Die Bürgerschaft Landtag nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 19/1993 auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP Kenntnis.
Gleichstellungspolitik in Bremen – Strategie oder Ignoranz? Große Anfrage der Fraktion der FDP vom 8. November 2018 (Drucksache 19/1906)
Zivilgesellschaftliche Traditionen und demokratisch verfasstes Gemeinwesen bei der Eiswettteilnahme Bremer Repräsentanten zum Ausgleich bringen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 7. Februar 2019 (Drucksache 19/2032)
Die Zeit ist um – Bremen muss von Schaffermahl und Eiswette Abstand gewinnen Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 19. Februar 2019 (Drucksache 19/2050)
5. Fortschrittsbericht zur Umsetzung von GenderMainstreaming in der bremischen Verwaltung Mitteilung des Senats vom 3. Juli 2018 (Drucksache 19/1742)
5. Fortschrittsbericht zur Umsetzung von GenderMainstreaming in der bremischen Verwaltung Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau vom 14. Februar 2019 (Drucksache 19/2044)
21. Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau Mitteilung des Senats vom 13. November 2018 (Drucksache 19/1910)
21. Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau vom 11. März 2019 (Drucksache 19/2097)
7. Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Häusliche Beziehungsgewalt“ Mitteilung des Senats vom 8. Januar 2019 (Drucksache 19/1988)
7. Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Häusliche Beziehungsgewalt“ Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau vom 22. März 2019 (Drucksache 19/2113)
Istanbul-Konvention konsequent umsetzen – Mädchen und Frauen vor Gewalt schützen – Bremisches Maßnahmenprogramm auf den Weg bringen Antrag der Fraktionen der FDP, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 26. März 2019 (Neufassung der Drucksache 19/2101 vom 14. März 2019) (Drucksache 19/2126)
Ich gehe davon aus, dass der Senat die Antwort auf die Große Anfrage nicht mündlich wiederholen möchte, sodass wir direkt in die Aussprache eintreten können.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft, verehrte Gäste! Erstmals in der Geschichte ist mit Frau Grotheer eine Frau zur Präsidentin dieses Hauses gewählt worden. Ich gratuliere ihr an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich!
Uns allen möchte ich aber auch gratulieren, dass wir bei der Repräsentanz von Frauen in der Politik einen weiteren Schritt nach vorn gemacht haben. Schneckentempo, mit diesem Bild umschrieb bereits im Jahr 1980 die Abgeordnete Hede Lütjen das Tempo, mit dem sich die Gleichstellung vollzieht. Anlass war damals die Debatte um die Errichtung der Bremischen Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau. Heute, nahezu vier Jahrzehnte später, stelle ich Ihnen nun den 21. Bericht dieser Zentralstelle, kurz ZGF, vor.
Der Auftrag ist erledigt. Das würde ich gern sagen, aber die Realität sieht anders aus. Als das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen 2017 den Gleichstellungsindex vorstellte, bemühte es ebenfalls das Bild der Schnecke. Deutschland kann sich keineswegs zurücklehnen. Wir rangieren knapp unter dem EU-Durchschnitt auf Platz zwölf, und auch wir in der ZGF müssen für das Land Bremen festhalten: Selten können wir für ein Thema den Haken „erledigt“ setzen.
Für die Berichtsjahre 2016, 2017 ist zu sagen: Frauen sind nach wie vor strukturell am Arbeitsmarkt benachteiligt. Der Gender Pay Gap, also die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern, ist nicht wegzureden. Frauen sind im Alter armutsgefährdeter als Männer. Führungsposten in Unternehmen sind nur zu einem Viertel von Frauen besetzt. Wenn ich mich hier im Parlament umschaue, keine Parität der Geschlechter. Nur ein Drittel der Abgeordneten sind Frauen. Die Liste ließe sich um zahlreiche Punkte erweitern, denn Geschlechterungerechtigkeit ist ein strukturelles Problem. Sie zu beseitigen erfordert politischen Willen, viele ressortübergreifende Ansätze und konkrete Gegensteuerungen.
