Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Ziffern 1, 2 und 4 des Entschließungsantrags ab.

Jetzt lasse ich über die Ziffer 3 des Entschließungsantrags abstimmen. Wer der Ziffer 3 des Entschließungsantrags der Fraktion der FDP mit der DrucksachenNummer 19/432 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

(Dafür FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LIN- KE, Abg. Timke [BIW], Abg. Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos])

Stimmenthaltungen?

(CDU, LKR, Abg. Tassis [AfD])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Ziffer 3 des Entschließungsantrags ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Inneres mit der Drucksachen-Nummer 19/838 Kenntnis.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass aufgrund einer interfraktionellen Vereinbarung die Tagesordnungspunkte 25 und 26 ohne Debatte aufgerufen werden. Das betrifft die Traditionsschiffe.

Werden straffällige Ausländer konsequent zurückgeführt? Große Anfrage der Fraktion der FDP vom 21. November 2016 (Drucksache 19/839) Dazu Mitteilung des Senats vom 10. Januar 2017 (Drucksache 19/890)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Ich frage, ob in die Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Senator Mäurer! Der Umgang mit ausreisepflichtigen Ausländern war in den letzten Wochen immer wieder ein großes Thema, vor allem auch in der Presse. Leider

stand einmal wieder fest, dass Bremen als Schlusslicht dastand, denn in Relation zur Einwohnerzahl leben in Bremen die meisten Ausreisepflichtigen. Allerdings zeigen auch die Zahlen – das gehört zur Wahrheit –, dass wir mit dem Problem, die Ausreisepflicht durchzusetzen, in Bremen nicht allein dastehen. Deshalb ergreift die Bundesregierung jetzt Maßnahmen, um die Ausreisepflicht effektiver zu gestalten und konsequenter vorzugehen.

Insbesondere das Instrument der freiwilligen Ausreise soll gestärkt werden; denn am Ende ist es für den Staat günstiger, wenn er freiwillig Ausreisenden sogar noch Geld zuschießt, als sie abzuschieben, denn dann schlagen eben nicht nur die Kosten für die Abschiebung selbst zu Buche, sondern auch noch die Kosten für die Unterkunft, Verpflegung und so weiter, die bis zur tatsächlichen Abschiebung anfallen. Das sind laut einer Studie, die im Auftrag der Bundesregierung erstellt wurde, bis zu 670 Euro im Monat. Aus finanzieller Sicht macht es also wirklich Sinn, das Instrument der freiwilligen Ausreise zu stärken. Vor allem aber macht es natürlich aus humanitärer Sicht Sinn, denn eine Abschiebung hat für die Betroffenen sicherlich nicht viel mit Würde zu tun.

(Beifall FDP)

Erfreulich finde ich, dass in Bremen fast 80 Prozent der vollziehbar Ausreisepflichtigen, also derjenigen, für die es keine Duldung gibt, bereits heute freiwillig ausreisen. Auch die Bestrebungen, dass es Leistungskürzungen gibt, wenn die Geduldeten keine Passdokumente haben und nicht daran mitwirken, diese zu beschaffen, finde ich völlig richtig. Es darf kein Freifahrtschein sein – so ungefähr ins Schlaraffenland –, wenn ich meinen Pass wegwerfe und nicht sage, wo ich herkomme. Doch leider findet das in vielen Fällen heute nun einmal statt. Gerade dieses Ausnutzen des Systems führt bei vielen zu Unmut und dann im Umkehrschluss leider zu Hass.

Das ist nicht das einzige Problem, denn von den knapp 200 Personen, die nach Antwort des Senats nicht freiwillig ausgereist sind, wurden bis Ende Oktober lediglich 72 abgeschoben. Das ist nicht einmal die Hälfte. Das gibt es doch gar nicht, dass demnach 130 Leute in Bremen leben, die hier überhaupt nichts zu suchen haben! Politisch mag das zu Ihrer Haltung passen, Herr Mäurer. Sie haben ja erst im Januar hier in einer Debatte gesagt, dass der Vorwurf, dass Sie zu viel abschieben, an der Realität vorbeigeht. Leider ist das tatsächlich so, das belegen auch die Zahlen. Nur finden wir das in diesem Kontext absolut bedenklich.

