Protocol of the Session on May 8, 2019

Login to download PDF

(Beifall CDU)

Hätten Sie in den letzten zwölf Jahren Flächen, die längst bekannt sind, kontinuierlich bebaut oder die eine oder andere Initiative der Opposition ernst genommen, gäbe es am 26. Mai 2019 keinen Volksentscheid. Dass Sie jetzt so tun, als bräuchten wir plötzlich ganz viele Wohnungen ist ein Skandal, ganz davon abgesehen, dass Sie die Bebauung kurzfristig und ohne Bürgerbeteiligung durchboxen wollen.

(Abgeordnete Sprehe [SPD]: Da ist ja vollkomme- ner Blödsinn!)

Heute haben wir auch zwei Initiativen der Fraktion der CDU auf der Tagesordnung, die Sie ja wenigstens zuvor in die Baudeputation überwiesen haben und erst heute ablehnen wollen. Einmal die Drucksache 19/1099, Wohnungsbauaktivitäten verstärken und einer wachsenden Stadt anpassen. Ich möchte bei diesem Antrag nicht unerwähnt lassen, Herr Tschöpe, dass der baupolitische Sprecher der SPD in Person diesen Antrag damals gern mitgetragen hätte. Außerdem finde ich noch erwähnens

wert, dass Sie den Punkt mit der flexiblen Sozialwohnungsquote in der Folge aus unserem Antrag herausgenommen und Anfang des Jahres als Ihren eigenen Antrag verkauft haben.

Unseren zweiten Antrag, Digitales Planen und Bauen auch in Bremen umsetzen, wollen Sie ja heute auch ablehnen, obwohl Sie in Ihrem Bericht oder in dem Bericht des Senats zugeben, dass Building Information Modeling, kurz BIM, die Zukunft ist. Abläufe der Planung, der Genehmigung und des Bauens würden vereinfacht und beschleunigt.

Sie von Rot-Grün wollen zunächst schauen, wie andere Bundesländer es machen. Gerade die geringe Größe Bremens würde eine Chance bieten, hier Vorreiter zu sein. Spricht man mit Architekten, Planern und Bauunternehmern, hört man ganz klar, dass sie das unterstützen würden. Aber auch hier haben Sie von der rot-grünen Regierung kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.

Ich möchte kurz auf die Mitteilung des Senats, Die Vierte Säule des Programms für den Ein-PersonenWohnraumbedarf, eingehen. Die Mitteilung des Senats ist schon von Oktober 2018, ich hoffe, dass der Senator uns nachher Neueres erzählen kann, ob zum Beispiel inzwischen ein Vermarktungs- und Verwaltungsinstrument geschaffen wurde, wie der Stand mit dem Studierendenwerk bei dem Objekt an der Corveystraße ist, ob schon bei einzelnen Objekten rechtsgenau oder rechtlich zulässiger Dispens für eine vorübergehende Wohnnutzung geschaffen beziehungsweise erteilt wurde, schließlich ist auch schon mehr als ein halbes Jahr vergangen.

Zu den anderen Anträgen möchte ich noch Folgendes anführen: Dem Antrag der FDP zu den Dachaufstockungen werden wir zustimmen, in einer Kleinen Anfrage haben wir das bereits im Mai 2016 hier im Parlament zum Thema gemacht. Auch wir sehen hier noch ein ungenutztes Potential zur Schaffung von Wohnraum. Die restlichen Anträge von FDP und DIE LINKE lehnen wir ab.

Jetzt möchte ich auch noch etwas zu den LINKEN sagen, mein Kollege, Herr Bücking, hat das auch schon getan. Mir ist es diese Woche auch aufgestoßen, Frau Kollegin Bernhard, dass auf den privaten Investoren- und Wohnungsbaubetrieben herumgehackt wird. Ich glaube, ohne diese Investoren und diese Wohnungsbauunternehmen hätten wir noch nicht einmal den Wohnraum, den wir jetzt haben und ich sage dafür, danke schön!

(Abgeordneter Janßen [DIE LINKE]: Dann hätten wir einen anderen!)

Und dann möchte ich auch nochmal auf eine zweite Aussage der letzten Tage eingehen, die betrifft aber den Juso-Vorsitzenden, Kevin Künast.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Kühnert!)

Wenn ich die Aussage höre, dass in Zukunft jeder Mensch nur eine Wohnung besitzen darf, in der er selbst wohnt – dann möchte ich hier einmal den privaten Vermietern meinen Dank aussprechen, die ihre Wohnungen für Mieter zur Verfügung stellen.

