Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Die 50. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist eröffnet.

(Beifall)

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich die Klassen 9 a und 9 b der Oberschule Ronzelenstraße, eine Gruppe des Mütterzentrums Osterholz-Tenever und einen Integrationskurs Deutsch des Kulturzentrums Lagerhaus e. V.

Seien Sie alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Die übrigen Eingänge bitte ich dem heute verteilten Umdruck zu entnehmen.

I. Eingang gemäß § 21 Satz 1 der Geschäftsordnung

Möglichkeiten, Zulässigkeit und Notwendigkeit einer Landesausbildungsumlage im Land Bremen Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 20. September 2017 (Drucksache 19/1250)

Diese Angelegenheit kommt auf die Tagesordnung der November-Sitzung.

II. Kleine Anfrage gemäß § 29 Abs. 2 der Geschäftsordnung

Energie- und klimaeffiziente Gewerbegebiete im Land Bremen

Kleine Anfrage der Fraktion der CDU

vom 20. September 2017

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Aktuelle Stunde

Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Eckhoff, Frau Neumeyer, Röwekamp und Fraktion der CDU folgendes Thema beantragt worden:

„Geld weg, Bank weg, Jobs weg - wann übernimmt die Bürgermeisterin endlich die Verantwortung für das Desaster bei der Bremer Landesbank?“

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anlass für diese Aktuelle Stunde ist sicherlich ein insgesamt trauriges Kapitel insbesondere der letzten eineinhalb Jahre hier in unserem Land. Vor wenigen Tagen erhielten wir die Meldung, wie viele Stellen tatsächlich bei der Bremer Landesbank abgebaut werden sollen. Wir sprechen allein am Standort Bremen von über 300 Stellen. Das sind deutlich mehr Stellen als uns noch vor einem Jahr mitgeteilt worden sind, als es darum ging, wie viele Stellen vermutlich betroffen sein werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Stellen fallen in Oldenburg weg, dort sind es circa 30 Stellen. Insgesamt verlieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bremer Landesbank in den nächsten Jahren über sozial verträgliche Regelungen - wie angekündigt wurde - ihre Arbeitsstellen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist tatsächlich ein Trauerspiel. Wir haben vor einem Jahr nicht ohne Grund über einen Antrag hier im Haus der Bürgerschaft versucht, in dem Staatsvertrag zwischen Bremen und Niedersachsen eine Arbeitsplatzgarantie zu verankern. Heute haben wir die Erkenntnis, wie bitter notwendig das damals gewesen wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU, BIW)

Mit der BLB verschwindet vom Bankenplatz Bremen Know-how. Entscheidungen werden zukünftig nicht mehr hier getroffen und in weiten Teilen, in denen man am Standort Erfahrungen hatte, verlagert sich das Geschäft nach Hannover.

Bereits zum 1. September wurde die Bank mit der Nord/LB voll fusioniert. Das heißt, seit dem 1. September, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Bremer Landesbank nicht mehr existent. Sie ist im Endeffekt nur noch eine Marke. Wenn man sich den Staatsvertrag anschaut, der vor einem Jahr hier im Parlament beschlossen worden ist, dann muss man sich fragen, was er eigentlich Wert gewesen ist. Dort heißt es so schön im Paragrafen 1, die Bank habe ihren Sitz im Bremen, im Paragrafen 8 steht, die Organe der Bank seien der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Trägerversammlung.

Meine Damen und Herren, heute wissen wir - und eigentlich wissen wir es schon seit dem 6. April, als eine Ad-hoc-Meldung zu diesem Thema veröffentlicht wurde -, dass dieser

Landtag 3825 50. Sitzung/21.09.17

Staatsvertrag, der zwischen Bremen und Niedersachsen geschlossen worden ist, vermutlich der Staatsvertrag mit der kürzesten Laufzeit ist. Nach neun Monaten ist nämlich die im Paragrafen 13 manifestierte Öffnungsklausel des Staatsvertrags genutzt worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es würde uns heute sicherlich interessieren, was Sie, Frau Bürgermeisterin Linnert, eigentlich damals wussten: Aus welchen Gründen ist die Öffnungsklausel in den Staatsvertrag aufgenommen worden? Warum haben Sie uns in den Debatten im November und Dezember 2016 nicht offen gesagt, dass es sich im Endeffekt um einen Staatsvertrag handelt, der nur neun Monate gelten soll? Liebe Frau Bürgermeisterin, ich finde, zur Offenheit, die Sie immer in der Politik einfordern, hätte auch diese Offenheit gehört.

(Beifall CDU, BIW)

Über den Hinweis auf das Geld haben wir hier schon verschiedentlich gesprochen. Bremen hat 315 Millionen Euro verloren. Es wurde auch hier von den Regierungsparteien gesagt, wir sollten uns nicht aufregen, ganz so viel sei es nicht, denn es seien ja die wertvollen Beteiligungen für Bremen gerettet worden. Wenn man sich das heute anschaut, dann ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres tatsächlich nur geregelt worden, wie mit den Anteilen der BLG verfahren wird. Für die Anteile an der BREBAU und an der GEWOBA ist bis heute nicht sichergestellt, dass die Anteile unter voller Verfügungsgewalt der Freien Hansestadt Bremen stehen. Im Gegenteil, man versucht sich mit juristischen Konstruktionen irgendwie aus der Affäre zu ziehen und versucht jetzt in direkten Gesprächen, die Banken davon zu überzeugen, dass sie ihr Vorkaufsrecht nicht wahrnehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Ende dieses Prozesses - auch wenn es zu einer Einigung kommt - wird sicherlich ein Betrag verloren gehen, der deutlich über 200 Millionen Euro liegen wird. Insofern haben wir folgendes Ergebnis: Es fallen über 300 Stellen weg. Die Bank ist als Bank nicht mehr existent. Wir verlieren mindestens 200 Millionen Euro, wenn nicht mehr, bei dem Geschäft Bremer Landesbank. In dieser Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht die Bürgermeisterin, und deshalb haben wir auch diese Aktuelle Stunde heute noch einmal beantragt.