(Beifall FDP)

Denn wenn wir von den Menschen, die hierherkommen, erwarten, dass sie sich an Gesetze in diesem Land halten, dann kann die Regierung diese nicht beugen oder so weit wie möglich dehnen, wie es

ihr gerade passt; denn wer ausreisepflichtig ist und nicht freiwillig ausreist, der muss nun einmal abgeschoben werden.

Am Freitag war in der Zeitung zu lesen, dass Bremen möglicherweise den Vorschlag der Bundesregierung zur schnelleren Abschiebung bei der Abstimmung im Bundesrat unterstützen wird. Das ist aber fast schon eine 180-Grad-Drehung der Landesregierung, die wir zwar nachvollziehen können und auch gut finden, aber so richtig verstehen, dass es auf einmal so schnell geht, können wir trotzdem nicht.

Gemeinsame Rückführungszentren und eine engere Koordination und Kooperation zwischen den Ländern ist in dieser Frage dringend notwendig, denn noch einmal: Wenn wir von den Menschen, die zu uns kommen, Gesetzestreue erwarten, dann dürfen auch unsere staatlichen Behörden den Rechtsstaat durchsetzen. Es kann doch nicht sein, dass aufgrund von falsch verstandener Political Correctness Abschiebungen einfach nicht vorgenommen werden.

Dass dabei in Bremen Nachholbedarf besteht, zeigen auch die Zahlen zu den kriminellen Ausländern. Dem Senat fehlt in weiten Teilen offenbar der Durchblick. Es ist besonders erschreckend, weil die Zahlen in diesem Bereich schlichtweg explodiert sind. Im Vergleich zu 2014 hat die Zahl der erwachsenen Ausländer, die mindestens eine Straftat begangen haben, um fast 180 Prozent zugenommen. Bei den Ausländern unter 18 Jahren sieht es genauso aus. Erschreckend dabei finde ich, dass ganz besonders die Zahl derjenigen, die mehr als eine Straftat begangen haben, massiv zugenommen hat.

Allein das Wort „Wiederholungstäter“ führt unseren Rechtsstaat doch ad absurdum. Wie kann das denn sein? Ich meine, das kann ja einmal passieren, jeder von uns kann einmal Mist bauen. Das kann passieren, das will ich auch nicht verurteilen. Aber immer wieder und ohne Konsequenz? Ganz ehrlich, dafür habe ich überhaupt kein Verständnis mehr. Ich kann auch unsere Polizisten verstehen, wenn sie irgendwann frustriert und nicht mehr motiviert sind, wenn sie ein und denselben Täter drei- bis viermal am Tag aufgreifen.

(Beifall FDP)

Bei den Erwachsenen haben sich die Zahlen verdoppelt. Bei den Tätern unter 18 Jahren, also bei Kindern und Jugendlichen, gab es sogar einen Zuwachs von über 130 Prozent. Es wird also wirklich Zeit, dass unser Rechtsstaat langsam einmal handelt.

Gleichzeitig gibt der Senat zu, dass die Bremer Behörden keinen Datenabgleich zwischen Justiz und Ausländerbehörde machen, um sicherzustellen, dass mehrfach straffällig gewordene Ausländer auch wirklich abgeschoben werden. Der Senat kann die Frage nicht beantworten, bei wie vielen straffälligen Ausländern Ausweisungsinteresse bestand, geschweige

denn, wie viele davon tatsächlich ausgereist sind. Hier brauchen wir eben nicht nur gemeinsame Rückführungszentren, sondern vor allem eine bessere Datenerfassung und einen automatischen Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Behörden.

Zum Schluss!

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss! Es kann doch wirklich nicht sein, dass es hier keinen Überblick gibt, wie viele kriminelle oder teilweise straffällige Ausländer ausreisepflichtig sind oder abgeschoben werden. Wir erwarten, dass der Senat Antworten findet. Ich erwarte, dass Sie Ihrer Verantwortung nachkommen und hier tätig werden, denn das tun Sie nicht für uns, sondern vor allem für all diejenigen, die unter dem aufkommenden Hass leiden, die hier zu Recht sind und leider unter diesen Vorurteilen leiden. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Welt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um die Große Anfrage „Werden straffällige Ausländer konsequent zurückgeführt?“ Die Große Anfrage der FDP enthält einen riesigen Fragenkatalog. Die gestellten Fragen in diesem Papier haben wir alle schon einmal gestellt, und die Antworten haben wir alle schon zum x-ten Mal gehört, in den Deputationen und auch im Parlament.

