kam, das meine Staatsrätin im Auftrag eben auch des Landesbeirats zu führen hatte. Wir haben für heute einen Termin auf Senatorenebene angesetzt, der auf Bitten von Herrn Senator Lemke verschoben wurde, weil er, wie Sie wissen, krank ist. Es wird schnellstmöglich nachgeholt, und eines sage ich Ihnen hier, ich werde dafür kämpfen, dass der Sport keine Nachteile dadurch erhält, dass Turnhallen umgebaut oder verkauft werden, an wen auch immer! Es gibt das Sportförderungsgesetz, und das sagt, dass hierfür Ersatz zu schaffen ist, und nicht nur Sie stehen für das Sportförderungsgesetz, dafür stehe vor allem auch ich und sage, dies bleibt so, wie es ist!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

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Meine Damen und Herren, ich habe das Glück und die Ehre, für die meisten ehrenamtlichen Tätigkeiten zuständig zu sein. Es ist ja nicht nur der Sport, sondern denken Sie an die freiwilligen Feuerwehren, denken Sie an die Hilfsorganisationen mit den Ehrenamtlichen, ob das das Technische Hilfswerk, das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter, die Malteser oder die DLRG ist! Für diese Bereiche, meine Damen und Herren, in unserer Gesellschaft, Herr Pohlmann, muss man nur der Fairness halber sagen, hat es nicht eine sechzehnjährige Immobilität gegeben, wie Sie sagen, und danach dann vier Jahre Aktivitäten.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Hat er nicht gesagt!)

Der Fairness halber muss man sagen, dass für das Ehrenamt gerade in der Zeit bis 1998 sehr viel getan wurde, auch was steuerliche Entlastung für diese Bereiche betrifft.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir haben gesehen, meine Damen und Herren, und das hat sich jetzt bei dem Hochwasser in Sachsen und Sachsen-Anhalt ganz besonders erwiesen, dass wir nicht genügend Ehrenamtliche haben. Eines unserer großen Probleme ist in der Tat die Nachwuchsgewinnung, und insofern müssen wir uns etwas einfallen lassen, denn wir haben in vielen Bereichen, und dazu gehört auch der Sport, nicht mehr genügend Nachwuchs, Jugendliche, die nachwachsen in all diese Bereiche, in denen für uns, für unsere Gesellschaft, für uns alle ehrenamtliche Arbeit geleistet wird.

Meine Damen und Herren, insofern bedarf das Ehrenamt hier der Hilfe, der Ermutigung und der Förderung. Dies gilt in besonderem Maße für den Sportbereich, in dem sich, darauf wurde bereits hingewiesen, die meisten Freiwilligen engagieren. Im Zusammenhang mit dem Wandel unserer Gesellschaft und auf dem Weg zur Etablierung einer zivilen Bürgerschaft gehören eben bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement zu den tragenden Säulen der Sportbewegung in Deutschland und natürlich auch hier in Bremen. Es wurde sehr eindringlich von Herrn Gerling dargestellt, dafür bin ich ihm sehr dankbar, dass hier Unterstützung für ehrenamtliches Engagement gewährt werden muss – das sage ich auch einmal als Innensenator, nicht nur als Sportsenator –, das dazu führt, dass eben Präventionsarbeit bei Jugendlichen geleistet wird und dass, Herr Pohlmann, da haben Sie völlig Recht, eben auch Integrationsarbeit von diesen Ehrenamtlichen in den Vereinen geleistet wird.