Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für die überwiegend positive und Mut machende Rückmeldung zu den Berichten und die Darstellung der Fragestellungen. Deswegen würde ich jetzt eine kleine abschließende Kommentierung abgeben.
In der Tat, seit 2010 geht es aufwärts und trotzdem ist weiterhin finanzpolitische Disziplin erforderlich. Wir müssen uns auch in weiteren Zeiten darauf einstellen, wie wir zu einer aufgabenorientierten und bedarfsorientierten Prioritätensetzung im politischen Ablauf kommen.
Ich wollte noch kurz auf Herrn Rupp eingehen. Herr Rupp hat die Reduzierung der Berichterstattung auf den Zahlenspiegel kritisiert. Es ist in der Debatte schon gesagt worden, das ist ein zweckbezogener Bericht, den wir in Berlin abgeben müssen. Wenn Herr Strehl und ich unterstützt von einigen Kolleginnen und Kollegen aus der Haushaltsabteilung dahin fahren, dann ist das immer ein Gefühl wie beim dritten Staatsexamen. Man wird intensiv befragt und muss den Haushalt nicht nur gut erklären können. In Berlin spielt es oft eine Rolle, welche Auswirkungen etwas hat. Wenn ihr dort reduziert, welche Auswirkungen hat es dann da – oder wenn ihr dort investiert oder mehr Geld bereitstellt, hat das dann auch mittelfristige Effekte? Das ist ein
Weg, den wir beschreiten müssen. Letztlich müssen wir vorlegen, ob das der Status ist, mit dem die Sanierungsmittel freigegeben werden.
Herr Staatsrat Lühr, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Rupp? – Bitte, Herr Rupp.
So ganz kann ich das nicht hinnehmen. Ich habe Sie richtig verstanden: Den Stabilitätsrat interessieren soziale, infrastrukturelle Entwicklungen, Sanierungsstaus und ähnliche Dinge nicht, obwohl ihnen klar sein müsste, dass all diese Dinge auch haushaltspolitische oder finanzielle Konsequenzen haben. Bei denen gibt es kein Verständnis dafür, dass man beispielsweise Kredite aufnimmt, die man aufnehmen darf, um Folgekosten aus der Sanierung zu verhindern? Da habe ich Sie richtig verstanden?
Nicht vollständig richtig verstanden. Ich habe gesagt, wir müssen einen Zahlenspiegel vorlegen. Das sind relativ kurze Berichte, die Sie auch als Drucksache vorliegen haben. Dort wird in der Bilanzierung gesagt, ob das Sanierungsziel erreicht ist oder nicht. Das ist ein Vergleich der Einnahmen und Ausgaben und einiger Aktivitäten. Wovon ich jetzt gerade gesprochen hatte, ist der vorbereitende Termin. Man geht nicht in die Sitzung hinein und macht das, sondern es gibt davor auf Staatssekretärsebene eine Rückkoppelung, bei der noch einmal nachgehakt wird, die dann durchaus auch die Qualität der vertieften Nachfrage hat. Ich würde das so beschreiben, dass die Berichterstattung, die wir mit dem Sanierungsbericht und dem Haushaltsbericht in Berlin abgeben müssen, ein Zahlenspiegel ist, um die Freischaltung für die Mittel zu erhalten. Daran darf man, glaube ich, keine erhöhten Ansprüche formulieren, das ist auch nicht die Zielrichtung. Die müssen den Kontoabgleich machen und sagen, ob Bremen das Geld bekommt oder nicht.
Wir werden, wie die Ausblicke zeigen, uns leider nicht auf die Reise ins Paradies begeben können. Das Geld wird weiterhin knapp sein. Das brauche ich auch nicht zu beschwören. Deswegen sind die von mir schon angesprochene abgewogene Prioritätensetzung und auch die Schuldentilgung erforderlich. Ich glaube, das ist nicht nur notwendig, sondern unausweichlich. Wir müssen in dem Haushaltsaufstellungsprozess eine Verknüpfung von Effekten in dieser Ursachenkette – was wir in Berlin
immer auf der Staatssekretärsrückkoppelungsrunde vorgehalten bekommen –, erreichen und darlegen, wie wir unsere Mittel wirkungsorientiert einsetzen. Welche Effekte hat das perspektivisch? Wir müssen nicht nur begründen dass es notwendig ist oder dass das ist die politische Priorität ist, sondern auch sagen, welche Wirkungen wir damit erzielen. Das vielleicht kurz zur Erläuterung.
