Ich habe mich gefragt, wer so eine Aktuelle Stunde einbringt, um zu sagen: Wir wollen mehr Geld für Integration haben, wir wollen eine vernünftige Flüchtlings- und Integrationspolitik machen und das ausreichend finanzieren. Ich wundere mich, dass es die Fraktion tut, die stark auf das Sachleistungsprinzip setzt, die keine Änderung in der Einwanderungspolitik vornimmt, die nicht dafür sorgt, dass wir in Einwanderungsfragen vorankommen. Trotzdem, ich nehme positiv wahr, dass sich die Fraktion der CDU in Bremen dafür einsetzt, dass das Verursacherprinzip gilt.
Es ist von Herrn Röwekamp richtig angesprochen worden: Die Punkte, die im Einwanderungsrecht entschieden werden müssen – wer wie lange hierbleibt, wer als Flüchtling aufgenommen wird –, werden auf Bundes- und auf europäischer Ebene entschieden. Weil das so ist, muss man auch sagen. Diejenigen, die darüber entscheiden und befinden, müssen die Kosten tragen. Das ist das Verursacherprinzip, das ist Konnexität.
Natürlich sind die Kosten für Flüchtlinge zurückgegangen, aber nicht pro Fall, sondern wegen der geringeren Zahl von Flüchtlingen, die hierherkommen. Man kann mir doch nicht erzählen, dass das eine Kommune mit 16 000 Euro in fünf Jahren leisten kann. Das ist nur ein Bruchteil der Kosten, die wir für eine vernünftige Integration derer, die hierbleiben, und für eine vernünftige Versorgung derjenigen, die vielleicht wieder gehen, brauchen. Deswegen müssen wir uns dafür einsetzen: Weil wir dieses Geld brauchen, weil der Bund dafür verantwortlich ist, dass wir dieses Geld in Bremen bekommen, und natürlich dafür, dass die Städte und dass die Länder finanziell unterstützt werden.
Auch wenn das unseren Haushalt entlastet hat und Spielräume da sind, ist es vom Bund und vom Bundesfinanzminister unfair, wenn er seine Probleme zulasten der klammen Kommunen und Länder löst. Deswegen unterstützen wir das Ansinnen, das mit dieser Aktuellen Stunde thematisiert werden soll, und sind ganz und gar dabei und sagen: Herr Scholz, das geht so nicht! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Röwekamp, es gibt selten Fälle, in denen die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der CDU an einem Strang ziehen oder in denen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und Markus Söder, sein bayerischer Kollege, einer Meinung sind, aber wenn das so ist, dann in der Regel, wenn es um das Geld geht. In diesem konkreten Fall sind sie einer Meinung und ich bin der Meinung, dass sie beide Recht haben.
Ich will als kaltherziger Finanzpolitiker kurz sagen, wie sich die Zahlen scheinbar entwickeln sollen. Bislang wurden an die Länder und Kommunen 4,7 Milliarden Euro an Bundeshilfen weitergegeben. Die Summe soll auf 1,3 Milliarden reduziert werden. Weil Bremen von allem ungefähr ein Prozent, vielleicht in diesem Fall etwas mehr, bekommt, bedeutet das, dass die Bundesmittel um 35 Millionen Euro pro Jahr sinken, und das bei circa 250 Millionen Euro Kosten in Bremen pro Jahr.
Scholz, das ist schon angesprochen worden, als ehemaliger Bürgermeister eines Stadtstaates wissen muss, was er mit einer solchen Regelung anrichtet. Als Erstes torpediert er Integration. Eine anständige Integration benötigt die dafür notwendigen Mittel. Zweitens blockt er eine zukunftsweisende Entwicklung von Integration ab. Er verhindert damit zum Beispiel die Aussicht auf Fachkräftegewinnung. Wenn wir nicht in der Lage sind, geflüchtete Menschen vernünftig auszubilden und zu integrieren, leistet das auch keinen Beitrag für die Bekämpfung eines zukünftigen Fachkräftemangels.