(Beifall CDU)

Was hatte Bremen von diesem Staatsvertrag? Im Endeffekt eigentlich nur ein Aufsichtsratsmandat, das Staatsrat Strehl in den letzten

neun Monaten wahrgenommen hat. Wir haben es mittlerweile im Controllingausschuss schon gehört: Dort haben wir mehrfach versucht, Antworten darauf zu bekommen, wie es mit der Bremer Landesbank weitergeht, gesagt wurde nie etwas. Man hat sich immer auf das Bankgeheimnis berufen. Wir haben sogar erfahren, dass das dort Besprochene geheim gewesen ist, Frau Bürgermeisterin Linnert, dass Herr Strehl nicht einmal mit Ihnen oder mit seinen Kollegen richtig über das Thema sprechen konnte - das Beteiligungsmanagement ist ja in Ihrem Hause angesiedelt -, weil er im Endeffekt zu einer persönlichen Verschwiegenheit verpflichtet worden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das das Ergebnis ist, das Sie bei diesem Staatsvertrag ausgehandelt haben, dann ist es ein sehr schlechtes Ergebnis gewesen. Frau Bürgermeisterin Linnert, und deshalb fragen wir uns tatsächlich: Wann übernehmen Sie die Verantwortung für das Desaster bei der Bremer Landesbank?

(Beifall CDU)

Ich will die Debatten, die wir zu dem Thema zugeführt haben, nicht unendlich wiederholen, wenn man sich aber insgesamt anschaut, wie sich die Bremer Landesbank seit dem Beschluss der Wandlung der stillen Einlage hin zum Eigenkapital seit 2012 entwickelt hat, kann man Folgendes fragen - und das beschäftigte uns ja, Kollege Gottschalk, auch schon im Controllingausschuss, und wir werden es dort in der nächsten Woche erneut erörtern -: Wer trägt bei der Bremer Landesbank die Verantwortung für die Höhe der bewilligten Schiffskredite? Zu dieser Frage haben wir unterschiedliche Auffassungen. Zumindest nach der Wirtschaftskrise 2009, aber spätestens, nachdem man 2012 erkannt hatte, dass sich der Schiffsmarkt nicht erholen wird, ist nichts dafür getan worden, das bestehende Risiko in einem vernünftigen Maße zu reduzieren, wie es andere Banken gemacht haben.

(Abg. Frau Gotheer [SPD]: Die Debatte haben Sie ja vor einem Jahr schon verloren! - Zuruf Bürgermeisterin Linnert)

Deshalb habe ich ja gesagt, dass ich es nur kurz noch einmal erwähnen will! Frau Linnert, ich weiß, dass Sie es nicht mehr hören können, aber es gehört auch zur politischen Verantwortung, dass man es erträgt, dass das Parlament Themen noch einmal diskutiert, die nicht gut gelaufen sind!

(Beifall CDU)

Landtag 3826 50. Sitzung/21.09.17

Frau Linnert hatte Verantwortung für den Vorstand. Der Vorstand - das wissen wir spätestens, nachdem wir in den letzten Monaten immer weitere Schlagzeilen zur EWE verfolgen konnten - ist ja nun auch nicht gerade ein Hort der Glückseligkeit gewesen. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Bremer Landesbank hatte auch eine Verantwortung als Aufsichtsrat. Sie haben die Verantwortung für den Vorstand bei der Bremer Landesbank gehabt. Sie haben im Herbst des Jahres 2015, die Hinweise, die es bereits gegeben hat, ignoriert, dass bei der Bremer Landesbank eine größere Notwendigkeit bestand, Kredite zu bereinigen. Sie haben sich von März 2016, als es intern öffentlich wurde, bis Juni 2016, als es dann auch der Öffentlichkeit bekannt wurde, nicht auf die Situation vorbereitet.

Sie haben im August ein katastrophales Verhandlungsergebnis erzielt. Sie haben einen Staatsvertrag geschlossen, der das Papier nicht wert ist, auf dem er steht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, und deshalb ist es tatsächlich so: Es ist das Geld Bremens weg, es sind die Jobs weg, und es ist die Bank weg!

Ich finde, heute ist eigentlich ein sehr guter Tag, an dem man das Thema auch völlig ohne Aufgeregtheit, Frau Linnert, diskutieren kann. Sie haben hier gestern einen Haushalt vorgelegt, für den Sie unter anderem auch vom Fraktionsvorsitzenden der SPD gelobt, ja fast gefeiert worden sind, dass Sie die Etappe erreicht haben, dass Bremen ohne Neuverschuldung auskommt. Damit ist ein Weg, den Sie eingeschlagen haben, im Endeffekt abgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund, finde ich, können Sie jetzt auch den Mut haben, sich zur politischen Verantwortung zu bekennen, die Sie für die Bremer Landesbank haben, und damit auch endlich den Weg für eine neue Finanzsenatorin frei machen.

(Beifall CDU - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich erwarte, dass auch Ihre Se- natoren von damals Verantwortung überneh- men! Haben Sie das getan?)

Darüber können wir ja sehr gern auch noch einmal sprechen!

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, gern!)

Wenn Sie sich an die damalige Zeit erinnern und Verantwortung einfordern, dann heißt es ja, dass Sie auch heute erwarten, dass politische Verantwortung übernommen wird, liebe Frau Schaefer, und um mehr geht es hier gar nicht.