Wir bauen zurzeit den elektronischen Haushalt als Berichtsystem auf. Das wird in Zukunft für Sie ein noch komfortableres System sein. Dort kann man aufgabenbezogen, aber auch stadtteilbezogen und verknüpfend agieren, um dann die Zahlen zu ermitteln. Wenn es uns gelingt, auch noch Benchmarking-Daten einzubeziehen, haben wir eine weitere Komponente, die eine noch bessere Beurteilung des Haushaltes und der Haushaltsentwicklung, der Ausgabenentwicklung ermöglicht. – In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Clankriminalität entschlossen bekämpfen Antrag des Abgeordneten Alexander Tassis (AfD) vom 27. September 2018 (Drucksache 19/1849)
Clankriminalität nachhaltig und koordiniert vorbeugen und bekämpfen Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP vom 22. Januar 2019 (Drucksache 19/2014)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Seit etwa 20 Jahren beschäftigt die Medien die Clankriminalität. In allen Mainstream-Medien werden schon seit Jahrzehnten drei Bundesländer an der
Spitze der Problematik benannt: ein großes ist Nordrhein-Westfalen sowie zwei Stadtstaaten, Berlin und Bremen. Nun ist es so, dass gerade die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Berlin, auch ohne dass dort Wahlen anstehen, sich dieser Problematik in letzter Zeit verschärft angenommen haben.
Berlin entwickelte Verfahren, die Clankriminalität mit Hilfe finanzbehördlicher Mittel anzugehen. Das ist ein sehr interessantes und noch nicht einmal richtig abgefasstes Verfahren, dem die AfD eine eigene Sicherheitskonferenz in Potsdam gewidmet hat, weil wir uns sehr genau anschauen, was dort passiert. Wie gesagt, diese Mittel, die das Land Berlin gerade gegen die Clankriminalität ergreift, werden auch noch in rechtsstaatlichen Verfahren geprüft werden, das ist eine spannende Geschichte. Auch in NRW geht man gerade in diesem Jahr – der Antrag ist ja schon etwas älter – in offiziellen Stellungnahmen der dortigen Landesregierung wohlgemerkt, wie es heißt, von einem jahrzehntelangen Versagen in dieser Problematik und von einem nunmehr jahrzehntelang dauerndem Kampf gegen die Clankriminalität aus.
In Bremen – daher der Antrag – hingegen herrscht, wie mir scheint, weitgehendes Schweigen, obwohl bei uns Wahlen bevorstehen. Es wäre eigentlich ein Thema, das sehr wichtig ist. Eines der wichtigsten sicherheitsrelevanten innenpolitischen Themen überhaupt. Deshalb habe ich versucht, eine kleine Brücke zu bauen, – Sie sind ja dankenswerter Weise, so interpretiere ich das, darauf eingegangen durch einen Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – indem ich gerade eine SPD-Stimme aus Berlin ausgewählt habe, denn dort gibt es viele SPD-Abgeordnete, in Berlin, in Nordrhein-Westfalen, in Hessen und auch in anderen Bundesländern, die sich sehr verschärft mit der Clankriminalität auseinandersetzen. So war in einem Artikel der „BILD“-Zeitung zu lesen, dass auch dort wieder der Genosse, der Kollege Martin Hikel von der SPD wie selbstverständlich Bremen an der Spitze der Hochburgen der kriminellen Clans benennt. Ich denke, das sollte uns allen gemeinsam eine Aufforderung sein, jetzt auch in Bremen Maßnahmen zu ergreifen, auch gegenüber Nordrhein-Westfalen und Berlin diese Problematik zu bekämpfen.
