Das macht aber auch deutlich, wie die Ressourcen und wie die Kapazitäten eigentlich sein müssten. Wir wissen, dass dieses Angebot sowie die zusätzliche Versorgung durch Vereine wie dem zur Förderung der medizinischen Versorgung Obdachloser und Medinetz letztendlich nicht ausreichen. Es ist, finde ich, sehr respekteinflößend, wie viele Menschen sich dafür engagieren und einsetzen, dass die entsprechenden Zielgruppen auch behandelt werden können. Wir haben hier ein hohes Maß an ehrenamtlicher Arbeit. Das ist wirklich extrem anerkennenswert.
Ich finde es aber richtig, dass wir uns jetzt auch auf der Grundlage des Bürgerschaftsbeschlusses 2019 aufgemacht haben, dass wir ein Konzept zur Sicherstellung der fachärztlichen Versorgung von Papierlosen, aber auch darüber hinaus in Angriff genommen haben. Für die Umsetzung dieses Beschlusses wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet, bestehend aus Mitarbeiterinnen aus meinem Haus sowie aus Mitarbeiterinnen aus dem Sozialressort meiner Senatskollegin Anja Stahmann.
Unter Beteiligung des Gesundheitsamtes, der Clearingstelle, der Inneren Mission und der Vertreterin von Medinetz arbeiten wir wirklich mit Hochdruck an einer diesbezüglichen Lösung. Leider ist es auch in dem Zusammenhang vom Fortschritt her nicht ganz coronafrei gelaufen. Ich hätte es mir schneller gewünscht, aber wir sind jetzt zumindest auf dem Weg, dass wir sagen können: Mitte dieses Jahres gehen wir in die Umsetzung, was die Konzeptionierung anbelangt. Es sind auch entsprechende Mittel bereitgestellt.
Der vorliegenden Mitteilung des Senats können Sie entnehmen, dass wir mangels gesetzlicher Grundlage im SGB V keine rechtlich belastbare Lösung für die Einführung besagter anonymer Gesundheitskarte vorgefunden haben. Die Krankenkasse wurde hier schon genannt. Die AOK hätte das durchaus gern unterstützt, aber es ist rechtlich letztendlich nicht möglich. Aus diesem Grund werden wir die Mittel auf eine Variante konzentrieren, die eben der anonyme Krankenschein heißt, wie es seit 2017 in Thüringen auch der Fall ist.
Angelehnt an dieses Modellprojekt wollen wir den Zugang zum ambulanten und auch stationären Versorgungssystem mittels einer pseudonymisierten Krankenscheinvariante ermöglichen. Für die Ausgabe dieser Berechtigungsscheine ist ein noch zu bestimmender Träger in Aussicht genommen, übrigens inklusive Sprachmittlung, was gerade in dem Zusammenhang von enormer Wichtigkeit ist. Es muss auch ein Beratungsangebot und letztendlich natürlich auch die entsprechenden ärztlichen Untersuchungsmöglichkeiten geben. Hierzu laufen sehr vielversprechende Gespräche, auch mit den Leistungsanbietern.
Viele Dinge sind diesbezüglich noch im Fluss, doch wie mir berichtet wurde, sind wir gerade ressortübergreifend da wirklich in einem sehr guten Prozess unterwegs, auch mit den anderen beteiligten Einrichtungen, sodass, sobald diese Mittel freigegeben sind, wir wie gesagt spätestens im Sommer tatsächlich in die Realisierung einsteigen können. Ich muss an der Stelle sagen: Es ist ein Modellprojekt, und ich hoffe sehr, dass wir es verstetigen können, weil es unbedingt notwendig ist. Es wurde hier eben schon angesprochen, dass wir möglichst auch auf Bundesebene ein System brauchen, das alle Menschen auffängt.
Die Gründe, warum jemand in die Krankenversicherung entweder gar nicht hineinkommt oder aus ihr herausgefallen ist, die sind total vielfältig. Das sehen wir an dem, was jetzt auch in der Mitteilung noch einmal reflektiert wurde. Es sind obdachlose, wohnungslose Menschen, Menschen, die durchaus hier gemeldet sind, aber ihre letztendliche Legitimation nicht täglich mit sich herumtragen, Geflüchtete, es sind Illegalisierte. Ja, na und? Auch sie brauchen dringend Gesundheitsversorgung.
dürfen wir nicht unterschätzen –, die Krankenversicherungsbeiträge schulden, und diese Schuldenberge sind nicht zu unterschätzen. Krankenkassen bieten da nur noch einen reduzierten Leistungsumfang an, und das, finde ich, ist inakzeptabel. Da müssen wir sehen, dass wir Systeme schaffen, die das nicht zulassen, denn wenn sich solche Zahlungsrückstände häufen, dann haben wir natürlich etwas, das sich langfristig sehr schädlich entwickelt, in dem Sinne, dass wir eigentlich viel größere Gesundheitsdefizite in Kauf nehmen, als wir, wenn wir sie rechtzeitig bekämpfen würden, ausräumen könnten.
