Klaus-Rainer Rupp

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Herr Staatsrat, vor Jahren hatten wir einmal eine Initiative angeregt, dass die norddeutschen Bundesländer sich einen Offshore-Windpark zulegen oder ihn auf eigene Rechnung bauen und damit auch einige Einnahmen generieren vor dem Hintergrund, dass die fünf norddeutschen Länder sich über eine Wasserstoffstrategie unterhalten. Wäre es nicht eine gute Idee, diesen Gedanken noch einmal aufzugreifen, damit man auch den Strom hat, um Wasserstoff zu erzeugen?
Also erstens, ich weiß, dass ein Offshore-Windpark ungefähr 1,3 Milliarden Euro kostet, und es gibt Leute, die geben das aus, weil sie damit Geld verdienen wollen. Egal. Ich wollte nur einmal nachfragen: Wenn Sie jetzt sagen, das hat einen gewissen Charme, würden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Idee so charmant wird, dass die anderen norddeutschen Bundesländer diesem Charme erliegen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwei Anlässe für unseren Antrag. Wir haben uns mit dem Personalbestand in den bremischen Krankenhäusern auseinandergesetzt und wir haben uns mit dem Personalbedarf in der Zukunft in den bremischen Krankenhäusern auseinandergesetzt. Ich will zum Personalbestand und der aktuellen Situation nicht ausführlich Stellung nehmen, vielleicht nur insoweit, als dass mittlerweile klar ist, dass der Personalbestand auch bei der GeNo so ist, dass eine Grippewelle dazu führt, dass Operationen verschoben und Betten gesperrt werden müssen, und dass die Arbeitsbedingungen dergestalt sind, dass ein ganzer Teil von Schwestern und Pflegern aus ihrem Beruf fliehen.
Wir finden, das ist eine Situation, die man unmittelbar und dringend ändern muss und die auf jeden Fall so nicht bleiben kann.
Haben Sie die Studie gelesen und teilen Sie mit mir die Folgerungen der Studie, dass man die Ausbildungskapazitäten in Bremen verdoppeln muss, und zwar unmittelbar, damit man 2035 keinen großen Fachkräftemangel hat?
Ich würde Sie gern fragen: Akzeptieren Sie die Erkenntnisse der Studie, dass wir jetzt die Ausbildungskapazitäten verdoppeln müssen, um eine Fachkräftelücke zu schließen?
Frau Senatorin, ich wollte Sie in Ihrem Argumentationsfluss nicht
unterbrechen. Ich habe nur eine sehr konkrete Frage: In Ihrer Studie wird für 2015 – Klammer auf, 2016, Klammer zu – eine Fachkräftelücke von 276 Menschen konstatiert, für 2020 von 1 163. Kennen Sie die Fachkräftelücke vom letzten Jahr?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Röwekamp, es gibt selten Fälle, in denen die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der CDU an einem Strang ziehen oder in denen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und Markus Söder, sein bayerischer Kollege, einer Meinung sind, aber wenn das so ist, dann in der Regel, wenn es um das Geld geht. In diesem konkreten Fall sind sie einer Meinung und ich bin der Meinung, dass sie beide Recht haben.
Ich will als kaltherziger Finanzpolitiker kurz sagen, wie sich die Zahlen scheinbar entwickeln sollen. Bislang wurden an die Länder und Kommunen 4,7 Milliarden Euro an Bundeshilfen weitergegeben. Die Summe soll auf 1,3 Milliarden reduziert werden. Weil Bremen von allem ungefähr ein Prozent, vielleicht in diesem Fall etwas mehr, bekommt, bedeutet das, dass die Bundesmittel um 35 Millionen Euro pro Jahr sinken, und das bei circa 250 Millionen Euro Kosten in Bremen pro Jahr.
Das ist eine Reduzierung der Bundeshilfen auf unter 12,5 Prozent. Ich finde, dass insbesondere Olaf
Scholz, das ist schon angesprochen worden, als ehemaliger Bürgermeister eines Stadtstaates wissen muss, was er mit einer solchen Regelung anrichtet. Als Erstes torpediert er Integration. Eine anständige Integration benötigt die dafür notwendigen Mittel. Zweitens blockt er eine zukunftsweisende Entwicklung von Integration ab. Er verhindert damit zum Beispiel die Aussicht auf Fachkräftegewinnung. Wenn wir nicht in der Lage sind, geflüchtete Menschen vernünftig auszubilden und zu integrieren, leistet das auch keinen Beitrag für die Bekämpfung eines zukünftigen Fachkräftemangels.
Jeder weiß, dass die Bundesrepublik Deutschland demografisch auf einen Zustand zusteuert, der es notwendig macht, dass wir ein Einwanderungsland sind, damit wir die Aufgaben und die Anforderungen der Zukunft, insbesondere wenn Menschen älter werden – so wie ich – leisten können. Des Weiteren bringt er Kommunen und auch Länder in eine schwierige Lage. Gegen unseren Willen haben sich das Land und die Kommunen in Bremen verpflichtet, ohne Neuverschuldung auszukommen. 35 Millionen Euro weniger im Land Bremen verringern deutlich die Möglichkeit, das auch einzuhalten.
Deswegen kann ich es nicht verstehen und es ist vielleicht auch einfach nur ein Rollback. Es ist gelungen, einen halbwegs vernünftigen Deal zwischen den Bundesländern und dem Bund auszuhandeln, und Bremen hat davon partizipiert. Wie viel von den 475 Millionen übrig bleibt, die Diskussion wollen wir heute nicht führen. Aber danach dafür zu sorgen, dass der Hauch von Perspektive, der Hauch von Handlungsfähigkeit wieder eingeschränkt wird, das ist ganz schlechter Stil und überhaupt keine sozialdemokratische Finanzpolitik. Das ist eine Finanzpolitik auf Kosten von Ländern und Kommunen.
Darüber hinaus haben wir ein Problem. Wenn man die Summe nimmt, über die wir sprechen, dann ist das scheinbar immer deutlich mehr, als in anderen Bereichen ausgegeben wird, zum Beispiel für Armutsbekämpfung. Deswegen muss klar sein, dass das, was auch in Bremen für die Integration und die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen ausgegeben wurde, nicht nur ein notwendiger humanitärer Beitrag zur Rettung von Menschen aus Not und lebensbedrohlichen Situationen war, selbstverständlich hatte es auch immer eine wirtschaftspolitische Komponente.
Das war auch für Bremen ein wirtschaftlicher Impuls, der Arbeitsplätze geschaffen und dafür gesorgt hat, dass Menschen, die vorher keine Arbeit hatten, wieder in Arbeit zurückgekommen sind. Das darf man nicht unterschätzen. Es glaubt doch niemand, wenn man sagt: Wenn die Flüchtlinge nicht gekommen wären, hätte jemand anderes dieses Geld bekommen. Ich sage: Nein, dieses Geld wäre nicht ausgegeben worden. Das wäre irgendwo anders hingeflossen, aber es hätten nicht die bekommen, die es möglicherweise verdient hätten.
Ich komme zum Schluss. Wir haben nach wie vor die Aufgabe, geflüchtete Menschen aufzunehmen, sie, wenn sie hier bleiben, als Teil unserer Gesellschaft zu integrieren und sie, wenn sie wollen, wieder zurück nach Hause zu lassen.
Was wir aber nach wie vor beachten müssen, sonst wird das für uns doppelt zum Problem und als Munition von Rechtspopulisten missbraucht, wir müssen eine Konkurrenz zwischen Menschen in Armut, die unter schwierigen Bedingungen leben, und Menschen, die hierher geflüchtet sind, verhindern. Wir müssen die Konkurrenz um Wohnungen, um Kindertagesstätten verhindern.
Von allem muss genug für alle da sein, sonst stellen wir nicht nur unsere Wahlergebnisse auf die Probe, sondern verlieren die Grundlage unserer auf demokratischen und humanistischen Prinzipien organisierten Gesellschaftsordnung. Wegen der Kürzung der Gelder ist Olaf Scholz scharf zu kritisieren, aber wir werden auch in der Zukunft darum kämpfen müssen, dass eine außergewöhnliche Finanzierung im Rahmen der Schuldenbremse nur dann möglich ist, wenn wir deutlich mehr Geld haben, und das bekommen wir nur durch Steuererhöhung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren etwas, das etwas sperrig kommunaler Finanzausgleich zwischen den Stadtkommunen Bremen und Bremerhaven und dem Land Bremen genannt wird. Ich will kurz sagen, worum es geht: Die Kommunen finanzieren sich aus unterschiedlichen Quellen, eigenen Steuereinnahmen, Zuweisungen, aber sie finanzieren sich auch aus einem sogenannten kommunalen Finanzausgleich. Das heißt, in der Vergangenheit hat man 16 Prozent der Steuereinnahmen genommen und gesagt, das teilen wir nach einem bestimmten Schlüssel auf die beiden Kommunen auf.
Diese Summe hat man jetzt erhöht. Man nimmt jetzt circa 3 Komma irgendetwas Milliarden Euro Steuereinnahmen, sagt 21,43 Prozent – wie man auf diese Zahl kommt, ist mir bisher noch rätselhaft, aber das ist jetzt so –, diese Summe nehmen wir, und die verteilen wir zwischen den Kommunen Bremen und Bremerhaven. So weit so gut. Dann hat man gesagt, dass die Lebensverhältnisse in Bremen und Bremerhaven unterschiedlich sind. Wenn es darum geht, das Schlusslicht zu sein, Anzahl von langzeitarbeitslosen Menschen, Alleinerziehende, arme Kinder und so weiter, ist Bremerhaven immer noch ein kleines bisschen schlechter als Bremen.
Deswegen hat man durchaus zu Recht gesagt: Wir können nicht nur die Einwohnerinnen und Einwohner nehmen, da wohnen so viele, da wohnen so viele, dann bekommen sie das anteilig, sondern müssen auch berücksichtigen, wie die soziale Situation der Menschen in der jeweiligen Kommune ist und das in unsere komplizierte Rechnung einbinden. Das hat man gemacht und dass man eine solche Gewichtung macht, ist richtig.
Was ist dabei unter dem Strich das Ergebnis? Das, was zu verteilen war, ist von 570 auf 710 Millionen Euro angestiegen, Bremerhaven bekommt ungefähr 58 Millionen Euro mehr, die Kommune Bremen knapp 300 Millionen Euro. Die Gewichtung, von der ich gesprochen habe, erkennt man an der Frage: Was heißt das pro Kopf in Bremen und Bremerhaven?
Pro Kopf in Bremen heißt das, dieser kommunale Finanzausgleich gibt den Kommunen ungefähr 1 400 Euro pro Kopf in Bremen und knapp 2 000 Euro pro Kopf in Bremerhaven. Das ist schon etwas. Das ist ein Beitrag dazu, soziale Ungleichheit zwischen diesen beiden Kommunen auszugleichen, und deswegen ist es eine gute Idee, solche Gewichtungen zu berücksichtigen.
Wie es manchmal im Leben jedoch so ist, es stellt sich die Frage: Selbst wenn man solche hohen Summen bewegt und von finanziellen Spielräumen spricht, die dadurch entstanden sind, bin ich ehrlich gesagt skeptisch, ob dadurch tatsächlich Spielräume entstanden sind. Mein Eindruck ist, dass wir zu wenig Geld gerechter verteilt haben, dass es unter Berücksichtigung der Schuldenbremse aber unter dem Strich zu wenig Geld bleibt. Das habe ich mir nicht ausgedacht, auch, wenn irgend ein schlauer Mensch gesagt hat, dass es der Opposition immer zu wenig ist. Es gibt ein ganz interessantes Indiz dafür, dass selbst nach dieser Finanzzuweisung Bremerhaven noch nicht in der Lage ist, alle seine Aufgaben vernünftig zu organisieren.
