Protocol of the Session on December 11, 2002

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Ich sage das sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen Gründen, denn hier muss ökonomisch eine Infrastruktur vorgeleistet und dargebracht werden, sie braucht eine gewisse Ausnutzung. Das wird schwieriger, auch volkswirtschaftlich schwieriger, wenn man breit in die Flächen geht mit der Siedlungsentwicklung, und ökologisch ergibt sich das Ganze von selbst.

Von daher finde ich, in dieser Debatte über schrumpfen oder wachsen muss man sich die Fakten anschauen, und dann muss man sich überlegen, wie man es politisch so macht, dass man gestärkte Städte hat, gestärkte städtische Räume erhält.

Da beobachte ich, dass wir doch in den letzten Monaten hier in Bremen eine vernünftige und gute Diskussion haben auch über die Frage unseres Sanierungsziels. Das Sanierungsziel hat immer gesagt, Arbeitsplätze und Einwohner. Das ist nach wie vor richtig. Gegeneinandersetzung will keiner, wollte nie jemand.

Nur, in der realen Politik, da sollten wir uns auch nichts vormachen, haben wir überwiegend die Frage von Wirtschaftskraftstärkung und Arbeitsplätzen thematisiert. Hier und da ist es erforderlich, und das,

finde ich, machen die Antworten des Senats auf beide Anfragen gut deutlich, die Frage der Einwohnersicherung stärker zu akzentuieren. Das haben wir als SPD-Fraktion in den letzten Wochen und Monaten gemacht, und das ist gut so. Das sollten wir weiter verfolgen.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang will ich gern einmal aus aktuellem Anlass auf den heutigen „Weser-Kurier“ verweisen, auf das Gespräch mit Professor Rudolf Hickel und – er ist mittlerweile, glaube ich, auch Professor – Erich Röper, früherer Fraktionsgeschäftsführer der CDU. Beide machen noch einmal sehr genau den Akzent deutlich, wie wichtig es ist, auf die Frage der Einwohnersicherung zu setzen. Professor Röper – ich würde mir wirklich wünschen, dass sich diese Botschaft weiter verbreitet – verweist auch noch einmal auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil und die Bedeutung, dass dort Einwohner eine Kerngröße sind. Das gehört in eine richtige Diskussion und, ich glaube, auch in den heutigen Zusammenhang.

Wenn wir jetzt noch einmal bei der Frage schrumpfen oder wachsen sind: Was wird sich denn sonst verändern? Ich will mich dann auch gern noch einmal auf den „Weser-Kurier“ beziehen, weil wir in den nächsten Jahren ja mit einer ganzen Reihe, auch das geben beide Antworten her, demographischer Veränderungen konfrontiert sein werden. Wenn wir dieses Ziel, stabile Städte, erreichen wollen, müssen wir politisch die Steigerung urbaner Qualität und damit auch der Lebensqualität in den Städten ganz nach vorn stellen und ihr eine große Bedeutung geben.

(Beifall bei der SPD)

Der „Weser-Kurier“ hat in dem Zusammenhang am letzten Freitag, am 6. Dezember 2002, über das Projekt Bremen 2030 berichtet. Das blickt sozusagen etwas weiter als das, was wir vielleicht hier heute in den beiden Großen Anfragen haben. Er hat in dem Zusammenhang Bremen 2030 ein bisschen von den Stadtentwicklungsgesprächen berichtet, die jetzt gerade zu Ende gegangen sind, und hat angekündigt, dass aus einem Arbeitsstab, geleitet von Professor Mückenberger, die beiden Bürgermeister Scherf und Perschau wohl noch im Frühjahr 2003 ein paar Ergebnisse öffentlich machen wollen.

Ich möchte hier gern die Veränderungen, die dort thematisiert sind, mit Erlaubnis des Präsidenten ansprechen, weil das, worauf wir uns als Stadt mit urbanen Qualitäten und Lebensqualität einstellen müssen, dort von Professor Mückenberger in vier Punkten gut zusammengestellt worden ist.

Der erste Punkt ist, dass noch einmal sehr darauf verwiesen wird, dass wir ja schon heute mit einer

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(B) (D)

Stadt unterschiedlicher Geschwindigkeiten und Zeiten konfrontiert sind. Dort ist immer das so genannte 24-Stunden-Quartier in Rede. Wir haben heute morgen die Frage der Ladenschlusszeiten oder Ladenöffnungszeiten diskutiert. Das ist in diesen Zusammenhang zu stellen und noch einmal auf den Aspekt zu schauen, dass daraus auch Anforderungen entstehen, das Wohnen und das sonstige Leben verträglich zu machen, weil nicht genau zusammenpassende Zeitmuster auf uns zukommen. Das wird eine erste Herausforderung sein, die auch mit dieser Demographie zusammenhängt.

