Protokoll der Sitzung vom 23.02.2022

Aber worum geht es hier? Wir haben eine sehr lebendige Konzertszene, die reicht von professionellen kommerziellen Klubs bis hin zum Jugendzentrum. Gerade die kleineren Konzerte mit unbekannteren Künstlerinnen, Künstlern oder Bands sind unwahrscheinlich schwer kostendeckend durchzuführen. Genau diese Konzerte, genau diese Bands, genau diese Künstler:innen bilden aber oft den Nachwuchs, der sich erst erproben muss. Die bereits etablierten Bands sind manchmal Vorbilder, aber trotzdem sind wir mit diesem Programm bei den unbekannteren und kleineren genau richtig.

Gewisse Kalkulationsgrößen beim Veranstalten von Konzerten gibt es nun einmal. Die Bands brauchen eine Unterkunft, Verpflegung und auch eine Gage. Die Veranstaltungsorte müssen solche Konzerte oft quersubventionierten, indem sie zum Beispiel hinterher noch eine Party machen. Mit diesem Antrag kann es gelingen, noch mehr Acts – deswegen freue ich mich, dass es längerfristig angelegt ist – auf die Bremer Bühnen zu bringen und gezielt die Förderung von Nachwuchs und Diversität zu vereinen. Aus diesem Grund hat er auch seine Qualität. Mit dieser Förderung kann gleichzeitig das finanzielle Risiko für die Klubs und Veranstaltungsorte etwas verringert werden.

So ein Antrag spricht auch ganz berechtigt von einer strukturellen Unterstützung. Die Orte, an denen Konzerte stattfinden, sind eben vielmehr als nur Business. Da stecken viele Menschen ihr ganzes Herzblut und ihre ganze Energie hinein und das oft mit einem geringen finanziellen Gewinn. Gerade durch die Pandemie sind die finanziellen Spielräume der Betreiber absolut eng geworden.

Ich sehe auch, jetzt komme ich noch einmal zu Herrn Rohmeyer zurück: Gerade und besonders in Bremerhaven müssen wir die Potenziale der Konzertszene weiter beleben. Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, in denen ich regelmäßig nach Bremerhaven gefahren bin, weil es dort viele tolle

und relevante Konzerte gegeben hat, aber das ist zugegebenermaßen 35 Jahre her und wir müssen und wollen daher auch in Bremerhaven Unterstützung leisten, damit die Szene wieder lebendiger wird.

Jetzt haben wir im Haushaltsanschlag jeweils 150 000 Euro, die wollen wir sinnvoll einsetzen, damit möglichst viel bei den Konzertveranstaltenden ankommt. Ich finde es, dass muss jetzt auch einmal gesagt sein, wirklich spannend, dass wir hier gemeinsam mit der Behörde des Senators für Kultur eine Schnittstelle zwischen wirtschaftlicher und kultureller Förderung haben.

Das ist wirklich neu in Bremen und hat sich im letzten Jahr übrigens auch schon bewährt. Meine Behörde hat zum Beispiel die Expertise im Beihilferecht oder mit der Abwicklung von Förderprogrammen, sei es jetzt über uns oder die WFB oder die BAB, aber wir stehen auch im ständigen Austausch mit der tatsächlich kommerziellen Szene, das ist der Wirtschaftsbereich. Im Kulturressort wird viel aus der Sicht der Künstlerinnen und Künstler gedacht. Diese beiden Sichtweisen zusammenzubringen gelingt übrigens auch mit diesem Antrag und das ist, glaube ich, bei der Umsetzung nur hilfreich.

Jetzt habe ich noch zwei, drei Worte zur konkreten Umsetzung. Die Förderung für die künstlerischen Darbietungen soll sich an den gezahlten GEMAGebühren orientieren. Das ist hier alles schon gesagt worden, das möchte ich deswegen auch nicht wiederholen. Ich finde, dass es gut ist, dass wir auch davon abweichen können, nämlich auch Konzerte von Künstler:innen fördern können, die sich nicht durch die GEMA vertreten lassen. Ich glaube aber, das möchte ich hier sagen und verspreche ich auch, dass wir nicht zu viel Zeit damit vergeuden und neben den quantitativen Kriterien auch die qualitativen Kriterien einbeziehen wollen.

Wir müssen uns fragen, welche Arten von Konzerten wir fördern oder besonders fördern wollen. Wollen wir insbesondere regionale Bands fördern? Wollen wir darauf achten, das Veranstaltungen gefördert werden, bei denen vermehrt auch Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund auf der Bühne stehen? Und letztendlich: Wie bekommen wir diese hohen Ansprüche in einer kohärenten Förderrichtlinie unter? Das werden wir jetzt gemeinsam mit der Kulturbehörde und gern auch mit den Abgeordneten diskutieren und zusehen, dass wir das schnell auf die Bühne bringen, im wahrsten Sinne des Wortes. – Herzlichen Dank und Danke für den Antrag!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

Ich bitte um die Gegenprobe.