Sie müssen in Bremerhaven vier Schulen bauen und dafür ungefähr 114 Millionen Euro investieren. Das haben sie nirgendwo im Sparstrumpf, und das gibt offensichtlich auch der jetzt laufende und nach oben korrigierte Haushalt nicht her. Deswegen haben sie darüber nachgedacht, diese vier Schulen, die 114 Millionen Euro kosten, in irgendeiner Weise in einem sogenannten Public-Private-Partnership-Projekt zu realisieren.
Das ist natürlich in vielfältiger Hinsicht schwierig. Ganz abgesehen davon, dass sie noch gar keinen Investor gefunden haben, sondern nach Aussagen des Bürgermeisters von Bremerhaven nur ausgerechnet haben, was es denn kosten würde, weist das auch auf folgende Umstände hin:
Erstens, im Rahmen der Schuldenbremse könnten sie diese 114 Millionen Euro als Kredit nicht ordern, sie dürfen es nicht. Zweitens, sie brauchen die Schulen aber. Drittens, um aus dieser Verlegenheit herauszukommen, suchen sie sich einen privaten Investor, der für sie die Schulen baut und dem sie dann jedes Jahr so viel bezahlen, als hätten sie die Kredite aufgenommen und die Schulen selbst gebaut. Das ist etwas, was uns allen in Bremen und Bremerhaven und sonst wo noch bevorsteht, nämlich dass wir zwanghaft nach Wegen suchen, dringend notwendige Investitionsprojekte über Umwege zu finanzieren, weil es aus dem laufenden Haushalt nicht geht.
Ich bitte, dieses als Indiz dafür zu nehmen, dass meine These, dass wir zu wenig Geld gerecht verteilt haben – was nicht schlecht ist – stimmt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verkehrspolitik hat es mit einem Paradoxon zu tun: Viele Menschen und viele Fahrerinnen und Fahrer, auch von Lkw, wollen immer ohne Stau überall schnell hindurchkommen und gleichzeitig dort wohnen, wo es kein Verkehrsaufkommen gibt. Dieses Anliegen ist physikalisch schwer zu lösen.
In diesem Fall ist es so, dass eine Anschlussstelle an Delmenhorst zwischen A 281 und GVZ sicherlich die Stromer Landstraße entlastet, auf der pro Tag ungefähr 8 000 Kfz entlangfahren, und bestimmt wird eine solche Anschlussstelle eine gewisse Form von Verkehrsbelastung an anderer Stelle erzeugen, weil die Fahrzeuge sich nicht vorübergehend in Luft auflösen können.
Es liegt ein Interessenkonflikt vor. Wir würden auch sagen, dass die südliche Streckenführung mit einem Anschluss an Delmenhorst die entsprechende Lösung ist. Trotzdem ist es so, dass wir Dialoge und Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligungen ernst nehmen und deswegen finden, dass dieser Dialog, der zwischen den unterschiedlichen Interessenlagen begonnen hat, der richtige Weg ist.
Wir gehen davon aus, dass, wenn Bremen und Strom schon daran beteiligt sind, Sie da nicht nur sitzen und sich das alles anhören, sondern sich für die Interessen der Bürgerinnen und Bürgern in Strom und für die bremischen Interessen einsetzen. Daher würde ich sagen, ist der Antrag gegenstandslos, weil es eine Kommunikation zwischen Niedersachsen und Bremen gibt. Aus diesem Grund würden wir uns bei diesem Antrag enthalten.
Ich kann mich auch noch gut an Zeiten erinnern, als man eine Landstraße entlang gefahren ist, die gut ausgebaut war. Dann kam man an einem Ortseingangsschild einer Stadt vorbei und auf einmal wurde die Straße schlechter, und als man dann an das Ende der Stadt kam, wurde die Straße wieder besser. Das heißt, solche Verhältnisse, zu sagen: Wir beschränken unsere Interessen auf Bremen o
der die Delmenhorster auf Delmenhorst oder Stadteile von Delmenhorst auf Stadtteile von Delmenhorst, kann ich auf der einen Seite verstehen. Auf der anderen Seite ist so eine Vorstellung von Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert und wir müssen in der Tat zu Ausgleichen und zu Dialogen kommen.
Deswegen finden wir das Ansinnen dieses Antrags im Kern richtig, wir befinden es aber mit diesem Dialog als eingelöst. Deswegen werden wir uns bei dem Antrag enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Imhoff, im Antrag steht nicht, dass die Bremische Bürgerschaft sich für einen Vollanschluss und eine europakonforme Lösung dieses Problems ausspricht, sondern es wird beantragt, dass wir Gespräche darüber aufnehmen und diese Gespräch finden wir derzeit nicht sinnvoll.
Deswegen enthalten wir uns und stimmen diesem Antrag nicht zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Wenn Sie das nächste Mal wollen, dass die Bremische Bürgerschaft sich für eine bestimmte Variante von etwas ausspricht, wäre meine Empfehlung, es auch so zu beantragen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf meine Initiative debattieren wir heute den Stabilitätsbericht und Sanierungsbericht, den Bremen regelmäßig nach Berlin schicken und dort vertreten muss.
Es geht bei beiden Dingen zunächst und ausschließlich um die Haushaltssituation Bremens und die Frage, hat Bremen noch eine extreme Haushaltsnotlage oder nicht. Es gibt dafür Kriterien, ein so genanntes Finanzierungsaldo. Einfach gesagt: Ist das Ergebnis von Einnahmen weniger Ausgaben positiv oder negativ? Es geht um eine Kreditfinanzierungsquote, das heißt, wie viel von den Ausgaben muss kreditfinanziert werden. Das wird 2020 null sein. Es geht um eine so genannte Zinssteuerquote, das heißt, wieviel Prozent machen die Zinsen an den so genannten Primärausgaben aus, und es geht um die Prokopfverschuldung, die in den Jahren von 2010 bis 2020 tatsächlich von 26 000 auf ungefähr 30 000 Euro gestiegen ist. Zwei von vier Kriterien entwickeln sich bis 2020 voraussichtlich ganz gut. Auf dem Papier ist die Haushaltsentwicklung Bremens aus unterschiedlichen Gründen, die wir anderswo diskutiert haben, seit 2010 deutlich besser geworden, als wir es jemals vermutet hätten. Es scheint also alles in Ordnung.
Die interessante Frage ist, wie definiert man Stabilität. Wir haben auf dem Papier mit Sicherheit spätestens ab 2020 eine buchhalterische, eine haushaltspolitische Stabilität. Reicht eine solche Betrachtung? Deswegen wollte ich das gern hier diskutieren. Diese Form von Betrachtung streut ein Stück Sand in die Augen. Sie vermittelt einen Zustand, bei dem außer den Zahlen, die man anschaut längst nicht alles in Ordnung ist. Sie vermittelt kein Gefühl dafür, ob wir eine gesellschaftliche und soziale Stabilität haben. Meiner Meinung nach könnte man einen solchen Stabilitätsbericht, wenn man ihn etwas weiter fasst und auch die Konsequenzen von Haushaltspolitik in der Gesellschaft
abbildet, um bestimmte Kriterien erweitern. Anbieten tut sich die Armutsgefährdungsquote. Wir hatten heute die Debatte: 2010 waren es 21 Prozent, 2017 23 Prozent – andere Zahlen liegen nicht vor –. Bei den unter 18-jährigen ist die Quote von 31 Prozent auf 35 Prozent gestiegen, bei Alleinerziehenden von 38 Prozent auf sage und schreibe 65 Prozent. Das ist ein Kriterium, das nicht unbedingt Stabilität vermittelt.
Ein weiteres Kriterium wären unter Umständen die Sozialleistungen pro Kopf. Da haben wir 2010 ungefähr 1 130 Euro pro Kopf, 2020 sind es prognostiziert 1 700 Euro pro Kopf. Das ist eine deutliche Steigerung weit über die Inflation hinaus (möglich- erweise sind darin Kosten für Geflüchtete, aber das macht keine Unterschied, wenn wir solche Sozial- leistungen bezahlen müssen, ist das ein Indiz dafür, wie der soziale Zustand ist).
Wir können Arbeitslosigkeit, Dauerarbeitslosigkeit aufnehmen, wir können Kriterien entwickeln hinsichtlich Investitions- und Sanierungsstau. Wenn man heute sagt, wir haben ungefähr 2,5 Milliarden Euro Investitions- und Sanierungsstau, sind das 3 600 Euro pro Kopf. Wir könnten als Kriterium nehmen, wieviel Geld sind wir eigentlich in der Lage, für Schülerinnen und Schüler auszugeben. Das sind im Jahre 2016 6 700 Euro, in Hamburg sind es 2 300 Euro mehr.
Wem es noch an weiteren Kriterien mangelt, empfehle ich den Lebenslagenbericht des Instituts Arbeit und Wirtschaft Universität/Arbeitnehmerkammer Bremen (IAW). Dort wurden bereits weitere Kriterien für soziale, wirtschaftliche und infrastrukturelle Stabilität entwickelt. Deswegen ist meine Empfehlung – –. Daher würde ich gern in Zukunft darüber diskutieren, ob es nicht sinnvoll ist, den Blick auf das Ganze zu richten und ihn ein Stück weit von der Illusion eines soliden und möglicherweise auch sanierten Haushaltes abzuwenden hin zu einer gesellschaftlichen Realität, mit der wir in diesem Hause regelmäßig konfrontiert werden. Ist es nicht interessant und notwendig, einen solchen Bericht auszuweiten, indem wir ihn über reine finanzpolitische und haushaltspolitische Kriterien hinaus erweitern und solche Kriterien einfügen? Ich meine, gesellschaftliche, soziale infrastrukturelle Stabilität ist mehr als eine schwarze Null. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Fecker, würden Sie sagen, dass es bei der Frage des Geldes um zwei Themen geht: Erstens wieviel es ist und zweitens, reicht es? Ich weiß, selbst viel Geld kann zu wenig Geld sein, deswegen frage ich Sie bei aller Wertschätzung dessen was gemacht worden ist: Ist die Information, ob dieses Geld, das man eingesetzt hat, auch hilft, um letztendlich das Problem zu lösen nicht ein wichtiges Kriterium für die Frage, ob Politik erfolgreich ist? Ob es reicht?
So ganz kann ich das nicht hinnehmen. Ich habe Sie richtig verstanden: Den Stabilitätsrat interessieren soziale, infrastrukturelle Entwicklungen, Sanierungsstaus und ähnliche Dinge nicht, obwohl ihnen klar sein müsste, dass all diese Dinge auch haushaltspolitische oder finanzielle Konsequenzen haben. Bei denen gibt es kein Verständnis dafür, dass man beispielsweise Kredite aufnimmt, die man aufnehmen darf, um Folgekosten aus der Sanierung zu verhindern? Da habe ich Sie richtig verstanden?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder erstaunlich, mit wie viel Akribie und ich sage auch, mit wie viel Energie bestimmte steuerrechtliche Vorschriften daraufhin geprüft werden, ob man sie nicht umgehen kann und ob man das zum eigenen Vorteil oder als Geschäftsmodell etablieren kann.
Mit einer solchen Situation haben wir es hier zu tun. Die Grundsteuerbefreiung bei Käufen von Grundstücken oder Gebäuden, die dort vorhanden sind, war einmal gedacht, um Betriebsübergänge zu erleichtern oder durch eine Summe nicht zu behindern, die dann nicht zu bezahlen ist. Das macht in gewisser Weise Sinn, wenn man sagt, wir wollen kleine, mittelständische Unternehmen prüfen. Dann kann man einmal schauen, ob es wirklich sinnvoll ist, denen auch noch die Grundsteuer aufzuerlegen, –
und stattdessen bekommt man möglicherweise einen Unternehmensfortgang.
