Herr Senator Perschau, ich habe gar nicht gedacht, dass Sie in dieser Sache so zahnlos sind und sich so wenig gegen Ihre Fraktion, die Sie als Senator auch aufgestellt hat, haben durchsetzen können, weil auch die Anhörung noch einmal gezeigt hat, dass es keinerlei Gründe gibt, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.
Es sind keine übermäßigen Kosten entstanden, was immer ein allseits beliebtes Argument ist, um Gesetze hier abzulehnen. Die Verwaltungsmitarbeiter in Berlin, in Brandenburg, in Schleswig-Holstein sind nicht in den Streik getreten und haben gesagt, das ist völlig unmöglich, was uns die Politik hier zumutet, sondern es wird aus der Verwaltung zurückgemeldet, jawohl, das macht die Zusammenarbeit mit den Bürgern einfacher, es gibt weniger Einwände gegen Bauvorhaben, es gibt weniger Probleme, wenn es um Flächenversiegelung geht, weil die Bürger einfach leichter durchschauen können, was die Verwaltung und die Politik planen.
Liebe große Koalition, wir bedauern es außerordentlich, dass dieses gute, zeitgemäße Gesetz, für das wirklich zwei Aktenordner, die wir alle aus dem Medienausschuss an Unterlagen haben, voller guter Argumente sprechen, abgelehnt wird, und wir bedauern, dass die CDU-Fraktion immer noch das preußische Prinzip der Heimlichtuerei in der bremischen Verwaltung hochhält.
Ich finde das nicht übertrieben, ich finde das angemessen, denn schließlich ist die Verwaltung für den Bürger da und nicht der Bürger für die Verwaltung.
Wir werden gleich Argumente hören von Herrn Knäpper, dass man die Erfahrungen aus anderen Bundesländern abwarten muss, das sagt die CDU übrigens in jedem Bundesland. Vielleicht hören wir hier noch ein paar neue Argumente, und man wird sagen, die anderen Länder werden ihre Gesetze noch einmal reformieren. Wir haben das nicht als Hinderungsgrund empfunden, dem Gesetzentwurf der Grünen heute hier zuzustimmen. Auch der Bremer Landesbeauftragte für Datenschutz, ein Experte in dieser Sache, hat ausdrücklich mit seinem Berliner Kollegen für diese Regelung geworben. Herr Lühr durfte in der Anhörung augenscheinlich nicht so reden, wie er wollte. Das kann man wohl sagen. Die Bremer Verwaltung hatte einen eigenen Gesetzentwurf, Kollege Schildt hat es angesprochen. Der durfte dann doch nicht in die Bürgerschaft eingebracht werden, obwohl, soweit ich weiß, Herr Perschau ihn für außerordentlich gelungen gehalten hat.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden heute in erster Lesung ein gutes Gesetz aus schlechten Gründen ablehnen. Wir hätten uns gewünscht, dass sich die SPD hätte stärker durchsetzen können und sich nicht verhält wie ein Seidenpinscher, der aufgeschreckt davonläuft, sobald die CDU in dieser Frage die Muskeln spielen lässt.
Vielleicht ist Ihnen dieses Gesetz nicht so wichtig wie uns. Uns ist dieses Gesetz wichtig, und wir wissen, auf Bundesebene wird es in den nächsten Monaten, das hat die rotgrüne Bundesregierung festgeschrieben, noch einmal ein Bundesdatenschutzgesetz geben. Wir wissen, dass ab Mai 2003, ich hoffe es, ich auch wieder hier stehen werde, Herr Herderhorst, und ich werde Sie wieder mit meinem Gesetzentwurf begrüßen, weil er in der Sache völlig richtig ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stahmann, ich wusste ja, was kommt. Ich schätze Sie als liebenswerte Kollegin im Ausschuss, aber Sie wissen ja, wie unsere Meinung dazu ist. Ich möchte ein paar Anmerkungen machen und auf Ihre Rede hier antworten.
Informationen, ob sie sich in Akten oder in elektronischen Datenträgern befinden, sind immer ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, das ist klar. Wir haben in der letzten Zeit ausgiebig über dieses, ich sage ausdrücklich, Informationszugangsgesetz debattiert und uns die Zeit genommen, um eine Anhörung durchzuführen. Der Medienausschuss, aber auch der Datenschutzausschuss hat sich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
mehrmals damit befasst, und es ist so, wir sind zwar in einigen Punkten konform gewesen, aber einige Dinge waren doch vorhanden, von denen wir sagen, nein, so geht es nun nicht.