Jeder weiß, dass die Bundesrepublik Deutschland demografisch auf einen Zustand zusteuert, der es notwendig macht, dass wir ein Einwanderungsland sind, damit wir die Aufgaben und die Anforderungen der Zukunft, insbesondere wenn Menschen älter werden – so wie ich – leisten können. Des Weiteren bringt er Kommunen und auch Länder in eine schwierige Lage. Gegen unseren Willen haben sich das Land und die Kommunen in Bremen verpflichtet, ohne Neuverschuldung auszukommen. 35 Millionen Euro weniger im Land Bremen verringern deutlich die Möglichkeit, das auch einzuhalten.
Deswegen kann ich es nicht verstehen und es ist vielleicht auch einfach nur ein Rollback. Es ist gelungen, einen halbwegs vernünftigen Deal zwischen den Bundesländern und dem Bund auszuhandeln, und Bremen hat davon partizipiert. Wie viel von den 475 Millionen übrig bleibt, die Diskussion wollen wir heute nicht führen. Aber danach dafür zu sorgen, dass der Hauch von Perspektive, der Hauch von Handlungsfähigkeit wieder eingeschränkt wird, das ist ganz schlechter Stil und überhaupt keine sozialdemokratische Finanzpolitik. Das ist eine Finanzpolitik auf Kosten von Ländern und Kommunen.
Darüber hinaus haben wir ein Problem. Wenn man die Summe nimmt, über die wir sprechen, dann ist das scheinbar immer deutlich mehr, als in anderen Bereichen ausgegeben wird, zum Beispiel für Armutsbekämpfung. Deswegen muss klar sein, dass das, was auch in Bremen für die Integration und die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen ausgegeben wurde, nicht nur ein notwendiger humanitärer Beitrag zur Rettung von Menschen aus Not und lebensbedrohlichen Situationen war, selbstverständlich hatte es auch immer eine wirtschaftspolitische Komponente.
Das war auch für Bremen ein wirtschaftlicher Impuls, der Arbeitsplätze geschaffen und dafür gesorgt hat, dass Menschen, die vorher keine Arbeit hatten, wieder in Arbeit zurückgekommen sind. Das darf man nicht unterschätzen. Es glaubt doch niemand, wenn man sagt: Wenn die Flüchtlinge nicht gekommen wären, hätte jemand anderes dieses Geld bekommen. Ich sage: Nein, dieses Geld wäre nicht ausgegeben worden. Das wäre irgendwo anders hingeflossen, aber es hätten nicht die bekommen, die es möglicherweise verdient hätten.
Ich komme zum Schluss. Wir haben nach wie vor die Aufgabe, geflüchtete Menschen aufzunehmen, sie, wenn sie hier bleiben, als Teil unserer Gesellschaft zu integrieren und sie, wenn sie wollen, wieder zurück nach Hause zu lassen.
Was wir aber nach wie vor beachten müssen, sonst wird das für uns doppelt zum Problem und als Munition von Rechtspopulisten missbraucht, wir müssen eine Konkurrenz zwischen Menschen in Armut, die unter schwierigen Bedingungen leben, und Menschen, die hierher geflüchtet sind, verhindern. Wir müssen die Konkurrenz um Wohnungen, um Kindertagesstätten verhindern.
Von allem muss genug für alle da sein, sonst stellen wir nicht nur unsere Wahlergebnisse auf die Probe, sondern verlieren die Grundlage unserer auf demokratischen und humanistischen Prinzipien organisierten Gesellschaftsordnung. Wegen der Kürzung der Gelder ist Olaf Scholz scharf zu kritisieren, aber wir werden auch in der Zukunft darum kämpfen müssen, dass eine außergewöhnliche Finanzierung im Rahmen der Schuldenbremse nur dann möglich ist, wenn wir deutlich mehr Geld haben, und das bekommen wir nur durch Steuererhöhung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Ich wollte jetzt noch den einen Satz sagen: Ich finde nicht, dass Kommunen oder Bundesländer, die ihr Ja oder ihre Begeisterung sogar zu einer besonders fatalen Gesamtpolitik geben, nur weil man sie gut abrechnen kann, verantwortungsvoll handeln. Ich finde vielmehr,
die deutschen Kommunen, die deutschen Landkreise sollten sich ein Beispiel an dänischen oder anderen Kommunen und Kreisen – beziehungsweise heißen dort die Kommunalgliederungen Kommunen insgesamt – nehmen. Dort ist mit den Sozialdemokraten, mit den Kommunen seit dem 1. März eine reformierte neue Asylgesetzgebung in Kraft. Ich möchte Sie bitten, sich dies doch einmal anzuschauen, zu studieren. Sie wäre vorbildlich auch für die Bundesrepublik Deutschland. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Ich bedanke mich ganz ausdrücklich – persönlich, aber auch im Namen des Senats – für die breite Unterstützung, die wir durch die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen erfahren.