Dann kann man auch sagen: Warum eigentlich? Wenn private Personen ein Grundstück, ein Haus kaufen, müssen sie bezahlen. Warum muss man Unternehmen bevorteilen? Wir neigen auch zu dieser Ansicht. Jetzt ist es so, dass sich offensichtlich in den letzten Jahren Personen auf den Weg gemacht und diesen Vorteil systematisch ausgenutzt haben und mittlerweile bei einem Grundsteueraufkommen von 14 Milliarden Euro eine Milliarde Euro Steuern an den Ländern vorbeigemogelt werden. Das wären bei einem Prozent für Bremen immerhin 10 Millionen Euro im Jahr.
Das sind Summen, über die wir im Haushalts- und Finanzausschuss in kleinen Anträgen schon bitter gestritten haben, und es fehlt tatsächlich überall hier in Bremen.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum eine solche systematische Vermeidung von Steuern, die zwar legal ist, aber einen großen gesellschaftlichen Schaden anrichtet, warum die weiter geduldet werden soll. Deshalb begrüßen wir zunächst auch die Initiative, dort Änderungen einzuführen. Statt 95 Prozent Anteile, die man heute kaufen darf, nur noch 90 Prozent. Der Besitzer, und wohlbemerkt der Besitzer der Grundstücke muss dann zehn Jahre diese Anteile, die letzten zehn Prozent halten, und bislang ist es so, die eine Gesellschaft kann 95 Prozent kaufen und die andere Gesellschaft fünf Prozent, dann ist es verkauft.
Dies wäre ein erster Schritt in eine tatsächliche Verbesserung. Wir teilen aber auch ausdrücklich das, was hier im Antrag gefordert wird, nämlich zu sagen: Wenn man 50 Prozent eines Grundstückes oder einer Gesellschaft, der ein Grundstück gehört, kauft, dann muss man auch 50 % Grundsteuer bezahlen. Das müssen Private auch, –
das ist eine Form von Steuergerechtigkeit, die man dringend einführen muss. Ich würde mich auch überhaupt nicht verweigern, wenn jetzt jemand sagt: Wir sind hier ein kleines Familienunternehmen, das geht gerade aus irgendwelchen Gründen nicht, könnt ihr uns dort nicht einmal helfen? Ich wäre durchaus dafür, darüber nachzudenken, dass man in wirklich konkreten Fällen, bei denen es um Betriebsnachfolge geht und Ähnliches, bei denen man einmal hinschaut und sagt, ob man denen eine Ausnahme gewähren kann.
Das ist das Umkehren. Die Beweispflicht, dass es notwendig ist oder dass es sinnvoll ist, die Grundsteuer zu erlassen, liegt dann bei dem Unternehmen, das kauft, beziehungsweise bei dem Unternehmen, das verkauft und nicht andersherum. In dem Moment, in dem Steuergesetze dazu führen, dass mit einer gewissen kriminellen Energie diese Gesetze umgangen werden, das muss unterbunden werden. Deswegen werden wir dem Antrag zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nicht mehr hier sprechen, weil ich der Meinung bin, dass, gewisse Personen von bestimmten Sachen zu überzeugen, auch mir nicht gelingt. An einer Sache bin ich aber doch noch einmal gestolpert.
Wenn ich Frau Steiner richtig verstanden habe, sagt sie, wenn wir dieses Steuerschlupfloch schließen, dann haben große Immobilienunternehmen genug Leute, andere Steuerschlupflöcher zu finden. Das schadet den kleinen mittelständischen Unternehmen, weil diese solche Leute nicht haben. Diese Form von innerer Logik habe ich jetzt noch nicht ganz verstanden.
Sie sind also im Prinzip gegen Steuerschlupflöcher, das kann ja sein. Davon gehe ich einmal aus, weil Sie finden, dass es keine gute Idee ist. Jetzt sagen Sie, wir dürfen deswegen bestehende und erkannte Steuerschlupflöcher nicht schließen, weil die Menschen suchen sich dann andere Steuerschlupflöcher.
In Ordnung! Ich sehe das ganz anders. Wenn es uns tatsächlich gelungen ist, eine Steuergesetzgebung
auszumachen, die insbesondere von großen Immobilienfirmen genutzt wird, um Steuern zu umgehen, dann ist es unsere Pflicht als Parlamentarierinnen und Parlamentarier dafür zu sorgen, dass dieses Gesetz und dieses Recht so geändert werden, dass es im Geiste einer Steuergerechtigkeit auch funktioniert.
Selbstverständlich ist es dann auch unsere Pflicht, wenn jetzt findige Anwälte oder wer auch immer, dafür sorgen, dass es weitere Schlupflöcher gibt oder dass Lücken im Steuergesetz systematisch ausgenutzt werden mit einem großen Verlust für die öffentlichen Einnahmen, diese Schlupflöcher auch zu schließen –
und nicht einfach zu sagen, wir wissen, dass das so ist. Ich bin relativ sicher, unabhängig von der Frage, welche Steuerschlupflöcher wir schließen, es ist ein Geschäftsmodell, alle, und ich sage, alle legalen, halblegalen und illegalen Steuerschlupflöcher zu finden, zu suchen und systematisch auszuwählen. Wir haben über alle möglichen Bereiche schon diskutiert, auch teilweise – –.
Ja, ja! Es gibt auch illegale Steuerschlupflöcher, und diese werden auch als Geschäftsmodelle betrieben, vielleicht nicht in unserem Land.
Jetzt kommen wir zurück zu der Frage: Wer ist eigentlich für Mieterhöhungen verantwortlich? In dem Zusammenhang müssen jedes Unternehmen, auch kleine Bauherren dann die Grundsteuer, die sie beim Kauf einer Immobilie ein Mal bezahlen – –.
Grunderwerbsteuer, Entschuldung! Die Grunderwerbsteuer, die sie bei Kauf ein Mal bezahlen, müssen Sie über all die Jahre auf die Miete umlegen. Ja, ich bin völlig sicher, dass das nicht die Hauptquelle von Mieterhöhungen ist. Die Hauptquelle von Mieterhöhungen, insbesondere wenn es sich um private Wohnungsbaugesellschaften handelt, ist die, dass sie einerseits Investitionen kurzfristig vermeiden, dass sie dann schauen, wo können wir Mieten erhöhen, dass sie auf der anderen
Seite luxusmäßig sanieren, um die Wohnung teurer zu vermieten.
Da sind die Quellen von Mieterhöhungen, sie liegen nicht in der Frage der Grunderwerbsteuer. Also, Ihre Logik schlägt vollständig fehl. Was Sie fordern, widerspricht dem Prinzip einer gerechten Besteuerung in diesem Land. Das machen Sie als Partei und auch als Personen, seit ich Sie kenne, hier systematisch, und das lehne ich grundsätzlich ab. – Danke!
Ich bin jetzt ein bisschen irritiert. Empfehlen Sie uns gerade, diesen Antrag heute nicht abzustimmen, weil wir jetzt abwarten müssen, wie die Finanzminister entscheiden und weil Sie einen vorsichtig gefundenen Kompromiss gefährdet sehen, oder empfehlen Sie, wir sollen das heute auf jeden Fall verabschieden, denn das, was bisher beschlossen wurde, ist ein erster Schritt, und es müsste eigentlich noch weitergehen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand es immer völlig berechtigt, wenn man ein Produkt, ein essbares Produkt kauft, dass man auf der Verpackung erkennen kann, was ist eigentlich dort enthalten und möchte ich neben Schokolade auch noch Konservierungsstoffe essen. Deswegen ist es völlig richtig, dass man, wenn man zu einer Bank geht, ein legitimes Interesse daran hat zu wissen, womit verdient diese Bank, neben der Tatsache, dass ich Gebühren und andere Dinge noch bezahlen muss, ihr Geld. Jetzt ist es so, wenn man ganz gezielt als Investor sagt, ich möchte jetzt ganz bestimmte Anteilsscheine, eine ganz bestimmte Dividende, eine ganz bestimmte Versicherung haben, dass man dann in aller Regel eine ziemlich umfangreiche Vorlage bekommt, dann ist das ein Stück weit transparent. Nicht transparent ist, was sie eigentlich mit dem Geld machen, das dort jeden Tag durchfließt, denn mit dem Geld wird ja auch gearbeitet, das ist auch ein Stück weit Aufgabe der Bank.
Da finde ich es schon wichtig und auch ein legitimes Interesse zu fragen, werden damit Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke subventioniert beziehungsweise wird in diese Sparten investiert oder in regenerative Energien? Wird in Kriegswaffen investiert oder Entwicklungshilfe? Der evangelische Dienst – ich habe vergessen, wie der hieß – auf jeden Fall sagt, zwischen den Jahren 2010 und 2012 haben deutsche Banken 7,6 Milliarden Euro in die Entwicklung von Atomwaffen investiert. Das möchte ich nicht! Ich möchte auch entscheiden können, ob das meine Bank macht oder nicht. Deswegen finde ich diese Anliegen legitim. Ich finde auch legitim zu wissen, ob in Nahrungsmittel spekuliert wird. Also Profit aus Hunger. Das ist die Konsequenz von Nahrungsmittelspekulation. Das ist etwas, das ich nicht möchte.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Meiner Meinung nach gibt es sowohl moralische Grenzen als auch Grenzen, die man aus ökonomischen und anderen Gründen besser nicht überschreiten sollte. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu.
Worin besteht die Bürokratie, dass eine Bank etwas, das sie ohnehin wissen muss und etwas, worüber sie ohnehin Buch führen muss, veröffentlicht?
Das ist ein bürokratischer Akt, den man gegebenenfalls durch Copy-and-paste erreichen kann. Es ist doch klar, dass die wissen, wo ihr Geld bleibt, dass sie wissen, was mit ihrem Geld gemacht wird, und es ist überhaupt kein Mehraufwand, das zu veröffentlichen.
Sie wollen es nur nicht, weil sie mit Recht vermuten, dass sich dann weniger Leute entscheiden, ihr Geld bei dieser Bank zu lassen.
Dann kommen wir zum nächsten Schritt. Unserer Meinung nach reicht das allein nicht aus. Es gibt Menschen, denen es völlig egal ist, wo ihr Geld angelegt wird, Hauptsache sie haben jedes Jahr eine hohe Rendite. Da muss man andere Regeln festlegen, da muss man nicht nur über Transparenz überlegen, sondern darüber, in welcher Weise wir die Investitionstätigkeit von deutschen Banken regulieren können. Es geht nicht nur darum, das Eigenkapital zu erhöhen,
um einen Bankrott zu verhindern, sondern es geht auch darum, ob solche Banken in klimabedrohende oder auch friedensbedrohende Angelegenheiten investieren oder nicht. Das ist eine Form von Gewinn. Spätestens dann sollte jedem klar sein, diese Form von Gewinn, diese Form von Profit, darf man nicht dulden, und man muss sie einschränken, wo es geht.
