Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Wenn Sie sich an die damalige Zeit erinnern und Verantwortung einfordern, dann heißt es ja, dass Sie auch heute erwarten, dass politische Verantwortung übernommen wird, liebe Frau Schaefer, und um mehr geht es hier gar nicht.

(Beifall CDU - Zurufe Bündnis 90/Die Grünen)

Nachdem Frau Linnert uns gestern den Sanierungsweg als abgeschlossen dargestellt hat, ist heute ein sehr guter Tag, dass Frau Linnert unserem Wunsch nachkommt und endlich einmal von dem Satz ablässt - sie hat ihn ja im letzten Jahr so schön gepredigt -, niemand sei verantwortlich.

(Bürgermeistern Linnert: Schuld habe ich ge- sagt!)

Nein, falsch, Frau Linnert! Sie haben gesagt, niemand sei schuld, und damit haben Sie impliziert, dass niemand verantwortlich sei.

(Bürgermeisterin Linnert: Nein!)

Im Endeffekt, liebe Frau Linnert, haben Sie eine politische Verantwortung, und zu dieser politischen Verantwortung müssen Sie stehen. Wenn Sie sich dieses Ergebnis ansehen, dann bleibt Ihnen eigentlich nur ein Weg, nämlich der Rücktritt! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU - Zurufe SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Nun die schwarze Attacke, dritter Teil: Bank weg, Geld weg, Jobs weg, und Schuld daran hat nur die Senatorin für Finanzen!

(Beifall CDU, BIW - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Eigentlich könnte das der Schluss Ihrer Rede sein!)

Man könnte auch sagen, Herr Dr. vom Bruch, Kasper jagt das grüne Krokodil, Fortsetzung.

(Beifall SPD)

Schauen wir uns einmal den ersten Akt an: Die Bank ist weg! Ja, Bremen ist nicht mehr Eigentümer dieser Bank, und es gibt hier in Bremen keine selbstständige Bremer Landesbank mehr.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Stimmt, ist völlig normal! Kleiner Betriebsunfall!)

Woran lag das aber? Herr Eckhoff, diese Geschichte hat eben nicht erst nach der Finanzmarktkrise angefangen, sondern sie hat vorher angefangen, und das wissen Sie ganz genau! Wir wissen auch, dass selbst ein Herr Kaulvers rückblickend gesagt hat, diese Bank habe einen zu großen Risikoappetit gehabt. In der Tat, sie

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hat sich nämlich ab den Jahren 2003 - Sie konnten das auch in den Unterlagen nachschauen - ein viel zu großes Schiffskreditrisiko angefressen, ein Risiko, das sie seinerzeit erheblich unterschätzt hat. Diese damaligen Kredite, das wissen wir doch heute genau, sind die Zeitbombe gewesen, die lange Zeit getickt hat und die in den letzten Jahren voll explodiert ist.

Wenn wir einmal zurückschauen, wie das damals von den Beteiligten begleitet worden ist, dann können wir feststellen, dass damals in der Tat immer wieder einmal darüber gesprochen wurde, wie das Risiko in dieser Bank einzuschätzen sei. Der Vorstand hat dazu Berichte geliefert, und die lauteten in etwa so: Ja, dieser Markt ist volatil, da wird es auch wieder Krisen geben, aber langfristig werden die Märkte wachsen. Kurzfristig: Unsere Kreditnehmerstruktur ist granular - ein viel genutztes Wort -, also sehr aufgefächert, und außerdem ist es so, dass unsere Kredite zu 70 Prozent durch die Schiffe gesichert sind. Die eigentlichen Risiken liegen bei den Reedern und bei den Kleinanlegern, die die Schiffsbeteiligungen gezeichnet haben, insgesamt - das war immer die Botschaft - haben wir die Sache im Griff!