Wir sind als die, die auf der Bundesebene für den Senat in den Gremien sitzen, in der gleichen Art und Weise, wie Sie argumentiert haben, engagiert, um das, was die Bundesregierung plant, abzuwenden. Das betrifft die Senatorin für Finanzen, die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport und meine Rolle in der Ministerpräsidentenkonferenz. Ich kann Ihnen sagen, wir sprechen kräftige und deutliche Worte für die Interessen Bremens und für die notwendige Unterstützung.
Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich am 5. Dezember vergangenen Jahres erstmalig mit Überlegungen zu diesen Fragen befasst und in der vergangenen Woche, am 21. März, ihre Beschlüsse auf der Grundlage unterstrichen, dass mittlerweile nicht mehr nur ein Vorschlag aus dem Hause des Bundesministeriums der Finanzen vorliegt, sondern das Bundeskabinett diesen Entwurf am 20. März, in der vergangenen Woche, am vergangenen Mittwoch, beschlossen hat und sich somit die gesamte Bundesregierung diese Planungen zu eigen gemacht hat. Planungen, die darauf hinauslaufen, dass die Unterstützung von Ländern und Kommunen für die Flüchtlingskosten in Höhe von 4,7 Milliarden Euro pro Jahr mit einem neuen Berechnungsmodell auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr reduziert werden.
Ich sage ganz eindeutig: Diese Haltung der Bundesregierung ist nicht akzeptabel, nicht für uns in Bremen, für keines der Bundesländer.
Die Haltung der Länder ist geschlossen. Wir haben mit 16 zu 0 als Ministerpräsidentinnen und -präsidenten die Positionen unterstrichen, die darauf hinauslaufen, dass das, was noch in diesem Jahr an Volumen gilt, weiterhin Bestand hat und fortgesetzt wird. In den Kommunen, bei uns insbesondere auf der Ebene der beiden Stadtgemeinden, aber natürlich auch durch die Länder werden die Kosten für Schulen, Kitas und Leistungen für Asylbewerber getragen, und da ist ein anderes Ergebnis erforderlich.
Wir drängen mit Kraft auf die Kompromissbereitschaft der Bundesregierung und wollen eine gemeinsame Lösung in dem Sinne, wie Sie argumentiert haben. Wir haben seitens der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beschlossen und sind mit der Bundesregierung entsprechend in Verbindung getreten, dass wir gegebenenfalls vor der Ministerpräsidentenkonferenz, die am 6. Juni gemeinsam mit dem Bundeskabinett und der Bundeskanzlerin stattfinden wird, einen gemeinsamen Termin mit Kabinett und Bundeskanzlerin haben. Wir müssen erreichen, dass Bundeskanzlerin Merkel ihr Schweigen bricht. Sie und die gesamte Bundesregierung müssen Position einnehmen für diese Interessen der Länder und für das, was wir in den Kommunen für die Menschen brauchen, für das, was Sie hier fordern.
Es wird darauf ankommen, dass auch die anderen Teile der Bundesregierung, auch die Seite der CDU-Mitglieder in der Bundesregierung und die Bundeskanzlerin sich diese Position aller Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, also natürlich auch der von CDU und CSU, das ist hier schon angesprochen, vorweg zu eigen machen und wir am Ende ein Bundesgesetz, einen Bundeshaushalt bekommen, der die Ergebnisse hat, die wir brauchen.
Ich will mich dafür bedanken, dass in der Debatte so sehr gelobt worden ist, was wir in Bremen, was dieser Senat in den Jahren seit 2015 an Politik gemacht hat. Eine Entscheidung, an der wir nicht mitwirken konnten und nicht mitgewirkt haben, die wir aber von vornherein getragen haben, weil wir gesagt haben: Wir müssen diesen in Not geratenen Menschen Hilfe gewähren. Wir haben das – Sie haben das mehrfach angesprochen – in einer Art und
Weise geschafft, dass der soziale Frieden in Bremen und in Bremerhaven gesichert und erhalten worden ist.
