mit der Finanzierung und mit den Kosten aussieht, dann kommt nichts. Herr Bensch, es ist noch schlimmer. Vollends nebulös wird es nämlich, wenn man einmal in Ihr Wahlprogramm hineinschaut. Dort haben wir, wenn es um die Finanzen geht, die Situation, dass Sie die gesamten zusätzlichen finanziellen Möglichkeiten, die gesamten 400 Millionen Euro in den nächsten Jahren, zu den Banken tragen wollen. Und in diesem Bereich – –.
Wir haben 400 Millionen Euro für die Tilgung, und die finanziellen Spielräume, die Sie haben, sind damit weg. Für mich, Herr Röwekamp, ist unklar, wie Sie überhaupt die notwendigen Investitionen finanzieren wollen im Bildungsbereich, im Verkehrsbereich oder im Wissenschaftsbereich, den wir gestern besprochen haben.
Vor diesem Hintergrund kommen Sie dann noch mit Ihrer Medizinstrategie und schwadronieren von einer großen Lösung. Ich kann Ihnen sagen, das ist
doch großes Illusionstheater. Das ist eine Nullnummer, und das ist eine Veralberung des Publikums. Das ist aus unserer Sicht unseriös.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute nicht die Frage, ob wir einen Studiengang Medizin einrichten oder nicht. Wir diskutieren die Frage, ob wir alle Fakten für eine Entscheidung auf den Tisch bekommen oder nicht.
Natürlich gibt es ein Gefühl für die Kosten, gibt es Kostenvergleiche von anderen Fällen, die aber anders gelagert sind.
Trotzdem müssen wir dann doch die Frage stellen: Bekommen wir ein Preisschild für eine moderne medizinische Fakultät auf dem Gebiet des Bundeslandes? Bekommen wir ein Preisschild und ein Gefühl dafür, was es mit all den Möglichkeiten, die wir an unseren Wissenschaftsstandorten Bremen und Bremerhaven haben, kosten würde? Vieles wurde in der Anhörung diskutiert, auch, an welchen Stellen es große Chancen gibt. Ich habe selten eine Debatte im Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und in der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz erlebt, die so kreativ war, die so viele Chancen, so viele Möglichkeiten aufgezeigt hat, mit denen sich der Wissenschaftsstandort wirklich gut weiterentwickeln könnte.
Es gab die Hinweise im Zusammenhang mit der Robotik, in der Bremen führend ist und man von der Medizin, über die Pflege bis hin zu den Operationstechniken Robotik weiterentwickeln könnte und Ideen dazu weiterentwickelt werden könnten. Es gab die Hinweise auf die ganze Forschung zur künstlichen Intelligenz und zu den Materialwissenschaften. Es gab wenige Diskussionen über rote Gentechnik, aber auch moderne Medizin funktio
niert ohne rote Gentechnik nicht. Es gab den Hinweis auf das Fraunhofer IWES und auf die Verknüpfungen mit den bereits vorhandenen Fakultäten. Es gibt bereits die Biologie, die Chemie, das Pflegemanagement, die Psychologie und es gibt die Pläne, an der Hochschule Bremen Hebammen auszubilden und in Bremerhaven einen Studiengang Public Health einzurichten. Alles das könnte spannend und interessant verknüpft werden und insofern eine Riesenchance für den Wissenschaftsstandort bieten.
Diese Chance auszuloten und abzuschätzen, was davon möglich wäre, diese Chance sollten wir nutzen. Auch wenn Herr Gottschalk am Ende vielleicht Recht hat und nicht alles finanzierbar ist, haben wir dann aber eine Idee davon, was unterhalb der Schwelle dessen, was wir nicht finanzieren können, vielleicht möglich ist. Aber diese Chance nehmen wir uns, wenn wir nicht offen und ergebnisoffen prüfen, sondern von vornherein eine Schere im Kopf haben.
Wir Freie Demokraten sind deshalb für die ergebnisoffene Prüfung, wen wundert das nach meiner Rede, weil es darum geht, dass wir den Wissenschaftsstandort hier weiterentwickeln. Natürlich kann man das Ganze nur genauer abschätzen, wenn man das auf den Standort Bremen und auf die vorhandenen Kliniken bezieht, die selbst ein Interesse geäußert haben, die Medizinerausbildung hier voranzubringen. Zum einen in Bremerhaven, zum anderen in Bremen, weil man auch dort den Mangel an Ärzten bemerkt und nicht nur in den Hausarzt-, den Kinderarzt- und den Facharztpraxen.
Auch wenn eine Großstadt wie Bremen eine hohe Medizinerdichte hat, bemerken auch wir den Mangel in einigen Fachrichtungen. Deswegen ist es wichtig zu überlegen, ob wir dem selbst entgegenwirken können.