Wenn man sich das dann genauer anschaut, findet man in den Unterlagen auch nirgendwo - nur ganz am Anfang einmal, als überhaupt kein Risiko bestand - eine kritische Reflektion darüber, eine Besorgnis, dass man irren könnte, und zwar bei keinem der Beteiligten, weder bei den Personalräten, die dort vertreten sind, noch bei den sonstigen Vertretern oder bei der Aufsichtsratsvorsitzenden, die allerdings, Herr Eckhoff, erst im Herbst 2007 Mitglied dieses Aufsichtsrats geworden ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Zug des Aufbaus dieses Kreditportfolios schon in voller Fahrt. Sie selbst wissen aus den Unterlagen, dass damals zum Ende hin der Vorlauf zwei bis drei Jahre von der Kreditannahme bis zur wirklich vollen Kreditauszahlung war. Selbst wenn Frau Linnert damals hätte auf die Bremse treten wollen, wäre dieser maximale Aufbau des Kreditportfolios gar nicht mehr gestoppt worden. So sieht es in dem Bereich aus!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin allerdings in der Tat in einem Punkt mit Frau Linnert nicht einer Meinung. Man kann nicht sagen, weil keiner etwas gesagt hat, haben vielleicht alle Schuld, oder dass man sogar zu dem Punkt kommt, keiner habe Schuld! Nein, in einem Unternehmen ist für das operative Geschäft und für die Geschäftsergebnisse ein Gremium zuständig, und das ist der Vorstand. Der Vorstand verantwortet das operative Geschäft, er verantwortet die Risiken, und bei

einer Bank verantwortet der Vorstand die Risikosteuerung. Das ist in diesem Bereich die Königsdisziplin: Derjenige, der mit fremden Geld arbeitet, muss das Risiko beherrschen!

(Beifall SPD)

Der Vorstand hat es so eingeschätzt, dass er es beherrschen würde. Für dieses Geschäft sind die Vorstände mit einem Mehrfachen der Gehälter, die ein Bremer Bürgermeister oder eine Bremer Bürgermeisterin bekommt, vergütet worden. Sie waren damit in Fulltime beschäftigt. Ich würde es einmal so sagen, Herr Eckhoff: Die Vorstände lachen sich natürlich kaputt, wenn Sie sich jetzt an ihre Seite stellen und sagen, na ja, diese hoch bezahlten Zampanos waren gar nicht die Verantwortlichen. Natürlich waren sie die Verantwortlichen, das muss man in diesem Fall erst einmal festhalten!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der einzige Punkt, an dem man noch einmal genauer schauen muss, ist: Welcher Vorstand ist es genau gewesen? War es der Vorstand Buchbinder, der bis in das Jahr 2006 hinein zuständig war, oder war es der Vorstand Kaulvers, der anschließend zuständig war? Das werden wir noch einmal genauer prüfen.

Es gibt einen zweiten Punkt, der in diesem Fall bei der Verantwortung zu berücksichtigen ist: Die Bremer Landesbank war damals zu 92 Prozent im Besitz der Norddeutschen Landesbank. Die Spitzenleute der Norddeutschen Landesbank saßen auch in den Aufsichtsgremien dieser Bank. Sie waren am Anfang, als die ganze Chose begann, die Aufsichtsratsvorsitzenden, und sie waren die ganze Zeit die Vorsitzenden des Risikoausschusses, in dem die Risiken dieser Bank begleitet wurden. Deshalb ist mein Fazit vorbehaltlich dessen, was wir noch genauer ansehen müssen: Wenn es jemanden gibt, der zunächst und vor allem die Verantwortung dafür trägt, was mit der Bremer Landesbank passiert ist, dann sind das die Vorstände der Nord/LB und der Bremer Landesbank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Kommen wir zum zweiten Akt: Das Geld ist weg! Sie haben es ja schon selbst eingeräumt, es ist nicht vollständig weg, bei Weitem nicht! Wenn man diesen Bereich betrachtet, dann stellt man fest: Ja, das ursprünglich Eingezahlte haben wir nominal nicht wieder zurückbekommen. Es ist so, wenn man sich in der Wirtschaft beteiligt, dann kann man Verluste erleiden.

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Herr Eckhoff, sehen wir uns einmal das Ergebnis an: Es sind 270 Millionen inklusive Beteiligungen herausgeholt worden. Im Lichte der zusätzlichen Verluste, die später bekannt geworden sind, muss doch jeder sagen, dass es ein stolzer Preis gewesen ist, den wir noch bekommen haben, ein Preis, der kurze Zeit später von uns nimmermehr hätte realisiert werden können. Bedenken Sie vor allem eines - Sie haben es ja nur angedeutet -: Es sind nicht nur die 270 Millionen, sondern wir wissen auch, dass die Beteiligungen mehr wert sind. Wenn man sie uns beiden zu dem Buchwert zum Kauf anbieten würde, Herr Eckhoff, ich glaube, wir bräuchten vielleicht einen Monat, um die Kredite zu bekommen, aber eine Stunde, um Ja zu sagen, weil wir nämlich genau wissen, dass darin noch erheblich mehr Wert enthalten ist.