(Beifall CDU)

Ich denke, wir müssen uns in der nächsten Legislaturperiode viele Gedanken über Wohnungsbau und über Wohnformen machen, Herr Bücking. Ich kann mir da vieles vorstellen.

(Glocke)

Ich komme gleich zum Schluss. Ich kann mir da ganz viele Sachen, beispielsweise Genossenschaften, Erbbaurecht, ich kann mir aber auch TinyHäuser vorstellen und vieles mehr. Jetzt wollte ich noch einmal – –.

Aber Sie hatten schon elf Minuten Redezeit, Frau Neumeyer und sie haben gleich noch weitere fünf Minuten.

Ich hätte es eigentlich jetzt für nötig gehalten, aber dann mache ich das gleich. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Frau Bernhard das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Erstes muss ich einwerfen, dass ich die Debatte um Kevin Kühnert ein wenig überzogen und unangemessen finde. Letztlich wird man sich der Tatsache stellen müssen, dass es um Verteilungsfragen geht.

(Beifall – Unruhe)

Ich finde es richtig – es ist eine vollkommen hysterische Reaktion gewesen, es gibt inzwischen auch

einige, die das reflektierter sehen – die Debatte anzustoßen. Ich finde das absolut zutreffend und dazu stehen wir auch. Es wäre schön, wenn wir das gesellschaftlich unaufgeregter diskutieren könnten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Es ist die letzte Wohnungsbaudebatte für diese Legislaturperiode,

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wer weiß, vielleicht fällt Euch morgen noch etwas ein!)

deswegen werde ich zu diesem Thema sprechen. Ich finde es zumindest zu konstatieren, dass das Bewusstsein bezüglich dessen, dass das wirklich ein massives Problem, eine massive soziale Frage ist, in den letzten vier Jahren deutlich gestiegen ist, das muss man zumindest festhalten.

(Beifall DIE LINKE)

Ganz im Gegensatz zum Problembewusstsein des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen heute Morgen. Zur Einkommensentwicklung muss man sagen, die ist bezüglich des Baus und des Wohnungsbedarfs eigentlich vorangekommen.

(Präsidentin Grotheer übernimmt wieder den Vor- sitz.)

Man kommt an den Zahlen nicht vorbei. Das ist etwas, das wir immer wieder angemerkt und kritisiert haben. Herr Senator Dr. Lohse hat in der Fragestunde unlängst sogar eingeräumt, wenn wir jährlich 350 neue Sozialwohnungen fertigstellen würden, woran ich große Zweifel habe, würde die Zahl der Sozialwohnungen weiter auf 7 000 absinken. Im Januar hat Panorama die Ergebnisse einer Vergleichsstudie zum Wohnungsmarkt veröffentlicht. Danach kann sich ein durchschnittlicher Haushalt in Bremen über 66 Prozent der Neubauwohnungen nicht mehr leisten. Das bedeutet, wir reden über eine sehr, sehr hohe Anzahl von Menschen, die bezüglich der Miete ein sehr großes Problem haben. Eine Neubauwohnung kostet in Bremen durchschnittlich 11,38 Euro. Natürlich haben wir gebaut. Natürlich wurde ganz viel errichtet, aber nicht das, was auch nur annähernd den Bedarf im Bereich bezahlbarer Wohnraum decken könnte.

Der Senat zieht selbst in seinem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Wohnraumschutzgesetzes – darin kommt übrigens auch BSI vor – –. Bereits jetzt gibt die Hälfte der Bremerinnen

und Bremer mehr als 30 Prozent aus, es ist sogar ein Viertel, das mehr als 40 Prozent dafür ausgibt. Die Unzufriedenheit mit der Situation ist in dieser Stadt enorm groß: Was kostet das Wohnen, wie sieht es mit privaten Investoren aus, die die Stadtentwicklung massiv bestimmen, wie stark werden schwächere Gruppen in dem Zusammenhang an den Rand gedrängt. Auf einer Veranstaltung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Landesverband Bremen e.V., wurde gestern mit Recht eingefordert, dass wir einen Plan brauchen und zwar mit der Auflistung aller Instrumente und dem Ziel, zu sehen, wie schnell sie erreicht werden können und was sie letztendlich bringen. Ich muss sagen, dass dieses Mantra „Bauen, Bauen, Bauen“ ein wenig unkreativ ist, um es einmal ganz vorsichtig zu sagen.

