Morgen werde ich dem Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft und dem Präsidenten des Senats den 37. Jahresbericht zum Datenschutz übergeben. Er trägt den Titel „Keine Smartness ohne Freiheit“, und damit geht er genau in dieselbe Richtung wie Ihre Beschlüsse vom Dezember letzten Jahres. Nicht nur deshalb freue ich mich auf die jetzt folgende Debatte und auch auf alle anderen Debatten hier in diesem Haus zur informationellen Selbstbestimmung in Zeiten von Smartness. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bevor ich der Kollegin Frau Schön das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne eine Schülergruppe der WilhelmWagenfeld-Schule aus Bremen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde am 21. Mai 2014 an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen, die Stellungnahme des Senats dazu wurde dem Ausschuss am 24. September 2014 überwiesen. Der Ausschuss hat darüber am 24. Oktober 2014 beraten, genauso wie über den Informationsfreiheitsbericht.
Eben ist hier angesprochen worden, dass die Verfahrenswege sehr lange dauern, das hat auch der Ausschuss bemängelt. Das zu beschleunigen ist sicherlich eine Herausforderung, es wurde angemerkt, dass bereits der neue Datenschutzbericht schon wieder vorliegt. Der Ausschuss hat aber auch entschieden, dass der Datenschutzbericht und die Senatsstellungnahme sinnvollerweise zusammen beraten werden. Wenn die Stellungnahme des Senats im August vorliegt, die nächste Bürgerschaftssitzung im September stattfindet und die nächste Ausschusssitzung dann im Oktober
ist, ist das von den Zeitabläufen in Wirklichkeit zeitnah. Allerdings könnte man sich in dem Zusammenhang sicherlich darüber unterhalten, ob dann diese Berichte hinterher nicht auch gesetzt werden können, sodass wir sie nicht dann beraten, wenn bereits der nächste schon wieder vorliegt.
Worüber haben wir in der Ausschusssitzung beraten? Wir haben uns noch einmal folgende Punkte angeschaut, sowohl zusammen mit Frau Dr. Sommer als auch mit den entsprechenden Behörden: „Mangelnde Beteiligung behördlicher Datenschutzbeauftragter“, „Sichere Administrationsumgebung bei Dataport“, „Rahmendatenschutzkonzept BASIS.Bremen“, „Telekommunikationsüberwachung durch die Polizeien“, „Speicherung personenbezogener Daten bei der Polizei“, „Erweiterung der Anwendung INPOL und INPOL-Land“, „Rahmendatenschutzkonzept der Polizei Bremen“, „Aktuelle Situation im Stadtamt“ und „Rahmendatenschutzkonzept des Senators für Inneres und Sport“. Ich möchte kurz auf einige wenige Punkte davon eingehen! So hat der Ausschuss festgestellt, dass bei der Einbeziehung der behördlichen Datenschutzbeauftragten und der Kooperation zwischen der Landesbeauftragten und den öffentlichen Stellen noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht. Die Kommunikation läuft teilweise nicht immer zufriedenstellend. Der Ausschuss fordert daher alle öffentlichen Dienststellen auf, ihre behördlichen Datenschutzbeauftragten künftig rechtzeitig und umfassend in die Verfahren einzubeziehen und in datenschutzrechtlichen Fragen besser mit der Landesbeauftragten zusammenzuarbeiten. In den Bereichen Dataport und BASIS.Bremen stellt der Ausschuss fest, dass Verbesserungen erzielt worden sind, aber dennoch nicht alle notwendigen Konzepte und Verfahrensbeschreibungen vorliegen und der Ausschuss diese Themen weiter begleiten möchte. Der Ausschuss bemängelt im Bereich der Polizei zum Teil erhebliche Defizite bei der Umsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen. Dies ist vor dem Hintergrund der sensiblen Daten, mit denen die Polizei tagtäglich arbeitet, für den Ausschuss nicht hinnehmbar. Positiv ist allerdings hervorzuheben, dass die Polizei Bremen nunmehr über einen eigenen Datenschutzbeauftragten verfügt, an den sich die Bürgerinnen und Bürger direkt wenden können. Soweit die Zusammenfassung des Berichts! Dieser Bericht ist einstimmig im Ausschuss beschlossen worden und der Ausschuss empfiehlt die Annahme dieses Berichts durch die Bürgerschaft (Landtag). Insofern freue ich mich jetzt auf die Debatte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute hier noch einmal nach der Ausschussbefassung den 36. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz, Frau Dr. Sommer. Wer einmal einen Blick in die Berichte der letzten Jahre wirft, das ist hier auch schon angemerkt worden, wird schnell merken, dass sich viele Probleme wie ein roter Faden durch die Berichte ziehen, und vieles muss jedes Jahr wieder von uns auch im Ausschuss thematisiert werden.