Deswegen stimmen wir dem Antrag zu, und wir müssen weiter denken, wie wir Banken so regulieren, dass wir mit dem, was sie tun, inhaltlich übereinstimmen können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße es ja, dass wir uns tatsächlich schon intensiv über die Aufgaben der nächsten Legislaturperiode Gedanken machen, und auch dieser Antrag ist geeignet, zu sagen: Da gibt es ein Feld, auf dem es auch nach zwölf Jahren Rot-Grün durchaus noch Nachholbedarf gibt. Da gibt es Dinge zu justieren, und da gibt es vielleicht auch Dinge anders zu machen als in der Vergangenheit, denn meiner Wahrnehmung nach, wenn ich mir die Strategien der Wirtschaftsförderung und dergleichen anschaue, ist das Feld der sogenannten solidarischen Ökonomie eher unterrepräsentiert und hat auch, glaube ich, in der Tat nicht die Bedeutung, die es haben sollte und es haben kann.
Es ist so. Wir setzen uns natürlich als DIE LINKE auch immer mit Alternativen zum Kapitalismus auseinander. Wir haben möglicherweise so einen gentechnischen Defekt, dass wir gar nicht anders
können, als darüber nachzudenken, wie Dinge, die dumm laufen, zu verbessern sind. Das ist auch hier der Fall. Es gibt ja gute Beispiele für Wohnungsbaugenossenschaften, für Genossenschaften für alternative Energien und auch kleinräumige Initiativen von Tauschringen. Das mag, wie gesagt, alles zunächst, wie der Kollege Reinken sagt, niedlich sein, aber wo und wie da Dinge entstehen, die in der Zukunft wichtig sind, das weiß man unter Umständen nicht so genau. Von zehn Ideen mögen vielleicht acht nicht so gut sein, aber die zwei, die gut sind, sollte man dann auch nicht im Ansatz zertreten.
Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. Wir finden auch, solidarische Ökonomie soll und kann deutlich mehr Bestandteil einer zukünftigen Wirtschaftsförderungsstrategie sein. Wir können schauen, an welcher Stelle wir das eigentlich behindern.
Wir stimmen dem zu, denn selbst wenn damit nicht alle Probleme gelöst werden, ist es trotzdem gut. Wir dürfen gleichwohl nicht aus den Augen verlieren, dass über der Frage der solidarischen Ökonomie auch die Frage der Handlungsfähigkeit des Staates, Handlungsfähigkeit der Kommunen, Handlungsfähigkeit dieses Bundeslandes steht. Da ist die Frage nicht nur die Frage der solidarischen Ökonomie, da ist auch die Frage, wie viel eigentliche Handlungskompetenz, Umsetzungskompetenz wir noch in Form von kommunalen Betrieben, in Form von rekommunalisierten Betrieben haben. Was machen wir eigentlich mit unseren Gebäuden, mit unseren Grundstücken? Das hat damit zu tun, denn dort können wir auch auf andere Art und Weise eine Form von solidarischer Ökonomie einziehen lassen.
Es ist auch kein Ersatz für Mitbestimmung in den Betrieben. Es ist kein Ersatz für Demokratisierung von Wirtschaft, denn auch da kann man sozusagen Elemente von Solidarität im Sinne von Demokratie einziehen lassen. Deswegen, glaube ich, ist es notwendig, nicht nur heute in fünf Minuten einmal solidarische Ökonomie auf ein Transparent zu schreiben und zu sagen: Wir sind alle dafür. Sondern wenn wir uns ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen, müssen wir präzise, detailgenau, aber auch mit offenen Augen für Alternativen sein, und wir müssen selbstkritisch sein: Was kann diese Form von solidarischer Ökonomie? Was kann sie nicht, und wie kann man das erreichen, was sie nicht kann? – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Bericht des Controllingausschusses zu der Frage, wie es zur Krise der Bremer Landesbank, zu dem Verkauf und den damit zusammenhängenden Umständen kommen konnte. Ich möchte mit zwei, drei Vorbemerkungen beginnen. Die erste Vorbemerkung ist: Dieser Controllingausschuss hat sich in meinen Augen bewährt. Es ist natürlich ein Gremium unterhalb eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der viel weiter reichende Kompetenzen hat, aber unter dem Strich haben die Kompetenzen dieses Ausschusses ausgereicht, um zumindest mir und meiner Fraktion bei den Fragen, wie es dazu kommen konnte und wer möglicherweise verantwortlich ist, weiterzuhelfen.
Diese Weiterhilfe war dringend nötig. Ich teile die Einschätzung des Kollegen Röwekamp, dass es in all den Jahren, in denen wir hier über die BLB sprechen, über die Wandlung von stillen Einlagen, wie eigentlich die Lage ist, wie es sich entwickelt hat, so war, dass auch mich ein Vorstandsvorsitzender, Herr Dr. Kaulvers, getäuscht hat. Er hat glaubhaft versichert, dass die Lage nicht so dramatisch ist, dass sie das alles kontrollieren können, dass sie ein konservatives Geschäftsmodell haben, dass sie von
diesem Gier-frisst-Hirn-Virus nicht infiziert sind. Sie haben das glaubhaft versichert, als es darum ging, dass sie an dieser Hypothekenblase, die 2007/2008 die weltweite Finanzkrise ausgelöst hat, nicht beteiligt waren. Das hat er glaubhaft versichert, und es stimmte auch. Hinter dieser Versicherung hat er jedoch verschwiegen, dass sie in einem ganz anderen Feld, nämlich der Frage der Schiffskredite, von einem ähnlichen Virus infiziert waren.
Ich teile die Einschätzung im Bericht der Fraktion der SPD, dass dort Reeder, Vermittler und Banken gespeist aus Anlagegeldern aus Schiffsfonds eine riesige Party gefeiert haben, nach dem Motto Gier frisst Hirn. Dem konnte sich offensichtlich die Bremer Landesbank nicht entziehen. Im Endeffekt gab es nach der Wirtschaftskrise und nach der Erholung die Situation, dass es ein Überangebot an Transportkapazitäten gab, was nicht mehr durch tatsächlich notwendige Transportkapazitäten gedeckt war. Demzufolge hat es eine Krise bei der Finanzierung von Krediten gegeben.
Letzte Vorbemerkung! Es wurde in dem Bericht geschrieben, dass man Bankfachmann sein muss, um das alles zu verstehen. Das bezweifle ich. Es reichen die drei Grundrechenarten Dreisatz, Prozentrechnung und Mengenlehre, um einen Eindruck davon zu vermitteln, an welcher Stelle und wann mit diesem Geschäft etwas missglückt ist, und ich werde das im Detail im Folgenden zu beweisen versuchen. Im Zweifel kann man es in dem Bericht nachlesen.
Erstens: Jeder muss wissen, dass Banken viel mehr Geld verleihen dürfen, als sie eigentlich haben. Also hat man irgendwann gesagt, dass sie zumindest ein bisschen haben müssen. Heute ist es so, dass sie acht bis zehn Prozent – früher waren es eher acht, heute sind es eher zehn Prozent – Eigenkapital haben müssen. Das muss in irgendeiner Weise belastbar vorhanden sein. Dann dürfen sie 100 Millionen Euro verleihen. Diese Eigenkapitalquote ist eigentlich notwendig, und sie spielt eine ganz wichtige Rolle.
Zweitens: Die Banken machen Folgendes: Wenn sie jetzt beispielsweise 1 000 Schiffe finanzieren – so war der Stand 2008, glaube ich, ungefähr 1 000 Schiffe –, dann werden die Kredite dafür beurteilt. Ein bisschen wie nach Schulnoten, eins bis sechs. Die haben jetzt andere Ratings und andere Nummern, aber es ist so, dass es Kredite gibt, von denen
man sicher ist, dass man sie bekommt. Es gibt Kredite, die schon irgendwie gehen werden, kein Problem; und dann stuft sich das herunter bis dahin, dass es Kredite mit hohem Risiko gibt, bei denen man richtig schauen muss. Es gibt Kredite mit sehr hohem Risiko, das ist schon dicht am Ausfall, und es gibt Kredite, die sind eigentlich gar nicht mehr eintreibbar.
Jetzt haben wir uns im Gegensatz zu dem Kollegen Röwekamp nicht gefragt, wie aus der Sicht von heute zu beurteilen ist, was in der Zeit passiert ist, sondern wir haben uns die Frage gestellt: War eigentlich zum Zeitpunkt der Krise schon sichtbar, gab es da schon Indizien, dass das, was uns die Bremer Landesbank jedes Mal versichert hat, dass sie das kontrollieren können, dass das alles ein Auf und Ab ist und spätestens nächstes Jahr wieder ganz wunderbar ist, dass dem nicht so ist? Ich kann Ihnen sagen, das ist so.
Es gibt im Geschäftsbericht und in den Risikobetrachtungen der Bremer Landesbank immer so nette Tabellen. Darin steht dann, wie viele Prozent Kredite gut sind, ganz gut, ausreichend, fünf, sechs, fallen aus. Und wenn man sich diese Tabellen anschaut – und Sie finden eine solche Tabelle in den Unterlagen – und sich dann den Zeitraum 2008 bis 2013 vornimmt, dann ist es so, dass die Kredite, die mit hohem Risiko und Ausfall belastet waren, im Jahr 2008 722 Millionen Euro betrugen. Das ist von insgesamt knapp 6,5 Milliarden Euro Schiffskrediten noch nicht so viel. Fünf Jahre später, im Jahre 2013, waren es schon 4,6 Milliarden Euro. Das ist ein Anstiegsfaktor 6,4, also 6,4 mal ein höheres Risiko als 2008. Die sogenannten non-performing Loans – das Schöne ist ja, wenn man sich mit Banken beschäftigt, ist es ein bisschen so wie mit Computern, man lernt jede Menge englische Wörter, deren Bedeutung man zunächst gar nicht begreift –, also solche Kredite, die ausgefallen sind, die nicht mehr performen, davon gab es 2008 282 Millionen Euro. Das ist bei dem Gesamtvolumen eher wenig. 2013 waren es 2,5 Milliarden Euro. Das ist Faktor 9.
Das ist doch ein erstes Zeichen dafür, dass es diesmal mit hoher Wahrscheinlichkeit – und darüber muss man sich im Klaren sein – nicht ein Auf und Ab geben wird, sondern ein permanentes Ab, vor allen Dingen weil die Transportkapazitäten immer noch viel zu hoch waren für den konkreten Bedarf.
Es ist ein bisschen schwierig, ich mute Ihnen jede Menge Zahlen zu, aber ich kann gar nicht anders,
weil ich so erbost über die Erkenntnisse bin, die ich gesammelt habe. Ich muss sie einfach einmal herauslassen. Jetzt ist die Frage: Wie reagiert denn eine Bank auf solch eine Situation? Neunmal höhere Kredite fallen aus. Die Banken sind dann angehalten, den Wert dieser Kredite zu berichtigen: Nun ja, das bekommen wir nicht. Die stehen noch als Zahl in den Büchern, man muss aber eingeben, muss sie also herausstreichen, und das hat Auswirkungen auf die Bilanz. Das sammelt sich an. Also wenn man jedes Jahr 50 Millionen Euro herausstreichen muss, hat man nach fünf Jahren 500 Millionen Euro Wertberichtigung, nein, 250 nach fünf Jahren. Kopfrechnen schwach, Religion sehr gut.
Jetzt habe ich mal geschaut, 2008 war eine Wertberichtigung von knapp 100 Millionen Euro bei Krediten im Wert von fast 300 Millionen Euro, die ausfallbedroht waren. Das ist ungefähr ein Drittel. Scheint eine vernünftige Marge zu sein. Fünf Jahre später war diese Einzelwertberichtigung auf 500 Millionen Euro gestiegen. Das ist ja ganz einleuchtend, das Risiko ist auch gestiegen, interessanterweise aber nicht im gleichen Maße. 2013 waren nur noch 20 Prozent der Kredite, die man schon abschreiben muss, durch Wertberichtigung abgesichert. Das ist keine angemessene Reaktion auf eine sich zuspitzende Krise, das ist eine Sache, an der deutlich wird, dass das Risiko auf jeden Fall nicht bewusst war oder dass dieses Risiko bewusst in Kauf genommen war.