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Personalmangel an Schulen nicht nur verwalten, sondern die Zukunft absichern: nachhaltig planen, ausbilden und qualifizieren Antrag der Fraktion der FDP vom 16. Februar 2022 (Drucksache 20/1352)

Wir verbinden hiermit:

Bremens Schulen stärken – Personalversorgung an Schulen in Bremen und Bremerhaven mittelfristig absichern Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 22. Februar 2022 (Drucksache 20/1365)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. Jan Stöß.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hauke Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Zuhörende! Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, um dem Personalmangel in unseren Schulen entgegenzutreten. Ich glaube, allen, die von uns in Schule unterwegs sind und mit Schulen, Schulleitungen, Lehrkräften sprechen, ist klar, dass der Lehrkräftemangel in Zukunft das große Thema ist. Dagegen müssen wir etwas tun – und zwar jetzt und nicht später.

Aus unserer Sicht zählen mehrere Punkte dazu: Zum einen sollten wir unbedingt die Kapazitäten der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung an der Universität soweit es geht ausweiten, denn Lehrkräfte werden gebraucht, sie werden in allen Fächern gebraucht. Das heißt, hier müssen wir einsteigen, denn bis diese neuen Plätze besetzt und die Studierenden fertig ausgebildete Lehrkräfte sind, vergehen sechs bis sieben Jahre, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir jetzt handeln.

(Beifall FDP)

Wir müssen auch überprüfen, ob die Plätze zu den einzelnen Fächern noch aktuell sind. Was meine ich damit? In einigen Fächern sind die Studiengänge Numerus-clausus-frei, also nicht zugangsbeschränkt, in anderen haben wir relativ hohe Numeri clausi mit einer Eins vor dem Komma. Ich glaube, das zeigt, dass Interesse am Beruf des Lehrers, der Lehrerin da ist, aber wir müssen gucken, wie wir es schaffen, zu einer Gesamtmenge von Plätzen zu kommen, sodass wir möglichst viele Lehrerinnen und Lehrer ausbilden von denjenigen, die Interesse haben, auch wenn das Fach vielleicht nicht das erste Wunschfach ist. Dass man hier einen weiteren Weg findet.

Gleichzeitig müssen wir zusehen, dass wir Quer- und Seiteneinsteiger noch stärker qualifizieren, bevor sie vor den Schülern stehen, und sie, wenn sie vor den Schülern stehen, weiterqualifizieren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn die Quer- und Seiteneinsteiger werden derzeit noch sehr ins kalte Wasser geworfen, werden dann ein bisschen mit Training on the Job und weiteren Fortbildungen weiterqualifiziert.

In Bremerhaven haben wir als Koalition versucht, das auf neue Beine zu stellen, quasi eine Vorqualifizierung, bevor es in die Klasse geht. Das wird noch nicht so nachgefragt, wie wir uns das wünschen, auch da besteht Handlungsbedarf. Es ist aus unserer Sicht aber ein guter Weg, zunächst fortzubilden – drei Monate, sechs Monate –, dann in die Klasse. Das entlastet auch die Lehrkräfte, die in den Schulen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Da kommen wir zum Problem: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann laufen wir Gefahr, dass die Ausbildungskraft, die Ausbildungsstärke in unseren Schulen abnimmt. Was meine ich damit? Gerade in

den kleineren Schulen sind teilweise nur noch einzelne Lehrkräfte voll ausgebildet und in der Lage, neue Studierende, neue Referendare auszubilden. Wenn die in den nächsten Jahren in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen, dann laufen wir Gefahr, dass wir an kleinen Schulen keine Referendare, keine Studierende mehr ausbilden können.

Dem müssen wir unbedingt entgegenwirken, und das ist aus unserer Sicht mit unserer hier vorgeschlagenen Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive möglich. Wir müssen, wie gesagt, jetzt handeln.

(Beifall FDP)

Ich freue mich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, von Rot-Grün-Rot, auf unsere Initiative reagiert haben. Das ist ein gutes Zeichen. Allerdings fehlt uns in Ihrem Antrag das Handeln. Hier soll ein Konzept erstellt werden – ich sag mal: Das ist durchaus hilfreich, das haben wir auch in unserem Antrag, aber das reicht an dieser Stelle nicht mehr, das hätte man viel früher machen müssen. Es kommt, wenn Sie jetzt nicht handeln, zu spät. Für so ein Konzept gehen locker ein, zwei Jahre ins Land, die wir dringend brauchen, um mit der Qualifizierung und mit der Ausbildung anzufangen.