Meine Damen und Herren, ich muss sagen, wir haben im Fachausschuss der Vereinten Nationen – und das ist jetzt die ganz große Metaebene, sage ich einmal – schon darauf hingewiesen – und das sollten wir uns auch hier in Bremen zu Herzen nehmen –, dass es um die Versorgung aller geht und nicht nur um die Staatsbürgerinnen. Ich muss aber auch sagen, ich habe hier sehr viel Zuspruch erfahren, Unterstützung in dem Zusammenhang. Ich finde, Bremen geht hier einen sehr beispielhaften Weg, mit der Humanitären Sprechstunde genauso wie letztendlich jetzt mit dieser Variante und mit den vielen Ehrenamtlichen beziehungsweise Menschen, die sich dafür engagieren. In dem Zusammenhang bin ich sehr hoffnungsfroh, dass wir das auch hinbekommen werden, und ich hoffe auch sehr, dass wir es mit Ihrer Unterstützung verstetigt bekommen. – Herzlichen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 20/1246 auf die Große Anfrage der Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden Antrag der Fraktion der FDP vom 23. November 2021 (Drucksache 20/1244)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Zuhörenden! Wir legen Ihnen heute einen neuen Entwurf für ein aktualisiertes Gesetz über das Halten von Hunden für Bremen vor, ein Gesetz, das aus unserer Sicht mehr Tierschutz und gleichzeitig mehr Sicherheit schaffen soll. Es orientiert sich an den geltenden Gesetzen, die bereits seit über zehn Jahren in Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Kraft sind. Die guten Erfahrungen haben uns veranlasst, das hier noch einmal vorzutragen.
Worum geht es? Es geht um zwei Kernaspekte, die uns besonders wichtig sind. Zum einen geht es darum, einen Sachkundenachweis für Hundehalter einzuführen, das heißt: Jemand, der neu einen Hund halten möchte, muss zunächst einen Sachkundenachweis erbringen, in dem die grundlegenden Fragen der Bedürfnisse eines Tieres, der Tierschutzbedingungen, auch der sicheren Aufzucht und Haltung von Hunden beigebracht werden, meine Damen und Herren. Das ist ein wichtiger Punkt für mehr Tierschutz, aber auch für mehr Sicherheit.
Ein zweiter Aspekt ist die Einstufung eines Hundes nach Gefährlichkeit, und nicht die Definition der Gefährlichkeit eines Hundes über die Rasse, wie es noch im derzeit gültigen bremischen Gesetz über das Halten von Hunden steht. Das ist eine Problematik, die auch der Senat bereits erkannt hat, und zwar hat er festgestellt in der Drucksacke 17/965 aus 2009, und ich zitiere, „dass der Ansatz, einschränkende Regelungen allein an die Zugehörigkeit von Hunden zu einer bestimmten Rasse anzuknüpfen, wissenschaftlich nach wie vor nicht geklärt sei,“ Zitatende.
Daran hat sich seit 2009 nichts geändert. Es ist nach wie vor so, dass die Gefährlichkeit eines Hundes von seinem Wesen und seinem Verhalten ausgeht. Das gilt sowohl für die derzeit in Bremen verbotenen Rassen als auch für andere, insbesondere natürlich große oder sogar größere Hunde. Ich nenne da neben den vier verbotenen Rassen auch immer Schäferhund, Rottweiler, Dobermann. Das sind Hunde, die können Sie sich heute tatsächlich ohne Sachkundenachweis zulegen. Ich zum Beispiel, ich
habe in meinem Leben noch keinen Hund gehalten, ich könnte losziehen und mir einen Rottweiler, einen Schäferhund zulegen
und halten. Ich hoffe, dass ich das einigermaßen kann, aber vielleicht könnte ich es auch nicht und ich vertue mich da. In dem Fall würde ich plötzlich einen gefährlichen Hund bei mir zu Hause haben. Das ist nicht mehr zeitgemäß, meine Damen und Herren, und das gehört geändert
vor allen Dingen auch, weil Sie sich bitte die Konsequenzen daraus anschauen müssen, und zwar zum einen: Wie sieht es bei uns in den Tierheimen aus? Die Tierheime nehmen diese Hunde, die in Bremen und Bremerhaven verboten sind, auf, wenn sie in Gewahrsam genommen werden. Ob sie nette Familienhunde sind oder gefährliche Hunde, spielt dabei keine Rolle.
