Protocol of the Session on July 17, 2014

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„Wenn wir es in Deutschland schaffen, die Städte zu Zentren der ökologischen und der sozialen Ent wicklung zu machen, dann werden andere Länder folgen können. Wie wir künftig die Städte und den ländlichen Raum bebauen, ob wir freie Flächen und lebenswerte Ökosysteme bewahren, wie wir Verkehr, Wohnen, Kultur und Arbeit miteinander verbinden, das wird zu einer Schlüsselfrage für eine weltweite nachhaltige Entwicklung.“

Wir haben uns mit der Baudeputation auf der Inter

nationalen Bauausstellung in Hamburg und bei einer koopstadt-Reise nach Nürnberg viele Projekte ange sehen, die diesen Ansprüchen gerecht werden, und die Senatsbaudirektorin Frau Professor Dr. Reuther

hat zwei große Fachgespräche zum nachhaltigen Bauen/Wohnen veranstaltet, zu Bautechniken, zu besonderen Gebäuden und Wohnungsgrundrissen und auch zum Energieverbrauch oder eben zum Null-Energieverbrauch von Neubauten.

Obwohl wir in Bremen immer wieder einmal auch

am Rande dieser Fachgespräche gehört haben und immer wieder hören, dass das alles gar nicht gehe und jedenfalls nicht wirtschaftlich sei, haben wir sehr viele Beispiele gesehen, wo es eben doch geht. Es gibt lebenswerte, kleine Grundrisse, ergänzt mit begehrten ökokomischen Gemeinschaftsräumen, es gibt flexible Grundrisse, in denen Zimmer in kleinere Wohnungen oder zu größeren Einheiten zusammen geführt werden können, wenn die familiäre Situation sich ändert, zum Beispiel, wenn aus einem Paar eine Familie wird, wenn die Kinder später aus dem Haus ziehen oder wenn dann wieder Hilfe einziehen muss. Im zweiten Wohnungsbauförderprogramm, das wir jetzt auflegen wollen, werden diese verschiedenen kleinen und großen Grundrisse eine wichtige Rolle spielen.

Es gibt sozialen Wohnungsbau im Null- und Plu

senergiestandard, in Frankfurt am Main ist das der Baustandard für den gesamten sozial geförderten Wohnungsbau, und es gibt Geschosswohnungs bau für viele Wohneinheiten auch in ökologischer Holzbauweise. Es gibt innovative Fassaden- und Dachbegrünungen, und es gibt natürlich gut funk tionierende gemeinsame nachbarschaftliche Gärten und Grünanlagen, die das Stadtklima verbessern, die Artenvielfalt erhalten, das Grundwasser halten, auch zur Erholung und zur Umweltbildung sowie als Nutzgärten dienen und nicht zuletzt – da möchte ich die Bundesbauministerin noch einmal zitieren – „den nachbarschaftlichen Zusammenhalt und die Integration sozialer und kultureller Milieus fördern – kurz: das gute Leben in der Stadt“.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

In der Überseestadt gibt es eine Reihe sehr schöner,

vorbildlicher Beispiele für nachhaltiges, ökologisch und energetisch sinnvolles Bauen, das konnten wir in den Antworten zu der Großen Anfrage zur Über seestadt vor zwei Tagen lesen und haben wir auch debattiert. Auch das neue Ansgari-Center wird da hoffentlich den einen oder anderen Maßstab setzen. Geht nicht gibt es also nicht! Es gibt überall Beispie le, dass es geht und wie es geht, und wir haben in Bremen jetzt auch die Instrumente geschaffen, mit denen es geht.

Wir haben ein Zentren- und Nahversorgungskon

zept, das eben nicht wirtschaftsfeindlich und bauver hindernd ist, sondern es soll Wohnen und Arbeiten und Einkaufen, Wirtschaft und Leben sinnvoll kom binieren. Es soll Mobilitätskosten vermeiden, danach entwickeln wir auch den neuen Flächennutzungsplan,

(A) (C)

(B) (D)

und mit mehr Mischgebieten in der Innenentwicklung rücken die Nutzungen innerhalb der Stadt enger zusammen. Wir haben eine reformierte Stellplatz verordnung, die mit Fahrrädern und dem ÖPNV, E-Bikes und Carsharing, mit diesen Maßnahmen ganz konkret, nicht nur den Autoverkehr, sondern auch den liegenden, den ruhenden Autoverkehr, Parkplätze vermeiden hilft.

Wir brauchen aber im Bremer Baugeschehen und

im Wohnungsmarkt ganz augenscheinlich noch ein bisschen Nachhilfe und Beispiele, was alles geht und wie es geht – in der Politik, für die Bauwilligen, für die Bauträger und auch im Handwerk und in den Verwaltungen –, vielleicht brauchen wir auch ein bisschen Konkurrenz und neue Erfahrungen auf dem Markt. Dazu wollen wir gern beitragen, und deshalb bitten wir den Senat und den Bremerhavener Magis trat, einige geeignete Projekte zu identifizieren und diese im Land Bremen laut und deutlich vorzuzeigen; Projekte, die für soziales, gesundes, bezahlbares, finanzierbares und

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Und ökologi sches!)

genau! – nicht dennoch ökologisches, sondern gerade deshalb ökologisches Bauen

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ich wollte ja nur helfen!)

und für nachhaltiges, zeitgemäßes Wohnen Vorbild charakter haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es gibt dazu gute Ansätze, natürlich auch schon

in Bremen, zum Beispiel mit den beiden Projek ten „ungewöhnlich wohnen“ und „ungewöhnlich weiter wohnen“ der GEWOBA, mit der neuen Bau gruppenberatung beim SUBV, mit den besonderen Vergabeverfahren der IB und der WFB für private Baugemeinschaften und mit der neuen Genossen schaftsförderung und -beratung beim Senator für Wirtschaft.

