Ja, es ist so, dass es durchaus Licht und nicht nur Schatten gibt. Uns kommt es aber darauf an, und das finde ich einen ganz wichtigen Punkt: dass es nicht um schlechtreden, sondern um den realistischen Blick auf die Verhältnisse geht. Wir haben eine Armutsquote, wir haben eine gigantische zunehmende soziale Spaltung und es ist richtig, dass es die konjunkturellen Entwicklungen sind, von denen Bremen zum Teil abgekoppelt ist. Ja, es ist ein Problem der Städte und insbesondere der Stadtstaaten, aber in diesem Vergleich kommen wir nicht besonders gut weg.
Wir müssen uns auch mit Faktoren wie Kaufkraft, Armut, Bildung und Wohnen, wie auch immer diese Perspektive aussieht, auseinandersetzen. Diese Punkte gibt es, und uns geht es darum, darüber nachzudenken: Was wurde nicht richtig gemacht, was müssen wir in Zukunft ändern?
Wenn ich nur ein paar Punkte herausnehme, ist es richtig: wir haben einen relativ großen Gender Pay Gap, Dr. Maike Schaefer hat es angesprochen. Darum müssen wir uns stärker kümmern. Das ist, gerade vor dem Hintergrund, dass die Einkünfte von Frauen in den sozialen Berufen exorbitant schlecht und die Existenzbedingungen für genau diese Gruppe nicht besonders gut sind, ein wichtiges Element. Das wissen wir.
In den Dienstleistungsberufen und gerade bei den Beschäftigungszahlen ist es richtig, dass, meine Kollegin Kristina Vogt hat es erwähnt, zwar die Arbeitszeiten und die Beschäftigungszahlen gestiegen sind. Aber wie sieht denn das Durchschnittseinkommen aus? Dafür ist diese Studie durchaus hilfreich.
Es stimmt, wir haben den Landesmindestlohn. Damit haben wir eine Grundlage geschaffen. Wir haben Jahre darum gekämpft. Kurz vor der Wahl wir er auf Landesebene tatsächlich eingeführt. Aber schon gibt es Ausnahmen, wieder wird vorexerziert, auf was er nicht zu beziehen ist. Die BLG Logistics Group als Aktiengesellschaft ist da nur ein Beispiel. Es geht auch um die Tarifbindungen. Die Tarifbindung ist in das Tariftreue- und Vergabegesetz aufgenommen worden, aber nur für den Baubereich. Auch da gibt es Nachbesserungsbedarf. Ein Großteil der zusätzlichen Arbeitsplätze, das
wissen wir seit Langem, wird im Rahmen von Leiharbeit besetzt. Auch da ist die BLG Logistics Group nicht gerade ein Positivbeispiel.
Wir brauchen Konkurrenzfähigkeit im öffentlichen Dienst. Auch damit werden wir immer wieder konfrontiert wenn es um Fachpersonal geht, ob das ein Bauingenieur im Architektur- oder im Verkehrsbereich ist. Im Gesundheitsamt herrschen, was die Besetzung anbelangt, sehr schlechte Verhältnisse. Das sind nur kleine Beispiele. Da müssen wir über Anreize nachdenken, wie diese überhaupt aussehen können.
Wie wird im öffentlichen Dienst nachbesetzt? Gern immer wieder mit Monaten dazwischen, mit vielen Leerlaufzeiten. Das Fachpersonal wird nicht unmittelbar anschließend eingestellt. Das wissen wir alles. Dann kommen wir zu dem großen Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung.
Auch da sieht es nicht besonders gut aus, weil wir keine Anschlussperspektive für die Menschen bieten, die in den Maßnahmen gewesen sind. Das müssen wir dringend tun, denn das Landesprogramm „Perspektive Arbeit“ für SGB II-Beziehende „LAZLO“ und das Landesprogramm „Perspektive Arbeit Saubere Stadt (PASS) für SGB IIBeziehende können nicht einfach durch das Bundesprogramm ersetzt werden.
Es ist ein erhebliches Problem. Ich weiß, ich muss zum Schluss kommen, mir würde noch sehr viel dazu einfallen. Es ist ein umfangreiches Thema, aber das in der Weise kleinzureden und zu bagatellisieren halte ich für einen großen Fehler, und ich wünsche, dass wir das in Zukunft anders handhaben! –
Frau Bernhard, die Redezeit ihrer Fraktion ist bereits zu Ende. Ich gebe die Redezeiten durch: noch 5 Minuten für die SPD, Bündnis 90/Die Grünen haben auch noch 5 Minuten, die CDU eine Minute, die FDP 9 Minuten und die BIW zwei Minuten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Sie haben von mir in den letzten vier Jahren keine Hetze gehört.
