Die Stadtteile aufzuwerten, zu stabilisieren, leer stehenden Wohnraum und Büroraum für neue Nutzung umzufunktionieren, das Wohnumfeld den Menschen, den Interessen der Menschen anzupassen, in diese Richtung muss es gehen, und dazu werden in der Antwort des Senats auch Vorschläge gemacht. Darüber hinaus wird es darauf ankommen, die Ausweitung von Dienstleistungsangeboten in den Stadtteilen voranzubringen, Existenzgründerinnen preiswerte Flächen zur Verfügung zu stellen, aber auch das Experimentieren mit interessanter Architektur, mit neuen Wohnformen, das sind Wege, womit man neue Bürgerinnen und Bürger auch für die Stadtteile gewinnen kann.
Aber genauso wichtig ist es auch, Menschen vom Verkehr zu entlasten. Gerade der wachsende Verkehr in Wohngebieten ist einer der vielen Gründe, die die Menschen aus ihren Stadtteilen vertreibt. Wir würden es uns wünschen, wenn alles in Zukunft dazu getan würde, Wohnen und Arbeiten wieder enger zusammenzuführen. Für uns geht es darum, die urbanen Qualitäten der Städte zu stärken und vor allen Dingen auch in das Bewusstsein der Menschen zu rücken. Das ist aus unserer Sicht die beste Art, die Menschen in Bremerhaven und Bremen zu halten und zu verhindern, dass sie in das Umland abwandern.
Umgesteuert werden muss auch in der Verkehrspolitik. Leider sagt zu diesem Feld die Antwort des Senats wenig oder eigentlich gar nichts aus. Wir glauben, dass es falsch ist, dass die große Koalition Hunderte von Millionen Euro in den Ausbau immer neuer Verkehrsinfrastruktur pumpt, weil dies den Eindruck erweckt, als wären wir eine expandierende Me
tropole, aber allen ist klar, wir sind es nicht, und immer mehr Straßen für immer weniger Menschen zu bauen, das rechnet sich weder aus ökologischen noch aus ökonomischen Gründen.
Den größten Beitrag, den die Politik zur Vermeidung von Verkehr leisten kann, ist meiner Meinung nach die Arbeit an einer Stadt der kurzen Wege. Wir wünschen uns so viel Nachbarschaft von Wohnen und Arbeiten wie möglich. Dazu ist es notwendig, dass es einen attraktiven ÖPNV gibt, das ist uns, glaube ich, allen klar. Aber auch die Wohnungsbaupolitik und die Gewerbeflächenpolitik müssen sich daran orientieren. Jeder Bürger, der in die Straßenbahn steigt und nicht in das Auto, bedeutet eine Entlastung der Straßen vom motorisierten Verkehr.
Dann will ich darauf hinweisen, wir alle wollen ja die Hafenreviere weiterentwickeln. Sie sind für uns die zentrale Fläche, auf der in den nächsten Jahren Wohnen und Arbeiten wieder zusammengeführt werden können. Hier ist eine neue Straße geplant. Das Stephaniviertel und die Hafenvorstadt sollen mit dieser neuen Straße verbunden werden. Das wäre für uns so ein Punkt, bei dem ich sage, es macht keinen Sinn, nur eine Straße zu bauen, sondern zeitgleich auch eine Straßenbahn, denn dort, wo eine Straßenbahn fährt, besteht die beste Chance, dass Menschen sagen, ja, da gibt es eine vernünftige Anbindung, und dort kann man dann auch vernünftige Wohnungsbaugebiete errichten.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Freiburg macht das zum Beispiel! – Glocke)
Ich komme zum Schluss! Meine Damen und Herren, insgesamt zeigt die Antwort des Senats die Richtung auf, in die die Stadtentwicklungspolitik in den nächsten Jahren gehen muss, wenn sie die Bevölkerungsentwicklung zu ihrer Grundlage macht. Das begrüßen wir Grünen, aber wir erwarten nun auch vom Senat, dass er danach handelt. Die Zukunft Bremens und Bremerhavens liegt nicht in erster Linie im Ausbau, sondern im Umbau unserer beiden Städte. Wir brauchen starke Stadtteile und vitale Innenstädte. Nicht wenige Großprojekte wie in den letzten Jahren, sondern viele dezentrale kleine Projekte werden unsere Städte stärken und fit machen für die Zukunft. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Krusche, bevor ich zu dem komme, was ich sagen will, möchte ich doch eine kurze Bemerkung zu Ihren Ausführungen machen. Es ist in der Tat richtig, wenn man Ihre Politik in den letzten sieben oder acht Jahren umgesetzt hätte, dann wären wir eine schrumpfende Stadt. Das Gegenteil ist der Fall, jedenfalls was Bremen in den letzten zwei Jahren anbetrifft. Wir haben einen Einwohnerzuwachs gehabt, und das ist das Ergebnis der großen Koalition, nicht das Ergebnis Ihrer Politik!