Ich stimme Ihrem Antrag gern zu, der in den Forderungen das Gleiche enthält wie mein Antrag. Sie haben Ihren Antrag sehr schön– ich finde das durchaus gut – mit den Erfahrungen ergänzt, die Italien seit 2017 mit einem Aussteigerprojekt für
straffällig gewordene Jugendliche in Clanstrukturen benennt. Das ist ganz hervorragend. Genau das oder so etwas Ähnliches brauchen wir in den -Bundesländern Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen mit ausgeprägter Clankriminalität. Insofern werde ich Ihrem Antrag gerne zustimmen. Sie stimmen natürlich meinem nicht zu, denke ich, weil er von der AfD kommt und Sie Ihren eigenen nachgeschoben haben. Ich finde das allerdings auch in Ordnung. Was ich nicht in Ordnung finde, was ich auch schon im September 2018 nicht in Ordnung fand, ist das bedenkliche Schweigen, wie mir scheint, der Bremer Politik in dem Umgang mit diesem Thema, was sich doch hinreichend unterscheidet von anderen Bundesländern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kriminalität ethnisch abgeschotteter Bevölkerungsgruppen, die sogenannte Clankriminalität, stellt nach wie vor ein hohes Bedrohungspotential in unserer Gesellschaft dar. Bei einem Teil, und ich sage ausdrücklich bei einem Teil, der vor über 20 Jahren aus dem Nahen Osten nach Deutschland zugewanderten Mitglieder der Volksgruppe der Mhallami gibt es umfangreiche Erkenntnisse zu begangenen Straftaten beziehungsweise Verurteilungen in bestimmten Deliktsfeldern der organisierten Kriminalität wie Drogenhandel, organisierter Sozialhilfebetrug, aber auch, und das haben wir in dieser Bürgerschaft schon häufiger behandelt, das Thema der umfangreichen Betrügereien zum Nachteil älterer Menschen. Bremen ist neben Berlin und einigen Großstädten in Nordrhein-Westfalen seit Jahren ein Zentrum der Aktivitäten dieser ethnischen Clans.
Meine Damen und Herren, die Probleme bei der Aufklärung dieser Straftaten liegen erstens darin begründet, dass diese Tätergruppen nach außen hin sehr abgeschottet sind und für die Polizei nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Informationsgewinnung bestehen. Dazu gehört, dass sie eine eher schwach ausgeprägte Organisation haben. Das widerspricht nicht dem Prinzip der organisierten Kriminalität, weil es die unterschiedlichen Familien sind, Großfamilien, die abgesprochen miteinander wirken, aber manchmal auch mit Gewalt gegeneinander wirken, dazu haben wir auch in Bremen Erkenntnisse.
Zweitens sind Zeugenaussagen selten im Gerichtsprozess verwertbar, entweder aus Angst vor Repressalien oder aufgrund sogenannter außergerichtlicher Einigungen. Auch das ist immer wieder Gegenstand öffentlicher Erkenntnisse geworden. Deshalb, meine Damen und Herren, ist für die Fraktion der CDU von elementarer Bedeutung, alle rechtstaatlich zulässigen Mittel anzuwenden, um diese Straftaten aufzuklären und der Justiz belastbare Beweise an die Hand zu geben, damit gegen die Tatverdächtigen adäquate Verurteilungen erfolgen können.
Dazu gehören auch die Maßnahmen zur Abschöpfung illegaler Vermögenswerte aus Straftaten, wie sie in jüngster Vergangenheit erfolgreich von den Polizeibehörden in Berlin und einigen Städten in Nordrhein-Westfalen durchgeführt worden sind. Aus Sicht der Fraktion der CDU sind das sehr sinnvolle Maßnahmen, die auch in Bremen Anwendung finden sollten, –
Wir erwarten dazu konkrete Konzepte von den zuständigen Behörden, denn natürlich ist nicht nur der Senator für Inneres betroffen, sondern auch weitere senatorische Bereiche. Das allein wird aufgrund der gefestigten Strukturen organisierter Kriminalität nicht reichen.
Vielmehr müssen wir den Nährboden der kriminellen Strukturen in diesen Familien systematisch beseitigen, indem wir insbesondere der jungen Generation in diesen Familien vor allem über schulische und berufliche Ausbildung sowie Integration in die Gesellschaft Alternativen zum herkömmlichen Familienbild eröffnen. Meine Damen und Herren, in Einzelfällen ist das auch in Bremen schon gelungen, wir müssen diesen Weg in Zukunft jedoch konsequent weiter verstärken. Dazu bietet der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP einige konkrete und konstruktive Hinweise.