Das ist die Verantwortlichkeit der Gremien. Die interessante Frage, die sich mir dabei stellt, ist, wie man mit einer solchen Situation umgegangen ist. Dann kommen wir zu der Abteilung Tricks und Kniffe. Jetzt hat man festgestellt: Wenn wir weiter wertberichtigen, dann geht das auf unsere Eigenkapitalquote und wir verlieren möglicherweise unsere Lizenz. Im Jahr 2015, nach insgesamt sechs Jahren Krise und einem noch weiter ansteigenden Problem, was die Risiken angeht, hat man Experten gefragt: Wie wird sich das in Zukunft entwickeln? Diese Experten haben gesagt, das ist gar kein Problem, in euren Krediten, die in hohem Maße risikobehaftet sind, gibt es ein Werterholungspotenzial. Als ich das das erste Mal gelesen habe, habe ich es nicht geglaubt. Da hat jemand gesagt, in der Größenordnung eines hohen dreistelligen Millionenbetrags könnt ihr ein Werterholungspotenzial in eure Bilanz hineinbuchen, und damit hat man die Bilanz geschönt. Ich sage, das ist dicht an der Grenze von Täuschung.
Es ist einfach nicht nachvollziehbar, woher diese Experten eine solche Summe haben. Haben die gewürfelt, ausgerechnet? Ich weiß es nicht, ich habe es auch nicht herausbekommen. Es ist auch unverständlich, dass man solch einen Wechsel auf die Zukunft, solch eine Luftbuchung – –. Das ist ungefähr wie der Kanzlerbrief. Da hat man jährlich auch immer wieder neue Summen hineingebucht. Das hat geklappt, natürlich, das Geld ist ja auch irgendwann gekommen.
Der zweite Trick ist auch schön. Da hat jemand zu viel Pirates of the Caribbean geschaut. Da gibt es eine Black-Pearl-Solution, also nicht schwarze Perle, sondern das ist dieses Gespensterschiff, das hat auch ein bisschen mit dem Trick zu tun. Da hat man gesagt: Gut, wir haben jetzt Schiffe, die sind alt und nicht mehr gut. Die Kredite dafür können wir abschreiben. Die sind sechs, schlecht beurteilt. Was machen wir? Wir geben einen Kredit für ein neues Schiff. Dieses neue Schiff wird zunächst als gut beurteilt. Es ist ein neues Schiff, es läuft vielleicht gut, die Kosten sind vielleicht geringer. Dann nimmt man dieses neue Schiff und das alte Schiff, also 100 Millionen Euro von hier, 100 Millionen Euro von da, bringt sie zusammen und hat 200 Millionen Euro. Diese 200 Millionen Euro sind dann auf einmal nicht mehr sechs, sondern drei plus, also in der Mitte geratet.
Dann erreicht man, dass schlechte Ratings einfach hochgezogen werden. Ich weiß nicht, ob Banker Mengenlehre verstehen. Wenn es ein Überangebot von Schiffen gibt und man weitere Schiffe baut, dann die Hoffnung zu haben, dass sich der Markt erholt, diese wunderbare Transportkapazitätsvermehrung habe ich nicht verstanden. Es hat sie auch nicht gegeben, und es hat sich hinterher herausgestellt, dass dieser Trick auch nicht funktioniert hat.
Ich stelle jetzt noch einmal kurz die Frage: Hätte es die Möglichkeit gegeben? Ja! 2013, bin ich der Meinung, hat man das Risiko unterschätzt. Es war in der Verantwortlichkeit der Gremien, in einem abgestimmten Maß von keine Gewinnausschüttung, Risikominimierung, Einzelwertberichtigung zumindest die Maßnahmen zu ergreifen.
Ich gehe in der zweiten Runde noch einmal auf die Frage ein, ob dann die 700 Millionen Euro, die wir
hier diskutiert haben und – ich bin auch darauf hereingefallen – von denen behauptet wurde, das wäre über Nacht gekommen, –
ob die wirklich über Nacht gekommen sind. Dazu sage ich noch etwas. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit bisher!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte ja angedroht, dass ich zu der einen oder anderen Frage noch einmal Stellung nehmen will. Erstens hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Dollarkurs mit dafür verantwortlich ist, dass man der Krise nicht Herr geworden ist. Ich habe hingeschaut, zwischen den Jahren 2008 und 2013 gab es so gut wie keine Veränderungen des Dollarkurses.
Dann ist die Frage, gab es eine Möglichkeit, diese Krise abzuwenden? Ich bin der Meinung, dass man durch einen Verzicht auf Gewinnausschüttung, Risikovorsorge, Einzelwertberichtigung zumindest die Chance hätte bewahren können, das zu tun. Ob es am Ende gereicht hätte, ist Spekulation. Ich neige auch nicht dazu, nach dem Motto, hinterher ist man immer schlauer, zu argumentieren. Ich habe mir ganz bewusst die Zahlen von 2013 herausgesucht, zu einem Zeitpunkt, an dem sich alle Beteiligten des Risikos hätten bewusst sein können und bei dem bestimmte Beihilfevorschriften auf europäischer Ebene noch nicht so streng waren. Man hätte in der Tat mit einer konzertierten Aktion, beispielsweise des Landes Niedersachsen und des Landes Bremen möglicherweise durch eine Eigenkapitalerhöhung etwas machen können. Das aber hat alles nicht stattgefunden.
Wir erheben das Fazit, der eigentliche Verkauf war nicht mehr zu verhindern.
Ach so, ich wollte noch etwas zu der EZB sagen: Wir haben die Diskussion, 700 Millionen Euro kamen über Nacht. Wenn man den Bericht aufmerksam liest, gab es im Dezember schon eine Prüfung durch die Bankenaufsicht und dann im Januar noch einmal. Die Größenordnung der Einzelwertberichtigung, die gefordert ist, ergibt sich aus der Höhe des Risikos. Das ist auch eine Ohrfeige für alle Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer, die diesen Betrieb vorher geprüft haben. Es ist eine Ohrfeige für die Politik der Vorstände sowie für die Politik der Aufsichtsräte, denn zu dem Zeitpunkt hat nämlich irgendjemand gesagt, jetzt ist es genug mit der Trickserei, jetzt ist es genug mit Black Pearl, jetzt ist es genug mit Werterholungspotenzial, jetzt müsst ihr Klartext reden, wir brauchen Einzelwertberichtigungen, sonst läuft das nicht mehr.
Die Frage ist – und ja, ich stimme dem zu –, für die Nord/LB war die Bremer Landesbank immer so etwas wie eine Milchkuh. Sie hatte nur ein ganz hohes Interesse daran, möglichst hohe Gewinnausschüttungen zu erringen, auch noch zu einer Zeit, bei der die Krise absehbar war und bei der sie dann ein Ausmaß angenommen hat, bei dem man sagen könnte, ob sich das erholt, ist fraglich.
Das Problem ist nur, ich kann mich nicht erinnern, dass wir das Maß an Risiko jemals in einem der Berichte des Herrn Dr. Kaulvers oder der Finanzsenatorin im Haushalts- und Finanzausschuss hätten realisieren können. Es hieß immer, das bekommen wir alles in den Griff. Die konkreten Zahlen, die zu dem Zeitpunkt auf dem Tisch lagen, haben wir nicht gesehen. Das ist etwas, was es im Übrigen zu der GeNo unterscheidet, dort haben wir die konkreten Zahlen, dort können wir unterschiedliche Einschätzungen auf der Basis von Zahlen nachvollziehen und nicht auf der Grundlage von Versprechungen, so wie bei den Kollegen Vorstandsvorsitzenden.
Last, but not least: Wenn die FDP froh ist, dass die BLB verkauft ist, teile ich diese Ansicht ausdrücklich nicht, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ich bin deutlich der Meinung, wenn wir über die Zukunft von Banken diskutieren – wir haben auch noch einen Antrag, wie wir Bankenpolitik eingrenzen können –, dann diskutieren wir über Banken mit Gemeinwohl, mit Gemeinnutz. Wenn wir einen öffentlichen Einfluss auf die Landesbanken der Bundesrepublik Deutschland verlieren und vielleicht danach auch die Sparkassen in einem Dominoeffekt umkippen, dann haben wir in dieser Frage
nichts gekonnt, dann haben wir einen ganz wesentlichen Einfluss auf Banken und Sparkassen in diesem Land verloren, und wir sind dann noch weiter davon entfernt, für Banken im Allgemeinnutz und für Banken, die transparente Politik machen, als wir es jetzt sind.
Ich komme vorläufig zum Schluss! Wir müssen deutlich hinschauen, an welcher Stelle wir uns bestimmte Risiken, die öffentliche Beteiligungen angehen, noch einhandeln. Ich bin auch der Meinung, dass wir das, was der Controllingausschuss dargestellt hat, in vielen Fragen verstetigen und auch noch schärfen müssen, damit wir nicht noch einmal, wie in Sachen Bremer Landesbank, von verschiedenen Menschen an der Nase herumgeführt werden. Das darf nicht wieder passieren. Dieses Parlament und diese Ausschüsse müssen in der Tat über Risiken von Beteiligungen in einer Weise informiert werden, dass wir uns eine Meinung bilden können und dass wir gegebenenfalls auch politisch aktiv werden können.
Es ist doch zum Zeitpunkt 2013 auch möglich gewesen, auf politischer Ebene diese Frage zu thematisieren und unter Umständen mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen und dem Präsidenten des Senats hier in Bremen einmal darüber zu reden, ob und inwieweit wir die Nord/LB und die Bremer Landesbank vielleicht in einer Weise stützen, bevor es endgültig im Niedergang untergeht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Finanzsenatorin Linnert! Ich habe mich doch noch einmal gemeldet, weil ich mit zwei, drei Vorwürfen, die Sie erhoben haben – –. Sie haben gesagt: Sie machen Vorwürfe, die nicht stimmen. Ich habe sie aber nicht erhoben! In meiner Rede habe ich zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass im Jahr 2013 die zukünftige Entwicklung des Jahres 2013 hätte vorausgesehen werden können. Wenn jemand das kann, dann soll er in der Tat Lotto spielen, davon hat er vielleicht mehr.
Ich habe erstens versucht nachzuweisen, was eigentlich zwischen den Jahren 2008 und 2013 war, und wenn das Maß der Einzelwertberichtigung von Ausfallkrediten von 30 auf 20 Prozent zurückgeht, dann ist das für mich ein Zeichen, dass auf den herrschenden Zustand nicht adäquat reagiert worden ist. Da muss man nicht in die Ferne sehen, sondern da muss man nur schauen, was man auf dem Papier hat. Wenn ich feststelle, dass nicht mehr 30 Prozent der ausfallenden Kredite abgesichert sind, sondern nur noch 20 Prozent, ist, meines Erachtens, nicht richtig reagiert worden.
Zweitens: Ich glaube, wir haben unterschiedliche Begriffe von Tricks und Kniffen. Es mag natürlich sein, dass es vollkommen üblich ist, dass man versucht, in irgendeiner Weise zu schauen, ob die Krise vielleicht irgendwann zu Ende ist und ob vielleicht die Schiffe dann wieder mit Gewinn fahren und dann eine Buchung vornimmt, die das Unternehmen kurzfristig vor dem Verlust der Bankenlizenz rettet. Das finde ich schwierig, weil es auf der anderen Seite einen davon enthebt, andere Maßnahmen zu treffen, die vielleicht nachhaltiger gewesen wären. Solch eine Nummer, wie die Black Pearl, dass man einen schlechten und einen guten Kredit zusammenlegt, das ist vielleicht auch üblich und vielleicht auch rechtlich zulässig, ist aber trotzdem ein Trick, der ein Unternehmen nicht nachhaltig rettet, und das ist in der jetzigen Situation bewiesen worden.