(Beifall DIE LINKE)

Das reicht bei weitem nicht aus. Wir brauchen mindestens drei Komponenten: Wir müssen im Neubau umsteuern, so dass es mehr bezahlbaren Wohnraum gibt und dabei insgesamt bessere Quartiere herauskommen. Zweitens: Wir müssen das Tempo der Mietsteigerungen eindämmen,

(Beifall DIE LINKE)

weil wir den bezahlbaren Wohnraum hauptsächlich im Bestand brauchen. Und Drittens: Es muss sehr schnell und direkt etwas für diejenigen Gruppen geschehen, die durch die derzeitige Entwicklung buchstäblich unter die Räder kommen. Das betrifft Wohnungslose, die, die verdeckt wohnungslos sind und Menschen mit geringen Haushaltseinkommen.

Wir haben das aufgelistet. Das ist zunächst ein kleiner Ausschnitt von Instrumenten, die wir für wichtig halten und die wir schon in verschiedenen Varianten vorgestellt haben. Das ist etwas, von dem ich glaube, dass es uns in der nächsten Zeit tatsächlich weiterhelfen könnte.

Das Erste wäre, dass das vierte Wohnraumförderprogramm deutlich anders aussehen muss als die bisherigen.

(Beifall DIE LINKE)

Das wurde schon angesprochen. Dabei geht es gar nicht darum, die privaten Investoren schlecht zu machen. Es ist bei der derzeitigen Ausgangslage gar nicht anders möglich, als dass die Sozialwohnung über drei teure Wohnungen subventioniert

beziehungsweise querfinanziert wird. Das heißt, man muss das anders aufstellen. Gestern wurde bei einer Veranstaltung der Metropolregion BremenOldenburg im Nordwesten e.V. ganz deutlich gesagt, dass es in Niedersachsen ein anderes Förderprogramm gibt. Dort werden 30 Prozent der Tilgung als Zuschuss übernommen. Das ist eine Variante. Ich sage nicht, dass das die allein seligmachende ist, aber über so etwas muss man nachdenken.

Als Zweites brauchen wir eine Zielzahl für Sozialwohnungen pro Jahr und zwar eine festgelegte. Wir müssen überlegen, wie wir sie erreichen. Wenn wir das nicht durch Bauen schaffen, dann brauchen wir den Rückkauf von Sozialbindungen, alles andere wird nicht funktionieren.

Das Dritte ist: Die Genossenschaftsform muss einbezogen werden. Da sind wir in Bremen ein Entwicklungsland. Wir brauchen nicht nur Beratungsstellen, sondern wir brauchen, damit so etwas überhaupt möglich ist, günstige Grundstücke, wenn möglich in Form von Erbbaurecht und wir brauchen natürlich auch eine Variante, bei der Bürgschaften beziehungsweise Genossenschaftsanteile städtisch übernommen werden, damit es Leute machen können, die sonst nicht dazu in der Lage sind. Wir brauchen auch mehr Kreativität beim experimentellen Wohnen, ob das ein Tiny-House ist oder ob man im Kaisenhaus wohnen darf, ist völlig egal. Das wird nicht die Masse bringen, aber momentan kommen wir überhaupt nicht voran und haben diese Möglichkeit nicht.

Das Vierte und auch das haben wir schon häufiger besprochen, sind die so genannten Milieuschutzsatzungen dort, das ist aktuell der schärfste Problemdruck, wo Sanierungen vorgenommen und die Mietpreisbremse ausgehebelt wird, die ja sowieso vollkommen durchlässig ist. Das passiert derzeit auf breiter Front und sorgt für Entmischung zum Beispiel am Osterdeich et cetera, das darf man nicht vergessen. Da haben wir es genau damit zu tun, dass die Menschen Mietsteigerungen verkraften müssen, weil sie dort, zugegebener Weise von Gesellschaften wie der Vonovia, hineingetrieben werden. Wir haben jetzt eine Vorkaufssatzung für Lüssum, das finden wir großartig, dieses Ortsgesetz ist wirklich als positiv herauszustellen, weil man sagt: Da kommen wir einen Schritt näher heran. Auch die Verhandlungen über Wohnungen von der Vonovia, die von dort eventuell zurückgekauft werden können, sind ein guter Schritt. Das ist natürlich auch für die Quartiersentwicklung wichtig. Dieser Verfall und der Zustand der Wohnungen,

wenn man sich das anschaut, ist man erschrocken auf welchem Niveau diese Wohnungen inzwischen gelandet sind.

Dann kommen wir zu unseren kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die man natürlich anders steuern muss. Das beginnt mit der Mietpreisstrategie. Man muss darüber nachdenken, denn in der Vahr, in Huchting und in Tenever, wo die GEWOBA die meisten Bestände hat, ist es mittlerweile nicht mehr so, dass das mietpreisdämpfend wirkt. Das ist nicht der Fall. Auch man muss darüber nachdenken, wie diese Mietpreisstrategie in Zukunft aussehen soll. Die BREBAU ist dazu gekommen.