Sie werden es in den letzten zwei Tagen auch nicht hören, aber der sehr interessante und offensichtlich von schlechtem Gewissen geprägte Redebeitrag des Kollegen Röwekamp verlangt natürlich nach einer Antwort. Sinkende Einkommen in Bremen und Bremerhaven sind doch sehr lokal spezifiziert. Tatsächlich sinken die Einkommen in ganz Deutschland schon seit Mitte der Achtzigerjahre und die Hartz-IV-Politik, die nicht die AfD zu verantworten hat, führt auch zu keinem gesteigerten Wohlstand in diesem Land. Diskussionen wie in der letzten Woche von Kevin Kühnert, völlig außerhalb jedes Verfassungsrahmens, führen zu keinem Aufschrei in dieser Bremischen Bürgerschaft.
Die Evaluationen der Arbeit der AfD in 16 Landtagen und im Bundestag liegen längst vor, unsere Partei gibt es seit sechs Jahren, nirgendwo kommt ein wissenschaftliches Institut auch nur annährend zu dem Schluss des Kollegen Röwekamp. Schlussendlich ist zu kritisieren, dass diese wichtige Aktuelle Stunde mit diesem Unsinn von der CDU belastet wird. Lassen Sie mich da noch ganz kurz zum Abschluss etwas zum 8. Mai sagen. Also nur und ausschließlich hier von Befreiungstag zu sprechen,
das war früher ganz im linksextremen Spektrum der Fall, dass dies nun von der CDU ebenfalls übernommen wird, gibt zu denken.
(Abgeordneter Saxe [Bündnis 90/Die Grünen]: Was war das denn? – Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Was denn noch?)
Sie haben nun allerdings zu verantworten – wir werden ja noch einen Antrag von mir in dieser Woche haben, zum Flaggenappell auf Bremer Schulhöfen. Sie haben zu verantworten, sehr zu verantworten, vor dem gesamten Kontinent zu verantworten, jene Flüchtlingspolitik, deren Sozialimplikation Kollege Timke bereits angerissen hat.
Herr Tassis, könnten Sie vielleicht der Bürgerschaft und mir ihre Auffassung der Bedeutung des 8. Mai erläutern? Das würde uns sehr interessieren.
Namen von Persönlichkeiten, Daten von Ereignissen, wie der 8. Mai 1945, sind in ihrer Vielfalt jeweils zu betrachten und diese Vielfältigkeit gibt dem Datum seine Bedeutung. Der 8. Mai ist auch ein Tag der militärischen Niederlage und bestimmter Implikationen für unsere Soldaten im zweiten Weltkrieg oder für den abgeschlossenen zweiten Weltkrieg und nur unter einer Gesamtwürdigung der Ereignisse, die sich in diesem Tag symbolisieren, ist der 8. Mai voll zu würdigen. Wie gesagt, es gehört überhaupt nicht in die Debatte um sinkende Einkommen.
Es ist vielmehr genau die Ablenkungspolitik, die Sie wahrscheinlich machen wollen, weil Sie schlicht und ergreifend ein schlechtes Gewissen vor der sozialen Lage in diesem Land haben. Jedenfalls werden Sie auch bei der Europawahl Ergebnisse vorfinden, die Sie europaweit nachdenken lassen sollten in welchem Ton Sie zu Ihren Völkern, ihren Souveränen Reden lassen.
Ich habe überhaupt nicht gedroht, in den letzten vier Jahren nicht und heute auch nicht. Jedenfalls bedanke ich mich.
(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Jedenfalls haben Sie hier die Ausschreitungen von Chemnitz als Hoffnungsschimmer für Europa bezeichnet. Soviel dazu, Sie haben nie gehetzt!)
Ach ja, ich warte immer noch auf die angedrohte Staatsanwaltschaft von Ihnen, sehr geehrte Kollegin Vogt. Jedenfalls bin ich mit meinem Redebeitrag für diesen Tagesordnungspunkt am Ende und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Würde dieses Hauses und die Ernsthaftigkeit einer Debatte verbieten es, sich jetzt mit den letzten Äußerungen des Kollegen Tassis an dieser Stelle noch einmal richtig auseinanderzusetzen. Das würde das, glaube ich, eher aufwerten.
Ich habe gesagt, ich will ein paar Punkte, was man machen müsste, vielleicht noch einmal aufführen, aber vorab vielleicht zu der Kritik von Kollegin Bernhard: Frau Kollegin Bernhard, ich habe nicht rechts und links gleichgesetzt. Ich habe nur eine strikte Abneigung gegen Debatten, und dafür haben Sie jetzt gerade wieder solch ein Beispiel gebracht, wo man irgendetwas nimmt und das für eine Beweisführung heranzieht, die mit dem Kernthema überhaupt nichts zu tun hat. Ich bin jetzt fast vom Glauben abgefallen, Sie haben eben das Gesundheitsamt sozusagen zum Beweis geführt für die Richtigkeit dieser Schieflage in den Einkommensverhältnissen.