Protokoll der Sitzung vom 23.02.2022

(Beifall FDP)

Herr Hupe, Sie haben gesagt: Jetzt diese Sache mit dem zweiten Fach und mit der Qualität bei der Ausbildung, daran zu arbeiten – –. Ich sag Ihnen eines: Wenn wir Seiten- und Quereinsteiger haben, dann liegt die Qualität der Person nicht darin, dass sie

ein zweites Fach nachweisen kann, sondern dann müssen wir diesen Personen helfen, die wir für geeignet halten – die natürlich nicht wir, sondern die das Schulamt für geeignet hält –, um ihnen den Weg zum zweiten Fach erleichtern. Das muss es doch sein!

Wir können uns doch gerade bei dieser eklatanten Personalmangelfrage nicht selbst limitieren, indem wir sagen, wir wollen weiterhin daran festhalten, dass wir unbedingt zwei voll ausstudierte Fächer haben. Hier müssen wir Wege finden, um den Weg zu erleichtern, dorthin zu kommen.

Frau Strunge, wir wissen auch nicht, ob es das Fernstudium ist. Sie sagen, Sie glauben es nicht, wir glauben es schon. Wenn man es nicht ausprobiert, dann wird man es nie wissen. Deswegen ist das ein Weg, das zu probieren, eine Chance, die man nutzt. Wenn es am Ende nichts wird, dann hat man es wenigstens versucht. Ich glaube, der Mangel an Lehrkräften ist so groß, dass es Zeit ist, auch unkonventionelle Wege zu gehen und solche Sachen zu versuchen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Insgesamt ist es an der Zeit, es ist fünf nach zwölf und nicht fünf vor zwölf, die Schulen ächzen und krächzen. Das Bild, das Frau Averwerser gezeichnet hat, ist nicht überall so, aber es gibt tatsächlich Schulen, da ist das so. Eine von diesen Schulen hatte ich gerade am Montag besucht, das ist schon eine schwierige Situation.

In einem Punkt bin ich übrigens bei Ihnen, Frau Bredehorst: bei der Steuerung der Lehrkräfte an die Schulen, die sonst von neuen Lehrkräften nicht so nachgefragt werden, da müssen wir tatsächlich etwas tun. Herr Hupe hat das als Randgebiete bezeichnet, Bremen-Nord, Bremerhaven ist bei neuen Lehrkräften auch nicht so hoch im Kurs. Da müssen wir gemeinsam sehen, wie man daran weiterarbeiten kann.

Lassen Sie uns endlich gemeinsam arbeiten! Lassen Sie uns handeln, lassen Sie uns parallel die Zahlen aufarbeiten, die noch fehlen. Wenn wir jetzt nicht handeln werden wir erst nach 2028 neue Kräfte haben, 2028!

Die Kinder, die jetzt geboren werden, sind dann in der Schule, die Kinder, die jetzt in der vierten Klasse sind, sind dann fertig, und wir haben keine Antworten für sie. Das kann nicht sein, deswegen müssen wir jetzt handeln! – Herzlichen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Gönül Bredehorst.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur noch auf zwei Punkte eingehen. Der Erste ist: Sie tun so, als würde man jetzt irgendwie im freien Fall agieren und deshalb hätte man nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer. Nein, das ist nicht so! Wir haben eine Landeszuweisungsrichtlinie, seit 2016,

(Abgeordneter Prof. Dr. Hauke Hilz [FDP]: Die hilft einem aber auch nicht, wenn man keine Lehrkräfte hat. Die hilft einem gar nichts!)

und das ist ein Instrument, mit dem wir sicherstellen, dass mit steigenden Schülerinnen- und Schülerzahlen auch die Lehrerinnen- und Lehrerkapazitäten steigen.

(Abgeordneter Professor Dr. Hauke Hilz [FDP]: Sie haben aber keine Lehrkräfte, Frau Bredehorst!)

Ja genau, das stimmt, aber im Moment scheinen wir Lehrer und Lehrerinnen zu haben, weil Schüler und Schülerinnen zur Schule gehen und dort auch etwas lernen – sieh mal an! Ich will damit nur sagen, Sie tun so, als würde es überhaupt keine Personalplanung geben und das ist nicht so! Wir haben durch die Landeszuweisungsrichtlinie klargestellt, dass wir das Ganze ausfinanzieren

(Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Die Richtlinie unterrichtet nicht!)

und dass wir natürlich auch sicherstellen, dass Schüler und Schülerinnen unterrichtet werden. Es ist nur nicht in der Art – –.