Wir diskutieren heute abschließend über den Bericht für das Jahr 2013, und es ist schon darauf hingewiesen worden, dass morgen der neue Bericht für das Jahr 2014 vorgestellt wird. Ich vermute einmal, ohne ihn mir jetzt schon angesehen zu haben, dass sich auch dort vieles finden wird, was teilweise seit Jahren problematisiert wird.
Das ist einerseits sehr ärgerlich, denn es kann nicht sein, dass das Stadtamt über Jahre hinweg nicht den gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Datenschutzbeauftragten hat, nur um ein Beispiel zu nennen. Es kann genauso wenig sein, dass polizeiliche Datenverarbeitungssysteme über Jahre hinweg von Datenschützern kritisiert werden, ohne dass sich wirkliche Verbesserungen ergeben. Wir sehen also allein an diesen beiden Punkten, die immer wieder, in jedem Datenschutzbericht, stehen, dass die Landesbeauftragte für Datenschutz und ihr Team sozusagen ein dickes Fell und einen langen Atem haben müssen. Deshalb auch an dieser Stelle einmal mein Dank für ihre gute Arbeit!
Ich will nur kurz noch einige Dauerbaustellen nennen! Für das IT-Großprojekt BASIS.Bremen von Dataport, bei dem standardisierte Computer für die Verwaltung eingerichtet werden, fehlen die nötigen Verfahrensbeschreibungen und Datenschutzkonzepte. Bei der Polizei gab es an mehreren Stellen Datenschutzprobleme, und gegenüber dem zuständigen Ausschuss wurde uns dann erklärt, die Polizei habe schlicht nicht genügend Personal, um die Bestimmungen einzuhalten, und ähnlich sieht es beim Stadtamt aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht nicht! Ich habe hier an verschiedenen Stellen schon einmal sehr deutlich gemacht, dass Datenschutz eine wichtige Sache ist, die Grundrechte berührt, und dass es kein Kavaliersdelikt ist, wenn man die gesetzlichen Bestimmungen nicht einhält, sondern manchmal sogar richtig gefährlich. Ich erinnere an die Debatte im Februar, bei der es um den Sozialdatenschutz ging, und ich finde nicht, dass Behörden aus Personalmangel einfach sagen dürfen, das ist uns weniger wichtig, deswegen nehmen wir das nicht so ernst. Datenschutz
ist nämlich eben kein Bonus, den man einhalten kann oder auch nicht, Datenschutz ist ein geltendes Recht, das aus guten Gründen gesetzlich vorgeschrieben ist. Damit ist auch einfach alles gesagt. Ich finde, wir müssen da wirklich noch ein bisschen mehr Druck machen, insbesondere, was die vakanten Stellen angeht. Die Linksfraktion erwartet, dass hier schnell gehandelt wird.
Frau Dr. Sommer hat in ihrem Jahresbericht formuliert: „Die Bundesregierung muss sich schützend vor die Grundrechte stellen. Das gilt im Informationszeitalter insbesondere auch im Bereich der Datensparsamkeit und des Datenschutzes bei staatlichen Behörden.“ Dieser Aufforderung möchte ich mich an dieser Stelle anschließen und ergänzen: Auch der Senat muss sich schützend vor die Grundrechte stellen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Vogt, ich kann mich Ihrer Kritik anschließen, wir haben es hier im Ausschuss ausführlich fraktionsübergreifend debattiert, und das nicht zum ersten Mal. Ich möchte an dieser Stelle, auch wenn es vielleicht auch wiederholt wird, doch noch einmal auf den einen oder anderen Aspekt etwas detaillierter eingehen1
Das Thema ist nach wie vor ein Dauerbrenner, so würde man sagen, wenn man auf dem Markt heiße Ware verkauft, die gefragt ist. So ist es auch mit dem Aufgabenbereich des behördlichen Datenschutzbeauftragten. Es gibt nach wie vor erhebliche Probleme bei der Einbeziehung und Einbestellung von behördlichen Datenschutzbeauftragten. Ich sehe hier sehr dringenden und starken Handlungsbedarf, damit in Zukunft auch die Kooperationen mit der Landesbeauftragten nicht stehen bleiben oder auf der Strecke bleiben, sondern sichergestellt sind. Daher sollten alle öffentlichen Dienststellen – und ich kann es wiederholen, alle öffentlichen Dienststellen! – dieser Aufgabe nachkommen, ich mache dort keine Ausnahme. Kein Ressort ist davon befreit, es betrifft alle Senatsressorts.
Dieses Problem drängt ja nicht seit gestern, der Bericht wurde ja schon vor Längerem vorgelegt, und es steht jetzt nicht das erste Mal in einem Jahresbericht. Seit fast acht Jahren übe ich diese Funktion als Sprecher aus, und ich kann Ihnen versichern, dass gerade in den letzten drei Jahren dieses Problem immer wieder aufgetaucht ist und jetzt auch endgültig der Punkt erreicht ist, dass man dort nachbessert, weil es genau bei diesem Punkt nämlich um Grundrechte geht, die sichergestellt werden müssen. Es sind gesetzliche Aufgaben, und ich glaube, wir als gesetz
gebendes Organ können nicht länger darüber hinwegsehen, wenn die Exekutive Aufgaben, die sichergestellt sein müssen, nicht sicherstellt.