Selbstverständlich ist es am Ende eine Frage, ob wir mit den Mitteln sorgfältig umgehen. Aber ehrlich gesagt, Herr Gottschalk, mich hat Ihre Argumentation wenig überzeugt. Ich will dieses Preisschild haben und ich habe auch in der Ausschusssitzung gesagt: Wir Freie Demokraten, und dazu stehen wir, wollen, um entscheiden zu können,
wissen, was eine Medizinerausbildung, die auf Bremen zugeschnitten ist, kostet. Dann wollen wir unseren Schwerpunkt in Bildung und Wissenschaft setzen, die Prioritäten erfordert.
Erste Priorität hat die frühkindliche Bildung, dann kommen, ganz klar, die Schulbildung und der Abbau des Sanierungsstaus. Warum? Weil wir natürlich wollen, dass die Bremer Abiturientinnen und Abiturienten auch so gut ausgebildet werden können, dass sie auf eine Bremer Medizinfakultät gehen könnten.
Als dritte Priorität sehen wir die Ausfinanzierung des Wissenschaftsplans. Wie gestern sage ich auch an dieser Stelle: Wenn wir eine Medizinfakultät, eine Teilausbildung für Mediziner oder was auch immer einrichten, geht das nur, wenn wir es nicht zulasten des Wissenschaftsplans tun. Diese Priorität ist bei uns ganz klar gesetzt. Aber um diese Prioritäten setzen zu können – und wir sind anders als die CDU bereit, mehr von den zusätzlichen Mitteln in Zukunftsprojekte zu stecken, auch das ist bekannt – sind wir unterwegs und sagen: Wir wollen wissen was es kostet, um dann entscheiden zu können, ob wir uns das leisten können, für unseren Standort Bremen und Bremerhaven in dieses Zukunftsprojekt zu investieren.
Ein letzter Punkt, Herr Röwekamp hat ihn anklingen lassen und ich möchte noch etwas dazu ausführen: Die Frage, was eine moderne Medizinerausbildung ist, und ob ihre Beschränkung auf ein altes Modell, der vorklinischen und klinischen Ausbildung, nicht von gestern ist, müssen wir doch beantworten. Es gibt diesen Masterplan Medizinstudium 2020 und an dem hat sich eine zukünftige Medizinerausbildung zu orientieren. Die Curricula werden überarbeitet und müssen überarbeitet werden, um dem zu genügen.
Dazu gab es einen wichtigen Hinweis des Rektors der Universität, der gesagt hat, wenn ich es richtig mitgeschrieben habe: „Unter Berücksichtigung des Masterplans Medizinstudium 2020 und der damit einhergehenden stärkeren Verknüpfung der Vermittlung arztbezogener Fähigkeiten und wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse in allen Ausbildungsphasen, kann ein neuer Medizinstudiengang nur unter Einschluss aller Studienphasen aufgebaut werden.“
Das muss vielleicht nicht in Bremen sein, aber der entscheidende Punkt besagt: Wir sollten so eine Sache offen und in der Breite prüfen, denn die Universität ist systemakkreditiert. Das ist die Institution, die den neuen Medizinstudiengang akkreditieren muss, da können wir uns hier auf die Köpfe stellen, Ideen haben und Einschränkungen vornehmen, wie wir wollen. Wir müssen mit dem, was wir am Ende finanzieren und umsetzen, allem genügen, was zum Medizinstudium 2020 deutschlandweit vereinbart ist.
Insofern ist es mehr als kurzsichtig gewesen, dass SPD und Grüne den Untersuchungsauftrag, für die Studie zur Prüfung eines allgemeinen Studiums von Anfang bis Ende, eingeschränkt haben. Das war fatal, weil es diese Sache nicht in den Blick nimmt. Deswegen kann ich nur dafür appellieren, den ursprünglichen Antrag mit den darin vorgesehenen Änderungen anzunehmen und nicht dem eingeschränkten Antrag des Wissenschaftsausschusses und der Gesundheitsdeputation zu folgen.
Wie die anderen Oppositionsparteien haben wir deswegen den Beschlussvorschlag abgelehnt, weil Sie törichterweise Einschränkungen vornehmen und nicht offen prüfen lassen wollen. Damit schreiben Sie schon vorzeitig einen Teil der Chancen ab, die Bremen und Bremerhaven haben könnten. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir bereits im September des vergangenen Jahres die erste Debatte zum Antrag der Fraktion der CDU „Ein neuer Impuls für Bremen – Machbarkeitsstudie für medizinische Fakultät in Auftrag geben“ geführt haben, liegen uns nach der Durchführung einer öffentlichen Anhörung die Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz vor.