Ihre Politik führt immer zu einer schrumpfenden Stadt, weil Sie den Zusammenhang zwischen Arbeitsplätzen und Wohnungsbau nicht begriffen und nicht verstanden haben und deswegen auch nicht zu den richtigen Schlussfolgerungen kommen.
Meine Damen und Herren, wir debattieren hier einerseits die Anfrage der Grünen, aber auch die Anfrage von CDU und SPD zur Entwicklung und Förderung des Wohnungsmarktes. Es gab im letzten Jahr zwei Untersuchungen, die der Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen in Auftrag gegeben hat, zwei dicke Bände. Einmal geht es um eine Studie zur Entwicklung des Wohnungsmarktes in Bremen und Niedersachsen, die zu differenzierten Aussagen kommt, und andererseits ist eine Vertiefungsstudie für Bremen vorgelegt worden.
Wenn man die Basisvariante nimmt, dann gibt es – wenn man den Stadtbereich Bremen ohne BremenNord nimmt – einerseits, ohne die Maßnahmen, die wir wirtschaftspolitisch auf den Weg gebracht haben, eine Bevölkerungsminimierung um zwei Prozent, aber es gibt andererseits eine Steigerung der Haushalte um über drei Prozent. In Bremen-Nord sieht es etwas anders aus, in Bremerhaven sieht es noch differenzierter aus. Immer auf der Basis, dass die Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben oder auf den Weg bringen werden, nicht greifen! Das ist ja die Voraussetzung dabei. Ich will mir ersparen zu sagen, welche Konsequenzen das in diesen drei Bereichen hat, also Bremen, Bremen-Nord und Bremerhaven. Die Teilmärkte sind da sehr unterschiedlich.
In Bremen haben wir, was den Mietwohnungsbereich angeht, Angebotsüberhänge, allerdings, um das auch deutlich zu sagen, deswegen ist Ihre Schlussfolgerung auch falsch, Frau Krusche, gibt es keine Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern. Es gibt eine Nachfrage, gerade in Bremen auch, was den Eigentumsmarkt anbetrifft, und in Bremen-Nord sieht es ähnlich aus. Wir haben einen leichten Angebotsüberhang, allerdings haben wir auch im Ei
genheimbereich eine erhebliche Nachfrage. In Bremerhaven – immer vorausgesetzt, die wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen nicht – wird es allerdings erheblich schlechter aussehen. Ich glaube, mit dem, was in Bremerhaven auf den Weg gebracht worden ist und auch weiter auf den Weg gebracht wird, können wir dem Trend, der uns so vorhergesagt worden ist, entgegensteuern.
Sie haben so pauschal gesagt, es gibt schrumpfende Städte. Das ist ja überhaupt nicht wahr! Wenn Sie den Zeitraum von 1991 bis 2000 nehmen, war Bremen insgesamt unter dem Strich keine schrumpfende Stadt, sondern wir haben einen Einwohnerzuwachs von vier Prozent gehabt. Wenn Sie andere Großstädte nehmen, Köln, München, Frankfurt am Main, Hamburg, dann werden Sie feststellen, dass sie überproportionale Einwohnerzuwächse gehabt haben bei einer gleichzeitig niedrigen Arbeitslosigkeit. Sie können feststellen, da, wo es einen erheblichen Zuwachs an Arbeitsplätzen gegeben hat, hat es auch einen erheblichen Zuwachs an Einwohnern gegeben. Deswegen ist die Strategie der großen Koalition auch richtig, auf Arbeitsplätze und Wohnungsbau zu setzen. Wir halten jedenfalls an dieser Strategie fest.