Fakt ist natürlich, und das haben Sie auch erwähnt, dass dieses Gesetz in Schleswig-Holstein eingeführt worden ist, in Brandenburg, in Berlin und jetzt neuerdings in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem muss ich sagen, die Bundesregierung, die dieses Gesetz sogar in ihrer Koalitionsvereinbarung hatte, ist noch nicht so weit. In der letzten Legislaturperiode ist dieses Gesetz gescheitert, weil aus einigen SPD-Ressorts Widerstand in Berlin geleistet wurde, das ist Tatsache.
Wer meint, wir müssten jetzt dieses Gesetz hier in Bremen unbedingt haben, dem halte ich entgegen, dass der Zugang zu behördlichen Informationen auch jetzt in Bremen nicht ausgeschlossen ist.
Ich komme gleich darauf zurück. Sie müssen das Verwaltungsverfahrensgesetz einmal richtig lesen, und ich werde Ihnen gleich auch noch einmal aufführen, wo das überall steht, wo Sie schon Auskunft bekommen.
Jede Behörde hat entsprechende Anträge bei Einführung eines Gesetzes nach pflichtgemäßem Ermessen zu bescheiden. Im Einzelfall unterscheiden sich daher die faktischen Möglichkeiten des Informationszugangs oft nur geringfügig von den Möglichkeiten in den Bundesländern mit einem gesetzlich verankerten Informationsanspruch, der dann durch zahlreiche Ausnahmen zum Schutz persönlicher Daten, von Betriebsgeheimnissen oder, wenn ich an den Verfassungsschutz denke, in staatlichem Interesse eingeschränkt wird. Wir müssen daran denken, denn das Recht auf Informationszugang steht in einem Spannungsverhältnis zum Datenschutz, und das werden Sie wohl auch nicht bestreiten können.
Das würde heißen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Konzeption eines Informationsfreiheitsgesetzes, wie es Bündnis 90/Die Grünen hier in Bremen einfordert, muss deshalb sichergestellt werden, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ebenso gewahrt bleibt wie etwa das Betriebsund das Geschäftsgeheimnis sowie das Steuer- und Statistikgeheimnis.
Im Bund, und ich möchte das noch einmal eben anführen, ohne die ganzen Argumente zu wiederholen, die ich bei meinen Ausführungen am 24. Oktober 2001 hier im Haus vorgetragen habe, sollte nach den Vorstellungen des Bundesinnenministeriums für die Informationszugangsrechte ein eigenständiges Gesetz geschaffen werden. Dies ist gescheitert. Ohne Zustimmung des Bundesrates kann der Bund allerdings nur eine Regelung für die bundeseigene Verwaltung und die Bundesauftragsverwaltung erlassen.
Nun liegt der Schwerpunkt der Verwaltungstätigkeit in Deutschland bei der landeseigenen Ausführung von Bundesgesetzen. Es wäre daher wünschenswert, so sehe ich es, ein zustimmungsbedürftiges Gesetz zu schaffen, das auch für den Vollzug von Bundesrecht als eigene Angelegenheit der Länder gilt.
Darüber hinaus sollte eine Simultangesetzgebung von Bund und Ländern erwogen werden. Da sperren wir uns gar nicht. Damit könnte man einheitlich, das ist meine persönliche Anregung, und dies müsste auch juristisch noch bewertet werden, Informationszugangsrechte auch für den Vollzug von Landesrecht schaffen. Selbst wenn dies jedoch nicht zu verwirklichen ist, hätte ein Informationszugangsrecht des Bundes zumindest Modellcharakter für die Länder. Ein Gleichklang zwischen Landes- und Bundesrecht ist aus Gründen der Rechtsvereinfachung wie bei den Verwaltungsverfahrensgesetzen erstrebenswert. Hier habe ich allerdings zu bemerken, dass dies in unserem System nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Auch empfiehlt es sich nicht, wie beim Deutschen Juristentag gefordert, ein Datenschutzrecht in ein Informationsgesetz zu integrieren. Längerfristig, so meine ich, könnte allerdings erwogen werden, ein Informationsgesetzbuch als übergreifende rechtsbereinigende, rechtsharmonisierende Kontinuation des Informationsrechts des Bundes zu konzipieren.