Der zweite Punkt ist der Hinweis darauf, dass Kinder und insbesondere Familien und ältere Menschen, Senatorin Röpke hat es heute Morgen gesagt, in dieser immer schnelleren Zeit Zonen der Entschleunigung, wie sie es genannt hat, brauchen. Wir müssen dafür sorgen, das hat viel mit Wohn- und Wohnumfeldqualität zu tun, dass wir uns auch in der Stadt Zonen der Entschleunigung erlauben und im positiven Sinne leisten.

Der dritte Punkt, der dort genannt wird, ist, dass wir natürlich mehr ältere Bewohnerinnen und Bewohner haben werden. Das bringt Anforderungen an Gesundheits- und Pflegedienstleistungen mit sich. Darin muss auch ein Investitionsschwerpunkt liegen, in die Richtung müssen wir unsere Investitionspolitik umbauen.

(Beifall bei der SPD)

Der vierte Aspekt ist dann die schon erfolgte Zunahme von Ein- und Zweipersonenhaushalten. In Bremen sind mittlerweile über 55 Prozent aller Haushalte, die Ein- und Zweipersonenhaushalte sind, Alleinerziehende, ältere Menschen, junge Menschen, Studentinnen und Studenten und viele andere. Der Bedarf an personenbezogenen Dienstleistungen steigt. Darauf müssen wir auch einen politischen Akzent setzen.

Ich will den Kurs jetzt gern noch einmal an drei Punkten skizzieren, um die es uns politisch gehen muss. Der erste Aspekt ist der der Wohnungsbaupolitik und Wohnungsförderung. Ich will vorwegschicken, es wird, das sagt auch Gewos, weiter einen Bedarf an Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Reihenhäusern geben. Da wird es einen Neubaubedarf geben.

Ich glaube, wir, und das will ich zu aller Kritik sagen, stehen in guten Schuhen da. Gewos sagt ausweislich der Studie und auch der Senatsantwort, dass wir in Bremen, und ich beziehe mich auf die Stadt Bremen, bis zum Jahr 2015 einen Neubaubedarf von 16 000 Wohneinheiten haben. Wir wissen, dass wir bis zum Jahr 2010 allein für 21 000 Wohneinheiten Flächen sozusagen in der Vorhaltung, in der Ausweisung haben. Wir stehen also in der Flächenbevorratung sehr gut da und können mehr bieten, als Gewos in seiner Prognose vorhersagt. Ich glaube,

es ist gut, wenn man auf die Bedingungen, die auf uns zukommen, gut vorbereitet ist.

Ich möchte in dem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es nicht nur um das Eigentum gehen wird. Wir werden vielleicht nicht unbedingt im Neubausektor, aber in den anderen Bereichen darauf zu achten haben, dass nach wie vor ein ordentliches Angebot auch im Einfamilien- und Reihenhausbereich an Mietwohnungen vorhanden ist. Eine ältere Gewos-Studie aus Mitte der neunziger Jahre hat gesagt, dass über 50 Prozent derer, die nach Niedersachsen abwandern, dort in die Miete gehen, also nicht nur ins Eigentum. Wir haben nicht nur ein Eigentumsproblem, sondern wir müssen, das sage ich auch als Sozialdemokrat, sehr darauf achten, dass wir auch für die Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt und die Leute, die es bleiben wollen, ein vernünftiges Angebot vorhalten.

Ein Punkt soll in dem Zusammenhang sein, dass wir natürlich auch für diesen Bedarf des Neubaus und des Eigentumsneubaus etwas vorhalten. Der zweite Punkt soll sein: Wir müssen den Wohnraum im Bestand erneuern. Wir müssen dafür sorgen, dass das, was wir teilweise an gewachsenen Strukturen haben, modernisiert und umgebaut wird. Das sagen die Studien ganz genau.

Jetzt hat Kollege Pflugradt noch einmal darauf hingewiesen, dass wir mit der Modernisierung sozusagen nicht einfach bestehende Gesellschaften subventionieren dürfen. Der Auffassung bin ich auch. Ich finde, wir machen uns auf einen guten Weg, obwohl wir das innerhalb der Koalition noch leidenschaftlich und ernsthaft diskutieren. Wir haben es aber bis jetzt geschafft, das Wohnraumförderungsprogramm auf den Weg zu bringen. Ich halte das für richtig und gut, auch mit dem entsprechenden vernünftigen Anteil an Modernisierung, und wir haben uns in der Baudeputation vorgenommen, den Modernisierungsteil noch zu präzisieren. Ich sage, wir müssen das präzisieren, aber wir müssen daran festhalten.