(Beifall SPD)

Man hat das Gefühl, als würden hier einige Abgeordnete verschiedener Parteien untereinander abschreiben, um Dinge, die sie eigentlich schon lange wissen, neu zu erfinden. Dabei bekommen die Fragen lediglich andere Farben. Die düsteren Farben hatten wir schon, heute sind die Fragen gelb gefärbt. Ja, man kann das Thema „Rückführung von straffälligen Ausländern“ immer wieder auf die Tagesordnung setzen, und die Vertreter des Senats können die Antworten dazu immer wiederholen. Dadurch werden die Arbeitsabläufe aber nicht beschleunigt, und es ändert sich auch nichts an der Situation. Trotzdem ist das Thema der Rückführung von straffälligen Ausländern selbstverständlich ein wichtiges und wird deshalb vom Senat und der Fraktion mit ganz besonderer Priorität behandelt.

(Beifall SPD – Lachen CDU)

Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht bei uns haben, sind zur Ausreise verpflichtet. Wir haben ganz klare

Gesetze und Verordnungen, die dies regeln. Wenn Duldungsgründe vorliegen, wird hier ganz besonders geprüft. Grundsätzlich aber gilt: Wer ausreisepflichtig ist, hat das Land zu verlassen – klare Sache! Für die SPD-Fraktion sind diese Regelungen eindeutig und klar definiert. Wer in unserem Land nicht bleiben darf, hat dieses Land zu verlassen.

Die Überschrift der Großen Anfrage lautet: Werden ausländische Straftäter konsequent zurückgeführt? Sie haben eben von Ausländern und Migranten und allem anderen gesprochen. Wir sprechen aber in Ihrer Großen Anfrage von ausländischen Straftätern. Sie haben da etwas durcheinandergebracht. Diese Frage kann man für das Land Bremen ganz klar und unmissverständlich mit Ja beantworten, und das gilt für beide Städte gleichermaßen.

(Abg. Frau Steiner [FDP]: Die Zahlen sagen etwas anderes!)

Als SPD-Fraktion werden wir die zuständigen Verwaltungen im Land Bremen weiterhin unterstützen. Für uns ist wichtig, dass alle Rückführungen, Ausweisungen und Abschiebungen mit Augenmaß durchgeführt werden. Selbstverständlich muss der Rechtsstaat hier aber auch deutlich zeigen, dass er es ernst meint, und im Einzelfall mit Zwang reagieren. Abschiebungen und Ausweisungen nach der Dampfhammermethode, willkürlich und ohne Prüfung von Verfahren, wie es derzeit andere, neu gewählte Regierungen in anderen Ländern machen, wird es mit der SPD-Fraktion allerdings nicht geben.

(Beifall SPD)

Bei eingeleiteten Strafverfahren gegenüber Ausländern ist die Staatsanwaltschaft sogar verpflichtet, die zuständigen Ausländerbehörden zu unterrichten. Das findet auch statt. Die Ausländerbehörden prüfen dann zusammen mit der Staatsanwaltschaft, ob zum Beispiel eine Ausweisung erfolgen kann.

(Abg. Hinners [CDU]: Mit der Staatsanwaltschaft?)

Das gilt übrigens für alle Ausländer, die kein Bleiberecht haben. Die Rückführungen werden allesamt im rechtlichen Rahmen und nach Möglichkeiten, die unsere Verwaltungseinheiten haben, durchgesetzt, und zwar konsequent. Ein übergeordneter Koordinierungsstab beim Senator für Inneres erarbeitet Lösungsansätze und legt Prioritäten fest. Polizei und Ausländerbehörde sammeln alle Informationen zusammen und stimmen ihre Maßnahmen ab. Das Ziel dieser Maßnahmen ist neben der strafrechtlichen Belangung der Täter eine möglichst schnelle Abschiebung von Tätern mit ausländischer Staatsbürgerschaft.