Deswegen werden wir uns – –. Das ist nicht falsch, dieses Konzept, aber da der Handlungsauftrag in Ihrem Antrag fehlt, werden wir uns zu Ihrem Antrag enthalten. Genau aus dem Grund bitten wir, unserem Antrag zuzustimmen: Für bessere Qualifizierungsmöglichkeiten für Seiten- und Quereinsteiger und für mehr Lehrerinnen und Lehrer in Ausbildung, damit wir dem Lehrkräftemangel in Zukunft begegnen können. – Herzlichen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Miriam Strunge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute zwei Anträge zur Personalsicherung an Schulen, einmal von der FDPFraktion und einmal von der Koalition. Ich hoffe, Sie sehen es mir nach, dass ich zuerst auf unseren Koalitionsantrag eingehen werde und dann in einer zweiten Runde auf den FDP-Antrag.

Trotzdem beginne ich mit der FDP-Fraktion. Sie haben Recht damit, das Thema mit dem Personalbedarf an Schulen auf die Tagesordnung zu setzen, denn hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Der Bildungsforscher Professor Dr. Klaus Klemm hat zuletzt im Januar prominent in den Medien deutlich gemacht, dass er nicht besonders viel von der Lehrpersonalberechnung der Kultusministerkonferenz (KMK) hält und eigene Prognosen dagegengestellt. Das hat auch die FDP-Fraktion in ihrem Antrag aufgegriffen. Herr Professor Dr. Klemm hat allerdings nicht zum ersten Mal Alarm geschlagen, auch 2014, 2018 und zuletzt 2021, also vor 2022, hat er Studien zum prognostizierten Lehrkräftemangel veröffentlicht, immer wieder mit der gleichen Kernaussage: Es wird an den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland massiv Personal fehlen.

Auch für Bremen ist klar, die Zahl der Schüler:innen wird bis zum Jahr 2028 um bis zu 15 Prozent anwachsen. Wir haben deshalb bereits im Herbst 2021

(Zuruf Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP])

auf unserer Klausurtagung den hier vorliegenden Antrag „Bremens Schulen stärken, Personalversorgung an Schulen in Bremen und Bremerhaven mittelfristig absichern“ verabschiedet. Im Koalitionsprozess ist dieser Antrag leider länger liegen geblieben, umso besser, dass wir ihn heute in der Bürgerschaft verabschieden können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch wenn die Anträge von der FDP-Fraktion und von uns aus der Koalition deutlich unterschiedliche Akzente setzen, bin ich mir dennoch sicher, dass wir das gleiche Ziel vor Augen haben. Wir wollen alle eine Personalplanung in Bremen und Bremerhaven, die es ermöglicht, die Bedarfe der Schulen vollumfänglich zu decken. Ich rede gerade ganz bewusst von Personal an Schulen und nicht von Lehrkräften, denn so dringend wir Lehrerinnen und Lehrer brauchen, so dringend brauchen wir auch Schulsozialarbeiter:innen, Sonderpädagog:innen und Erzieher:innen, die gemeinsam in sogenannten multiprofessionellen Teams arbeiten, die Kinder im Lernen unterstützen und auf ihre sehr unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen.

Für fast alles, was wir politisch im Schulbereich fordern, brauchen wir Personal: Für die Umsetzung, für die Inklusion, für die doppelte Besetzung an

Grundschulen, für temporäre Lerngruppen, für die Umsetzung des Ganztags. Auch für die Kooperationszeiten und Entlastungsstunden brauchen wir Personal, das die Entlastung dann ausgleichen kann. Ich kann Ihnen sagen, es gibt kaum etwas frustrierenderes in der Politik, als dass, wenn man sich auf einen Weg macht, die Situation in den Schulen zu verbessern, sich darauf geeinigt hat, wie dieser Weg aussieht, man es dann auch noch geschafft hat, das Geld dafür bereitzustellen, am Ende des Tages das Personal für die ganz konkrete Umsetzung fehlt.

Für uns ist das ausgesprochen frustrierend, für die Kinder ist es fatal und für die Lehrer:innen und die Schulsozialarbeiter:innen ist es auch extrem bedrückend, wenn die Last auf ihren Schultern immer größer wird, weil die notwendige personelle Unterstützung nicht da ist. Nicht selten führt der Personalmangel dazu, dass beispielsweise Sonderpädagog:innen die Lehrkraft ersetzen und der Bereich der Inklusion dann unterausgestattet ist. Aus diesem Teufelskreis müssen wir heraus, wir brauchen eine verlässliche Personalplanung für die Schulen in Bremen und Bremerhaven. Das erwarten Kinder, Lehrer:innen und Eltern von uns und das absolut zu recht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)