Auch wenn wir einen erheblichen Einwohnerzuwachs gehabt haben, haben wir trotzdem ein Problem gehabt. Ich will da mit Genehmigung des Präsidenten aus der Studie der Arbeiterkammer zitieren: „Bremen verlor in den neunziger Jahren zwischen 2800 und 4400 Menschen pro Jahr an das Umland, durchschnittlich 0,63 Prozent der Bevölkerung am Wohnort Bremen.“ In keiner der Vergleichsstädte war der durchschnittliche Saldo pro Jahr so deutlich negativ. Woran liegt das?
Wir haben in der Wohnungsbaupolitik eine Fehlentwicklung gehabt, weil wir dem Bedarf, der bestand, nicht gerecht geworden sind. Der Wohnungsbau ist ein schwerer Tanker, bei dem es, wenn man ihn umsteuert, erst nach Jahren eine Wirkung gibt. Wir haben umgesteuert, und deswegen gab es zum Beispiel in den Jahren 2000 und 2001 auch einen Einwohnerzuwachs, weil wir, was die Fernwanderung anbetrifft, einen Erfolg gehabt haben. Das hat etwas mit Arbeitsplätzen zu tun. Wir haben vier Jahre lang in Folge uns abgekoppelt vom Bundestrend, was die Arbeitslosenzahlen anbetrifft, vier Jahre in Folge!
Wir haben durch die Ausweisung von Einfamilienhausgebieten mit der Vergabe von 30 Prozent bauträgerfreier Grundstücke einen erheblichen Erfolg gehabt, weil Leute dann nicht mehr in das Umland gegangen sind, sondern sich in Bremen angesiedelt haben. Das ist genau nämlich ein Entgegenwirken des Trends, der hier beschrieben ist, der in der Vergangenheit gewirkt hat. Wir waren am schlechtes
ten, was die Umlandwanderung anbetrifft, unter allen vergleichbaren Städten in Deutschland, und deswegen war es richtig, hier eine Wende herbeizuführen, was genau das Gegenteil von dem ist, was Sie uns empfehlen und raten, nicht auf Einfamilienhäuser zu setzen. Das hatten wir gemacht. Wir hatten das Richtige gemacht und das auch erfolgreich gemacht. Deswegen halten wir daran fest.
Hamburg hat das Ziel, in den nächsten zehn Jahren 200 000 zusätzliche Einwohner zu erreichen. Das hat nicht nur dieser Senat, das hat auch schon der Vorgängersenat angestrebt, und der war ja bekanntlich rotgrün. Das hat etwas, und deswegen knüpfe ich noch einmal an die Diskussion, die wir das letzte Mal geführt haben, an, mit der Frage zu tun, dass wir einerseits auf Arbeitsplätze und andererseits auf Wohnungsbau setzen müssen. Deswegen ist es richtig, dass wir die Gewerbegebiete ausgewiesen haben, über die wir gestern diskutiert haben, aber die wir auch neulich schon diskutiert haben, und deswegen ist es auch richtig, dass wir die Wohnungsbaugebiete so ausgewiesen haben, wie wir sie ausgewiesen haben.
Wir wollen parallel logischerweise nicht nur auf Arbeitsplätze und Wohnungsbau setzen, sondern dazu gehört auch eine vernünftige Infrastruktur. Wir haben nicht ohne Grund den Sanierungsstau abgebaut durch den Stadtreparaturfonds, einen erheblichen Sanierungsstau in den Kindertagesheimen, in den Schulen, in den Krankenhäusern, auf den Straßen. Wir haben die Aufwertung und die Stabilisierung von Quartieren angestrebt durch die Ausweisung von WiN-Gebieten in Tenever, Marßel, Lüssum, Kattenturm, Huchting, Blockdiek, Grohner Düne, Vegesack. All dies muss konsequent fortgesetzt werden.
Ich füge hinzu, zur Verkehrsinfrastruktur gehört auch die A 281. Das wird im Übrigen die größte Verkehrsvermeidungsmaßnahme für den innerstädtischen Bereich sein, denn der Durchgangsverkehr, der bisher gezwungen ist, durch Bremen, durch die Stadt zu fahren, der wird Bremen umfahren. Dies ist eine richtige Strategie, und deswegen ist es auch richtig, dass wir viel Geld, Frau Krusche, in diese Verkehrsinfrastruktur stecken.
