Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Ende 2016 lebten in Bremen 3 007 geduldete Ausländer. Das ist auf die Gesamtbevölkerung bezogen der mit Abstand höchste Wert aller Bundesländer in Deutschland.

Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit müssen strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um die bundesweite niedrige Prozentzahl weiter zu reduzieren. Allerdings setzt sich die Entwicklung der Arbeitslosenquote in Bremen vom bundesweiten Trend ab. Mit 9,6 Prozent im August 2017 ist die Arbeitslosenquote im Land Bremen so hoch wie in keinem anderen Bun

desland Westdeutschlands. Sie liegt noch über dem Durchschnittswert Ostdeutschlands. Das bedeutet eine starke Belastung des bremischen Haushalts mit Sozialtransfers für Erwerbslose.

Notwendig ist insbesondere ein verbessertes Standortmarketing, um mehr Unternehmen nach Bremen zu locken und so neue Arbeitsplätze zu schaffen. Durch seine Überseehäfen bietet Bremen besondere Vorteile insbesondere für exportorientierte Unternehmen sowie für Firmen, die stark auf den Import von Halbwaren und Rohstoffen angewiesen sind. Stichworte sind hier verkürzte Transportwege und Just-in-time-Lieferungen.

Aus der Praxis kann ich berichten, dass Unternehmen gezwungen sind, sich ihren Nachwuchs auszubilden. Am Arbeitsmarkt gibt es kaum noch ausgebildete Mitarbeiter. Finden Sie unter den Schulabgängern erst einmal einen Auszubildenden, der den Anforderungen der Berufswelt standhält! Hier muss sich die Schulbildung den Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen und Schüler hervorbringen, die sich im Betrieb zurechtfinden.

(Beifall BIW)

Grundrechenarten und die deutsche Sprache in Wort und Schrift sollte jeder Schüler nach der Schulzeit beherrschen. Das ist leider nicht die Regel.

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Das stimmt!)

Das ist sehr traurig. Ich kann Ihnen aber auch sagen, woher das kommt.

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Ehrlich?)

Ja. Bremen landet in bundesweiten Schulleistungsvergleichen regelmäßig auf den hinteren Plätzen, ist meistens sogar Schlusslicht. Das Bildungswesen des Landes muss dringend reformiert werden. Das linke Modell der Einheitsschule mit weitreichender Inklusion ist gescheitert und überdies sehr viel teurer als das klassische gegliederte Bildungssystem.

(Beifall BIW)

Wenn man ein solches System wie die Inklusion einführt, dann muss man auch die finanziellen Mittel dafür haben.

(Beifall BIW)

Man kann nicht einfach etwas einführen und es dann sich selbst überlassen, obwohl es nicht funktioniert. Die ideologisierte linke Bil

Landtag

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dungspolitik mit dem Ziel der Gleichmacherei geht zulasten unserer Kinder und des qualifizierten Berufsnachwuchses der Unternehmen.

Kommen wir zum Wohnungsbau. Wohnungsbau ist dringend notwendig, um durch die Erhöhung des Angebots Wohnraum zu Mietpreisen in bezahlbarer Höhe auf den Markt zu bringen. Der Mietpreis wird durch Angebot und Nachfrage gebildet. Steigt das Angebot, werden sich die Miethöhen wieder normalisieren. Wichtig wäre der Abbau der Überregulierung, die das Bauen verteuert und Projekte im unteren und zunehmend auch im mittleren Preissegment für private Investoren unattraktiv macht. Ich möchte an die Katharinen-Passage und den Lloydhof erinnern.

Um die Kosten zu verringern und möglichst rasch Wohnraum für die unteren Einkommensgruppen zur Verfügung zu stellen, sollten Auflagen gegebenenfalls für einen befristeten Zeitraum reduziert und gesetzliche Standards insbesondere im Bereich der Energieeinsparverordnung gesenkt werden. Es muss nicht immer öffentlicher sozialer Wohnungsbau sein, Herr Rupp. Die Erfahrung zeigt, dass private Bauträger in der Regel zu besseren Konditionen bauen können.

Der Verkehr dient den Menschen teilweise auch als Grundlage für ihre Berufstätigkeit. Fahrrad fahren ist hingegen häufig in den Bereich der Freizeitgestaltung einzuordnen.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber nicht in Bremen!)

Ja, das denken Sie.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das weiß ich!)

Der Bereich Verkehr sollte im Wirtschaftsressort angesiedelt werden.

(Zuruf)

Wir können auch die ganze Stadt für den Autoverkehr dichtmachen. Dann kommt keiner mehr.