Ich bestreite überhaupt nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen, Vorstände, Mitarbeiter der Bremer Landesbank, der Aufsichtsrat, der Risikoausschuss nicht mit aller notwendigen Energie, mit aller notwendigen Ernsthaftigkeit an dem Problem gearbeitet haben, aber sie hatten keinen Erfolg, und das ist ein Maßstab. Wenn man funktionierende staatliche Unternehmen will, dann ist man, genau wie ein privates Unternehmen, ein Stück weit zum Erfolg verdammt. Wenn das nicht funktioniert und man damit keinen Erfolg hat, dann muss man sich eingestehen, dass man seine Arbeit zwar mit sehr viel Liebe, sehr viel Hingabe und jeder Menge Herzblut gemacht, aber dass man es im Endeffekt nicht geschafft hat, ein solches Unternehmen gesund zu machen und dann wieder auf die Beine zu stellen.
Letzte Frage! Noch einmal diese 700 Millionen Euro. Ich bin kein Bankkaufmann, das habe ich gesagt, aber ich habe bei Wikipedia nach Basel III geschaut, weil ich wissen wollte, was das ist. Da steht, dass die im Jahr 2010 schon den Entwurf hatten, was sie 2013/2014 vorhaben, und da war die Erhöhung der Eigenkapitalquote mit Übergangsbeihilfen durchaus schon ein Thema. Wenn man sich die Bilanzen von 2010, 2011, 2013 anschaut, dann konnte man an den Geschäftsberichten erkennen, dass diese Bank an dieser Stelle völlig dünn ist und dass man da Handlungsbedarf hat, und diesen
Handlungsbedarf bekommt man nicht durch Werterholungspotenziale oder Black Pearl-Vorhaben, sondern durch Eigenkapitalerhöhung.
Das kam eben nicht zufällig, nicht aus dem blauen Himmel, sondern es war durch diese Geschichte programmiert. Letztendlich gibt es für mich – irgendwann können Sie mir vielleicht erklären, an welcher Stelle ich falsch abgebogen bin – aber zwei Dinge, die wichtig sind: Wir müssen vielleicht noch einmal darüber reden, ob es richtig war, Parlamentarier nicht mehr in Aufsichtsräte zu entsenden. Möglicherweise wären Vertreterinnen und Vertreter aus der Opposition in der Lage gewesen, zumindest einen anderen Blickwinkel darauf zu haben und andere Fragen zu stellen. Das ist das, was ich mir aus dem Studium der Risikoberichte und aus dem, was ich heute vorgetragen habe, erlaube.
Ich sage es noch einmal, wenn wir in der Tat wollen, dass Landesbanken und Sparkassen weiter existieren, habe ich mir die Frage gestellt: Als es um Banken ging, die sich in Hypothekenblasen verspekuliert hatten, gab es da einen bundesweiten Rettungsschirm.
Die interessante Frage ist, warum nicht, wenn es um konkrete Arbeitsplätze in Europa, in Deutschland geht und wenn da sogar noch Schiffe sind, die fahren können, warum dann nicht auch darüber diskutiert wird, die Landesbank in einer Weise zu unterstützen, wie es über den Rettungsschirm denkbar gewesen wäre. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Brücken auf Autobahnen ist es so ein Problem. Wenn man auf einem Autobahnstück 100 Brücken hat und nur ein Prozent ist defekt, –
dann ist die ganze Autobahn nicht mehr so, wie sie eigentlich sein sollte. Deswegen sind verschiedene Statistiken über den Zustand der Brücken in Bremen und in der Bundesrepublik schwierig zu beurteilen, weil man sich nicht damit herausreden kann, es sind ja nur 4 oder 5 Prozent, die wirklich defekt sind, sondern das sind natürlich Nadelöhre, das sind neuralgische Punkte für den Verkehr. Deswegen muss man dort natürlich besonders hinsehen, und es ist, glaube ich, Verantwortung von Bund und Ländern, gemeinsam dafür zu sorgen, dass eine solche Infrastruktur nicht erodiert.
Ich bin mir relativ sicher, dass, wenn man genau hinsieht, dass man Verantwortlichkeiten sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene festmachen kann. Deswegen finde ich es erstens falsch, zu sagen, das ist die Angelegenheit des Bundes, damit haben wir nichts zu tun. Auf der anderen Seite ausgerechnet die Landesregierung als Schuldigen hinzustellen, beschreibt das Problem auch nicht hinreichend.
Die Situation ist die: Die Brücke der Lesum, der eine Teil zumindest, ist 1949 beziehungsweise 1956 gebaut. Über diese Brücke sind also schon ein paar Lkw gefahren. Dass da irgendwann einmal Schäden entstehen, ist für mich jetzt nicht wirklich überraschend. Auf der anderen Seite ist es so: 2015 ist die Brücke geprüft worden, regelmäßig, das ist offensichtlich so, dass das ASV natürlich die Arbeit im Rahmen seiner Aufgabenbeschreibung gemacht hat, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Dann dieses ASV dafür verantwortlich zu machen, dass die Brücke defekt ist, da köpft man den Herold, den Überbringer schlechter Nachrichten.
Das geht schon einmal gar nicht. Aber Fakt ist, die Brücke ist 1949, 1956 gebaut worden. Bisherige
Prüfverfahren haben immer gesagt, die Brücke ist in Ordnung, und offensichtlich gibt es andere und neuere Prüfverfahren oder neuere Erkenntnisse, die dazu geführt haben, dass man erkannt hat, diese Brücke ist im schlechteren Zustand, als man bisher geglaubt hat. Dass man dann diese Brücke oder zumindest diesen Teilabschnitt der Brücke schließt und entsprechende Maßnahmen ergreift, ist natürlich völlig richtig. Das sind notwendige, wenn auch schmerzhafte Maßnahmen, um größeres Unglück zu vermeiden.
Es gibt jetzt natürlich zwei interessante Fragen. Erstens: Was machen wir jetzt mit der Situation? Zweitens muss man sich natürlich mit der Frage beschäftigen: Wie konnte es so weit kommen, und wie kann man das in Zukunft vermeiden? Weil es ja nicht nur ein bremisches Problem ist, sondern ein bundesweites Problem. Die erste Frage ist: Wie konnte es so weit kommen? Es ist natürlich so, nach Informationen des Spiegels sind in den Jahren 2014 bis 2018 6,8 Millionen Quadratmeter Brücken saniert worden. Das ist eine Menge. Das kann man sich anheften und kann sagen: Hey, wir haben 6,8 Millionen Quadratmeter Brücken saniert, was wollt ihr eigentlich?
Der Spiegel hat aber auch herausgefunden, dass eigentlich 8,8 Millionen Quadratmeter Brücken hätten saniert werden müssen. Da gibt es eine kleine Lücke. Wenn man das über vier Jahre weiterverfolgt, dann wird die Lücke nicht kleiner. Es ist in der Tat so, nicht nur in Bremen bei öffentlichen Gebäuden, Straßen und bei Brücken, sondern auch bundesweit ist es so, dass der Zustand der Infrastruktur nicht ausreichend instandgehalten wird, und das ist natürlich ein Riesendrama. Das ist sowohl ein wirtschaftliches aber auch ein gesellschaftliches Drama, und dieses Drama muss einmal irgendwann bearbeitet werden.
Man muss die Probleme schneller lösen, als sie entstehen, sonst bekommt man sie nicht eingeholt. Es reicht nicht, zu sagen: Wir haben so viel und so viel ausgegeben, wenn es nicht genug ist. Deswegen ist die erste Aufgabe aller Politikerinnen und Politiker des Bundes und der Länder, dort hinzusehen: Wie konnte es so weit kommen, dass Autobahnen und auch Brücken in einem solchen Zustand sind?
In der Tat ist es so, dass insbesondere die Politik der schwarzen Null, die sogenannte Schuldenbremse,
die sogenannte Sanierung, die sogenannte Haushaltssanierung auf allen Ebenen dafür gesorgt hat, dass in öffentlichen Kassen nicht genug Geld ist, um diese Dinge zu regeln und dass aufgrund einer restriktiven Personalpolitik in vielen Fällen die Fachleute fehlen, ein solches Geld überhaupt sinnvoll einzusetzen.
Das ist unterm Strich die Bilanz, die man ziehen muss, und das muss dringend geändert werden.
Die andere Frage ist: Was machen wir jetzt in Bremen mit der Situation? Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir mit solchen oder ähnlichen Problemen auch in Zukunft zu tun haben. Es gibt jetzt Vorschläge, den ÖPNV auszubauen. Das ist selbstverständlich eine Lösung. Man muss für die Lkw eine Lösung finden, und die Schwertransporte werden Schwierigkeiten haben, in Zukunft zwischen Bremen und Bremerhaven zu fahren. Auch dafür muss man eine Lösung finden. Der Wesertunnel wäre eine solche Lösung, unglücklicherweise gibt es ihn aber auch noch nicht.
Wir stecken da so ein bisschen in einer Falle. Jedenfalls, wir haben - -.
Ach, tatsächlich? Und über beide geht dieselbe Brücke? Nein? Es sind verschiedene Brücken? Das sind verschiedene Brücken, und beide sind nicht mehr in Ordnung, stimmt es? Wir werden uns natürlich Gedanken machen müssen, ob man die verkehrlichen Probleme in irgendeiner Weise löst. Ja, das will ich gern zugestehen, und das muss man auch überlegen. Aber es wird langfristig ohne eine solche Brücke nicht gehen.
Jetzt haben wir natürlich ein Problem. Wir haben geschaut, und laut ASV dauert es ungefähr 15 Jahre, bis ein Neubau fertig ist.
Das finde ich etwas zu langsam, es wird auf Genehmigungsverfahren verwiesen, die so lange dauern könnten. Aber die interessante Frage ist: Wenn ich eine Brücke habe, die ungefähr um 1950 gebaut ist, dann weiß ich, irgendwann kann das sein, dass man eine neue Brücke braucht. Ich finde die Frage
ist: Warum gibt es dann keinen Plan B, also eine vorauseilende Planung, dass man Genehmigungsverfahren für neue Brücken für den Fall, dass eine so alte Brücke tatsächlich neu gebaut werden muss, nicht im Vorhinein einholt. Sollte dann der Fall eintreten, so wie jetzt, dass die Brücke tatsächlich defekt ist, dass man dann diese Pläne und diese Genehmigungsverfahren, soweit das überhaupt geht, aus der Tasche holen kann und dann in der Lage ist, eine solche Brücke auch zügig zu ersetzen? Das ist die interessante Frage.
Da kommen die Länder ins Spiel, da kommt der Bund ins Spiel, und über diese Frage müssten wir vielleicht gemeinsam nachdenken.
Es gibt noch eine Sache, die mich umtreibt. Die Aktuelle Stunde ist von der FDP aufgerufen worden, und Sie haben natürlich berechtigt gesagt, wie alle anderen auch, das ist ein Problem, wenn die Brücke nicht mehr in Ordnung ist, und haben aufgezählt, was das für ein Problem ist. Die interessante Frage ist, die habe ich mir gestellt: Wäre die FDP eine Lösung für dieses Problem?
Ihre Partei ist mitverantwortlich für eine Politik von Steuererleichterungen, von Kreditverboten für öffentliche Unternehmen und von Public Private Partnership. Ihre Partei hat überhaupt nicht den Deut einer Lösung.