Wir haben zwei kleinere Übergriffe auf im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte gehabt, im Jahr 2015 den einen, 2016 den anderen. Wir sind das einzige Bundesland, in dem es keinen einzigen Anschlag auf eine Unterkunft von Geflohenen gegeben hat, und ich sage Ihnen, als rot-grüne Koalition, als Bürgermeister, als Senat sind wir stolz darauf, dass wir das geschafft haben und dass die Bevölkerung, die Menschen in Bremen und Bremerhaven das so getragen haben. Vielen Dank für ihre Unterstützung!
Der Weg war nicht immer einfach und ich will daran gern noch einmal erinnern. Wir waren in einer Situation, in der das, was Sie heute richtigerweise unterstreichen, in eine ganz schwierige Phase geraten war. Wir mussten 2016 in Hinblick auf unsere Finanzplanung adressieren und haben mit einem Gutachten unterlegt, dass wir die Finanzvorgaben nicht einhalten können, wenn die Entwicklung so weitergeht.
Wir haben dann verschiedene Steuerungsmaßnahmen ergriffen, ohne die Qualität infrage zu stellen, ohne die großen Ausbauprogramme bei den Kindertagesstätten, die Maßnahmen zur Herstellung und Sicherung der inneren Sicherheit zu vernachlässigen. Ohne die Anstrengungen auf dem Arbeitsmarkt zu unterlassen, haben wir es geschafft, dass auch die Haushalte in Ordnung gebracht worden sind und wir keine Ausnahmeregelung schaffen mussten. Das war nicht ganz einfach, ich bin nicht sicher, ob alle das in der damaligen schwierigen Zeit so unterstützt haben, wie Sie es heute hier getan haben. Aber so ist das. Der Erfolg hat immer viele Väter. Wir haben diesen Erfolg erreicht und ich freue mich, wenn Bremen und Bremerhaven jetzt Sieger sind, denn dann ist das eine gute Politik dieses Senats und dieser Koalition gewesen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Ich bitte Sie vor dem Hintergrund, dass sich in dieser Zeit die Zahl der Menschen, die in Bremen und Bremerhaven eine Heimat gefunden haben, erheblich erhöht hat, darum, an diese Worte zu denken, wenn Sie darüber Klage führen, dass es hier und da
schwierig ist, sofort und unmittelbar jeden notwendigen Kitaplatz zu schaffen, wenn wir noch etwas Zeit brauchen, wenn es in den Schulen eng wird, wenn es in anderen Bereichen schwierig wird.
In Bremen ist allein die Stadt Bremen von ungefähr 543 000 Einwohnern auf 568 000 gewachsen. Das Bundesland ist insgesamt um fast 30 000 Menschen gewachsen. Das sind Ergebnisse, die auch damit zu tun haben, dass wir diese Aufgabe wahrgenommen haben. Deshalb brauchen wir weiter die Unterstützung des Bundes und werden dafür kämpfen. Ich bitte Sie, dass Sie das, wenn es schwierige Debatten gibt, immer bedenken, bevor Sie mit ihrer Kritik an der einen oder anderen Maßnahme ansetzen und, das ist mein letzter Wunsch, dass Sie uns bei den weiteren Dingen unterstützen, die auf Bundesebene geregelt werden müssen.
Ich bin sehr begrenzt erfreut über die Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme, gerade in Hinblick auf die Regelung bei geduldeten Flüchtlingen. Wir haben in Bremen und Bremerhaven eine große Zahl an geduldeten Menschen, die wir integrieren müssen und bei denen ganz klar ist, dass es in Kürze keine Rückführung
geben kann, geben darf und geben wird. Deshalb muss man damit realistisch umgehen und wir brauchen eine Erleichterung, die auch auf Bundesebene diskutiert wird, eine Erleichterung der Arbeitsaufnahme, eine Erleichterung beim Ausbildungsbeginn. Ich bitte sehr darum, mitzuhelfen, dass der Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat, Herr Seehofer, dort endlich die Möglichkeiten schafft, die wir brauchen. Ich möchte, dass die Menschen, die hier leben, arbeiten und für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Auch Geduldete haben in Bremen und Bremerhaven ein Recht, zu leben, meine Damen und Herren.