(Beifall BIW)

Die Polizei muss von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Hierzu können auch Beschäftigte aus anderen Verwaltungszweigen eingesetzt werden. Die zusätzliche Schaffung einer Sicherheitswacht nach dem Vorbild anderer Bundesländer wie Sachsen und Bayern ist zu überlegen, um die Polizei von einfachen Vollzugstätigkeiten, zum Beispiel von Streifen

gängen, von Objektbewachung und von der Aufnahme von Verkehrsunfällen, zu entlasten. Die Einführung einer Sicherheitswacht ist schon seit Jahren eine Kernforderung der Bürger in Wut im Bereich der inneren Sicherheit.

Zur effektiven Terrorabwehr muss die Polizei mit entsprechender Ausrüstung bestückt werden. Oder wie soll sich ein Polizist mit seinen derzeitigen Waffen zum Beispiel gegen den Angriff mit einer Kriegswaffe verteidigen?

(Abg. Kastendiek [CDU]: Mit einem Panzer vielleicht?)

Ebenso muss die Justiz mit ausreichend Personal ausgestattet werden. Die jahrelange Verzögerung von Gerichtsverfahren ist nicht hinnehmbar. Zum 31. Dezember 2016 waren beim Landgericht 208 nicht abgeschlossene Strafverfahren anhängig. Das waren 36 mehr als 2015. Darunter waren rund 100 schwerwiegende Fälle wie Gewalt- und Sexualdelikte.

Die Investitionen des Landes Bremen sind immer noch geringer als die laufende Zinslast. Wie dringend Investitionen benötigt werden, ist am Sanierungsstau bei Kitas, Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden zu sehen. Ebenso auffällig sind die bremischen Brücken, die sich zum größten Teil in einem sehr schlechten Zustand befinden. Umgekehrt muss endlich auf teure Prestigebauten, die sich wirtschaftlich nicht rechnen, verzichtet werden. Beispiele hierfür sind der Hafentunnel und der OTB in Bremerhaven.

(Zuruf Abg. Röwekamp [CDU] - Zuruf Abg. Timke [BIW])

Leider!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wir können ihn auch unter Denkmalschutz stellen! - Weitere Zurufe CDU)

Das Bauprojekt OTB sollte 180 Millionen Euro kosten. So lautete die Schätzung auf Basis der Daten aus dem Jahr 2010. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Nachdem private Investoren frühzeitig abgewinkt hatten, weil ihnen das Geschäftsmodell nicht tragfähig erschien, will Bremen, obwohl Haushaltsnotlageland, die Baukosten selbst finanzieren.

(Abg. Timke [BIW]: Viel Spaß!)

Nicht einmal für den Betrieb des OTB ließen sich mangels Rentabilität Privatinteressenten finden. Aber wir haben eine Idee. Wir machen es selbst.

Landtag

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(Abg. Timke [BIW]: Am Feierabend!)

Die BLG, die Bremen gehört, springt in die Bresche und macht das.

Der Senat will um jeden Preis an dem Projekt festhalten, koste es an Steuergeldern, was es wolle. Dabei sind die ökonomischen Voraussetzungen, die 2010 zu der Entscheidung führten, einen Schwerguthafen für Windenergieanlagen zu bauen, heute gar nicht mehr gegeben, weil viele der früher am Standort Bremerhaven ansässigen Anlagenbauer mittlerweile verschwunden sind und der Markt für Offshore-Windenergieanlagen seit Anfang 2017 konsolidierte.

Der OTB soll dennoch gebaut werden. Er könnte zu einem Millionengrab werden.

Es werden Investitionen für Radwege, Krankenhäuser, Kitas und Schulen gefordert. Kitas sind natürlich für die Berufstätigen und für die Kindererziehung wichtig. Ich stimme Ihnen zu, Kitas sind wichtig!

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Für alle Kinder, ganz gleich, ob von Be- rufstätigen oder nicht!)

Neue Radwege sind von der Priorität her weiter hinten einzuordnen. Wir können uns über Radwege unterhalten, wenn wir die anderen Probleme gelöst haben.

(Beifall BIW - Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn Sie noch Fahrrad fah- ren könnten, würden Sie das anders sehen!)

Die Entwicklung der Personalkosten und der notwendigen Altersversorgungsleistungen müssen im Auge behalten werden, dabei sind die Kostentreiber die Pensionen für die Beamten des öffentlichen Dienstes. In Reaktion auf den Strukturwandel der Siebziger- und Achtzigerjahre, der Werftenkrise und des Niedergangs der Fischereiwirtschaft hat Bremen den öffentlichen Sektor massiv ausgeweitet, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. Die Quittung erhalten wir heute. Viele der damals eingestellten Beamten werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Auf das Land Bremen rollt eine Kostenlawine zu, für deren Bewältigung nur unzureichend Vorsorge getroffen worden ist. Die Bildung entsprechender Rücklagen ist erforderlich.