Sie proklamieren immer nur das Problem, und Sie selbst haben in der Vergangenheit –
und auch heute sind Sie die Lösung. Genau. Sie blasen zum Beispiel immer in die Welt, dass die Steuereinnahmen sprudeln. Ja, das stimmt. Wir haben heute mehr Steuereinnahmen als vorher. Die Tatsache ist aber, dass wir auch in Bremen mit den hohen Einnahmen aus Steuern einen Sanierungsstau von 2 bis 3 Milliarden Euro nicht in fünf Jahren aufnehmen können. Und obwohl die so hoch sind, brauchen wir mehr dafür.
Eine Lösung, wie sie vorgeschlagen worden ist, die Gelder für das Sozialressort zu kürzen, damit wir Brücken bauen können, dann sanieren Sie Brücken auf Kosten von Menschen, die ohnehin zu wenig haben.
Das ist Ihre Lösung, und ich sage Ihnen, Sie sind Teil des Problems und nicht die Lösung.
Selbstverständlich.
Ja. In diesem Teil der Kritik stimme ich mit Ihnen überein.
Natürlich passt das zum Kassenkampf. Ich mache alles so, dass es zum Klassenkampf passt.
Herr Dr. Buhlert, bei allem Respekt: Dieses Geld allein hätte noch keinen Neubau befürwortet. Es hätte vielleicht dafür gesorgt, dass wir Lösungen vorgehalten hätten.
Trotzdem ist es so, dass bundesweit die Fernstraßen und Brücken in einem Zustand sind, die deutlich mehr Mittel erfordern, als derzeit im Bundeshaushalt vorhanden sind, und das geht nicht ohne Kreditaufnahme oder ohne Steuererhöhungen.
Diesem Kernproblem Ihrer Argumentation müssen Sie sich irgendwann stellen.
(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Wir wollen die Lesumbrücke! Weil Sie immer über Lösungen reden: Am Schluss will ich Ihnen noch einmal sagen: Sie sagen immer, wir müssen unbedingt privates Kapital aktivieren, damit wir aus der Falle der fehlenden investiven Mittel herauskommen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In Bremerhaven bauen sie jetzt drei Schulen. Die kosten insgesamt 113 Millionen Euro. Nach 30 Jah- ren haben wir nach der Vorlage der Stadtverordne- tenversammlung dafür 250 Millionen Euro bezahlt. Wenn das die Lösung ist, die einen investiven Cha- rakter hat und die dieses Problem der Infrastruktur lösen soll, dann weiß ich genau, das ist keine Lö- sung, das ist ein neues Problem. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! (Beifall DIE LINKE)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch ein, zwei Bemerkungen: Wir haben heute festgestellt, dass der Bund und die Länder gemeinsam versäumt haben, die Infrastruktur in der Bundesrepublik Deutschland in ausreichendem Maße zu finanzieren und instand zu halten. Ich bin mir noch nicht sicher, ob eine Infrastrukturgesellschaft auf Bundesebene, die dann alles tun soll, das besser macht. Das müssen sie erst noch beweisen.
Es wird sich zeigen. In der Regel ist es so, dass nicht die Gesellschaftsform darüber entscheidet, ob ein Betrieb vernünftig funktioniert, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Führung, und da sehe ich die Verantwortung in der Tat beim Bundesverkehrsminister. In dem Zusammenhang bin ich noch nicht so ganz sicher, ob das gut funktioniert.
Unabhängig von diesen Fragen gibt es jetzt eine sehr konkrete Aufgabe für diese Landesregierung. Sie muss jetzt möglichst zügig und möglichst noch vor der Wahl erklären, wie man aus diesem Problem herauskommt. Sie muss, möglicherweise auch selbstkritisch, die Ursachen benennen, sie muss dem Vorwurf begegnen, dass das Geld, das wir eigentlich gehabt hätten, nicht ausgegeben worden ist. Sie muss sich des Weiteren mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass wir möglicherweise zu wenig Personal haben, um das zu machen, und sie muss dafür sorgen, dass wir Übergangslösungen und auch langfristige Lösungen aufgezeigt bekommen, die wir dann fachlich in der Deputation und in den Ausschüssen diskutieren können. Das wäre jetzt meines Erachtens der richtige Schritt, und das erwarte ich von dieser Landesregierung, denn sie hat die Gelegenheit, noch dafür zu sorgen, dass wenn sie sagen, sie übernehmen keine Verantwortung für diese Situation, das unter Beweis zu stellen, und das diskutieren wir.
Wir müssen im Sinne einer funktionierenden Infrastruktur eher aufhören, uns gegenseitig zu erzählen, was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben, sondern anfangen zu überlegen, was wir in Zukunft richtig machen können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Staatsrat, wann können wir denn mit Ergebnissen rechnen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt ein Antrag der Fraktion der CDU vor, der begehrt, dass die Finanzzuweisung, also das Geld, das Bremerhaven vom Land Bremen bekommt, neu geordnet wird, und dieses Ansinnen ist mehr als berechtigt.
Wenn wir feststellen, dass in einem Finanzzuweisungsgesetz steht, dass man es bis Ende 2016 novellieren oder prüfen muss, und man zwei Jahre die Hausaufgaben nicht gemacht hat, kann es keine Entschuldigung sein, dass das kompliziert ist. Dann haben die Verantwortlichen in Bremerhaven und Bremen ihre Aufgabe nicht erledigt, und es wird Zeit, das nachzuholen.
Normalerweise bekommt Bremerhaven ungefähr 25 Prozent von allem, was Bremen bekommt. Bremerhaven hat einen eigenen Haushalt und bekommt die Einnahmen im Wesentlichen vom Land. Diese Finanzbeziehungen waren, wie auch in Bremen, die letzten Jahre geprägt von der sogenannten Haushaltssanierung. Das heißt, es wurde versucht, die Ausgaben begrenzt zu halten und wo es geht zu kürzen. Die Einnahmen, die höheren Einnahmen, haben zumindest verhindert, dass Schlimmeres passiert ist. Insgesamt ist diese Sanierung aber auch an Bremerhaven nicht spurlos vorübergegangen.
Wir wissen, dass es auch in Bremerhaven einen Sanierungsstau, einen Investitionsstau bei Schulen und Kindertagesstätten und ähnlichen Dingen gibt, und das ist eine Folge einer selbst gewählten Falle. Nach mittlerweile acht Jahren – und wenn wir jetzt noch zwei Jahre weiterrechnen, werden es zehn Jahre sein – Sanierungsvereinbarung, Sanierungskurs in Bremen und Bremerhaven ist eins völlig
klar: Mit den gegebenen Mitteln, mit den gegebenen Einnahmen – auch mit den erhöhten Einnahmen ab 2020 – sind Gemeinwesen wie Bremen und Bremerhaven auf diesem Level mit dieser Daseinsvorsorge, mit diesem Bildungssystem, mit diesem Sicherheitssystem, mit der Anzahl von Polizistinnen und Polizisten, von Lehrerinnen und Lehrern nicht zu finanzieren.
Wir wissen mittlerweile alle in Bremerhaven und Bremen, was für einen Sanierungsstau und einen Investitionsstau wir angehäuft haben, und bislang gibt es noch keinen Plan, wie das in irgendeiner Weise gelöst werden kann. Die Verfassung schreibt berechtigterweise vor, dass die Lebensverhältnisse in Bremen und Bremerhaven gleich sein sollen. Eigentlich müsste darin stehen, gleich gut und nicht gleich schlecht.
Wir wissen alle in diesem Haus, dass das nicht so ist. Wir wissen, dass die Arbeitslosigkeit, die Arbeitslosenquote in Bremerhaven immer höher war als in Bremen. Wir wissen, dass der Investitionsstau und die soziale Situation der Menschen in Bremerhaven in der Regel schlimmer sind als hier, vor allen Dingen schlimmer sind als in Cuxhaven. In Bremerhaven gibt es aktuell eine Arbeitslosenquote von zwölf Prozent, im Landkreis Cuxhaven sind es fünf oder sechs Prozent. Jetzt kann man sagen, das ist etwas anderes, das ist ein Flächenland. Aber so elementar darf meines Erachtens ein Unterschied nicht sein.
Die Frage ist jetzt, was ist zu tun? Wir werden diesem Antrag teilweise zustimmen. Den ersten Ab
satz, wonach wir eine neue Sanierungsvereinbarung mit Bremerhaven aushandeln wollen, finden wir nicht präzise genug. Bislang waren die Sanierungsvoraussetzungen immer, weiterhin zu kürzen, weiterhin möglichst Ausgaben einzusparen. Es fehlt in diesem Antrag eine Perspektive, wonach man nicht nur eine Sanierungsvereinbarung braucht, sondern man braucht eine Sanierungsvereinbarung darüber, wie man in Bremerhaven und natürlich auch in Bremen den Investitions- und Sanierungsstau aufhebt. Dieses finden wir in Punkt eins nicht.
Wir unterstützen die anderen Punkte. Wir finden es richtig, dass das Land die Kosten für nicht unterrichtendes Personal übernimmt. Wir finden es nicht nachvollziehbar, dass man sagt, wir müssen erst einmal schauen, wie viele Polizisten brauchen wir in Bremen, bevor wir uns entscheiden, wie viele wir in Bremerhaven brauchen.
Es gibt meinem Verständnis nach eine gewisse objektive Grundlage, wie viele Polizistinnen und Polizisten für eine bestimmte Anzahl von Menschen oder für Bremerhaven notwendig sind. Das ist unabhängig davon, wie viele Polizisten wir in Berlin, in Bremen oder sonst wo brauchen. Deswegen finden wir eine Zielzahl von 500 richtig.
Was jetzt überhaupt nicht passieren darf – ich kommen zum Schluss – ist irgendeine Form von gegenseitigen Schuldzuweisungen. Dann haben alle ihre Arbeit nicht gemacht. Dann kann niemand sagen, ja, das waren die in Bremerhaven, der Magistrat ist unnachgiebig, der wartet nur auf Neuwahlen, hofft, dass es einen CDU-Senator gibt, und dann bekommt er mehr Geld. Ganz davon abgesehen, dass sich das möglicherweise dann - -. Ob das wirklich wahr wird und ob diese Rechnung aufgeht, sei einmal dahingestellt. Aber einfach nichts zu tun oder zu warten in der Hoffnung, dass sich irgendetwas bessert, das wird nicht gehen. Das wird nicht passieren.
Deswegen finde ich erstens: Keine gegenseitigen Schuldzuweisungen, sondern entsprechende Vereinbarungen – jetzt! Bremen und Bremerhaven brauchen Planungssicherheit, was investive Mittel nach 2020 angeht. Es braucht einen sozialen Ausgleich mit Bremerhaven, weil die Lebensverhältnisse dort tatsächlich schlechter sind als bei uns, und natürlich dürfen wir Bremerhaven sozial und wirtschaftlich auf die Dauer nicht abhängen.
Deswegen werden wir dem zweiten und dritten Punkt des Antrags der Fraktion der CDU zustimmen und uns beim Ersten enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch das, was die Finanzsenatorin gesagt hat, und die Debatte vorher zeigen eigentlich, dass wir ein Interesse daran haben müssen, einmal genauer hinzusehen: Warum hat es eigentlich so lange gedauert? An welchen Stellen funktioniert es eigentlich nicht? Vor allen Dingen, weil es nicht das letzte Mal sein wird, dass man eine solche Form von Verhandlung führt.