Wenn Sie nach Bremen oder Bremerhaven ziehen, weil Sie vielleicht den Autobauer wechseln, aus Wolfsburg nach Bremen kommen, und so einen Hund bei sich in der Familie haben, dann guckt keiner, ob dieser Hund gefährlich ist oder nicht, sondern er wird Ihnen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Rasse weggenommen. Er wird ins Tierheim gegeben und es wird versucht, ihn nach Niedersachsen zu vermitteln. Der Versuch ist schwierig, und das heißt, wenn Sie sich die Tierheime in Bremen und Bremerhaven ansehen: Da sind viele Hunde, die schon lang dort sind und vermutlich bis zu ihrem Lebensende im Tierheim verweilen müssen.
Das ist nicht tierschutzgerecht, das ist nicht artgerecht und das ist aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, der falsche Weg. Es geht darum, sich den Hund genau anzusehen, den spezifischen Hund, sein Wesen, ob von ihm eine Gefahr ausgeht oder nicht.
Es gibt auch Probleme mit der Nachweispflicht, insbesondere dann, wenn es sich um Mischlinge von diesen verbotenen Rassen handelt, die auch verboten sind. Da muss man mittlerweile sehr aufwendig nachweisen, ob es sich tatsächlich um solch einen Hund handelt oder nicht. In der Vergangenheit sind mehrfach Gerichtsurteile ergangen, wo die
Nachweispflicht nicht erbracht werden konnte, weil in einem Bluttest oder einem DNA-Test eine Zugehörigkeit zu einer Rasse zwischen 30 und 60 Prozent festgestellt werden konnte. Damit ist nicht eindeutig geklärt, ob es sich um einen Mischling dieser Rassen handelt – –.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Eben waren es 25 Sekunden, jetzt sind es nur zehn. Also irgendwie, Herr Präsident, ist die Zeitnehmung – –.
Ich habe die Uhr nicht verändert. Ich glaube, dass die Uhr richtig geht, und ich bitte Sie, jetzt zum Ende zu kommen. Danke schön!
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Wir schlagen Ihnen deswegen dieses Gesetz vor und bitten um Ihre Zustimmung, denn hierdurch können wir ein Mehr an Tierschutz und ein Mehr an Sicherheit gewinnen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben es uns vorgemacht. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Warum haben wir im Land Bremen eine Rasseliste, die das Halten und Züchten gewisser Hunderassen pauschal verbietet? Der Ursprung liegt in einer tödlichen Hundeattacke auf ein Kind in Hamburg im Jahr 2000, in deren Nachgang es eine, nennen wir es einmal: emotionale bundesweite Debatte über das Halten von gefährlichen Hunderassen in unserem Land gab.
Die Debatte um gefährliche Hunde und damit auch um den FDP-Antrag ist facettenreich, tangiert verschiedenste Bereiche wie beispielsweise den Tierschutz, aber auch die Gefahrenabwehr. In der nun folgenden Diskussion können sicherlich nicht alle
Facetten beleuchtet werden. Ich möchte mir dennoch Mühe geben, zu begründen, warum wir den FDP-Antrag ablehnen werden.
Ich habe die tödliche Attacke von zwei Hunden auf ein Kind in Hamburg angesprochen, in deren Nachgang es zu einer bundesgesetzlichen Regelung kam, welche den Import, die Zucht und das Halten bestimmter Hunderassen untersagte. Jene bundesgesetzliche Regelung wurde teilweise höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt und dann auf Landesebene neu geregelt. Die absolute Mehrheit der Bundesländer hat sich damals auf den Weg gemacht, das auch damals schon kritisch begleitet und Listen eingeführt, welche einzelne Hunderassen als gefährlich einstuften.
Die von uns in Bremen auf der Liste geführten Hunderassen sind deckungsgleich mit jenen Hunderassen, welche das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil im Jahr 2004 als gefährliche Hunde bestätigte. So weit zur Historie, in welcher bereits ein Grund liegt, wieso wir das Verbot einzelner Hunderassen beibehalten wollen.
Nun zum Antrag: Sie schreiben darin, dass das derzeit geltende bremische Gesetz über das Halten von Hunden davon ausgehe, dass gewisse Hunderassen sowie deren Kreuzungen – Sie haben es angesprochen – untereinander oder mit anderen Hunden grundsätzlich gefährliche Hunde seien. Das ist richtig. Wir gehen davon aus, dass gewisse Hunderassen per se gefährlicher sind als andere, und diese Annahme ist – so der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Professor Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier, Herr Präsident, ich zitiere – „vertretbar und nicht offensichtlich unrichtig“. Ein richtig schöner Juristensatz.
Im folgenden Absatz argumentieren Sie, finde ich, leider nicht ganz sauber. Sie führen aus, dass die meisten Bissverletzungen in Deutschland nicht auf Hunde von der Rasseliste zurückzuführen seien, sondern auf den deutschen Schäferhund. Sie schreiben dann selbst, dass dieser wahrscheinlich die am meisten vorkommende Hunderasse in Deutschland sei und verweisen auf die offiziellen Geburtsstatistiken. Da frage ich mich, was Sie damit aussagen wollen, oder ob das überhaupt eine Aussage ist, aber gut.