Wir werden auch noch weitere politische und

rechtliche Rahmen für dieses gemeinwohlorientierte Bauen finden müssen, für uns Grüne gibt es da ei nige Ansätze, die wir gern prüfen und diskutieren möchten und die ich kurz noch aufzählen möchte. Dazu gehören geeignete Vergabeverfahren für Erb baurechte bei bestimmten Vorhaben, dazu muss die gezielte Kombination von privatem Bauen und öffentlichem Nutzen gehören, etwa für Flüchtlinge, Studenten, Kitas und Nachbarschaftseinrichtungen, dazu gehören auch neue Trägerschaften für öffent liche Räume und Anlagen,

(Zuruf des Abg. R u p p [DIE LINKE] – Glocke)

und dazu muss eine angemessene Einbeziehung von gemeinschaftlich genutztem Raum auch in die Kosten der Unterkunft möglich werden.

Wir bitten Sie um Zustimmung zu unserem An

trag, der solche Projekte aufzeigen und beleuchten soll! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort

Herr Kollege Pohlmann.

Frau Präsidentin, meine

sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es eben gehört, vollkommen richtig, Bremen ist eine wachsende Stadt, wir haben sehr erfreut zur Kennt nis nehmen können, unsere Wirtschaftskraft steigt, wir haben eine kontinuierlich ansteigende Zahl von Arbeitsplätzen, und immer mehr Menschen ziehen nach Bremen und auch nach Bremerhaven. Dies sind positive Faktoren für die Entwicklung unserer Gesellschaft in den beiden Städten des Landes Bre men. Aus dieser Entwicklung ergeben sich Chancen, aber auch große Anforderungen, gerade auch für den Wohnungsbau.

Der Senat, die rot-grüne Regierungskoalition,

fördert und unterstützt aktiv mit seiner Politik diese Entwicklung, und ich möchte auch noch einmal kurz die wichtigsten Initiativen ansprechen und sie kurz benennen: Das sind einmal das Wohnraumförde rungsprogramm, die Wohnungsbaukonzeption, hier in diesem Hause diskutiert und verabschiedet, die Bremer Wohnungsbauoffensive des Bremer Senats mit seinen Pilotprojekten, der Prozess der Neuauf stellung des Flächennutzungsplans und das Bündnis für Wohnen. Dies alles sind wichtige Initiativen, Gesetzesvorhaben und Programme, die das Bauen in Bremen voranbringen.

Für die SPD-Bürgerschaftsfraktion möchte ich

betonen, dass wir, um diesen Anforderungen ge recht werden zu können, eine weitere Stärkung in allen Segmenten des Wohnungsbaus brauchen. Die Realisierung von mehr bezahlbarem sozialen Woh nungsbau, die Schaffung von mehr Eigenheimen und die Intensivierung einer zukunftsgerechten Entwick lung der Wohnungsbestände sind gleichgewichtige wichtige Bereiche unserer Wohnungspolitik.

Meine Damen und Herren, Wohnen ist alltäglich

und ein elementares Bedürfnis der Menschen. Eine Wohnung bildet die Ausgangsbasis für den menschli chen Alltag, zu Hause findet Familienleben statt, dort wird aber auch gearbeitet oder die Freizeit gestaltet. Das Wichtigste ist jedoch, die Wohnung bietet Raum zur eigenen Entfaltung, und dies unabhängig von Größe, Form und ob sie Eigentum oder gemietet ist.

(A) (C)

(B) (D)

Zum zeitgemäßen Bauen gehören Barrierefreiheit, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, und gerade die Nachhaltigkeit ist einer der wichtigsten Leitbegriffe unserer Zeit.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Im Bauwesen tragen Optimierung und Planung,

Bau sowie Nutzung entscheidend dazu bei, den Ressourceneinsatz, CO2-Ausstoß oder auch das an fallende Abfallaufkommen deutlich zu reduzieren. Mit ressourcenschonenden Lösungsansätzen fördern wir nicht nur die Bauwirtschaft, sondern wir nehmen auch einen wichtigen Teil unserer Verantwortung für kommende Generationen wahr und erzielen somit einen wichtigen gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich mithin durch seine hohe ökologische, ökonomische und soziokul turelle Qualität aus. Diese Kriterien sollte man aber nicht isoliert, sondern im Zusammenhang betrachten.

Als Ausgangspunkt und wichtige Voraussetzung,

um objektive Aussagen über die nachhaltige Qualität eines Gebäudes zu treffen, ist es aus meiner Sicht wichtig, in erster Linie auch die Betrachtung auf die Lebensdauer des Bauwerks zu konzentrieren, die die Phasen der Planung, der Errichtung, der Nutzung, des Betriebes bis hin zum Abriss beziehungsweise Rückbau betrifft. Um es zu verdeutlichen, gerade auch bei wichtigen Investitionsprojekten ist un ter anderem die Frage der Abrisskosten wichtig. All diese Aspekte sollten wir bei allen Phasen des Bauens auch mit berücksichtigen. Diese Betrach tungsweise war früheren Bauherrinnen, Bauherren und Bauträgern wohl eher fremd, aber angesichts geringer werdenden Ressourcen, eines gestiegenen und zunehmenden Kreises potenzieller Nutzer einer Immobilie sowie des Umweltbewusstseins ist sie heute mehr als zeitgemäß.