Wenn wir jetzt konkret auf den Wohnungsbau eingehen, dann will ich darauf hinweisen, dass es einige Handlungsempfehlungen von Gewos gibt, die besagen, dass es beim Geschosswohnungsbau künftig keinen Bedarf gibt, dass wir sogar einen Bedarf an Rückbau haben, teilweise jedenfalls. Wir werden auch da etwas machen. Wir müssen den Eigenheim
markt stärken, dazu gehört unter anderem auch die Schaffung von Eigentum, da gibt es einen erheblichen Bedarf. Wir müssen den Bestand ergänzen, darauf wird ausdrücklich hingewiesen in dieser Untersuchung auf Seite 88, weil die Ergänzung zu Geschosswohnungsbau zur Stabilisierung der Wohnbaugebiete beitragen kann.
Bestes und aktuelles Beispiel ist der Eigenheimbau im Bereich des Waller Parks. Der Bedarf war viel höher als das, was wir dort anbieten konnten. Darum haben wir auch diskutiert, im Bereich des Schwimmbades dort die Wohnbauflächen in Einfamilienhausgebiete umzuwidmen. Deswegen ist auch die Aussage, die wir in der Koalitionsvereinbarung haben, nämlich in allen Stadtteilen zur Ergänzung des bestehenden Wohnungsbestandes Eigenheimbau zu ermöglichen, richtig.
Ich würde mir wünschen, das Bauressort würde noch stärker als bisher in diesem Bereich tätig werden und Vorschläge machen. Es gibt für diesen Bereich, den Eigenheimbereich, den Eigentumsbereich, einen erheblichen Bedarf, dem muss auch Rechnung getragen werden, und zwar noch stärker als bisher.
Wir brauchen familiengerechte Wohnungen durch die Zusammenlegung von kleinteiligen Wohnungen. Es besteht ein Bedarf an Grundrissveränderungen, an gehobener Ausstattung, und es muss eine Modernisierung und Instandhaltung erfolgen. Ich weise allerdings darauf hin, ein Drittel des gesamten Wohnungsbestandes ist im Eigentum der größeren Wohnungsbaugesellschaft, ein Drittel! Wenn wir als Stadt und Land versuchen würden, uns daran zu beteiligen, dann wäre das ein Fass ohne Boden. Im Übrigen würden auch Mitnahmeeffekte entstehen. Wenn wir eine Modernisierungsförderung pauschal jetzt machen würden, führte dies nur dazu, dass die Wohnungsbauunternehmen ihre Gewinne steigern. Dies kann nicht Sinn und Zweck von Modernisierungsförderung durch den Staat sein.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident, und sage, Eigentum verpflichtet, und Eigentum verpflichtet die Wohnungsbaugesellschaften. Deswegen sind die Gesellschaften in erster Linie gefordert. Ich füge hinzu, früher war Masse gefragt, heute ist Klasse gefragt, und deswegen müssen gerade die Wohnungsbaugesellschaften in diesem Bereich auch tätig werden. Ich werde alle weiteren Ausführungen, die ich noch machen wollte, Herr Präsident, vielleicht in meinem zweiten Beitrag machen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schrumpfen oder wachsen, ist das eigentlich die wirkliche politische Frage, die wir in diesem Zusammenhang zu diskutieren haben? Reicht es für die Beantwortung der aufgeworfenen Probleme, sich dem Ganzen so zu nähern? Von der Faktenlage, glaube ich, ist allen klar, dass die Bundesrepublik, aber auch andere westeuropäische Länder in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einem Rückgang an Einwohnern ausgesetzt sein werden. Das ist sozusagen festgelegt und ziemlich sicher. Da würden weder Einwanderungswellen im großen Maße diesen Prozess aufheben, noch würde es durch ganz plötzliche hohe Geburtenraten zu ändern sein. Klar, in einem solchen Kontext kommen die Städte auch unter Druck, und es droht, dass Städte schrumpfen.
Gewos, muss man hier sagen – wir haben dies als Koalitionsfraktionen in der Großen Anfrage thematisiert –, prognostiziert für die Städte Bremen und Bremerhaven insgesamt auch Einwohnerrückgänge bis zum Jahre 2015. Ich halte es nur für die politische Debatte für schwierig und verkürzt, wenn wir uns nur dieser Frage zuwenden, sondern es muss doch im Kern darum gehen, dafür zu sorgen, dass gerade die Städte und die städtischen Räume vor dem Hintergrund dieser Entwicklung möglichst stabil gehalten werden, dass wir mit allen Möglichkeiten verhindern, dass gerade Städte austrocknen, auslaufen, leer werden und eben heftig an Einwohnern verlieren.