Wir müssen den eigentlichen Schwerpunkt öffentlicher Förderung in den Engpass hineinschieben. Der Engpass wird die Modernisierung und die Neugestaltung der Wohnquartiere sein. Darum bin ich der Auffassung, dass Eigentum verpflichtet. Das sage ich auch jedem Wohnungsbauunternehmen. Es heißt aber auch, dass, wenn wir öffentliches Geld in die Hand nehmen, wir es in Bremen in den Bestand lenken und nicht in die Richtung, wo es eventuell sowieso Überangebote gibt. Im Zusammenhang damit, dass Eigentum verpflichtet, will ich sagen, dass auch die Entwicklung in Bremen, glaube ich, deutlich macht, dass es sehr gut ist, wenn wir Einfluss auch auf die Akteure am Markt, gerade am Wohnungsmarkt, haben.

(Beifall bei der SPD)

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(B) (D)

Ich finde es richtig, dass Bremerhaven die Stäwog hält und damit ein Instrument hat. Ich finde es richtig, dass wir die Gewoba und öffentliches Eigentum halten, um da vorausschauend Politik in diesem Sinne zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weil ich sehe, dass das Licht hier schon aufleuchtet, will ich zum Schluss nur kurz einen zweiten Punkt ansprechen. Ich habe jetzt über die wohnungspolitische Frage gesprochen. Es ist mindestens genauso zentral, wenn nicht noch bedeutender, dass wir uns den Stadtquartieren zuwenden

(Beifall bei der SPD)

und dort eine Erneuerung in Gang setzen und weiter stärken. Die Bausenatorin hat die Senatsinitiative „Pro Stadtteil“ gut vorangebracht. Wir als SPDFraktion haben uns für die nächste Legislaturperiode richtig vorgenommen, dies aufzunehmen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen ein Programm. Wenn es richtig ist, dass wir uns verstärkt um die Einwohner kümmern sollen, dann müssen wir einen Investitionsschwerpunkt vitale Stadtviertel haben. Wir brauchen so etwas.

(Beifall bei der SPD)

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns für die jetzige Legislaturperiode vorgenommen, das ordentlich vorzubereiten und für die nächste Legislaturperiode aus dem ISP oder dem Anschlussinvestitionsprogramm 100 Millionen Euro dafür herauszuzwacken, zu gewinnen, herauszuziehen, die wir dann vernünftig investieren. Das ist, glaube ich, zum Wohl beider Städte und zum Wohl der Sanierungspolitik. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Krusche, dass ausgerechnet Sie vom Bündnis 90/Die Grünen den Geburtenrückgang bemängeln, verwundert mich doch schon sehr. War es nicht ausgerechnet Bündnis 90/Die Grünen, das eine zügellose und wahllose Abtreibung unterstützt und sogar noch gefördert hat?

(Unruhe)

Es verwundert mich doch schon sehr.

Meine Damen und Herren, wir leben in einem Zeitalter der politischen Eiertänzer, denn es besteht

ein gemeinsames Verschweigen der drohenden Katastrophe. Tatsache ist doch, es ist irgendetwas faul im Staate Deutschland, wenn ich aus der Großen Anfrage mit der Drucksachen-Nummer 15/1227, demographischer Wandel und Stadtentwicklung, entnehmen muss – im Übrigen sind die genannten Zahlen in der Großen Anfrage nichts Neues für die Deutsche Volksunion, wir haben schon vor Jahren vor dieser Entwicklung gewarnt –, dass die heutige Einwohnerzahl von zirka 82 Millionen Bundesbürgern in 50 Jahren auf sage und schreibe 65 Millionen Einwohner in Deutschland verringert wird. Das bedeutet für mich, dass die deutsche Bevölkerung in 50 Jahren im eigenen Land eine noch größere Minderheit darstellen wird, als sie es heute schon ist.

(Unruhe)

Vor dieser von Multkulti-Wahnsinnigen selig herbeigesehnten und ja nun auch wahrscheinlich wahr werdenden Traum-Wahnvorstellung hat die Deutsche Volksunion Sie schon immer gewarnt. Einige Gründe für diese Katastrophe haben Sie ja zum Teil schon richtig erkannt.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Ei- ner steht da!)

Ein Grund für die Abnahme liegt in einer höheren Sterbe- als Geburtenrate. Statistiken gehen von der Annahme aus, dass die Geburtenrate auch in den nächsten Jahrzehnten auf dem sehr niedrigen Niveau von knapp 1400 Kindern je 1000 Frauen verharren wird. Dass von diesen 1400 Kindern der größte Teil ausländische Kinder darstellen wird, brauche ich hier ja wohl nicht noch extra zu erwähnen. Darum sage ich in aller Deutlichkeit: Betreiben Sie schnellstens eine viel bessere deutsche Familienpolitik, denn Deutschland soll und muss das Land der Deutschen bleiben, und das nicht nur bis zum Jahr 2050, nein, sondern für immer!

Damit wir uns hier gleich richtig verstehen: Es geht hier nicht darum, andere Völker in irgendeiner Art und Weise abzuwerten.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Sondern?)