Auch bezüglich des Rahmens des Datenschutzkonzepts sehen meine Fraktion und ich, dass die dringend notwendigen Konzepte und Verfahrensbeteiligungen, immer noch nicht vollständig vorliegen. Das ist nicht gut, das kann ich nicht begrüßen. An dem Punkt erwarten wir auch wirklich eine zügige Nachbesserung, insbesondere beim Senator für Inneres und Sport, der jetzt gerade nicht anwesend ist. Wir werden das aber an anderer Stelle vertiefen, denn gerade der Senator für Inneres und Sport ist aufgefordert, bei gesetzlichen Verpflichtungen beispielhaft voranzugehen. Ich erwarte hier einfach, dass er dort auch voranschreitet und wir uns über diesen Punkt auch nicht mehr zu beschweren brauchen.
Datenschutzrechtliche Anforderungen kommen auch ein bisschen zu kurz, bei der Polizei Bremen, auch hier gibt es leider nach wie vor sehr gravierende Defizite bei der Umsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen. Das Argument – und es ist wirklich ein wehleidiges Argument – lautet, ihr fehle das Personal zur Umsetzung. Dann sollte die Polizei an der Stelle auch anfügen, ihr fehle Personal zur Umsetzung zur Sicherstellung gesetzlicher Aufgaben. Das ist nicht in Ordnung, und auch hier – bitte sehen Sie es mir nach! – ist es nicht das erste Mal, das Problem existiert hier seit Längerem. Als gesetzgebendes Organ sind wir alle darum bemüht, dass hier nachgebessert wird, und dort auch mein Appell an die Polizeiführung und an den Senator für Inneres und Sport, dieser gesetzlichen Verpflichtung schnell nachzukommen. (Unruhe – Glocke)
Der Geräuschpegel hier im Saal steigt langsam an! Bitten zollen Sie den Rednern mehr Aufmerksamkeit!
Ich begrüße aber – an der Stelle habe ich für die Polizei Bremen auch ein Lob übrig, Frau Schön, die Ausschussvorsitzende, hat als Berichterstatterin den Punkt auch schon erwähnt, dass die Polizei Bremen
einen Datenschutzbeauftragten hat, der auch über eine sehr informative Homepage erreichbar ist. Das begrüße ich, weil es in vielen Fällen hilfreich ist, was auch die Beschäftigten angeht.
Letzter Punkt: Nach wie vor gibt es eine sehr große gesetzliche Lücke, der Datenschutz ist immer noch nicht im Grundgesetz verankert. Wir haben aus diesem Haus heraus zahlreiche Initiativen gestartet und die Bundesregierung aufgefordert, den Datenschutz in das Grundgesetz aufzunehmen. Leider kommt die Bundesregierung diesem Wunsch nicht nach, in Zeiten von Snowden und Co., Google und Big Data ist das mehr als ein Armutszeugnis. Deshalb möchte ich dafür werben, dass alle hier an einem Strang ziehen, auch die Oppositionsfraktion hier rechts im Haus. In dem Sinne: Datenschutz gehört in das Grundgesetz und nicht auf die Müllhalde, liebe Freundinnen und Freunde von der CDU! – Danke schön!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Informationsfreiheit debattieren wir nun noch über den Landesdatenschutzbericht für das Jahr 2013, und Frau Sommer hat schon darauf hingewiesen, dass das Jahr 2013 doch sehr bedeutend war. Wie Sie auch schon sagten, haben „The Washington Post“ und „The Guardian“ im Juni zum ersten Mal geheime Dokument der NSA veröffentlicht, die sie von Herrn Snowden erhalten haben, und damit diese globalen Überwachungstechniken öffentlich gemacht.
Mittlerweile ist es um die NSA-Affäre etwas ruhiger geworden, zumindest in der breiten Öffentlichkeit, und es zeigt einmal mehr, wie schnelllebig unsere Welt doch geworden ist. Dabei sind die Probleme des Datenschutzes natürlich nicht gelöst, und es wäre auch falsch anzunehmen, dass man dieses Thema irgendwann einmal abarbeiten könne, denn natürlich handelt es sich um eine Daueraufgabe, die immer wieder neue Fragen aufwirft und auch neue Abwägungen erfordert.
Ohne jetzt ein neues Fass aufmachen zu wollen, aber die Anschläge von Paris, um noch einmal so ein gravierendes Ereignis zu nehmen, haben die Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung aus Sicht der CDU-Fraktion leider erneut unterstrichen,