Den Antrag des Abgeordneten Tassis von der AfD zu diesem Thema lehnen wir aufgrund der einseitigen Betrachtung und Forderungen ab. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab sagen, dass ich sehr froh bin, dass wir hier zu diesem Thema einen gemeinsamen Antrag mit den Fraktionen der FDP, der CDU und unserer Koalition hinbekommen haben.
Denn das ist für mich ein wichtiges Signal aus diesem Parlament, dass wir entschlossen und entschieden gegen Clankriminalität vorgehen und nicht aus wahltaktischen Gründen, wie eben von Herrn Tassis geschildert. Bremen ist neben Berlin und Essen Hochburg der so genannten Clankriminalität von Familienclans mit kurdisch-libanesischem Hintergrund. Es ist leider schon seit Jahren, bald schon Jahrzehnten der Fall. Deshalb findet Bremen in diesem Kontext auch überregional leider immer wieder Erwähnung im „Spiegel“, in TV-Dokumentationen und ähnlichem. Haupteinnahmequellen der organisierten Kriminalität sind Drogenhandel, Sozialhilfebetrug im großen Stil, Gebrauchtwagenhandel und Straftaten gegen ältere Menschen, hauptsächlich im Bereich des Betrugs. Das hat mein Kollege Herr Hinners eben erwähnt.
In Berlin und auch in Städten Nordrhein-Westfalens kam es gerade in jüngster Vergangenheit vermehrt zu Razzien und klarem Vorgehen gegen diese kriminellen Strukturen, aber auch gegen öffentliches Gehabe, provozierendes Verhalten und Kokettieren. Wie der „Weser-Kurier“ Anfang des Monats schreibt, sei man in Bremen schon einen Schritt weiter. Die Machtverhältnisse sind hier geklärt. Clankriminalität wird nicht akzeptiert und nicht toleriert. Es wird nicht weggeschaut, es wird sofort reagiert und staatlich gestört. Organisierter Kriminalität geben wir hier keinen bequemen Nährboden. Der „Weser-Kurier“ fasst es unter „Öffentliche Machtdemonstrationen sind passé“ zusammen. Das ist ein erster wichtiger Schritt.
Gleichwohl gibt es auch hier die besagten Razzien im großen Stil, zuletzt im vergangenen Herbst. LKA-Leiter Professor Heinke bestätigte das und Oberstaatsanwalt Passade stimmt zu: Die Clans hätten gelernt und sich angepasst. Der große öffentliche Auftritt und das Gehabe sind nicht mehr zu verzeichnen. Aber wir müssen uns keine Illusionen machen, natürlich wird im Verborgenen weiter
gedealt, betrogen und Schwarzgeld erwirtschaftet, aber die Polizei in Bremen und Bremerhaven und auch die Staatsanwaltschaft sind überaus wachsam und für jedes Fehlverhalten empfindlich und das ist genau richtig so, meine Damen und Herren. Wir dulden keine Parallelgesellschaften und kriminelle Subkultur. Die Null-Toleranz-Strategie, die hier angewandt wird, ist die einzig richtige.
Mein Kollege, Herr Hinners, hat es eben noch einmal gesagt: Die Vermögensabschöpfung ist das Mittel, das ich auch für richtig und wichtig halte, weil es genau dort wehtut, wo es wehtun muss.
Darum bin auch ich dafür, dass wir dieses Mittel viel mehr und auch viel häufiger nutzen. Die Zäsur erfolgte vor über zehn Jahren, seitdem gibt es Konzepte und Vorgehen gegen die Clans und ihre Strukturen, Konzepte, die auch greifen, die aber regelmäßiger Anpassungen bedürfen, auch an bundesweite Strukturveränderungen der Clans selbst. Die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts, aber auch mit anderen Kommunen und Bundesländern ist dabei unerlässlich. Nicht umsonst ist die Bekämpfung der Clankriminalität in der Kommission organisierter Kriminalität, KoK, als bundesweiter Schwerpunkt definiert worden. In diesem und anderen Rahmen besteht sowohl eine bundesweite als auch internationale Zusammenarbeit. Diese bedarf wo nötig der Weiterführung und Intensivierung.