Unsere Anstrengungen müssen weitergehen, weil die Anforderungen in den letzten Jahren gewachsen sind. Meine Kolleginnen und Kollegen haben das gesagt: Wir wollen Doppelbesetzungen, wir wollen die Inklusion noch weiter vorantreiben, wir wollen kleinere Klasseneinheiten und dafür brauchen wir sie, die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch nicht unterrichtendes Personal, also pädagogische Kräfte.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hauke Hilz [FDP]: Die Werbung!)

Werbung: Ja, ich komme jetzt noch einmal auf die Werbung zurück. Sie schreiben explizit, Sie wollen bei Schülern und Schülerinnen werben und genau das ist der Punkt! Es geht darum, dass Schüler und Schülerinnen individuell und frei entscheiden sollen, was sie werden möchten. Das ist der Punkt den wir kritisieren, weil Werbung insgesamt für den Lehrerinnen- und Lehrerberuf – –. Gehen Sie auf die Seite der Senatorin, es gibt Kampagnen, die gemacht werden. Dafür sollen sich aber Leute freiwillig entscheiden und nicht – –. Wenn Menschen angefragt werden, Lehrer und Lehrerinnen, um in einer Klasse den Beruf vorzustellen, oder wie auch immer, ihre Lebensbiografie zu erzählen, wie sie Lehrer oder Lehrerin geworden sind, das ist eine andere Geschichte. Aber dass aber jemand gezielt in Klassen geht und ausschließlich für den Lehrer- und Lehrerinnenberuf wirbt, davon halten wir nichts!

(Abgeordneter Prof. Dr. Hauke Hilz [FDP]: Aber für andere Berufe schon!)

Das waren die beiden Punkte. Nur zur Erklärung. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat der Staatsrat Dr. Jan Stöß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst einmal vielen Dank, dass das Pult wieder so schön saubergemacht worden ist. Ich bewundere das immer, wie schnell Sie das zwischen den Pausen schaffen. Das ist wirklich ganz hervorragend!

(Beifall SPD)

Ja, meine Damen und Herren, es ist eine wichtige und wesentliche Debatte, die wir heute führen. Sie haben recht, die wir auch nicht zum ersten Mal führen, aber ich will gleich am Anfang dem Eindruck entgegentreten, dass die senatorische Behörde oder der Senat als Ganzes in dieser wichtigen Frage untätig wäre.

Es ist tatsächlich so, dass schon im Jahr 2017 ein umfangreiches Konzept, das „Personalentwicklungskonzept für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in den beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven“ aufgestellt wurde, in dem bereits damals und dem folgend auch in den Folgejahren, sehr detailliert der Lehrkräftebestand, die Einstellungsbedarfe dargestellt werden, auch die unterschiedlichen Maßnahmen zur Fachkräftegewin

nung. Dort wird auf die Erleichterung des Quereinstiegs, die individuelle Qualifizierung von Lehrkräften, insbesondere für die sogenannten Mangelfächer, bis hin zur Zusammenarbeit mit den benachbarten Bundesländern eingegangen. Darauf können und werden wir aufsetzen.

Ich will drei kurze inhaltliche Punkte ansprechen. Erst einmal ist es so, dass das Land Bremen, die Freie Hansestadt, mit dem Problem des Fachkräftemangels und der Gewinnung von Lehrerinnen und Lehrern für diesen wunderbaren Beruf nicht allein dasteht. Aber Bremen ist in diesem Wettbewerb durchaus erfolgreich ist. Andere Bundesländer haben es in der Tat sehr viel schwerer, haben einen sehr viel höheren Anteil an Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern, insofern kann ich den Lustgewinn, den manche hier aus einer Selbstgeißelung ziehen, überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall SPD)

Wenn ich sage Selbstgeißelung, dann muss man sagen, wenn Sie sich die Zahlen ansehen kann man nachvollziehen, dass Bremen für die Lehrerinnen und Lehrer ein attraktiver Standort ist, auch, und natürlich auch, darauf ist gar nicht besonders viel eingegangen worden, weil man hier die kluge und richtige politische Entscheidung getroffen hat, alle Lehrkräfte im Einstiegsamt nach A 13 einzustellen. Das ist richtig und im Konkurrenzkampf um gute Lehrerinnen und Lehrer auch ein kluger und richtiger Schritt gewesen.

Zweitens: Personal an Schulen. Ich glaube, da hat der Abgeordnete Hupe zu Recht darauf hingewiesen, dass Bremen dieser Punkt attraktiv macht, eben nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch für das nicht-unterrichtende Personal, multiprofessionelle Teams. Das ist eine Stärke Bremens, dass wir darauf schon seit vielen Jahren setzen, erfolgreich setzen, und dass das mittlerweile selbstverständlich ist.