Politik und Gesellschaft sind in Gleichstellungsfragen gleichermaßen gefordert. Selten sind die Dinge so offenbar wie jüngst bei der Bremer Eiswette. Fortschritt sieht anders aus
und gelebte Tradition, finde ich, auch. An der Diskussion zeigt sich deutlich, welchen Weg wir in Sachen Gleichstellung noch vor uns haben. Eine Bürgermeisterin nicht einzuladen, weil sie eine Frau ist, missachtet die demokratischen Grundwerte.
Nun konkret zu unserem Bericht und was daraus folgen sollte. Die gute Nachricht zuerst: Wir können im so wichtigen Schwerpunktfeld Arbeit feststellen, dass es bei einem von der ZGF seit Langem benannten Thema vorangeht. Die Alleinerziehenden, zu 90 Prozent Frauen, werden endlich als Zielgruppe von Arbeitsmarktpolitik in den Blick genommen. Was ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt in den Arbeitsmarktprogrammen verhindert, ist analysiert. Hier gilt es jetzt, weiterzumachen, bedarfsgerechte Arbeitsmarktmaßnahmen zu ergreifen und diese nicht nur modellhaft, sondern in der Fläche anzubieten, um einen messbaren Effekt zu erzielen, damit Frauen und ihren Kindern neue Chancen eröffnet werden.
Ich appelliere an Sie und an den Senat, die existenzsichernde Erwerbsarbeit für Alleinerziehende weiter auf Ihrer Agenda zu haben und somit der hohen Armut und Armutsgefährdung von Alleinerziehenden und ihren Kindern in Bremen nachhaltig zu begegnen.
Eigenständige Existenzsicherung basiert auch auf einer guten Ausbildung. Wir sehen seit Jahren, dass sich das Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen kaum verändert, da es tief verwurzelt von Rollenklischees beeinflusst wird. Deshalb haben wir auch im Berichtszeitraum mit Projekten wie zum Beispiel dem Hochschulschnupperstudium in Bremerhaven oder der Aktion „Klasse Frauen“ in Bremen Gegengewichte gesetzt, um Perspektiven zu eröffnen. Die ZGF wird im Rahmen eines größeren Modellprojekts hier neue Impulse setzen, denn die Berufsorientierung markiert einen Dreh- und Angelpunkt, an dem entscheidende Weichen gestellt werden.
Zu häufig führt er Mädchen in schlechter bezahlte Berufe oder nur mit geringen Aufstiegschancen. Deshalb ist eine gendersensible Berufsorientierung
Der Blick in die EU zeigt uns, dass es anders geht. Andere Länder sind hier um einiges vor uns. Deutschland landete im Ländervergleich beim Gleichstellungsindex im Bereich Wissen lediglich auf dem viertletzten Platz.
Die Begründung wörtlich: aufgrund der anhaltenden und zunehmenden Segregation der Studienfächer nach traditionellen Geschlechterrollen. Das ist ein ernst zu nehmender Handlungsauftrag auch für das Land Bremen.
Ein weiterer und wichtiger Bereich unserer Arbeit ist die gegen Gewalt. Nach wie vor sind Mädchen und Frauen hier besonders betroffen. Sie sind das Ziel von Gewalt aufgrund ihres Geschlechts. Wie die Realität aussieht, zeigt Ihnen der siebte Bericht zur ressortübergreifenden Arbeitsgruppe der häuslichen Gewalt auf, der unter der Federführung der ZGF entstanden ist und ebenfalls heute hier debattiert wird. Mit der Unterzeichnung der IstanbulKonvention haben sich Bund und Länder 2017 zu einem klaren Fahrplan bekannt.
Er setzt Verbindlichkeiten, die jetzt in Bremen und Bremerhaven mit einem Landesaktionsplan umgesetzt werden müssen. Dafür müssen Ressourcen bereitgestellt werden. Eine unabhängige Koordinierungs- und Monitoringstelle ist unerlässlich und entspricht den Vorgaben der Istanbul-Konvention. Konkrete Maßnahmen, wie der barrierefreie Zugang zu den Einrichtungen des Hilfesystems, Gewaltschutz und Prävention in Einrichtungen der Behindertenhilfe, sind zwingend erforderlich, ebenso die Erweiterung der vertraulichen rechtsmedizinischen Spurensicherung auf Opfer von häuslicher Gewalt. Es muss also auf diese Zielgruppe erweitert werden, um nur einiges zu nennen.