Wenn Sie jetzt sagen, es sei unter dem Strich ein katastrophales Ergebnis, dann kann ich nur erwidern, dieses katastrophale Ergebnis hätten die Kolleginnen und Kollegen von Frau Linnert aus Hamburg und Schleswig-Holstein auch gern vereinbart!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir wissen, dass in diesem Bereich enorme Mengen Geld verbrannt worden sind. Zehn Milliarden Euro allein für die Anleger, zig Milliarden Euro für die Banken, und wir können hier für Bremen sagen, wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen, und zwar auch dank der guten Vertragsverhandlungen unserer Finanzsenatorin!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der dritte Akt: Jobs sind weg! Ja, das ist ein besonders bedauerliches Ergebnis dieser Vorgänge. Sie haben gesagt, am Anfang sei nur die Rede von 200 Arbeitsplätzen gewesen, jetzt seien es 300 Arbeitsplätze, und Sie hätten hier in Bremen eine Arbeitsplatzgarantie gefordert.

(Abg. Eckhoff [CDU]: Da war noch die Rede von hundert, Herr Kollege!)

Sie haben die Arbeitsplatzgarantie gefordert. Fakt ist, dass im August 2016 das gesamte Ausmaß der Probleme der Bremer Landesbank noch nicht zu erkennen war.

(Abg. Özdal [CDU]: Sie haben es nicht erkannt! Alle anderen schon!)

Sie natürlich, Sie haben es erkannt! Herr Veit zum Beispiel, der bei der Bremer Landesbank eingetreten und davon ausgegangen ist, dass er tatsächlich Vorstandsmitglied dieser Bank wird, hat es nicht erkannt, aber Sie haben es

natürlich erkannt! Sie sind in diesem Bereich ein besonders guter Durchblicker, das weiß ich!

(Heiterkeit SPD - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: So ähnlich wie Sie!)

Wir wissen genau, dass in diesem Bereich zusätzlich über 500 Millionen Euro als Verlust hinzugekommen sind. Wir müssen in diesem Bereich weitergehen und im Frühjahr noch einmal zusätzlich zweimal zu einem Downgrading bei der Nord/LB selbst zu kommen. Die gesamte Bank ist noch einmal enorm unter Druck geraten, und das hat dazu geführt, dass die Arbeitsplatzverluste dann in der Tat noch über die Zahl hinausgehen, die man ursprünglich erwarten konnte.

Wenn man vor diesem Hintergrund nun sieht, dass Herr Eckhoff sagt: „Ja, wir hätten das doch gleich mit einer Arbeitsplatzgarantie verhindert!“ Herr Eckhoff, Sie wissen doch genau, dass bei diesem Instrument gegengerechnet wird, was es kostet. Dann hätten die Verkäufer gesagt, 200 bis 300 Leute, die wir dank der Arbeitsplatzgarantie von Bremen halten, multipliziert mit 60 000 Euro im Jahr, das mal zehn Jahre: Dann wären das 200 Millionen Euro gewesen, und man hätte uns einen symbolischen Euro gegeben! Das wäre die Konsequenz gewesen, wenn man es überhaupt mit uns gemacht hätte.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Dann haben Sie die Leute also verkauft, oder wie?)

Es ist doch der Punkt, dass wir jetzt sehen, was man vor 20 Jahren schon prophezeit hat, dass nämlich der Bankensektor die Stahlindustrie der Gegenwart wird. Wir werden in den nächsten Jahren erleben, dass jeder fünfte, jeder sechste Arbeitsplatz in der Bankenbranche verloren geht. Vor diesem Hintergrund zu sagen, wir hätten - wir, die CDU hier in Bremen! - es geschafft, eine Arbeitsplatzgarantie zu vereinbaren, etwas, das in ganz Deutschland nirgendwo im Bankensektor zu beobachten ist, Herr Eckhoff: Das ist schlicht und einfach lächerlich!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Fakt ist, dass man jetzt etwas zum Jobabbau bei der Bremer Landesbank sagen kann. Die Personalräte beider Banken haben es geschafft, dass es zumindest bis zum Jahr 2020 keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Der jetzige Personalabbau wird über Vorruhestandsregelungen erfolgen, über Abfindungen und über die Wahl, nach Hannover zu gehen.

(Abg. Hinners [CDU]: Wird es dadurch besser?)

Landtag 3829 50. Sitzung/21.09.17