Wenn man jetzt feststellt, es ist kompliziert, dann, finde ich, sollten das Haus und auch der Haushalts-
und Finanzausschuss ein hohes Interesse daran haben, herauszubekommen: An welchen Stellen war es eigentlich schwierig? Deswegen würde ich noch einmal dafür werben, den Antrag an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen, auch um viele komplizierte und auch juristische Fragen, gesetzliche Fragen noch einmal ein bisschen zu beleuchten, um festzustellen: An welcher Stelle hängt es fest? Was kann man eigentlich tun, um das zu beschleunigen?
Wenn wir das heute nicht überweisen, bin ich ziemlich sicher, dass es Mittel und Wege gibt, diese Sache trotzdem im Haushalts- und Finanzausschuss zu debattieren und dort zum Gegenstand von Fragen und Antworten zu machen. Dann haben wir weniger Mühe, das zu tun, dann können wir unseren gemeinsamen Ansatz, dass wir eine solche Regelung mit Bremerhaven brauchen, auch dadurch dokumentieren, dass wir sagen: Komm, wir reden noch einmal darüber im Haushalts- und Finanzausschuss.
Das wollte ich nur noch einmal loswerden und dafür werben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat betont, wie wichtig Krankenhäuser und das Gesundheitssystem im Lande Bremen sind: 14 Kliniken, 12.500 Beschäftigte. Es ist nicht in erster Linie ein Wirtschaftsfaktor, sondern es ist natürlich in allererster Linie die Sicherstellung einer gesundheitlichen Versorgung im Lande Bremen und in der Umgebung.
Es ist nicht so, dass diese Krankenhäuser im Wesentlichen dazu da sind, wirtschaftliche Erfolge zu generieren, sondern sie sind vor allen Dingen dazu da, Menschen, die gesundheitliche Versorgung brauchen, gesund zu machen. Während der Rede des Kollegen Bensch habe ich bei den Kollegen von der Fraktion der SPD hin und wieder ein müdes Gähnen oder einen Hinweis auf die landesweite Spitzenposition gehört. Ich frage mich wirklich, ab wann diese rot-grüne Koalition in der Lage ist, Zahlen und Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann, zu akzeptieren. Seit zwölf Jahren höre ich zu Gesundheitspolitik, Investitionspolitik, Krankenhausneubau und so weiter immer, wir sind auf gutem Weg. Sie waren nicht auf einem guten Weg, Sie sind nicht auf einem guten Weg und Sie haben entscheidenden Anteil daran, dass die gesundheitliche Versorgung in Bremen durch mangelnde Investitionen gefährdet ist.
Das müssen Sie akzeptieren, das sind Ihre eigenen Zahlen. Wenn man ausnahmsweise in irgendeiner Statistik besser ist als Niedersachsen oder ein anderes Bundesland, dann ist das zunächst gut. Wenn sich aber herausstellt, dass man die letzten Jahre
nur maximal die Hälfte der notwendigen Erhaltungsinvestitionen getätigt hat, kann man doch nicht als Erfolg feiern, dass man etwas besser als Niedersachsen ist. Das ist kein Erfolg, das ist ein strategischer Fehler für die Daseinsvorsorge in Bremen!
Ich befürchte einfach, dass diese Form von Augen zu und durch, einfach nichts nützt. Das wird von den Wählerinnen und Wählern durchschaut. Das wird von den Wählerinnen und Wählern honoriert.
Entschuldigung, es gibt nicht nur in Bremen Sozialdemokratie. Unglücklicherweise ist es so, dass immer mehr Menschen einem Rechtspopulismus auf den Leim gehen. Ein in dieser Weise an den Rand der Funktionsunfähigkeit gebrachtes Gesundheitssystem hilft niemandem, das hilft im Wesentlichen Leuten, die mit einfachen Lösungen daherkommen. Wir müssen unsere eigene Arbeit – oder Sie müssen Ihre eigene Arbeit – einmal nüchtern betrachten. Sie haben bei den Investitionen in das Krankenhaussystem im Land Bremen, insbesondere in die kommunalen Kliniken, versagt. Das lässt sich nicht schönreden.
Eine entscheidende Frage – Wie hoch ist der Investitionsstau in den Kliniken des Landes Bremen? – wird übrigens in dieser Anfrage gar nicht gestellt. Sie fragen gar nicht nach dem Investitionsstau. Sie fragen, wieviel haben Sie investiert und so weiter, aber ich habe die Frage gesucht, wie hoch der Investitionsstau ist. Ich habe sie nicht gefunden. Die 500 Millionen Euro und 600 Millionen Euro, die Sie auch erwähnt haben, tauchen dort nicht auf. Es ist aber eine Einschätzung der Fachleute, was es im Krankenhausbereich – – und das sind noch einmal 500 Millionen Euro oder 600 Millionen Euro, bei denen völlig unklar ist, wie Sie das im Rahmen der sogenannten, von Ihnen für gut befundenen Schuldenbremse jemals aufholen wollen. Das ist in dieser Weise unmöglich. Wir benötigen ein Finanzierungssystem, in dem wir Geld haben. Wenn wir aufholen wollen, müssen wir Möglichkeiten finden, bestimmte Investitionen auch wieder mit Krediten zu finanzieren, sonst werden sie gar nicht finanziert, oder wir schaffen die Bedingungen durch eine Privatisierung der Krankenhäuser, aber das wollen Sie nicht und das will niemand in diesem
Hause oder vielleicht die meisten nicht und Sie auch nicht.
Ich werbe also dafür, die Antwort auf diese Frage ernst zu nehmen und selbstkritisch zu betrachten, was wir die letzten zwölf Jahre gekonnt haben und ob es genug war. Ich sage nicht, dass wenig Geld ausgegeben wird, aber auch viel Geld kann nicht ausreichen, um bestimmte Dinge zu erledigen. Ich erwarte von Ihnen jetzt kein müdes Gähnen oder einen Vorwurf, die wollen alles schlecht reden, sondern ich erwarte eine kritische Einschätzung der Sozialdemokraten und Grünen zur Situation der Krankenhäuser im Lande Bremen. Alles andere ist auf der Grundlage dieser Antwort zur Großen Anfrage unglaubwürdig.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir hier nicht über Fußball reden. Es ist nicht zufriedenstellend, wenn man nicht Meister wird, sondern nur Platz sieben oder neun belegt. Deswegen ist es auch nicht zulässig, zu sagen, es geht immer noch mehr. Darum geht es nicht. Es gibt offensichtlich eine belastbare Zahl, wieviel investive Mittel man in das bremische Krankenhaussystem jedes Jahr investieren muss, damit es nicht zu einem Sanierungsstau kommt, also im Wesentlichen, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, um die Modernisierung aufrechtzuerhalten. Ich diskutiere jetzt nicht, ob es 70 Millionen Euro, 75 Millionen Euro oder 80 Millionen Euro sind, aber wenn in dieser Größenordnung Zahlen vorliegen und wir über Jahre nur zwischen 28 Millionen Euro und 38 Millionen Euro, ich sage jetzt einmal 40 Millionen Euro, investiert haben, hat sich schon allein in den in der Anfrage dokumentierten Jahren ein Investitionsstau von mehreren hundert Millionen Euro aufgebaut.
Es geht dabei nicht um ein wirtschaftliches Unternehmen, sondern es geht um die Versorgung der Menschen. Jetzt sage ich noch einmal, was mangelnde investive Mittel und Personalnot miteinander zu tun haben: Sie haben irgendwann einmal auf jemanden gehört, der Ihnen versprochen hat, ein neues Krankenhaus zu bauen, das betriebswirtschaftlich wunderbar funktionieren wird, sodass Sie Zins und Tilgung mit dem laufenden Geschäft refinanzieren können. Das Problem war, es hat nicht so geklappt. Das hat dazu geführt, dass man in den Krankenhäusern sehr restriktive Personalmaßnahmen umgesetzt hat, weil man einen Teil der Einnahmen aus der DRGs für Kapitaldienste und Investitionen aufbringen musste. Im Übrigen wir haben einen Betriebsmittelkredit, der auch noch eine Rolle spielt. Das hängt also miteinander zusammen, das darf man einfach nicht getrennt betrachten.
Dann wurde bezweifelt oder kritisiert, dass ich sagte, wir sind am Rande der Funktionsfähigkeit. Ich weiß nicht, welche Signale Sie noch brauchen. Wir wissen, dass eine Grippewelle in der GeNo dazu führt, dass Operationssäle geschlossen werden müssen. Wir wissen, dass wir Leiharbeitskräfte einstellen müssen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wir wissen mittlerweile, dass wir mindestens doppelt so viele Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger ausbilden müssten, um einem Fachkräftemangel zu entgehen. Ich sage, insge
samt ist das System an der Grenze seine Funktionsfähigkeit. Selbstverständlich muss man auch investive Mittel in die Hand nehmen, wenn man Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger ausbilden will.
Wir wissen, dass die Ziele, die DRG, also die abrechenbaren Fälle, momentan immer wieder verfehlt werden. Wir wissen, dass wir noch keine neue Medizinstrategie haben, die eigentlich notwendig wäre, um die Funktion und die Wirtschaftlichkeit aufrechtzuerhalten. Wenn das nicht genug Hinweise darauf sind, dass wir in einer ganz schwierigen Situation sind, zu der ich sagen würde, wir sind an der Grenze der Funktionsfähigkeit, dann weiß ich nicht, welche Hinweise Sie noch brauchen. Sie verschließen die Augen davor und Sie haben das in den letzten zwölf Jahren getan. Wir diskutieren das selbstverständlich nicht erst seit gestern. Ich höre immer dasselbe: Wir haben so und so viel investiert, und immer wieder stellt sich heraus, das ist zu wenig. Das ist nicht erst seit gestern so, aber es darf in dieser Weise nicht mehr weitergehen. Sie sind im Zugzwang beziehungsweise wir sind im Zugzwang, Lösungen zu liefern. – Dankeschön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann bestätigen, dass das ein Prozess war, bei dem in der Tat Für und Wider, sachliche Argumente, sehr intensiv ausgetauscht worden sind. Es war zumindest für uns als Fraktion DIE LINKE wichtig, dass wir unsere Position in dieser Debatte präzisieren konnten. Wir haben diesen Antrag „Reichtum gerechter verteilen – Vermögenssteuer als Millionärssteuer wieder erheben“, nicht, wie uns oft unterstellt wird, aus irgendeiner Form von Geiz oder weil wir Menschen ihren Reichtum nicht gönnen, gestellt, sondern weil wir feststellen müssen, dass es 2017 in
Deutschland ein Privatvermögen von 5,8 Billionen Euro, nur an Bargeld, Wertpapieren und Ähnlichem, gab. In diesen 5,8 Billionen Euro sind keine Immobilien enthalten.
Das ist an sich nur begrenzt ein Problem. Ein Problem wird es aus zwei Gründen: Erstens, an diesem Reichtum partizipieren relativ wenig relativ stark. Ein Prozent der Haushalte, ungefähr 400 000, besitzen ein Drittel dieses Privatvermögens. Die untere Hälfte, also die, die weniger reich sind als der Durchschnitt, haben nur 6,2 Prozent dieses Vermögens. Das ist noch nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist, dass wir einen Prozess haben, bei dem sowohl die Konzentration des Reichtums als auch die Höhe der Privatvermögen steigt und die Anzahl der Menschen, die daran nicht partizipieren, sondern von Armut betroffen oder in Bezug auf Armut gefährdet sind, ebenso steigt. Das ist Ungleichheit. Ich möchte den Verfassungsrichter Wolfgang Böckenförde zitieren: „Der Ausgleich der gesellschaftlichen Ungleichheiten ist Kernaufgabe des demokratischen und sozialen Rechtsstaats und damit verfassungsrechtlich geboten.“