In Brandenburg, aber auch in Berlin, und das wissen Sie, so steht es im Gesetz, hat man dem Zusammenhang zwischen Informationszugang und Datenschutz dadurch Rechnung getragen, dass die Aufgabe des neu bestellten Beauftragten für das Recht auf Akteneinsicht in Personalunion vom Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen wird. Sollte dies in Bremen auch übernommen werden, bedeutet dies beim Landesbeauftragten für Datenschutz mehr Personal, denn schon jetzt wird durch das neue Bundesdatenschutzgesetz Mehrarbeit auf die Behörde zukommen.
Informationen übrigens, das möchte ich noch einmal kurz anmerken, hier in Bremen von den Gesellschaften gibt es zusätzlich von Bremen Online, mit über 23 Millionen Zugriffen auf Seiten von bremenonline.de im August 2002 sogar ein neuer Rekord!
Seit 1996 läuft diese Sache. Die erste Million mit Zugriffen auf die Datenbanken wurde im letzten Quartal 1998 erreicht, die Zehn-Millionen-Grenze drei Jahre später überschritten. Die Kosten für diesen Service werden von der Verwaltung selbst getragen. Jetzt werden Sie sagen: Warum sagt er das denn alles, und was hat das denn überhaupt mit dem Informationsfreiheitsgesetz zu tun oder, wie ich zu sagen pflege, Informationszugangsgesetz?
Grundsätzlich gegen die Einführung eines Informationszugangsgesetzes spricht, dass bereits das geltende Recht Zugang zu Informationen bei Vorliegen berechtigter Interessen gewährt. Dies gewähr
leistet auch, dass die Belastung der Exekutive und damit der öffentlichen Haushalte durch den mit einem allgemeinen Informationszugangsrecht verbundenen Verwaltungsaufwand in angemessenem Verhältnis zu den Informationsbedürfnissen der Öffentlichkeit bleibt. Außerdem erkenne ich das Argument der Einführung dieses Gesetzes nicht an, ein Informationsfreiheitsgesetz, das wird immer wieder vorgetragen, würde einen erheblichen Beitrag zur Aufdeckung beziehungsweise Verhütung von Korruption bringen. Die Täter, ich sage Ihnen das nur, sind in diesem Fall besonders bemüht, keine Spuren zu hinterlassen, das kann ich Ihnen jetzt schon versichern.
Herr Dr. Kuhn, können Sie mir sagen, ob Sie einen Korruptionsfall kennen, der in Schleswig-Holstein, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen seit Einführung dieses Gesetzes dazu beigetragen hat, Straftaten in diesem Bereich aufzuklären? Dann nennen Sie mir doch einen! Sie wissen doch, wie das Schaugeschäft hier läuft!
Vielmehr, so meinen meine Fraktion und ich, wäre nicht auszuschließen, dass ein allgemeines Informationszugangsrecht von Kriminellen beziehungsweise extremistischen Organisationen missbraucht wird, um Ermittlungen und Erkenntnisse der Behörden auszuforschen. Tatsächlich sprechen die praktischen Erfahrungen in den Ländern mit einem Informationsfreiheitsgesetz eine andere Sprache, so die Datenschutzbeauftragten dieser Länder.
Sie ziehen eine positive Bilanz. Sie sagen, dieses Gesetz wird von der Bevölkerung angenommen und wird unproblematisch angewandt, verschweigen aber die Klagen, die schon geführt wurden beziehungsweise anstehen, wo Behörden Informationen aus vielerlei Gründen nicht herausgegeben haben. Es gibt neuerdings gerade in Köln einen Fall mit einem Apotheker, der die Stadt Köln verklagen will, weil Baumaßnahmen zu lange dauern.
Auch in Schleswig-Holstein ist es der Fall, übrigens mit Scientology, und in Berlin hat die Polizei auch
Darum haben wir uns auch im Vorfeld mit Einwänden und Befürchtungen verschiedenster Art auseinander gesetzt im Datenschutzausschuss, aber auch in Gesprächen mit meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen. Wir lehnen die Einführung des Gesetzes zum jetzigen Zeitpunkt in Bremen ab, weil wir die Verwaltung verschlanken und nicht zusätzlich mit Kosten und zusätzlichem Personal belasten wollen. Wir lehnen das Gesetz ab, da behördliche Entscheidungsprozesse durch Zugänglichmachen vorbereiteter Dokumente in den Fällen beeinflusst oder gestört werden, in denen ein Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, und wir befürchten, dass ein unübersehbarer, unkalkulierbarer Verwaltungsaufwand entstehen wird. Wer gibt uns die Garantie, dass bremische Behörden nicht durch Jux und Tollerei durch einige Bürger geradezu dazu aufgefordert werden! Wir haben die Befürchtung, dass da Behörden auch irgendwie lahmgelegt werden.