Diesen Empfehlungen wird sich meine Fraktion anschließen, sodass wir den Antrag der Fraktion der CDU abweisen und der Prüfung eines Konzeptes hinsichtlich der klinischen Phase gemäß der vorgelegten Meilensteinplanung durch die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz zustimmen werden. Die öffentliche Anhörung hat
aus meiner Sicht die Position unserer Fraktion bestätigt. Die Etablierung eines Medizinvollstudiums, eines der teuersten Studiengänge überhaupt, ist nicht notwendig. Die in Bremen vorhandenen Anknüpfungspunkte sowohl im wissenschaftlichen wie auch im medizinischen Bereich sprechen für eine Ausbildung in der klinischen Phase.
Die Ansiedlung einer klinischen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten würde zu einer Stärkung des Gesundheitsstandortes Bremen führen. Um sich von anderen Standorten abzuheben, die Attraktivität eines Medizinstudiums in Bremen zu gewährleisten und einen innovativen und modernen bremischen Gesundheitscampus zu etablieren, sind aus unserer Sicht die richtigen Konzepte und ein integriertes Studium nötig, die auch die akademische Ausbildung in Heil- und Pflegeberufen sowie die Hebammenausbildung berücksichtigen.
Sie sehen, es besteht in diesem Zusammenhang durchaus die Möglichkeit, die Entwicklungen, die sich im Gesundheitssektor, in der Gesundheitswirtschaft und in den weiteren Ausbildungsberufen des Gesundheitswesens vollziehen, auch durch die Führung einer klinischen Medizinerinnen- und Medizinerausbildung zu verstärken. Aus einer Studie der Arbeitnehmerkammer geht hervor, dass mit 61 000 Menschen mittlerweile schon jeder Achte in Bremen im Bereich der Gesundheitswirtschaft arbeitet. Genau diese Schnittstellen müssen gut aufeinander abgestimmt sein.
Ich möchte nicht die komplette Debatte aus dem September wiederholen, aber lassen sie mich aus gesundheitspolitischer Sicht einige Punkte zur Debatte ergänzen: Der Mangel an Arbeitskräften im Bereich des Gesundheitssektors ist ein bundesdeutsches Problem. Egal, ob Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte oder Hebammen und Entbindungspfleger, in Deutschland gab es 2017 rund 385 000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte, so viele wie niemals zuvor. Im Jahr 1990, nach der Wiedervereinigung, waren es rund 238 000 Ärztinnen und Ärzte.
Allein in den letzten Jahren ist die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte netto um rund 65 000 Ärztinnen und Ärzte gestiegen. Mit 4,1 Ärztinnen und Ärzten je 1 000 Einwohnern liegt Deutschland international in der Spitzengruppe, das heißt, auf Platz fünf von 29 OECD-Ländern. Doch warum entsteht der Eindruck eines Ärztemangels? Hier gibt es zwei Gründe zu nennen: Zum einen findet bei den Ärztinnen und Ärzten gerade ein Generationswechsel statt. Die neue Ärztegeneration legt zu Recht viel Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf
und Familie, sodass eine 50- bis 60-Stundenwoche, wie es in der Vorgängergeneration normal war, heute nicht mehr die Regel ist.
Zweitens: Obwohl in Deutschland mehr Ärztinnen und Ärzte je Einwohner vorhanden sind, sind es je Klinikpatient deutlich weniger. Hauptursache dieser Entwicklung sind zu hohe Fallzahlen und umfangreiche Leistungen in den vielen Kliniken. Ursachen hierfür sind wiederum starke Mengenanreize eines korrekturbedürftigen Fallpauschalensystems zur Finanzierung der Betriebskosten. Keiner dieser ausgeführten Ursachen kann durch mehr Ärztinnen und Ärzte entgegengewirkt werden.
Haus- wie Facharztexperten und auch die Notaufnahmen der Kliniken werden vielfach mit medizinisch unnötigen Patientenkontakten verstopft, sodass oftmals für ernsthaft erkrankte Patientinnen und Patienten zu wenig Zeit und Raum zur Verfügung steht. Aber auch dieses Thema haben wir bereits miteinander debattiert. Was eine kritische Entwicklung darstellt, ist, dass rund 90 Prozent aller Facharztanerkennungen in einem spezialisierten Bereich erfolgen und lediglich 10 Prozent einen Abschluss als Generalist, also als Allgemeinmedizinerin oder Allgemeinmediziner erreichen.
Vor diesem Hintergrund sollte eine zukünftige medizinische Ausbildung in Bremen die tatsächlichen Bedarfe für das Land Bremen abdecken, das heißt Kinderheilkunde, Allgemeinmedizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Schmerzmedizin, Versorgungsforschung, Medizin des Alterns, Prävention sowie psychosomatische Medizin, um nur einige mögliche Felder zu nennen. Zudem sind die meisten Ärztinnen und Ärzte dort tätig, wo sie am wenigsten benötigt werden: In wohlhabenden, überversorgten Stadtteilen und das zum Nachteil der Versorgung in sozial schwächeren Stadtteilen.