Die Aufgabe, eine Zuweisungsrichtlinie für das nicht-unterrichtende Personal auszuarbeiten, ist eine schwierige Aufgabe, die wir noch vor uns haben. Was sich die senatorische Behörde aber vornimmt ist, dass es die Zuweisungsrichtlinie für das unterrichtende Personal gibt. Das ist ein ganz großer Meilenstein, ein ganz wichtiger Punkt, der uns zum Glück vor vielen schwierigen Diskussionen und einer Lehrerinnen- und Lehrereinstellung nach Kassenlage schützt.

(Beifall SPD, DIE LINKE)

Das ist eine wichtige Weichenstellung gewesen.

In einem dritten Punkt will ich noch einmal darauf eingehen, ich glaube, ich weiß nicht, die Abgeordnete Averwerser hatte das bei aller Wertschätzung gesagt, also die Behörde solle doch arbeiten statt verwalten. Als Verwaltungsjurist sage ich Ihnen, mit einer guten Verwaltung fängt überhaupt alles erst an!

(Beifall SPD)

Die Staatskunst – –.

(Zuruf Abgeordnete Yvonne Averwerser [CDU])

Ja, genau! Deshalb stelle ich mich jetzt auch vor die senatorische Behörde und die vielen Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten und an diesem Problem auch hart zu arbeiten haben. Dass die letzten zwei Jahre der Pandemie natürlich auch eine Vielzahl anderer Problem in den Vordergrund gerückt haben, das gehört dazu, das muss man anerkennen! Dass gleichwohl so wichtige Programme wie Bremens „Schüler:innen stärken“, das Aufholprogramm, trotz der schwierigen Umstände auf den Weg gebracht worden sind, das ist, glaube ich immer noch, ein großer Erfolg!

Natürlich stimmt das und das wird auch in den Anträgen, die heute zu diskutieren sind, aufgegriffen: Es ist sowohl bei der Schulstandortplanung als auch bei der Personalbedarfsplanung so, dass wir dort noch ein Stück weiterkommen müssen und wollen und ich will mich jetzt auch gar nicht in die Auseinandersetzung zwischen den Freien Demokraten und der CDU einmischen, welche Akzente man dort richtigerweise im Einzelnen setzen sollte. Wir werden die Aufgabe jedenfalls angehen und uns dieser Aufgabe als senatorische Behörde widmen.

Lassen Sie mich das vielleicht noch sagen, die Aufgabe ist durchaus ambitioniert, die Fristsetzung, die mit dem Antrag verbunden ist, stellt uns vor eine große Aufgabe. Die Verwaltung wird sie angehen, und, ich könnte es mir jetzt natürlich leichtmachen und sagen: binnen der nächsten vier Wochen Bericht erstatten. So leicht will ich es mir aber nicht machen, da ich dann wahrscheinlich nicht mehr hier stehe, um diesen Bericht abzuliefern. Aber ich möchte dafür um Verständnis werben, dass diese Aufgaben, die in den Anträgen formuliert sind, so umfangreich und umfassend sind, dass ich bereits jetzt sagen möchte, dass wir dafür etwas Zeit brauchen werden.

Um es noch einmal zusammenzufassen: Wir wollen und werden eine grundlegende und gründliche Mittelfristprognose erarbeiten, die detailliert die Engpässe und Bedarfe aufzeigt und vor allem auch die geeigneten Maßnahmen vorschlägt, mit denen wir den Herausforderungen aktiv begegnen können, und zwar antizipierend auch unter Beachtung der absehbaren rechtlichen Neuregelungen, insbesondere beim Ganztag, beim Thema Inklusion. Eine Menge großer Themen liegen da vor uns.

Sie haben auch immer wieder gesagt, die Zahlen müssen aktualisiert werden. Ja, das stimmt alles, aber noch wichtiger ist, das haben wir in der Aussprache zum Qualitätsinstitut, zum IQHB, hier schon gesagt, wir müssen von den Daten zu den Taten kommen.

(Beifall FDP)

Darum geht es, das in tatsächliches Handeln umzusetzen, anstatt nur die Zahlen aufzubereiten.

Am Ende möchte ich Ihnen danken. Die Abgeordnete Gönül Bredehorst hat das angesprochen, ich glaube auch Miriam Strunge, Herr Hupe, aber auch Frau Averwerser, dass es darum geht, auch den Lehrerinnen und Lehrern zu danken, die in diesen schwierigen zwei Jahren der Pandemie in der Tat einen der schwierigsten Berufe ausgeübt haben, die es in dieser Zeit gab. Was in dieser Zeit geleistet wurde: Es zu schaffen, Schülerinnen und Schüler trotz all der Schwierigkeiten, trotz all der Begrenzungen zu starken Persönlichkeiten weiterzuentwickeln, das zu fördern, das verdient, finde ich, eine große Anerkennung, die ich hier auch noch einmal unterstreichen möchte und wo ich Ihnen dafür danken möchte, dass Sie das auch von Ihrer Seite aus gesagt haben! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

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